1742


1742.

[375] Wenn die Preußen mit ihrer großen Überlegenheit das Neippergsche Heer in Schlesien überwältigt und dann den Marsch auf Wien angetreten hätte, so hätten sich auch wohl die Franzosen angeschlossen und man hätte Wien genommen. Bei der Zurückhaltung der Preußen waren die Franzosen zu einer solchen Operation zu schwach; sie gingen aber immerhin auf Prag vor und nahmen es. Nun setzte sich auch Friedrich unter Bruch der Klein-Schnellendorfer Vereinbarungen wieder in Bewegung. Es schien zur Teilung Österreichs zu kommen. Böhmen sollte an Bayern, Mähren an Sachsen fallen. Der französische Marschall Broglie entwarf einen großartigen Plan, wonach das österreichische Heer bei Tabor-Budweis von allen Seiten zugleich angegriffen werden sollte. Friedrich aber versagte sich, machte bloß eine Bewegung nach Mähren, wo feindliche Truppen nicht standen, und begann geheime Verhandlungen mit Österreich, da ihm gar nicht daran lag, diesen Staat aufzulösen und statt dessen Sachsen422 groß und Frankreich übermütig werden zu lassen. Strategisch ist dieser Winter-Feldzug dadurch interessant, daß man sieht, wie ein Zeitgenosse Friedrichs wohl imstande war, wo die Verhältnisse dazu angetan schienen, einen Plan im Geiste der Niederwerfungsstrategie zu konzipieren und vorzuschlagen, und daß es gerade Friedrich ist, der – aus politischen Gründen – ihn ablehnt.

Die Schlacht bei Chotusitz (17. Mai 1742) entwickelt sich, indem die Österreicher, das hin und her manövrierende preußische Heer zu überfallen suchen und abgeschlagen werden423.[375]

Darauf entschließt sich Maria Theresia, Friedrich um ihn von den Franzosen zu trennen, außer dem in Klein-Schnellendorf Versprochenen auch noch Ober-Schlesien abzutreten.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1920, Teil 4, S. 375-376.
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