Louvois

[743] Louvois (spr. lūwūa), François Michel Le Tellier, Marquis de, Kriegsminister Ludwigs XIV., geb. 18. Jan. 1641 in Paris, gest. 16. Juli 1691, Sohn Le Telliers (s. d.), wurde 1662 Gehilfe seines Vaters mit dem Titel eines Staatssekretärs und 1668 Kriegsminister. Indem er Ludwig XIV. schmeichelte und sich als seinen Schüler ausgab, gewann er seine Gunst und übte einen stets wachsenden Einfluß nicht nur auf die militärischen, sondern auch auf die politischen Angelegenheiten. Ein Mensch ohne Herz, ohne Gefühl, zynisch, aus innerer Neigung gewalttätig und brutal, hat er sich als Politiker viele Fehler und Verbrechen zu schulden kommen lassen; aber als Verwalter war er unvergleichlich, voll gesunden Urteils, nüchtern-praktischen Sinnes, energisch und gewandt und von ungeheurer Arbeitskraft. Die größten Verdienste hat er sich um die Reorganisation der französischen Armee erworben. Er hat die Werbung, Zusammensetzung, Ausrüstung und Verpflegung, die militärische Einübung des Heeres neu geordnet und ein Offizierkorps geschaffen, das er in strengster Unterordnung hielt, und in dem er durch Belohnung und Beförderung die Talente erweckte und großzog. Er brachte das stehende Heer auf eine Höhe von 300,000 Mann, für die er feste Magazine, Lazarette und das Invalidenhotel in Paris schuf. Ebenso führte er das Bajonett ein und brachte dadurch die Pike als militärische Waffe in Wegfall. In den zahlreichen Kriegen hat er nicht nur die Ergänzung und Verpflegung der Armeen durchgeführt, sondern auch die Kriegsoperationen ausgearbeitet und durch Korrespondenz mit den Heerführern oder auch persönlich in Begleitung des Königs geleitet. Gleich Ludwig XIV. die fremden Nationen verachtend und von der Macht wie dem Recht Frankreichs, sich auf deren Kosten zu vergrößern, durchdrungen, hat er die Eroberungslust des Königs durch seine Ratschläge gefördert und seine Politik mit in die Bahnen getrieben, auf denen sie endlich scheitern sollte. Die Réunionen, ebenso wie die Plünderung Hollands (1672–74) und der Pfalz (1689), betrieb er mit dem größten Eifer und der rohesten Gewaltsamkeit. Die Überrumpelung Straßburgs (30. Sept. 1681) setzte er selbst ins Werk. Seine Herrschsucht und Anmaßung erweckten ihm viele Feinde. Vgl. Rousset, Histoire de L. et de son administration politique et militaire (7. Aufl., Par. 1891, 4 Bde.); H. Prutz, L. und die Verwüstung der Pfalz (in der »Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft«, 1890, Bd. 4, S. 239–274); Chotard, Louis XIV, Louvois, Vauban et la fortification du nord de la France (Par. 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 743.
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