3. Kapitel. Die Nachbarn.

[83] Die Phönizier, Aramäer, Philister und Idumäer; ihre Sitten und ihre Mythologie. Die Moabiter und Ammoniter. Anschluß der Isrraeliten an die Nachbarn und Nachahmung derselben. Zersplitterung der Stämme, Mangel an Einheit und infolgedessen Schwäche. Die Retter des Augenblicks.


Als sollte die Prüfung der Söhne Israels, die in Ägypten begonnen hatte, noch weiter fortgesetzt werden, oder erst recht in ernster Weise anfangen, war der neue Schauplatz ihrer Tätigkeit von so verschiedenartigen Völkerschaften umgeben, daß sie, um deren Einwirkungen nicht zu unterliegen, entweder, wie es andere Völker zu tun pflegten, eine Wüstenei rings um ihr Land hätten anlegen, oder schon in ihrer Jugend gegen Anfechtungen hätten gestählt und gehärtet sein müssen. Phönizier und Kanaaniter in vielfachen Abstufungen der Kultur, Aramäer, Philister, Idumäer, Moabiter, Ammoniter, Amalekiter, Araber und Halbaraber waren Israels Nachbarn. Jede dieser Völkerschaften hatte ihre eigenen Sitten, Gewohnheiten und gottesdienstlichen Gebräuche.

Mit allen diesen und noch anderen, weniger bedeutenden Nachbarn kamen die einen oder die anderen Stämme in nähere Berührung. Das Gesetz der Anziehung und Assimilierung, das auch auf geistigem Gebiete herrscht, machte sich auch bei ihnen geltend, und die Geschichte des israelitischen Volkes bietet eine geraume Zeit hindurch das wunderbare Schauspiel, daß es durch seine Umgebung seine innere und äußere Selbständigkeit verloren, um sie dann wieder zu gewinnen, und daß es diesen Verlust und Gewinn noch einigemal wiederholte und dann seine Eigenheit desto zäher festhielt und ausprägte.

Am häufigsten war der Verkehr der Israeliten mit den Phöniziern, zu denen besonders die Nordstämme, Ascher, Zebulon und Issaschar in nachbarlichem Verhältnisse standen. Die phönizischen Kanaaniter und besonders die Sidonier hatten bereits einen bedeutenden Vorsprung vor den auf fremdem Boden unter den mißlichsten Verhältnissen herangewachsenen [83] und in der Wüste umhergewanderten Israeliten. Die Bewohner der Stadt Sidon, die edelste Gruppe unter den Phöniziern, hatten beim Einzug des israelitischen Volkes bereits eine hohe Stufe der Kultur erreicht. Zu den weiten und kühnen Fahrten auf dem offenen Meere, welche sie zu allererst gewagt haben, mußten sie die Schiffsbaukunst vervollkommnen und sich auch auf andere dazugehörende mechanische Fertigkeiten verlegen. Tempel und Paläste bauten sie; wenn auch nicht in so riesigen Verhältnissen wie die Ägypter, für eigene und fremde Bedürfnisse. Purpurfärberei aus dem Blute der Purpurschnecken verstanden nur die Phönizier, ebenso wie die Glasfabrikation aus dem weißen Sande des Belusflusses bei Akko. Sie verstanden Metalle aus den Bergwerken zu heben und zu schmelzen, zierliche Schmucksachen anzufertigen, Hals-, Ohr- und Fingerringe, die zugleich als Amulette dienten, und die sie auf den Märkten fremder Plätze feilboten. Sidonische Schleier, auf denen die Bilder ihrer Götterlehre eingewebt waren, wurden gesucht. Die Rechenkunst, wenn auch nicht von den Phöniziern erfunden, war bei ihnen heimisch. Während die Ägypter sich bis zu ihrem Untergange mit der unbeholfenen hieroglyphischen Silbenschrift abgequält haben, bedienten sich die Phönizier der ausgebildeten und bequemen Laut- und Buchstabenschrift, gleichviel, ob sie deren Erfinder waren, oder sie einem anderen semitischen Volke entlehnt hatten1. Das sidonische Kanaan hatte bereits eine feste Staatsverfassung, einen König an der Spitze des Landes2, und geordnete Verhältnisse. Es hatte schon Kolonien angelegt, wenn auch damals noch nicht die größte derselben, Karthago, so doch bedeutende auf den nahegelegenen Inseln Cypern und Kreta. Durch häufigen friedlichen Verkehr mit vielen Völkern hatte sich ihr Gesichtskreis erweitert und ihre Sprache bereichert. Die kanaanitische Sprache hatte entschiedene Ähnlichkeit mit der von den Israeliten gesprochenen oder der hebräischen und war nur mundartig davon verschieden3. Allein die hebräische Sprache hat sich als Gefäß [84] eines umfassenden Geistes zu einer Höhe und Feinheit erhoben, welche sie den edelsten Völkerzungen ebenbürtig machte. Im Vergleich mit ihr erscheint das Phönizische, soweit es aus Trümmern bekannt geworden ist, als eine Sprache der Bauern, der Handelsleute und Soldaten. Wie das israelitische Volk den Boden Kanaans zu einem heiligen Lande gemacht hat, so hat es die Sprache Kanaans zu einer heiligen Sprache geadelt.

