Crusius, Christian August

[111] Crusius, Christian August, geb. 1712 zu Leuna bei Merseburg, Prof. in Leipzig, gest. 1775.

C. (von Rüdiger u. a. beeinflußt) ist der bedeutendste Gegner der Leibniz-Wolffschen Philosophie. In seinem Bestreben, Wissen und Glauben, Philosophie und Theologie zu vereinbaren, sowie in seiner Aufstellung materialer Grundsätze der Erkenntnis hat er Kant beeinflußt. Es ist ihm sehr um die Rettung der Willensfreiheit zu tun. Dies zeigt sich schon in seiner Bekämpfung des Satzes vom zureichenden Grunde in dessen üblichen Formulierung; es folgen nicht alle Wirkungen notwendig aus ihren Ursachen. Die Denkgesetze sind: der Satz des Widerspruchs, der Satz des nicht zu Trennenden, der Satz des nicht zu Verbindenden. Kriterium der Wahrheit ist die Denkbarkeit: Wahr ist, was sich nicht anders denken läßt. Mit absoluten Vernunftwahrheiten hat es die Metaphysik zu tun. Alles Endliche ist in Raum und Zeit, sonst würde es eben nicht »existieren«; Raum und Zeit selbst sind nur Abstraktionen. C. bekämpft die Lehre von der prästabilierten Harmonie, den Satz von der Erhaltung der bewegenden Kraft, den Determinismus und strengen Mechanismus, den Optimismus (die Welt ist relativ gut, aber nicht die beste der möglichen). Die Seelen streben ewigen Zielen zu und sind unsterblich. Der Wille ist frei, motiviert, aber nicht determiniert. Die Sittlichkeit ist objektiv zu begründen, sie besteht in der Befolgung des göttlichen Willens. Tugendhaft sein heißt »aus Gehorsam gegen Gott und Erkenntnis seiner Schuldigkeit handeln« (Vernunftwahrh. § 481). Der »Gewissenstrieb« liegt den Pflichten zugrunde.

SCHRIFTEN: De usu et limitibus principii determinantis, vulgo sufficientis, 1743 (neu bearbeitet, deutsch 1766). – Anweisung, vernünftig zu leben, 1744 – Entwurf der notwend. Vernunftwahrheiten, 1745. Weg zur Gewißheit und Zuverlässigkeit d. menschlichen Erkenntnis, 1747. – Anleitung, über natürl. Begebenheiten ordentlich und vorsichtig nachzudenken, 1749 (Naturphilosophie). – Vgl. A. MARQUARDT, Kant u. C., 1885. – C. FESTNER, C. als Metaphysiker, 1892.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 111.
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