Ausland

[143] Ausland, im staatsrechtlichen Sinn und mit Rücksicht auf das Gebiet eines gegebenen Staates jedes nicht zu diesem Gebiet (Inland) gehörige Territorium. Die inländische Staatsgewalt erstreckt sich nur auf das ihr unterworfene Staatsgebiet, das Inland. Der Ausländer braucht demnach, eben weil er jener nicht unterworfen ist, auch, solange er sich nicht auf dem ihr unterstehenden Gebiet befindet, deren Autorität nicht zu respektieren. Auf der andern Seite kann aber auch der Ausländer im Inland nicht die staatsbürgerlichen und politischen Rechte des Inländers beanspruchen, weil ja seine Persönlichkeit in staatsrechtlicher Beziehung einem andern Staatswesen angehört. Beide Grundsätze sind jedoch im modernen Völkerleben wesentlich verändert. Insbesondere wird auch im Inlande die Rechtsordnung des Auslandes insofern anerkannt, als der Ausländer, der gegen sie gefrevelt hat, regelmäßig ausgeliefert wird (s. Auslieferung). Endlich sind auch feindliche Handlungen gegen befreundete ausländische Staaten verboten (vgl. z. B. Deutsches Strafgesetzbuch, § 102 ff.). Der Ausländer ist im Inland nicht mehr, wie im Altertum, rechtlos. Er steht vielmehr unter der inländischen Staatshoheit und Gesetzgebung. Nach Art. 88 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch bleiben immerhin die landesgesetzlichen Vorschriften, die den Erwerb von Grundstücken durch Ausländer von staatlicher Genehmigung abhängig machen (Preußen, Bayern, Hessen, Sachsen-Altenburg, Waldeck, Hamburg), unberührt. Über die räumliche Herrschaft der Normen des deutschen bürgerlichen Rechts geben die Art. 7–30 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch einzelne Vorschriften, die das Personalstatut nach der Staatsangehörigkeit bemessen, die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ausschließen, wenn dessen Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde und ein sogen. Vergeltungsrecht gegen einen ausländischen Staat und dessen Angehörige und deren Rechtsnachfolger (Art. 31) zulassen. Was die im A. verübten Straftaten betrifft, so müssen sie zwar nach dem Reichsstrafgesetzbuch (§ 3 ff.) nicht verfolgt werden, doch kann in den dort aufgezählten Fällen eine Verfolgung stattfinden. Nach dem österreichischen Strafgesetzbuch wird der Ausländer, der im A. das Verbrechen des Hochverrats in Beziehung auf den österreichischen Staat oder das Verbrechen der Verfälschung österreichischer öffentlicher Kreditpapiere oder Münzen begangen hat, nach österreichischem Recht bestraft. Im übrigen entscheiden in erster Linie die bestehenden Auslieferungsverträge (s. d.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 143.
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