Die phönizische Kultur, welche die Sidonier gepflegt haben, war aber nicht durch alle Wohnsitze der Kanaaniter verbreitet, weil bei den übrigen Völkerschaften die Grundbedingung, der Weltverkehr, fehlte. Indessen hatten auch diese manches vor den Israeliten voraus; sie kannten bereits die mechanischen Künste und Handwerke, sie verstanden Städte zu bauen und Festungen anzulegen, was den Israeliten bei ihrem Einzuge völlig fremd war. Nur nach der religiösen und sittlichen Seite waren sämtliche Kanaaniter, auch die Sidonier, noch auf der niederen Stufe halbroher Naturmenschen, nur um etwas gehobener als die Ägypter. Sie verehrten zwar nicht so viele Götzen wie diese und wählten sie nicht aus der niedrigen Tierwelt; aber auf die größere oder geringere Zahl der Götter kommt es hierbei wenig an. Sobald die göttlich verehrten Wesen nur die Zahl Eins übersteigen und einen mythologischen Ursprung haben, führen sie zur Verwirrung des Denkens und zur Verderbnis der Sittlichkeit. Die Kanaaniter verehrten zunächst ein Götterpaar, Mann und Weib, unter dem Namen Baal und Astarte, die in einigen Städten und Kolonien auch den Namen Adonis und Baalti (Beltis) führten. Der Baal sollte die Sonne und die Astarte den Mond bezeichnen, aber nicht als lautere Lichtwesen im ätherischen Himmelsraume, sondern als erzeugende Naturkräfte, wie sie die Erde, die Tiere und die Menschen zur Fruchtbarkeit anregen und reizen. Außerdem verehrten die Kanaaniter noch sieben Götter, nach der Zahl der damals bekannten sieben Planeten, welche sie Kabiren (Mächtige) nannten und noch dazu einen achten Gott unter dem Namen Asmun (Esmun, Aschmun), der als Heilgott betrachtet und unter dem Bilde einer Schlange dargestellt wurde. Es gab außerdem noch andere phönizische Götter, die sämtlich im Vergleich zu den ägyptischen anständig auftraten.

[85] Die gottesdienstlichen Gebräuche für diese erträumten Gottheiten waren aber höchst unsauber. Dabei spielte das weibliche Geschlecht eine Hauptrolle. Der Segen der Fruchtbarkeit an Feldfrüchten, Herden und Kindern war der Inbegriff aller ihrer religiösen Vorstellungen. Altäre und Tempel waren auf Anhöhen unter Bäumen errichtet; der Granatbaum mit seinen körnerreichen Früchten war der Astarte geweiht. Bei jedem Heiligtum des Baal war ein spitzzulaufender Stein, Steinsäulen (Mazeba), der Sonne geweiht (Chammanim), welche das befruchtende Organ versinnbildlichen sollten4. Am Ende des Herbstes war ein Trauerfest, das in grobsinnlichen Ausschweifungen endete. Weiber suchten den verschwundenen Adonis oder Baal – die Kraft der erzeugenden Sonne und den Samen – unter siebentägiger Trauer und fanden ihn, d.h. sein Bild aus Holz, rauften sich dabei das Haar aus oder schnitten es ab und schlugen sich an die Brust. Die Priester zerfleischten ihre Arme und ihren Leib mit Messern und Spießen unter dem rasenden Schall von Trauermusik. Nach dem Trauerfest riefen alle mit lauter Stimme: »Adonis lebt!« und in dieser wahnsinnigen Freude opferten Jungfrauen schamlos ihre Ehre um Opfergeld für die Göttin Baalti5. Es gab bestimmte Tempelbuhlerinnen, welche das Jahr hindurch entweder im Tempel selbst oder entfernt davon auf Straßen weilten, und diese wurden Geweihte (Kedeschot) genannt. Zu Ehren der Astarte entmannten sich Jünglinge und Männer in wilder Raserei und steckten sich in Frauengewänder6, um es dem Gotte nachzutun, der zugleich als Baal und Astarte gedacht wurde. Diese Entmannten, die bettelnd für das Heiligtum oder richtiger für die Priester umherzogen, galten ebenfalls für heilig (Kedeschim). Das war der Kultus der Phönizier, in deren Nachbarschaft die Israeliten wohnten, das war das tägliche Treiben, das sie vor Augen hatten.

Nördlich und östlich von Phönizien, an den Gebirgsstöcken des Libanon und Antilibanon, ihren nördlichen Ausläufern und ihren Tieftälern wohnten damals oder trafen gleichzeitig mit den Israeliten die Aramäer ein. Sie waren zur Zeit der ersten Völkerwanderung von Armenien, aus der Gegend des Flusses Kir (Kyros), zuerst in die Niederung [86] zwischen Euphrat und Tigris niedergestiegen, welche von ihnen den Namen Gefilde Arams oder Aram des Doppelflusses (Aram-Naharaïm, Mesopotamien) genannt wurde. Ein Teil von ihnen wanderte weiter und siedelte sich auf den Höhen im Norden Kanaans an, und diese Gegend hieß seitdem schlechtweg Aram7. Die Aramäer waren stammverwandt mit den Israeliten, und die alte Erinnerung nennt den Stammvater Abraham einen Aramäer. Nichtsdestoweniger war die Sprache der Aramäer, obwohl desselben Ursprungs, in Wurzeln und Formen von der hebräischen so verschieden, daß sie von den Israeliten nicht verstanden wurde8. Die aramäische Sprache war voller Härten und schwerfällig. Auch die Aramäer bauten feste Städte, von denen einige sich bis auf den heutigen Tag erhalten haben, Damaskus in einer paradiesischen Gegend und Hamat am Orontesflusse. Von ihren staatlichen Einrichtungen ist wenig bekannt; in späterer Zeit hatten sie Könige und zerfielen in drei Gruppen. Aram Zoba am Euphrat (mit der Hauptstadt Thapsakus (?)9, Aram Chamat und Aram Damaskus. – Von den Sitten der Aramäer ist noch wenig bekannt. Ihre Mythologie war der der Phönizier ähnlich. Ihre höchste Gottheit scheint den Namen Hadat (Adad) geführt zu haben, was die Sonne bedeuten soll10. Er wurde wohl auch Hadad-Melech (oder Adramelech) benannt11 oder auch kurzweg Moloch.[87] Ihr Kultus war wahrscheinlich nicht keuscher als der phönizische. Kinderopfer zur Zeit einer Bedrängnis, einer Dürre oder eines Krieges für den Chijun (Chaiwan, Kronos) und überhaupt Menschenopfer waren wohl bei den Aramäern, wie bei allen diesen mit den Hebräern sprachverwandten Stämmen und überhaupt den alten Völkern im Gebrauch. Mit ihnen kam zunächst der Stamm Naphtali in unmittelbare Berührung.

