Joseph, Père

[314] Joseph, Père, eigentlich François le Clerc du Tremblay, geb. 4. Nov. 1577 in Paris, gest. daselbst 18. Dez. 1638, diente zuerst 1597 im Kriege gegen die Spanier, trat aber gegen den Willen seiner Familie 1599 in den Kapuzinerorden, wo er den Namen Père J. erhielt und 1613 Provinzial der Ordensprovinz Touraine wurde. 1616 vermittelte er den Frieden von Loudun zwischen dem aufständischen Prinzen von Condé und der Regentin. Hierbei wurde er mit deren Vertrautem Richelieu bekannt, der seine Umsicht und Schlauheit schätzen lernte und ihn 1623 endgültig in seine Umgebung berief, seitdem Josephs Rat fortwährend in Anspruch nahm und ihn zu diplomatischen Sendungen benutzte. Allmählich wurde J. unter Richelieus Oberleitung der eigentliche Lenker von Frankreichs auswärtiger Politik. Er arbeitete unermüdlich und in aufreibender Tätigkeit mit allen Mitteln der List und Macht an der Gründung des französischen Übergewichts über Deutschland und Italien. Er trug auf dem Reichstage zu Regensburg (1630) sehr viel zum Sturze Wallensteins bei und gewann 1635 Herzog Bernhard von Weimar und dessen Heer für den französischen Dienst. Dabei zeig le er eine asketische Frömmigkeit, stiftete den Nonnenorden vom Kalvarienberg sowie katholische Missionen im Ausland und bekämpfte die gallikanische Partei der französischen Geistlichkeit. Einen Tag nach der Einnahme der wichtigen Rheinfestung Breisach durch Bernhard von Weimar starb Père J., »die graue Eminenz«, an einem Schlaganfall. Die handschriftlichen sogen, »Denkwürdigkeiten des Père J.« sind nicht von ihm, sondern von Lepré-Balain. Vgl. Fagniez, Le père J. et Richelieu (Par. 1893–94, 2 Bde.); Dedouvres, Le père.1. polémiste. Ses premiers écrits 1623–1626 (das. 1895) und Le père J. Études critiques sur les œuvres spirituelles (das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 314.
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