Provinz

[406] Provinz (lat. provincia), in der Sprache des römischen Staatsrechts ein jemand angewiesener Geschäftskreis oder gegebener Auftrag; dann besonders ein Land, das der römischen Oberherrschaft unterworfen war und von römischen Magistraten (Prokonsul, Proprätor) verwaltet wurde. Die Angehörigen der P. (Provinzialen), deren rechtliche Stellung sehr verschieden war, hatten außer den Gemeindeabgaben noch eigentliche Provinziallasten zu tragen, Abgaben an den Statthalter, z. B. Naturallieferungen für dessen Hofhalt oder an deren Stelle Geldabgaben, und Leistungen an den römischen Staat (Grund- und Vermögenssteuern), bei denen zumeist die berüchtigten Staatspächter (publicani) eine bedeutende Rolle spielten. In der neuern Staatsverwaltung sind Provinzen größere Teile des Staates, deren Bildung sich vielfach aus der frühern Besonderheit verschiedener, später zu einem Staate vereinigter Länder erklärt. Der moderne Einheitsstaat ist jedoch dem sogen. Provinzialsystem, das die Provinzen mit einer besondern Gesetzgebung und Behördenverfassung ausstattet, nicht günstig, huldigt vielmehr dem Realsystem (s. d.). So wurde in Frankreich durch die Revolution 1789 die frühere Einteilung in Provinzen, die auf der Stammeseigentümlichkeit beruhte, beseitigt und an deren Stelle im Interesse einheitlicher Verwaltung und zur Beseitigung provinzieller Gegensätze die Einteilung in Departements gesetzt. Dagegen ist in Preußen in Befolgung des Grundsatzes der gemeindlichen Selbstverwaltung den Provinzialverbänden die innere Verwaltung in einem gewissen Umfang übertragen worden (s. Provinzialverfassung). Auch der Bezirk eines Erzbischofs wird P. genannt. Zuweilen (vorwiegend in Frankreich) bezeichnet man auch mit P. das gesamte Land im Gegensatz zur Hauptstadt. Provinziell (provinzial), die P. betreffend, dahin gehörig.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 406.
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