Ein naher Verkehr fand besonders zwischen den südlichen Stämmen und den Philistern statt. Dieses Volk, von dem man nicht weiß, ob es semitischen oder pelasgischen Ursprungs war, weil es in manchen Punkten von den Morgenländern (Semiten) verschieden war, stammte von der Insel Kreta und zwar aus der Stadt Kaphtor (Kydonia)12. Entweder Eingeborene der Insel oder kanaanitische Kolonisten, welche zuerst auf der Insel Kreta ansässig waren, hatten sich später am Küstenstrich des Mittelmeeres von der Hafenstadt Joppe südwärts bis zur Wüste angesiedelt. Die Philister scheinen erst nach und nach diese Gegend bevölkert zu haben, hatten aber zur Zeit des Einzuges der Israeliten ohne Zweifel da schon festen Fuß gefaßt13. Sie legten drei Hafenstädte an dem Gestade an; Gaza (Azza)14 im Süden, Askalon in der Mitte und Aschdod (Azotus) im Norden und außer diesen noch zwei größere Binnenstädte Gath und Ekron. Dieses waren die philistäischen fünf Städte (Pentapolis), welche, so gering auch ihr Gebiet war – höchstens bis zur Grenze Ägyptens – doch eine große Rührigkeit entfalteten und eine bedeutende Macht erlangten. Von den Philistern erhielt das ganze Land bei den Ägyptern und Griechen den Namen Palästina. Wahrscheinlich trieben sie gleich den Phöniziern Schiffahrt und Handel zunächst nach Ägypten und wohl auch nach den benachbarten [88] Inseln und machten den Sidoniern Konkurrenz. Denn eine Gemeinschaft zwischen beiden Völkern bestand nicht, eher noch eine Art Feindseligkeit. Die Philister waren außerdem kriegerisch und eroberungssüchtig, während die Phönizier friedlich waren. Da ihr Küstengebiet schmal war, so waren sie darauf angewiesen, sich nach Osten auszudehnen. Ihre geringe Bevölkerung scheinen sie durch Söldnerscharen von den Inseln verstärkt zu haben. – Die Religionsanschauung der Philister war wesentlich dieselbe, wie die sämtlicher kanaanitischer und überhaupt der uralten Völker. Auch sie verehrten die erzeugende Naturkraft unter dem Namen Dagon, der als eine halb Mensch- und halb Fischgestalt dargestellt wurde. Die Priester des Dagon betraten nicht die Schwelle des Tempels dieses Götzen, der in Aschdod stand, sondern hüpften über dieselbe15. Die weibliche Ergänzung Dagons war selbstverständlich Astarte, führte aber auch den Namen Tirata (Tirghata, Atergatis, verstümmelt Derketo)16 in der Bedeutung von Pforte, Spalte, worin jedenfalls etwas Unzüchtiges lag. Auch die Göttin Tirata hatte Menschen- und Fischgestalt, die letztere als Symbol der Fruchtbarkeit; ihr Tempel stand nicht weit von Askalon. Auch einen Heilgott verehrten sie, dessen Tempel und Orakel in Ekron war, unter dem Namen Baal-Zebub (Belsebub). Die Religion der Philister lief ebenfalls auf Verirrung und Unzucht hinaus. Unter ihnen gab es viele Wahrsager, Tagewähler oder Wolkenschauer (Meonenim) genannt, welche die Zukunft aus gewissen Zeichen verkündeten17.

In der östlichen Nachbarschaft der Philister waren Oasen von einem kleinen Stamme der Geschuriten18 bewohnt, wahrscheinlich einem Zweige der Ismaeliten, von dessen Eigenheit wenig bekannt ist. Noch weiter östlich hausten die Amalekiter in der Gegend der Stadt Kadesch19, die den Israeliten auf dem Wüstenzuge Unbill zugefügt hatten (o. S. 33). Es war ein wanderndes und räuberisches Völkchen, das stets feindlichen Sinnes gegen die Israeliten war. Die Sitten der Amalekiter, wie überhaupt der Stämme, die zwischen der philistäischen Küste und dem toten Meer in der Nachbarschaft Ägyptens ansässig waren, sind völlig unbekannt. Ihre Götzen – ebenfalls männlich und weiblich dargestellt – [89] sollen Urotal und Alilat20 (Lilit?) geheißen haben; mit ihrer Aubetung war wohl nicht minder ein unzüchtiger Kultus verknüpft.

Weniger kamen die Israeliten mit den Idumäern (Edomitern) in Berührung. Das Gebiet der letzteren erstreckte sich von dem Gebirge Seïr bis zum Meerbusen des roten Meeres. Auf diesem mögen sie frühzeitig Schiffahrt und Handel nach Arabien betrieben haben. Ihr Gebirge enthielt Erze und auch Gold, und sie verstanden es, es auszubeuten21. Die Idumäer galten im Altertum als erfahren und weise; ihre Hauptstadt war Taman. Sie hatten frühzeitig Könige, die, wie es scheint, durch Wahl zur Herrschaft berufen wurden22. Ihre Gottheit führte denselben Namen, wie die der Aramäer, nämlich Hadad23, ein Name, nach dem sich auch einige ihrer Könige benannten. Von ihren Sitten ist wenig bekannt, sie waren wahrscheinlich denen der Israeliten, mit denen sie stammverwandt waren, ähnlich.

Nördlich von den Idumäern und östlich vom toten Meer wohnten die Moabiter und Ammoniter, die Nachbarn der Stämme Gad und Rëuben. Auch sie trieben einen unzüchtigen Götzendienst für den Baal auf dem Berge Peor (s.o. S. 51): bei den Ammonitern führte Baal den Namen Milkom oder Malkom. Neben diesen hatten sie beide gemeinschaftlich noch einen Götzen Khemosch, dessen Wesen und Bedeutung noch unbekannt sind. Wie die Göttin der Moabiter und Ammoniter genannt wurde, ist nicht bekannt24. Es war schwer für die [90] israelitischen Stämme, sich in dieser Nachbarschaft ihre politische Selbständigkeit und noch schwerer ihre geistige Eigentümlichkeit zu bewahren, zwischen Absonderung und Annäherung das Gleichgewicht zu behaupten, und mit diesen sprach- und zum Teil stammverwandten Völkern zu verkehren, ohne sich durch diesen Verkehr zu beflecken.

Denn so viele Nachbarn, so viele Feinde hatten die Israeliten von Anfang an. Wußten die Nachbarvölker auch nichts davon, daß die von Israel getragene neue Lehre darauf ausging, ihre Götter zu stürzen, ihre Altäre zu zerstören, ihre Spitzsäulen zu zertrümmern, ihre Astartenhaine umzuhauen und ihren ganzen Götzenplunder in nichts aufzulösen, hatten sie überhaupt auch keine Ahnung von dem schroffen Gegensatze zwischen ihrem Wesen und dem innersten Streben der neueingedrungenen Bevölkerung, so haßten sie doch die Eindringlinge, welche mit dem Schwerte in der Hand den größten Teil des Landes besetzt hatten. Was blieb den israelitischen Stämmen diesen offenen oder versteckten Feindseligkeiten gegenüber zu tun übrig? Sie mußten entweder einen Vernichtungskrieg gegen die Nachbarn führen, oder sich mit ihnen auf freundnachbarlichen Fuß stellen. Kriegerisches Vorgehen war nicht möglich, weil es nach Josuas Tode an einem Führer, an Einheit, auch an Kriegsgeschicklichkeit25 und an Kriegslust mangelte. So steckten die Eroberer nach und nach das Schwert in die Scheide und suchten freundlichen Verkehr mit den Nachbarn. Die Kanaaniter und Phönizier verlangten für den Augenblick nichts mehr. Sie, die überhaupt mehr friedliche als kriegerische Zwecke verfolgten26, begnügten sich damit, daß die Karawanenstraßen offen blieben, auf denen ihr Zwischenhandel ungestört betrieben werden konnte. Die in der Mitte des Landes wohnenden kanaanitischen Überbleibsel fühlten sich zu schwach zu einem Kampfe gegen die Israeliten, weil auch sie vereinzelt und zerstückelt waren und auf Hilfe von einem auswärtigen Stamme nicht rechnen konnten. Diese schwache Seite der Kanaaniter zeigte sich bei der Eroberung von Laïsch (oder Laïschim, Leschem). Der am ungünstigsten bedachte Stamm Dan war nicht lange nach Josuas Tode in der schlimmen Lage, einen Teil seiner Bevölkerung von sich weisen zu müssen, um genügenden Raum für die Zurückgebliebenen zu behalten. Die zur Auswanderung Verurteilten – 600 Krieger mit Weib und Kind – wanderten nach Norden bis zum Fuße des Berges Hermon, bekämpften die dort wohnenden Sidonier, ohne daß diese von ihren Stammesgenossen Hilfe erhielten und besetzten das außerordentlich fruchtbare Gebiet. Um das Andenken an [91] ihren Stamm zu erhalten, nannten die ausgewanderten Daniten die neuerbaute Stadt Dan27. Die Sidonier dachten auch später nicht daran einen Rachezug gegen die erobernden Daniten zu unternehmen. Nur die Idumäer, Philister und Moabiter handelten einmütig, wenn es galt, die israelitischen Nachbarn zu schädigen und zu unterdrücken.

Fast noch mehr Bedürfnis nach ruhigen und friedlichen Zuständen empfanden die israelitischen Stämme, wenn sie sich der mühseligen Wanderung durch die Wüste erinnerten. Diesem Bedürfnisse brachten sie große Opfer, und nicht selten gaben sie aus Fremdenliebe das Interesse der Bruderstämme preis. Um den freundlichen Verkehr mit den Nachbarn zu unterhalten und gewissermaßen Gewähr für die Zukunft zu bieten, gingen sie Ehebündnisse mit ihnen ein, d.h. Väter gaben ihre Töchter kanaanitischen Männern und Frauen und führten für ihre Söhne kanaanitische Mädchen ins Zelt. Solche Mischehen kamen wohl meistens unter den Grenzstämmen vor, die einen friedlichen Verkehr als Grundbedingung für ihren Fortbestand betrachteten, unter den Stämmen Ascher, Naphtali, Zebulon und besonders unter dem fast in Untertänigkeit lebenden Stamme Issaschar, ferner unter den Daniten, dem Stamme Jehuda28 und noch mehr unter den jenseitigen Stämmen, welche mit den stammverwandten Moabitern und Ammonitern regen Verkehr hatten. Eine Verschwägerung mit den Heiden galt damals noch nicht als verpönt. Seltener kamen Fälle von Mischehen wohl unter den abgerundeten Stämmen vor, unter Ephraim, Manasse und Benjamin, und am seltenster unter dem Stamm Levi, der überhaupt in sich abgeschlossen lebte. Von der Verschwägerung mit den benachbarten Heiden bis zur Teilnahme an ihrem götzendienerischen Kultus war nur ein Schritt. Die Eingeborenen hatten bereits Opferstätten und Wallfahrtsplätze, an die sich dem einfältigen Verstande zusagende Mythen knüpften. Größere Berge und liebliche Täler am Fuße derselben im Gebiete der Israeliten hatten bereits einen geheiligten Charakter. Der Berg Karmel galt von jeher für heilig, und heidnische Priester verkündeten auf ihm Orakel29. Der Thabor wurde ebenfalls verehrt30. Am Fuße des Hermon war eine Kultusstätte, welche dem Baalgad [92] oder Baalhermon geweiht war.31 Die Stadt Bethel war wegen eines dort befindlichen einst heruntergefallenen Meteorsteines (Baityle) ein Wallfahrtsort. An solchen geweihten Stätten mögen sich anfangs nur die Fremden, die sich den Israeliten beim Auszuge aus Ägypten angeschlossen hatten, und einfältige Israeliten beteiligt haben. Dem Landvolk, welches für den Gegensatz der heidnischen Lügengötter und der israelitischen Gotteslehre kein rechtes Verständnis hatte und noch an den Erinnerungen an die ägyptischen Verkehrtheiten festhielt, kostete es keine Überwindung, an den Opfermahlen der Heiden teilzunehmen. Nach und nach drang die Beteiligung an dem Götzenkultus auch in weitere Kreise ein, zumal die Phönizier den Israeliten durch ihre Überlegenheit in Künsten und Fertigkeiten imponierten. Nachahmungssüchtig waren die Israeliten von jeher, und indem sie es jenen an Kulturformen gleichtun wollten, nahmen sie auch die götzendienerischen Gebräuche an, die damit verbunden waren. Der Kultus der Nachbarvölker schmeichelte überhaupt den Sinnen mehr als zuviel, er sagte der Natur der noch in der Jugendzeit begriffenen Menschen zu. Der israelitische Kultus dagegen hatte noch keine festen Formen angenommen. Das Heiligtum zu Schilo, bei dem Aharoniden und Leviten fungierten, war den entfernt wohnenden Stämmen zu entlegen, und außerdem lag es im Stamme Ephraim, der bei den übrigen Stämmen durch seine Selbstsucht und Anmaßung wenig beliebt war. In jener Zeit und auch noch später galt das Opfer als Hauptausdruck des Gottesdienstes und des Verkehrs mit dem göttlichen Wesen. Wer also das Bedürfnis darnach fühlte, mußte sich einen Privataltar anlegen oder sich einem bestehenden Heiligtume anschließen. Und die sinaitische Lehre hatte noch keinen sichtbaren Vertreter und Lehrer, der eine andere Art des Gottesdienstes hätte lehren können. Die Leviten, die unter sämtlichen Stämmen wohnen und lehren sollten, erhielten keine Ansiedlungsplätze in den Städten und waren, da ihnen Grundbesitz versagt war, arm und wenig angesehen. Ein Levite, Jonathan, ein Enkel des großen Führers Mose, war durch Not dahin gebracht, sich um Nahrung und Kleidung als Priester bei einem neuerrichteten Götzenkultus zu vermieten. Viele Umstände, die Gewohnheit, die Nachahmungssucht, der Sinnenreiz verführten die Israeliten zum Anschluß an die Götzen der Nachbarn, dagegen war zu einem lauteren Gottesdienst im Sinne des sinaitischen Gesetzes wenig Anregung vorhanden.

Es ist daher gar nicht auffallend, daß die Höhen im israelitischen Lande sich mit Altären füllten, und daß bei ihnen Spitzsäulen (Mazzebot) angebracht wurden. Die nördlichen Stämme verehrten entweder [93] die phönizischen Götzen Baal-Adonis und Astarte oder die ähnlichen der Aramäer; die jenseitigen Stämme nahmen den Kultus der Götzen Khemosch und Milkom der Moabiter und Ammoniter an. Die mittleren wandten sich dem Dagon und der Tirata der Philister zu32. In manchen Orten wurde der Heilgott unter dem Bilde einer ehernen Schlange und mit der Benennung Nechuschtan verehrt33. Hausgötter, Menschengestalten wie Mumien, unter dem Namen Teraphim34 waren überall anzutreffen und als Orakelverkünder befragt. Der Gott Israels war zwar geduldet, aber er mußte sich gefallen lassen, in einem Bilde dargestellt zu werden. Es war eine Begriffsverwirrung, wie zu allen Zeiten, wenn überkommene alte Vorstellungen mit neuen sich durchkreuzen und trüben und die Unverträglichkeit beider miteinander noch nicht erkannt ist. So sehr waren die Israeliten in den Götzenkultus verstrickt, daß sich einzelne wie die heidnischen Nachbarn, nach den kanaanitischen Göttern Baal und Astarte (Boschet) nannten: Jerubaal oder Jeruboschet, Ischbaal oder Ischboschet, Meribaal oder Mephiboschet35.

Ebenso wie das geläuterte Gottesbewußtsein wurde die Sittlichkeit der Israeliten durch den Anschluß an die Nachbarn getrübt. Es werden Züge von Roheit erzählt, die Zeugnis dafür ablegen. Es war ein Akt der Gewalttätigkeit, als die auswandernden Daniten im Vorbeigehen ein Götzenbild, auf welches ein Ephrai mite eine Summe Geldes verwendet hatte, ohne weiteres offen mit sich nahmen und samt dem Priester Jonathan sich aneigneten. Eine noch schandbarere Handlung fiel in der benjaminitischen Stadt Gibea vor. Genau ist der Vorgang zwar nicht überliefert, aber die Schandtat muß so empörend gewesen sein, daß sie als abschreckendes Beispiel der Unmenschlichkeit noch in späterer Zeit in Erinnerung geblieben ist36.

[94] Die alten Erinnerungen an die wunderbaren Vorgänge in Ägypten, in der Wüste und beim Einzug in das Land waren zwar nicht vergessen und bildeten das unsichtbare Band, welches die Stämme in ihrer Getrenntheit und trotz ihrer Teilnahme an dem Götzendienst umschlang. Der Vater erzählte sie dem Sohne, und dieser überlieferte sie weiter. In Drangsalszeiten klammerten sich einzelne oder Stämme an diese Erinnerungen: »Wo sind die Wunder Gottes, von denen uns unsere Väter erzählt haben, daß er uns aus Ägypten in dieses Land gebracht hat37?« Der Vorgang am flammenden Sinaï: »als die Erde erschüttert wurde und Berge zerflossen vor dem Herrn und der Sinaï vor dem Gotte Israels,« blieb in den Gemütern derer, die nicht der stumpfen Menge angehört hatten, stets lebendig38. Es fehlte auch nicht an warnenden Stimmen, die auf jene Gnadenzeit hinwiesen und das götzendienerische Leben mit scharfem Tone rügten. Höchst wahrscheinlich waren es Leviten, die Hüter der Bundestafeln und des Gesetzes, die Diener des Heiligtums in Schilo, die von Zeit zu Zeit bei passenden Anlässen und namentlich in Unglückszeiten in Volksversammlungen ihre Stimme gegen das verkehrte Treiben erhoben. So trat einst ein solcher »Bote Gottes«, der seinen Aufenthalt in Gilgal hatte, in einer Versammlung in Bochim39 bei Bethel auf und rügte die Versammlung, daß sie das Bündnis mit Gott gelöst und dafür ein Bündnis mit Heiden geschlossen hätten, deren Götter ihnen zur Falle dienen würden40. [95] Allein wenn es auch einem levitischen Redner für den Augenblick gelang, durch das Aufrollen der glänzenden Vergangenheit und den Hinweis auf die traurige Gegenwart einer Versammlung zu Gemüte zu führen, daß der Treubruch gegen den Gott Israels die Unglücksfälle veranlaßt habe, und die Versammelten sich aufgerüttelt fühlten, so war diese Stimmung nicht von Dauer. Die Hinneigung zum innigen Anschluß an die Nachbarn und zur Nachahmung ihrer Sitten war zu stark, als daß sie so bald hätte überwunden werden können.

