E. Chronologisch ungewisse Gedenktage.

[576] 29) Das wunderbare Eintreffen des Regens nach langer Dürre, 26. Adar (34). Der jerusalemische Talmud (Ta'anit III, p. 66d) und das Scholion bringen diesen Gedenktag mit der Geschichte von Choni ha-Meaggel in Verbindung, welcher um Regen gebetet habe, und dessen Gebet erhört worden sei. (Jerus): ינוחב השעמ ןוהל תחנו ארטמל אמע לכ ןומצ היב ןירשעב :ןכ ינתו ... לגעמה. Die Tatsache wird durch Josephus Relation bestätigt. (Altert. XIV, 2, 1): Ὀνίαν δέ τινα ὄνομα δίκαιον ὄντα καὶ ϑεοφιλῆ, ὃς ἀνομβρίας ποτὲ οὔσƞς ƞὔξατο τῷ ϑεῷ λῠσαι τὸν αὐχμόν, καὶ γενόμενος ἐπἠκοος ὁ ϑεὸς ὗσεν ... ὡς ἔπαυσε τὴν ἀνομβρίαν. Da dieser Onias während der Belagerung Jerusalems im Bruderkriege umgebracht wurde (das.), so kann dieses Faktum und die Einsetzung des Gedenktages dafür im Beginne der Regierung Hyrkanos II. stattgefunden haben. Denn während Alexandras Regierung soll große Fruchtbarkeit geherrscht haben. Daß man bei Eintreffen des Regens nach der Dürre den Tag feiertägig begangen hat, ergibt sich aus dem folgenden.

30) Zwei Gedenktage zur Erinnerung an öffentliche Bittgänge um Regen, 8 und 9. Adar (28). Bei diesen Gedenktagen ist nicht einmal im Scholion das Motiv angegeben, ob das Gebet erhört worden ist. Dieses findet es nur auffallend, daß zwei Tage hintereinander die Posaunen zur Begleitung des Gebetes um Regen ertönt haben sollen, und gleicht es dahin aus, daß die zwei Tage zu verschiedenen Zeiten eingesetzt worden seien. ןושאר אלא ?ינשב ועירתה המל ןושארב ועירתה םאו תרחא הנשמ ינשו וז הנשמ. Jedenfalls setzen die Gedenktage das Eintreffen des Regens voraus. Denn es war Brauch, den Tag, an welchem Gebet um Regen mit Posaunenschall und Trauer angestellt worden war, falls Regen sofort eintrat, feiertägig zu begehen (Ta'anit III. 9) ... םימשג םהל ודריו דולב תינעת ורזגש השעמ בוט םוי ושעו ותשו ולכאו ואצ ןופרט 'ר םהל רמא. Erfolgte der Regen nach angestelltem Bittgang unter frappanten Umständen, dann mag der Tag alljährlich festtägig begangen worden sein. Erzählt wird, daß während des Tempelbestandes auf dem Tempelberge einmal oder mehreremal solche Bittgänge um Regen veranstaltet worden sind (das. II, 5). Die Zeit für diese beiden [576] Gedenktage läßt sich nicht ermitteln. Zu Herodes' Zeit in seinem 13. Regierungsjahre war einmal eine lang anhaltende Dürre (Jos. Altert. XV, 9, 1).

31) Zwei Purimtage, 14.–15. Adar (31). Aus einer Angabe im II. Makkabb. (15, 36) geht hervor, daß diese Tage erst spät gefeiert wurden. Es bemerkt nämlich, daß der Nikanortag, 13. Adar (B. II. b, S. 373) einen Tag vor dem Mardochaïtage eingesetzt worden sei: πρὸ μιας ἡμέρας τῆς Μαρδοχαϊκῆς ἡμέρας. Diese Bemerkung fehlt im I. Makkabb. bei Erwähnung des Nikanortages (7, 48-49). Daraus läßt sich schließen, daß zur Zeit der Abfassung dieses Buches Purim noch nicht [?] gefeiert wurde; sonst würde der Verf. desselben diesen Umstand ebensowenig verschwiegen haben wie das zweite Makkabb. Purim ist also erst zwischen der Abfassungszeit des ersten und der des zweiten Makkabb. eingeführt worden. Das erste Makkabb. ist wahrscheinlich entstanden zur Zeit des Abfalls der hasmonäischen Hohenpriester vom Pharisäertum, weil es auf die treue Erfüllung des Gesetzes der ersten Makkabäer, als auf Musterbilder, hinweist, also wahrscheinlich unter Aristobul oder Jannaï Alexander. Auch spricht es von deren Vorgänger Hyrkan I., wie von einem nicht mehr lebenden. Das II. Makkabb. ist jedenfalls vor der Tempelzerstörung verfaßt worden. Man kann also annehmen, daß die Purimfeier erst zwischen 100 vor und 70 nach der chr. Zeit eingeführt wurde. Innerhalb dieser Zeit sind auch die apokryphischen Zusätze zu Esther entstanden. Diese nennen diese Tage zum Schluß Φρουραί (Φρουραία oder Φρουρίμ = Φουρίμ).


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1906, Band 3.2, S. 576-577.
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