Oskar

[159] Oskar, Könige von Schweden und Norwegen: 1) O. I., geb. 4. Juli 1799 als einziges Kind des damaligen französischen Divisionsgenerals J. B. [159] Bernadotte (s. Karl 68) und dessen Gattin Désirée (s. d.), gebornen Clary, gest. 8. Juli 1859 in Stockholm, wurde nach der Wahl seines Vaters zum schwedischen Thronfolger (1810) zum Herzog von Södermanland ernannt und erhielt hierauf in Schweden eine streng nationale Bildung. Seit 1818 Kronprinz von Schweden und Norwegen, wurde er 1819 Artilleriegeneral, 1824 Vizekönig von Norwegen, 1826 auch Großadmiral, nahm aber an den Regierungsangelegenheiten nur geringen Anteil, da er die Politik seines Vaters mißbilligte. Nach seiner Thronbesteigung (1844) setzte er bei den Ständen mehrere zeitgemäße Reformen durch; doch kam eine Verfassungsrevision nicht zustande. In der auswärtigen Politik vertrat er großskandinavische Ideen und nahm in der schleswig-holsteinischen Frage wie auch sonst für das ihm befreundete Dänemark Partei. Im Herbst 1857 legte er, seit mehreren Jahren körperlich und geistig leidend, die Regierung nieder. Von seinen Schriften ist die in fast alle Sprachen Europas übersetzte Broschüre »Om straff och straffanstalter« (1840; deutsch, Leipz. 1841) zu nennen. Ferner komponierte er Märsche, eine Oper, Lieder etc. Seine Gattin Josephine (1807–1876), eine Tochter Herzog Eugens von Leuchtenberg, gebar ihm fünf Kinder: Karl (s. d. 69), Gustav (1827–52), Oskar (s. unten), Eugenie (1830–89) und August (1831–73).

2) O. II., Sohn des vorigen, geb. 21. Jan. 1829 in Stockholm, erhielt durch F. F. Carlson (s. d.) eine vorzügliche Bildung, trat früh in die Marine und machte 1846 auf einem Kriegsschiff eine größere Expedition mit, widmete sich nach längerm Universitätsstudium in Upsala eingehenden Studien über Seewesen und Kriegsgeschichte und wurde 1858 zum Vizeadmiral und Generalleutnant befördert. Seit 18. Sept. 1872 Nachfolger seines söhnelosen Bruders König Karl XV. (s. Karl 69), hatte er in Schweden wie in Norwegen verschiedentlich (Steuer- und Verfassungsreform, Reorganisation von Heer und Flotte, Neuordnung des unionellen Verhältnisses etc.) mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen und wurde durch die Revolution vom 7. Juni 1905 des Thrones von Norwegen (s. d., S. 802 f.) beraubt. Unbestritten sind seine Verdienste um die wirtschaftliche und kulturelle Hebung der beiden Unionsländer. Bei den Monarchen Europas steht O. in hohem Ansehen, ist seit 1888 Admiral á la suite der deutschen Marine und hat neuerdings bei Streitigkeiten zwischen einzelnen Großmächten wiederholt das Schiedsrichteramt übernommen. Auch als Freund der Wissenschaften und Künste, als Gelehrter und Dichter erfreut sich O. mit Recht eines trefflichen Rufes. Seine Schriften etc., die er unter dem Pseudonym O. Fredrik veröffentlichte, sind fast sämtlich (wie auch seine Reden, Berl. 1896) von Em. Jonas ins Deutsche übersetzt worden und haben mehrere Auflagen erlebt. Seine wichtigsten historischen Arbeiten sind: »Några bidrag till Sveriges krigshistoria 1711–1713« (Stockh. 1861–67, 3 Bde.); »Karl XII. als König, Krieger und Mensch« (Berl. 1869, schwed. 1868). Von seinen lyrischen und dramatischen Dichtungen, die ungewöhnliches Talent und seinen Geschmack verraten, sei die von der schwedischen Akademie 1857 preisgekrönte Sammlung »Ursvenska flottans minnen« (1858) hervorgehoben; vgl. »Gedichte« (Berl. 1877) und »Gedichte und Tagebuchblätter« (Leipz. 1879). Ferner übersetzte er in gelungener Weise Herders »Cid« (1859) und Goethes »Tasso« (1861). Schließlich seien seine »Festreden« (Leipz. 1883) und seine »Prosaischen Schriften« (Hamb. 1892) erwähnt; vgl. auch seine »Samlade skrifter« (Stockh. 1905, 6 Bde.). O. ist Ehrendoktor der Universitäten von Lund (1868), Bologna, Leiden, München, Oxford, Straßburg und Wien (1897), Cambridge (1900) sowie Ehrenmitglied vieler Akademien, so derer zu Berlin (1897), Petersburg etc. – Seine Gattin Sophie von Nassau (geb. 9. Juli 1836), mit der er sich 6. Juni 1857 vermählte, gebar ihm vier Kinder: Gustav (s. d. 5); Oskar, Herzog von Gotland, geb. 15. Nov. 1859, der seit seiner Vermählung mit dem 1892 zur Gräfin von Wisborg erhobenen Hoffräulein Ebba Munck till Fulkila (15. März 1888) den Titel Prinz Bernadotte und seit 1892 den eines Grafen von Wisborg führt; Karl, Herzog von Westergötland, geb. 27. Febr. 1861, der am 27. Aug. 1897 die Prinzessin Ingeborg von Dänemark heiratete; Eugen, Herzog von Nerike, geb. 1. Aug. 1865, der sich als Landschaftsmaler bekannt machte. – Vgl. Almén, Atten Bernadotte (»Das Haus B.«, 2. Aufl., Stockh. 1896); Rydfors, Konung O. II. och Sveriges folk (das. 1897); J. Linck, Konung O. II. (das. 1897); Konr. Beyer, Ein Senior von Europiens Monarchen (Leipz. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 159-160.
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