In Schilo selbst, dem Mittelpunkte des ureigenen Kultus, wo die Bundeslade aufbewahrt war, war keinerlei Veranstaltung getroffen, die Form des Gottesdienstes dem Geiste der Lehre entsprechend zu machen und damit Belehrung des Volkes zu verknüpfen. Der Ausdruck der göttlichen Verehrung bestand auch hier im Opferwesen, nur daß nicht dem Baal oder der Astarte, sondern dem Gott Israels zu Ehren das Blut gesprengt und die Riten verrichtet wurden41. Die Bundeslade mit den darin aufbewahrten steinernen Tafeln wurde nicht wegen ihres belehrenden Inhaltes hochgeachtet, sondern als ein Zaubermittel angesehen, das imstande sei, die Feinde zu überwältigen42. Die Nachfolger Aharons wurden nicht befragt, welchen Weg das Volk gehen sollte, sondern welchen Ausgang eine Unternehmung haben werde. Mit einem besonderen Gewande (Ephod) und dem Brustschild bekleidet, worin glänzende Edelsteine als Urim und Thumim angebracht waren, sollte der Hohepriester bei wichtigen Unternehmungen durch Ja oder Nein den Ausschlag geben und die Zukunft verkünden43, wie die Teraphim oder die Bauchredner. Nach der Ernte, zur Zeit der Weinlese, pflegten die zunächst wohnenden Israeliten sich in Schilo zu versammeln und auch ihre Frauen, Söhne und Töchter mitzubringen44. Es war ein alljährlich wiederkehrendes Volksfest (Chag), das schon auf israelitischer Unterlage beruhte, indem auch das weibliche Geschlecht des Heiligtums und des öffentlichen Gottesdienstes teilhaftig sein sollte. Wie wurde dieses Fest begangen? Die Besucher des Heiligtums warfen sich vor dem Altar nieder, um in stummer Haltung ihre Verehrung zu bekunden. Jeder Familienvater brachte ein Opfer, gab den Priestern einzelne [96] Teile davon und verzehrte das übrige im Familienkreise, von dem jedoch nur Reine, diejenigen, welche körperlich nicht befleckt waren und einen Leichnam nicht berührt hatten, genießen durften. Junge Mädchen pflegten bei dieser Gelegenheit auf ebenem Plan bei Schilo zwischen den Weinbergen zu tanzen. Von einem innerlichen Gottesdienst findet sich in dieser Zeit keine Spur. Der Hauch der Poesie hatte den Raum des Zelttempels noch nicht durchweht.

So zog ein Übelstand den andern nach sich. Die Selbstsucht der Ephraimiten hatte auch die übrigen Stämme genötigt, nur an sich zu denken, und so hatte sich der volkstümliche Zusammenhang gelockert. Diese Selbstzucht machte eine Gesamtführerschaft zur Unmöglichkeit. Weil kein Stamm auf den Beistand der übrigen zur Zeit der Not rechnen konnte, waren sie sämtlich darauf angewiesen, sich mit den benachbarten heidnischen Stämmen auf guten Fuß zu setzen, sich mit ihnen zu verschwägern, sich an deren götzendienerischem Wesen zu beteiligen und ihre Sitten und Unsitten anzunehmen. Die Entfremdung im Innern war eine Folge der äußeren Zersplitterung. Aber selbst die sich selbstverleugnende Schmiegsamkeit war nicht imstande, behagliche Ruhe und erträgliche Selbständigkeit herbeizuführen.

Die feindlichen Nachbarn, sobald sie sich mächtig fühlten, ließen es die Israeliten stets empfinden, daß sie nur als Eindringlinge angesehen wurden, deren Vernichtung oder wenigstens Demütigung sie als Ziel verfolgten. Es traten, bald nachdem Josua die Augen geschlossen hatte, traurige Zeiten ein. Ein Stamm nach dem anderen wurde angegriffen, geschädigt, gedemütigt und bis zur Knechtung erniedrigt. Es traten allerdings, wenn die Not am höchsten war, Männer voll Eifer und Mut vor den Riß und verrichteten Heldentaten. Diese Helden oder Volksretter (Schoftim) oder Richter, wie sie gewöhnlich genannt werden, vereinigten wohl in der Zeit der Drangsale einige Stämme zu gemeinsamem Handeln. Aber das ganze Volk zusammenzubringen vermochten sie nicht, und nicht einmal die für die Zeit der Gefahr geeinigten Stämme zusammenzuhalten, überhaupt eine dauernde Ordnung zu schaffen, dadurch die feindlichen Nachbarn in die Schranken zu weisen und sie unschädlich zu machen. Noch weniger waren diese Volksretter und zeitweiligen Führer imstande, das fremde Unwesen des Götzendienstes und der Unsittlichkeit zu bannen und für die ureigene Lehre Anhänger zu werben, weil sie selbst von den Verkehrtheiten angesteckt waren und von der sinaitischen Lehre nur eine dunkle Kunde hatten.


