Josephine

[315] Josephine, Marie Rose, Kaiserin der Franzosen, erste Gemahlin Napoleons I., geb. 3. Juni 1763 auf Martinique, wo ihr Vater Joseph Tascher de la Pagerie königlicher Hafenkapitän war, gest. 29. Mai 1814, kam in einem Alter von 15 Jahren nach Frankreich und heiratete 13. Dez. 1779 ihren Landsmann, den Vicomte Alexandre Beauharnais (s. d. 3). Die Sprößlinge dieser Ehe waren Eugen, der nachmalige Herzog von Leuchtenberg (s. d.), und Hortense (s. d.), die nachherige Gemahlin des Königs Ludwig Bonaparte von Holland, die Mutter Napoleons III. Nach der Hinrichtung ihres Gatten (23. Juni 1794) ward J. ebenfalls verhaftet, wurde aber durch die Katastrophe vom 9. Thermidor gerettet. Im Hause von Barras, ihrem mehrjährigen Geliebten, lernte sie den General Bonaparte kennen und reichte diesem aus Ehrgeiz 9. März 1796 ihre Hand. J. folgte ihrem Gemahl vorübergehend 1797 nach Mailand, führte aber sonst in Paris und in Malmaison, das sie käuflich an sich gebracht hatte, ein schwelgerisches und mit Liebeshändeln erfülltes Leben. Nach dem 18. Brumaire eröffnete sie im Palast Luxembourg und seit 1800 in den Tuilerien einen Hof, den ihre Anmut bald zum Mittelpunkt der guten Gesellschaft machte. Dabei entwickelte sie aber einen übergroßen Luxus, der sie in schwere Geldverlegenheiten stürzte. Mit den Geschwistern Napoleons stand sie von je in einem gespannten Verhältnis. Ihre Gutmütigkeit suchte manche Härten ihres Gatten auszugleichen. Mit ihres Gemahls Streben nach souveräner Gewalt war sie keineswegs einverstanden. da sie voraussah, daß die Gründung einer Napoleonischen Dynastie die Auflösung ihrer kinderlosen Ehe und eine anderweite Vermählung ihres Gemahls notwendig machen würde. Trotzdem setzte ihr Napoleon 2. Dez. 1804 selber die Kaiserkrone auf. Erst nach langem Sträuben willigte sie ein, daß 16. Dez. 1809 die Trennung ihrer Ehe gesetzlich ausgesprochen ward. J. lebte seitdem mit kaiserlichem Titel und Glanze zu Navarre in der Nähe von Evreux und in Malmaison, von ihrem alten Hof und zahlreichen Gegnern des Kaisertums umgeben. Als nach dem Sturze Napoleons die Bourbonen sie und die Ihrigen ihrer hohen Stellungen beraubten, fühlte sie sich tief entmutigt. Sie starb in Malmaison an einer Halsentzündung und ward in der Kirche zu Rueil, unweit Malmaison, beigesetzt. Ihre Kinder aus erster Ehe errichteten ihr daselbst 1822 ein Denkmal. Vgl. »Lettres de Napoléon à J. pendant la première campagne d'Italie, le Consulat et l'Empire« (Par. 1827) und »Lettres de J. à Napoléon et à sa fille« (das. 1833, 2 Bde.; beide in neuer Ausg. 1895; beide deutsch von Elsner, Stuttg. 1838–39, 2 Bde.); Aubenas, Histoire de l'impératrice J. (1857–592 Bde.); »Mémoires de Mme. de Rémusat« (1879–80, 3 Bde.; deutsch von Ebeling, Köln 1880–82, 3 Bde.); ihre Lebensbeschreibung von Imbert de Saint-Amand (1883–84, 4 Bde.); Welschinger, Le divorce de Napoléon I (1889); Turquan, La générale Bonaparte (1895; deutsch, Leipz. 1896) und L'impératrice J. (1896; deutsch, Leipz. 1896); Masson, J. de Beauharnais, 1763–1796 (1898), J. impératrice et reine (1898) und J. répudiée (1901; deutsch, Leipz. 1902); Ober, J. empress of the French (Lond. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 315.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: