Treffen bei Jaffa.

5. August 1192.

[427] Richard Löwenherz wurde von angeblich 7000 Mamelucken und Kurden angegriffen, während er selber nur 55 Ritter, wovon nur 15 beritten und 2000 Mann zu Fuß, meist genuesische und pisanische Armbrustschützen von der Flotte, bei sich hatte. Er bildete eine Linie von Spießknechten, welche ein Knie auf die Erde senkten und die Spieße gegen die Brust der Pferde richteten. Hinter ihnen standen die Armbruster, auf[427] die Intervale der Spießer gerichtet, mit dem Befehl, fortwährend zu schießen, während ein zweiter Mann mit Armbrust hinter ihnen stand, spannte, lud und das Gewehr hinreichte. Der Geschoßhagel entlud sich also ohne Unterbrechung. Die Moslem wogten heran, Schar auf Schar, aber wagten nicht zu attackieren. Mit den Geschossen, die sie selbst im Reiten absandten, richteten sie nichts aus, litten aber selber erheblich. Schließlich attackierte sie Richard mit seinen Rittern, fuhr mit Gewalt unter sie und hieb persönlich den Earl von Leicester und Ralph Mauléon, die, umringt, in Gefahr waren, gefangen zu werden, wieder heraus. Stundenlang ging das Gefecht so hin; schließlich zogen die Türken ab, indem sie 700 Mann und 1500 Pferde auf dem Platz ließen, während die Kreuzfahrer nur zwei Mann verloren hatten.432

»So gut hatte ihre Schlachtordnung sie gesichert«, schließt OMAN seine Wiedergabe des Quellenberichts. Diesem Schluß vermag ich nicht beizustimmen. Wenn es möglich wäre, einen anerkannt tapferen, weit überlegenen Feind durch ein so einfaches Mittel abzuwehren, so hätte man es öfter angewandt. Die Verlustangabe für die Türken zeigt uns von vornherein, daß wir mit sehr stark aufgetragenen Farben zu rechnen haben. Eine Linie Spießknechte, auch mit doppelter Linie Armbruster dahinter, ist ein viel zu schwaches Hindernis, um eine entschlossene, gut gerüstete Reitermasse abzuschrecken, und die Krieger Saladins waren sowohl tapfer wie gut gewappnet. Wären die 7000 Türken auch nur annähernd wahr, so würde die Erzählung doch noch nicht die Unerbrechlichkeit von Richards Schlachtordnung beweisen, sondern nur, daß die Ungläubigen an jenem Tage in ihrem Angriffsmut sehr matt gewesen sind. Vermutlich waren die Angreifer nur eine sehr mäßige Schar, meist leichte Reiter, die es wohl einige Male versuchten, ob die Christen sich etwa durch ihr Anreiten erschrecken und vielleicht von einer Panik ergreifen ließen, eine wirkliche Attacke aber nicht wagten.

Neben dem Itinerarium, das OMAN benutzt hat, existiert noch der Bericht eines Augenzeugen, Ralph von Coggeshale (ed. S. Stevenson, Rolls series, p. 45). Danach hätte der König 80 Ritter, aber nur sechs Pferde und ein Maultier gehabt.

»Commilitones suos ... stricte et conjunctim ordinando disposuit (rex), ut unumquemque juxtas latus alterius firmiter collocavit, ne quis aditus perforundi cuneum suumm in ipsa congressione ex spatii vacuitate pateret hostibus. Pauca autem ligna, quae ibidem reperta fuere ob tentoria construenda ante pedes singulorum quasi pro antemurali jussit collocari.«

Schließlich macht Richard einen Ausfall, die Schützen immer voran, und siegt mit Verlust eines Ritters.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 427-428.
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