Fußnoten

1 Vgl. Wuttke, Geschichte der Schrift I. S. 720 ff. [Vgl. Riehm-Bäthgen S. 1448 ff.].


2 Vaihinger in Herzogs Realenzyklop. XI. 616, nach Sanchuniathon IX. 2 [jetzt Guthe 3. Aufl., Bd. XVIII, S. 281 ff.]


3 Vgl. die umfassende Schrift: Paul Schröder, die phönizische Sprache, 1869. Doch scheint das Phönizische wie das Arabische ursprünglich den Artikel לא in Gebrauch gehabt zu haben, was Schröder nicht berücksichtigt hat. Dieser Artikel erscheint nicht bloß bei Eigennamen kanaanitischer Städte: דלותלא neben דלות ferner אקתלא, אלעלא und anderen, sondern auch bei Gattungsnamen שיבגלא neben שיבג, ferner םימגלא oder םיגמלא, wo die Vorsilbe לא sicherlich Artikel ist, den die Phönizier dem Worte angehängt haben. Das griechische τὸ ἤλεκτρον, »Bernstein« ist ohne Zweifel ןרטקלא oder ןרטעלא, das Duft Verbreitende, und davon stammt erst ὁ ἤλεκτρος, ein der Farbe des Bernsteins ähnliches Metall, das im Syrischen auch ןרטקלא heißt. Dagegen kommt der Artikel ה im Phönizischen nur spärlich und nicht immer sicher vor (Schröder, die phönizische Sprache, S. 161 f.). – Beachtenswert ist auch, daß das Phönizische den Begriff »sein« esse, durch ןוכ ausdrückt, wie das Arabische, während das Hebräische dafür היה (gleich היה) gebraucht und ebenso das Aramäische.


4 Movers, Phönizier I. S. 673. [Vgl. jetzt Pietschmann a.a.O. S. 223. 229.] Der Phalluskultus war auch bei den Ägyptern und Griechen heimisch. Das Scheußlichste war, daß Weiber an den Bacchusfesten Phallusbilder in Prozession trugen. Im Hebr. wurden sie genannt רכז ימלצ Ezech. 16, 17 und wohl auch ןורכז Jesaia 57, 8 und הרומזה Ezech. 8, 17: םיחלש םנהו םפא לא הרומזה תא, Tikkun Sopherim statt יפא.


5 Movers das. S. 205.


6 Das. S. 679 ff.


7 Die landläufige Etymologie, daß םרא das Hochland bedeutet und dagegen ןענכ das Tiefland, ist noch keineswegs gesichert, da auch das mesopotamische Flachland Aram genannt wurde. Weit eher kam der Name von Armenien herkommen, wie einige Gelehrte annehmen. [Vgl. Nöldeke in ZDMG XXV, 113 ff. Meyer, Gesch. d. Altert. I2, S. 213.)]


8 Jesaia 36, 11 und Parallelst. II. Könige, 18, 26, vergl. Genesis 31, 47: hebräisch דעלג aramäisch רגי .אתודהש


9 Die aramäische Stadt חטב II. Sam. 8, 8 oder תחבט I. Chronik 18, 8 ist nicht zu enträtseln. Man muß wohl dafür חספת lesen, Thapsakus am Euphrat, welches tatsächlich Hauptstadt der euphratanischen Aramäer war. Das dabei genannte התורב, das auch Ezech. 47, 16 vorkommt, und zwar östlicher als תמח kann recht gut Birta sein, die alte Stadt am Euphrat, welche die Griechen Zeugma nannten, d.h. Brücke, Übergang und also אתרבע = Birta; התורבע = התורב" mit abgeschliffenem Gattural. [Vgl. d. Art. Berotha u. Betach bei Riehm-Bäthgen S. 204. 210].


10 Macrobius Saturnalia I, 23: Deo enim, quem Assyrici summum maxime colunt, Adad nomen dederunt. Ejusdem nominis interpretatio: unus, unus. Sed subjungunt eidem deum nomine Adargatis; simulacrum Adad insigne cernitur inclinatis radiis. – Die Auslegung unus, unus ist eine Spielerei, von .דח ,דח [Vgl. Riehm-Bäthgen S. 108 f.]


11 Das Vorkommen von רזעדדה und רזערדה in Samuel und Chronik beruht nicht auf Kopistenfehlern, sondern stammt von der Verwandtschaft des ד in der Aussprache ds (ר) mit dem ר, das auch weich gesprochen wurde gleich dem slavischen rz, so daß ז, ד und ר verwandte Lispellaute sind, vgl. Frankel-Graetz, Monatsschr., Jahrg. 1872. S. 280 f. Folglich ist ךלמרדא II. Könige 17, 31; 19, 37, die Gottheit der Separwaim, nichts anderes als ךלמדדה = ךלמרדא. Nach den Assyriologen soll Adramelech identisch sein mit dem Gotte San oder Sansi, dem Sonnengotte. [Vgl. Meyer I2 178 u. Riehm-Bäthgen S. 287]


12 S. Note 6.


13 Auf Denkmälern der ältern ägyptischen Dynastien sollen schon die Porusata oder Pulost vorkommen, und diese werden von den Ägyptologen mit den Philistern identifiziert.


14 Am wahrscheinlichsten ist noch die Ansicht Toussaints, daß die bei Herodot zweimal vorkommende Stadt Kadytis identisch ist mit Gaza, wenn man die Stelle III, 5 genau erwägt. Zu Herodots Zeit war sie nicht weniger bevölkert als Sardes, die Hauptstadt Lydiens.


15 I. Samuel 5, 5; Zephania 1, 9.


16 Vgl. über die lichtvolle Etymologie von Atergatis und Derketo, eigentlich אתערת, Movers a.a.O. S. 524 f. [S. jedoch Riehm-Bäthgen S. 148].


