Magnesia.

[426] Über die Schlacht bei Magnesia haben wir nur ganz phantastische Berichte bei Livius und Appian. Sichelwagen, Kamelreiter, die Aufgebote von 16 verschiedenen Völkern, indische Elefanten, weit überlegen den afrikanischen, schmücken das syrische Heer. Es ist den Römern mehr als doppelt überlegen (nach Florus zwanzigfach), an Reiterei vierfach; obgleich sehr tief aufgestellt, ist die Front doch so lang, daß bei dem nebligen Wetter von der Mitte die Flügel nicht mehr gesehen werden konnten; nichtsdestoweniger ist von einer Umklammerung durch die überschießende Masse nicht die Rede. Von den Römern und ihren Bundesgenossen fielen noch nicht 400, von den Syrern 53000.

Als Besonderheit dieser Schlacht erscheint, daß die Sarissen-Phalanx in zehn Haufen geteilt und immer je zwei Elefanten in die Zwischenräume gestellt waren. Wahrscheinlich gehört auch diese Anordnung zu den Phantasien des Romanschreibers, dem wir die ganze Schlachtschilderung verdanken. Alle Torheit hat ihre Grenze, selbst die eines syrischen Königs, der Hannibal in seinen Diensten hat und ihn nicht zu benutzen weiß. Elefanten haben, wie wir wissen, ihre beste Wirkung gegen Reiterei. In geschlossenes Fußvolk dringen sie nicht ein, im Gegenteil, es geschieht leicht, daß sie durch Geschosse zurückgetrieben werden; oder aber, sie stürmen vorwärts, und dann kann man sie, indem die Soldaten zur Seite springen, durch die Schlachtreihe durchlassen. In jedem Falle entsteht für die Phalangiten das Schlimmste, was sie zu befürchten haben, eine breite Lücke in ihrer Front, wo die römischen Manipel eindringen und sie aus der Flanke packen können. Das geschieht um so sicherer, da die Elefanten schwerlich mit dem marschierenden Phalanxhaufen Schritt halten, sondern, sobald die feindlichen Geschosse empfindlich werden, mit möglichster Schnelligkeit (soweit sie nicht Kehrt machen) auf den Feind losstürmen werden.

Wer noch glaubt, daß es methodisch erlaubt und richtig sei, aus solchen Schlachtschilderungen durch kritische Sichtung eine[426] historisch vortragbare Erzählung zu gewinnen, den bitte ich, das zunächst bei den beiden appianischen Schlachtschilderungen von Cannä und Naraggara zu versuchen, und wenn das gelungen ist, so will ich nichts mehr dagegen haben, daß es auch mit Magnesia geschehe.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1920, Teil 1, S. 426-427.
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