Suarez, Franz

[732] Suarez, Franz, geb. 1548 in Granada, Jesuit, lehrte an verschiedenen Universitäten, zuletzt in Coimbra, gest. 1617 in Lissabon.

S. ist der bedeutendste und gelehrteste Spät-Scholastiker und hat durch seine Schriften großen Einfluß ausgeübt. In seinen Anschauungen ist er wesentlich von Thomas von Aquino beeinflußt. Die Metaphysik oder »erste Philosophie« handelt vom Seienden als solchen (»ens quale ens reale«), von dessen Zuständen (»passiones«) und von den Urgründen der Dinge (»de primis rerum causis«, »de universis entibus«). Jedes Seiende ist wahr, eins, gut (»omne ens est verum, unum, bonum«); dies sind die »transzendentalen« Merkmale. Wesenheit (»essentia«) und Existenz sind zu unterscheiden. Die Relationen haben ein Fundament in den Dingen (reale und rationale Relationen), ebenso die Gattungseinheiten. Die »transzendentale Wahrheit« ist die Begreiflichkeit des Wesens (»veritas transcendentalis significat entitatem rei, connotando cognitionem seu conceptum intellectus, cui talis entitas conformatur vel in quo talis res repraesentatur«). Die logische Wahrheit ist Übereinstimmung des Denkens mit dem Sein. Das Gute bedeutet die Vollkommenheit des Seienden (»bonitas dicit perfectionem rei«). »Ursache« ist ein Prinzip, welches einem ändern ein Sein einflößt ( »principium per se influens esse in aliud«). Es gibt innere und äußere, wirkende, Zweck-Ursachen usw. Die Wirkung der Sache geschieht um etwas ändern willen (»effectus causae efficientis... intrinsece postulat, ut alicuius gratia fiat«).[732] Die Materie ist das Substrat (»subiectum primum«) der Veränderung, die bleibende Potentialität der Körper. Der Raum ist ein Gedankending, aber keine Fiktion, sondern hat in einer Daseinsweise der Körper seine Grundlage; er ist der Abstand, welcher quantitative Dimensionen einschließt (realer – imaginärer Raum). Die Zeit ist nur begrifflich von der Bewegung verschieden; sie wird durch die zählende Tätigkeit der Seele bestimmt. Es gibt geistige und materielle Zeit; reale Zeit ist die wahre Dauer der Bewegung. Die Zahl ist eine Kollektion von Akzidenzen zur Einheit, aber kein bloßes Denkgebilde. Die Seele ist eine immaterielle Substanz, die »forma substantialis« des organischen Leibes, einfach, unausgedehnt, unsterblich. Sie besitzt verschiedene Vermögen (»potentiae«), Operationen (Äußerer Sinn, innerer Sinn als Gemeinsinn, Gedächtnis Phantasie usw., potentieller und aktueller Intellekt, sinnliches und geistiges Begehren). Die Erkenntnis erfolgt durch eine Angleichung (»assimilatio«), wobei der Intellekt auf das Übersinnliche gerichtet ist. Der Wille ist frei, weder von außen, noch innerlich determiniert. Gott ist die erste, ewige Ursache und der Endzweck von allem, reine Wirklichkeit ohne Potentialität und Materie (»actus purus«; vgl. Leibniz).

Schriften: Die wichtigsten sind: Disputationes metaphysicae, 1597, 1600 u.ö. – De anima. De legibus u.a. – Opera 23 Bde., 1632 ff., 1740-51, 1856 ff. (26 Bde.), Auswahl bei Migne, Patrolog., 1858. – Vgl. K. WERNER, F. S. u. die Scholastik der letzten Jahrhunderte, 1861.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 732-733.
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