Luxembourg

[883] Luxembourg (spr. lückßangbūr), Francois Henri de Montmorency-Boutteville, Herzog von, Marschall von Frankreich, geb. 8. Jan. 1628, gest. 4. Jan. 1695, nachgeborner Sohn des wegen eines Duells enthaupteten Grafen Boutteville, aus einer Nebenlinie der Montmorencys, nahm 1661 nach seiner Verheiratung mit Magdalene, der Erbin des Hauses Luxembourg-Piney, dessen Namen an. 1647/48 focht er in Katalonien und in Flandern unter dem großen Condé, auf dessen Seite er auch in den Kriegen der Fronde stand; 1659 wurde ihm äußerlich des Königs Amnestie zuteil. 1668 zeichnete er sich bei der Eroberung der Franche-Comté aus und brandschatzte die Provinz Limburg. 1672 rückte er, vereint mit den deutschen Hilfstruppen Ludwigs XIV., in Holland ein, wurde nach der Heimkehr des Königs Gouverneur von Utrecht, konnte jedoch die auf dem Eiswege versuchte Eroberung Hollands wegen Tauwetter nicht durchführen. Ende 1673 bewerkstelligte er in meisterhafter Weise, aber mit Grausamkeit und Habgier, die Räumung der Niederlande und den Rückzug. 1674 focht er mit bei Seneffe (s. d.). 1675 mit dem Marschallstab belohnt, eroberte er, nachdem er 1676 versagt hatte, 17. März 1677 Valenciennes und Cambrai, schlug den Prinzen von Oranien 11. April bei (Mont) Cassel und nochmals, vier Tage nach dem Frieden von Nimwegen, unentschiedener 14. Aug. 1678 bei St.-Denis. Entzweit mit dem ihm früher befreundeten allmächtigen Louvois, blieb er elf Jahre ohne Kommando und ward sogar 1679 in den Prozeß der Giftmischerin Voisin verwickelt, aber nach viermonatiger Hast 1680 unter Verbannung auf ein Jahr von der Chambre ardente freigesprochen. 1690 befehligte L. wieder in Flandern und schlug 1. Juli die Alliierten bei Fleurus und seinen alten Gegner Wilhelm 3. Aug. 1692 bei Steenkerken sowie 29. Juli 1693 bei Neerwinden. Der zahlreichen Fahnen wegen, die er erbeutet, und mit denen die Kathedrale von Paris geschmückt wurde, hieß er beim Volk »le tapissier de Notre-Dame«. Er zeichnete sich als Feldherr durch strategische Begabung, scharfen und raschen Blick, Verschlagenheit, persönlichen Mut und die Kühnheit seiner Maßregeln aus; doch war er ausschweifend, charakterlos, selbstsüchtig und dabei indolent, was ihn an der Ausbeutung seiner Siege hinderte. Schon die während des Eisfeldzuges 1672 von den Franzosen bei der Zerstörung von Bodegrave und Swammerdam verübten Greuel, die von holländischen Schriftstellern, namentlich von Wicquefort in seinem »Advis fidelle aux véritables Hollandais«, (1673), stark übertrieben und L. zur Last gelegt wurden, hatten L. als maßlos gehaßte Persönlichkeit in den Mund des holländischen und deutschen Volkes gebracht. Als dann die Gerüchte von einem Prozeß nach Deutschland drangen, strömte hier der Teufelsglaube seiner Zeit auf ihn zusammen; er wurde zum Helden einer faustähnlichen Volkssage, die 1680 in einem Volksbuche: »Pacta und Verbündnis des Herzogs von L., so er mit dem leidigen Satan getroffen«, ihren Niederschlag fand und sich schnell einbürgerte. Das Volksbuch, nach dem Tode Luxembourgs durch die Erzählung von dessen Abholung durch den Teufel erweitert, wurde seitdem außerordentlich oft gedruckt. In Holland dauerte die Sage, von den Pamphletisten halb ironisch genährt, nicht weit über das 17. Jahrh. hinaus; in Deutschland aber blieb sie in Volksbüchern, auf der Volksbühne und in mündlicher Überlieferung bis in die Mitte des 19. Jahrh. lebendig und scheint an Beliebtheit zeitweilig sogar die Faustsage (s. Faust) übertroffen zu haben. Vgl. Beaurain, Histoire militaire du duc de L. (Haag 1756); »Memoires pour servir à l'histoire du maréchal de L., écrits par lui-même« (das. 1758); P. de Ségur, La jeunesse du maréchal de L. 1628–1668 (Par. 1900), Le maréchal de L. et le prince d'Orange, 1668–1678 (das. 1902) und Le Tapissier de Notre-Dame. Les dernières années du maréchal de L. (das. 1904); Kippenberg, Die Sage vom Herzog von L. und die historische Persönlichkeit ihres Trägers (Leipz. 1901). – Einer seiner Söhne, Chrétien Louis, Herzog von L., geb. 1675, zeichnete sich im Spanischen Erbfolgekrieg aus, ward 1734 Marschall von Frankreich und starb 1746.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 883.
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