17 Jesaia 2, 6.


18 Vgl. Note 17.


19 S. Note 4 und Note 10.


20 Herodot III, 8.


21 Vgl. o. S. 48 Anmerk.


22 Folgt aus Genesis 36, 31-39.


23 Folgt aus Jos. und I. Könige 11, 14 f.


24 Daß die Bene-Ammon und Bene-Moab auch eine Göttin verehrt haben müssen, ist vorauszusetzen, obwohl in der biblischen Literatur sich nichts darüber findet. Im November 1872 erhielt Prof. Schlottmann in Halle die Kopie einer weiblichen Figur, welche eine Göttin darzustellen scheint. Der Fund soll bei Elal (Eleale) gemacht worden sein. Der Buchhändler Shapira in Jerusalem erhielt sie zum Geschenk von seinem Gastfreund, dem Scheïch der Beni-Aduan von Hesbon. Die Figur, 63 Zentimeter hoch, ist aus gebranntem Ton verfertigt, hat auf der Brust die phönizischen Buchstaben לא und auf dem Rücken 28 solcher Buchstaben, die noch nicht entziffert sind. Die weibliche Figur ist ganz nackt, zeigt die pudenda in Gestalt einer Spalte, einen Arm an die Seite gestützt, den andern an den Bauch angelegt und Brüste. Um den Kopf ist eine auf beiden Seiten herabhängende Wulst gelegt. Der linke Fuß ist gehoben. Vgl. darüber Zeitschr. d.d.m. Gesellschaft, Jahrg. 1872 S. 786 f., wo die Figur abgebildet ist. Wenn der Fund ächt und kein Schwindel ist – da die Beduinen seit der Auffindung der Mesasäule bei Dibban sich förmlich auf Auffinden von Altertümern verlegt haben – so stellt diese weibliche Figur wahrscheinlich die Göttin אתערת, die Pforte, Spalte Atergatis, Derketo (vergl. v. S.) dar. [Vgl. jetzt Buhl in Herzogs Realenzyklop. 3, XIII, 202.]


25 Vgl. Richter 3, 2; 5, 8.


26 Vgl. das. 18, 7.


27 Josua 19, 47; Richter 18, 27-29.


28 Richter 3, 6: Man erinnere sich, daß Simson ohne Skrupel philistäische Frauen nahm, ferner, daß der judäische Feldherr Amasa von einem heidnischen Vater stammte (II. Samuel, 17, 25, I. Chronik 2, 17). David heiratete die Tochter des Königs Talmaï von Geschur, und gar erst Salomo!


29 Die Stellen über die heidnische Heiligkeit des Karmel sind zusammengetragen bei K. v. Raumer, Palästina S. 45.


30 Movers a.a.O. S. 27, 671.


31 Vgl. o. S. 71.


32 Richter 2, 11-13; 10, 6.


33 II. Könige 18, 4.


34 Über die Gestalt der Teraphim s.I. Samuel 19, 13 f. Die Figuren, welche die Herren Weser und Duisberg in den Gräbern von Medaba im Lande Moab gefunden und die Prof. Schlottmann in der Zeitschrift d.d.m. Gesellschaft Jahrgang 1872, S. 788 und 796 besprochen hat, sind wohl Teraphim. Die Mumienform ist unverkennbar. Es sind Figuren mit Kopf, Augen, Nase, Mund, Hals und eingewickeltem Rumpf. Beide Figuren haben auf der Brust phönizische Buchstaben in vertikaler Richtung

ת und ה

מ מ

ע א

Prof. Schlottmann liest המא und תמע . [Vgl. Riehm-Bäthgen, S. 1673 ff.]


35 Richter 6, 32 f. vgl. mit II. Samuel 11, 21; das. II, 2, 8 f. mit I. Chronik 9, 39 und II. Sam. 9, 6 f. mit Chronik das. 9, 40.


36 Hosea 9, 9; 10, 9. Vgl. darüber weiter unten Kap. 10.


37 Richter 6, 13.


38 Das. 5, 5.


39 Die kurze Erzählung Richter 2, 1-5 ist von Wichtigkeit für diese Zeit. Zunächst die Lokalität. Hinter םיכבה לא לגלגה ןמ 'ה ךאלמ לעיו ist eine Lücke; sie ist in der Masora angedeutet: קוספ עצמאב אקספ (eine solche masoretische Bemerkung setzt immer eine Lücke vor aus). Die Ergänzung derselben gibt der griechische Vertent: ἐπὶ τὸν Κλαυϑμῶνα κ. ἐπὶ Βαιϑὴλ κ. ἐπὶ τὸν οἶκον Ἰσραήλ. Sie gibt zwar keinen Sinn; denn was soll das heißen: er zog hinauf, auf oder nach םיכבה (Κλαυϑμῶν) nach Bethel und zum Hause Israels? Allein sie läßt ahnen, daß es ursprünglich so gelautet hat: לא-תיב (לצא) לע (רשא) םיכבח לא 'ה ךאלמ לעיו לארשי תיב לא. Bochim lag also bei Bethel und ist identisch mit תוכב ןולא, dessen Lage angegeben ist (Genesis 35, 8): unterhalb Bethel, לא תיבל תחתמ. Die Identifizierung von Allon Bachuth mit הרובד רמת ist ein Schnitzer; abgesehen von der Verschiedenheit von ןולא und רמת, lag Deborahs Palme nicht nahe bei Bethel, sondern zwischen Bethel und Rama. – Da in der Stelle angegeben ist, der 'ה ךאלמsei von Gilgal nach Bochim bei Bethel hinaufgezogen, so kann nicht ein Engel darunter verstanden sein. Denn ein solcher wird in der Bibel nicht als Wanderer aufgeführt. Es ist vielmehr darunter, sowie in Richter 6, 8 ein איבנ שיא, ein Prophet, zu verstehen, der in der Parallelrelation Richter 6, 11a auch 'ה ךאלמgenannt wird.


40 Die Worte Richter 2, 1-4 erinnern auffallend an Exodus 34, 12-15.


41 I. Samuel 1, 3 f.


42 Richter 20, 27. Hier sind die Worte םהה םימיב wohl zu beachten: damals, zur Zeit des Krieges, war die Bundeslade in Bethel, sonst in Schilo. Vgl. noch I. Samuel 4, 3-4; 14, 18. II, 11, 11 und andere Stellen.


43 Richter das. I. Samuel 2, 28; 14, 41; 23, 10 und 28, 6 und öfter.


44 Richter 21, 19. I. Samuel 1, 3 f.



Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1908], Band 1, S. 98.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Flucht in die Finsternis

Flucht in die Finsternis

Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«

74 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon