26. Eleasar ben Ananias und die achtzehn Verbote ( רבד ח"י)

[805] Der innere Zusammenhang, welcher zwischen den strengen Maßregeln der Schammaïten namentlich gegen die Heiden und zwischen dem Paroxysmus der Zeloten im judäischen Kriege gegen die Römer nach meiner Annahme bestehen soll, ist auf fast verketzernden Widerspruch gestoßen, und ich fühle mich auch hier herausgefordert, dieses höchst interessante Thema ausführlich zu behandeln; die Entscheidung über manche literar-historischen Fragen hängt ebenfalls davon ab. Den Ausgangspunkt für dieses Thema bildet die Nachricht der Mischna (Sabbat 13b), daß es zu einer Zeit, als die Weisen einen gewissen Anania ben Chiskia ben Garon während seiner Krankheit besuchten, über gewisse Punkte zur Abstimmung gekommen sei, daß dabei die Schammaïten, die in der Majorität waren, den Sieg über die Hilleliten davon getragen, und daß sie an diesem Tage »18 Dinge« verboten hätten238. Die Punkte, die hier zur Verhandlung [805] kommen, sind: 1. der Inhalt der sogenannten achtzehn Dinge, 2. die Zeit und die näheren Umstände, 3. die Urheber derselben und 4. die Konsequenzen.

1. Der Inhalt. Die Frage, welche Punkte zu den achtzehn gehörten: רבד ח"י והנינ יאמ (b. Schabb. 13b.) wußten beide Talmude selbst nicht mehr befriedigend zu lösen. Es ist ein Knäuel, den die Spätern erst recht nicht zu entwirren vermochten239. Es wurden so viele Bestimmungen hineingelegt, daß Jeruschalmi dreimal achtzehn zusammenaddiert hat. Um sich herauszufinden, teilte man sie in eine Gruppe von achtzehn, zu welchen die Hilleliten ihre Zustimmung gegeben haben, und in andere achtzehn, wobei die Kontroverse unentschieden geblieben ist. Sobald es aber an ein Aufzählen dieser Gruppen geht, beginnt die Verlegenheit. Zuletzt stellt Jeruschalmi eine beliebige Anzahl zur Auswahl. Aber gerade die achtzehn, welche im Namen des älteren Tanna R. Simon ben Jochaï tradiert werden, bieten einen sichern Anhaltspunkt. Nach diesem Katalog waren sämtliche achtzehn Punkte gegen die Heiden gerichtet. Es ist nämlich verboten worden, zwölferlei Lebensmittel von Heiden zu kaufen, darunter Brot, Wein, Essig, Salsamente und anderes. Die übrigen sechs betrafen: 13. die Erlernung der Sprache der Heiden, 14. die Annahme eines Zeugnisses von Heiden, 15. die Annahme von Gaben von ihnen, 16. und 17. den Umgang mit heidnischen Jünglingen und Mädchen, 18. die Annahme ihrer Erstlingsfrüchte. Die höchst wichtige Stelle [j. Sabb. 3 c.] lautet: לע (1 ורזג םויב וב יחוי ןב ןועמש 'ר ינתד (6 ןריצ לעו (5 ןצמוח לעו (4 ןניי לעו (3 ןתניבג לעו (2 ןתיפ (10 ןהיחולמ לע (9 ןהיקולש לע (8 ןהישובכ לע (7 ןסיירומ לעו (14 ןנושל לע (13 ינסטה לעו (12 הקיחשה לע (11 הקלחה לע (18 ןהיתונב לע (17 ןהינב לע (16 ןהיתונתמ לע (15 ןתודע לע ןהירוכב לעו Wenn das ketzerisch [806] erscheint, daß ich, von der talmudischen Zählung abgehend, eine eigene aufstelle, so teile ich diese Ketzerei mit einer anerkannten rabbinischen Autorität, mit einem Freunde R. Tams, kurz mit R. Eliëser b. Nathan aus Mainz (ן"באר), dem Verf. des רזעה ןבא oder חנעפ תנפצ. Ja, dieser ist mein Mitschuldiger. Auch er zählt die ח"י רבד nicht wie der babylonische Talmud, sondern wie R. Simon b. Jochaï in Jeruschalmi auf (in Eben ha-Eser No. 388 ed. Prag, p. 62 b unten. Seine Worte lauten: ןב ןועמש 'ר ינת: ימלשוריב שרופמ .ורזג רבד ח"י .'ה ןריצ .'ד ןצמוח .'ג ןנייו .'ב ןנמש .'א ןתיפ ורזג םויב וב יאחוי 'וכו .'ז ןהישובכ .'ו (ןסיירומ 1.) ןנסרומ. R. Eliëser b. Nathan ignorierte vollständig die mit so viel Aufwand von Diskussion im babylonischen Talmud herausgebrachte Zählungsweise. Es sei hier noch bemerkt, daß derselbe die Lesart: ןנמש statt ןתניבג in unseren Ausgaben hatte. Wir können also ruhig bei dem von R. Simon b. Jochaï aufgezählten Katalog der »18 Dinge« bleiben und sie durchweg als gegenheidnisch betrachten.

Dieser Katalog erscheint um so authentischer, als auch der babylonische Talmud zuletzt gezwungen ist, mehrere Punkte als zu den רבד ח"י gehörig aufzunehmen, nämlich das Verbot von heidnischem Brot und Wein, das des Umgangs mit Töchtern der Heiden, sowie des heidnischen Öles: ןתפ האתוונס ימיבא רמא ןה רבד ח"ימ ןלוכ ןהיתונבו ןניי ןנמשו (b. Sabbat 17, b). Demnach wären die anderweitig (Aboda Sara 35b 29b) aufgezählten verbotenen Lebensmittel von Heiden dieselben, deren Verbot die schammaïtische Schule durchgesetzt hat. Die letzten vier Punkte in dem Register lassen die Kommentatoren zum Jeruschalmi dunkel. Den Punkt fünfzehn ןהיתונתמ erklären sie: man dürfe kein Geschenk von Heiden annehmen; die Unwahrscheinlichkeit dieser Erläuterung ist indessen augenfällig. Josephus gibt aber einen überzeugenden Beleg dazu. Eleasar ben Anania hat beim Ausbruch der Revolution den diensttuenden Priestern vorgeschlagen, keine Gabe und kein Opfer für den Tempel von Heiden anzunehmen (jüd. Krieg II, 17, 2): ἅμα δὲ καὶ κατὰ τὸ ἱερὸν Ἐλεάζαρος υἱὸς Ἀνανία ... τοὺς ... λειτουργοῠντας ἀναπείϑει μƞδενὸς ἀλλοφύλου [Niese: ἀλλοτρίου] δῶρον ἢ ϑυσίαν προοδέχεσϑαι. Die Gemäßigten gaben sich darauf Mühe zu beweisen, daß man zu jeder Zeit von auswärtigen Völkern Geschenke für den Tempel angenommen habe (τὰς ἀπὸ τῶν ἔξωϑεν ἐϑνῶν δωρεάς das. 17, 3). Das sind also mit hoher Wahrscheinlichkeit die תונתמ, deren Annahme die Schammaïten damals verpönt wissen wollten. Man merke wohl, daß auch Gaben von judenfreundlichen Heiden zurückgewiesen werden sollten240. Punkt 16: ןהינב לע und 18: ןהירוכב bleiben ganz unverständlich, wenn sich hier nicht ein Korruptel eingeschlichen hat. Punkt 17 לע ןהיתונב betrifft sicherlich das connubium, war aber dem babylonischen Talmud selbst ganz unklar (vergl. Aboda Sara 36b). Das Verbot, Öl von Heiden zu kaufen, gehört nicht in diesen Katalog. Heidenöl war schon früher verboten, wie aus beiden Talmuden hervorgeht. Ein Amora motiviert dieses Verbot durch einen historischen Vorgang. Judäer, welche einmal sich nach dem Markt des »Königsberges« begeben hatten, um Öl einzukaufen, seien niedergemetzelt worden (j. Sabbat 3 d, Aboda Sara 14 d) תא רסא ימ ירמאד תיאו ןנחוי 'ר םשב הייח רב םוחנת 'ר אחא 'ר... ?ןמשה וילע ןיגרהנו ךלמה רהל וילע ןילוע ויהש יול ןב עשוהי 'ר םשב. Zu welcher Zeit dieses Faktum vorgefallen ist, [807] ist weiter nicht bekannt, vielleicht zur Zeit der gesteigerten Feindseligkeit zwischen Judäern und Samaritanern unter Cumanus o. N. 17, II. Dieses Verbot des Heidenöls war eben für die Schammaïten ein Präzedenzfall, den Genuß noch anderer Lebensmittel zu verbieten und eine Scheidewand zwischen Judäern und Heiden aufzurichten. Daß dieses Verbot selbst von auswärtigen Judäern beobachtet wurde, bezeugt Josephus. Die antiochensischen Judäer weigerten sich, von den Leitern der Gymnasien heidnisches Öl anzunehmen, und ließen sich dafür den Wert in Geld zahlen (Altert. XII, 3, 1): τεκμἠριον δὲ τοῠτο: τοὺς Ἰουδαίους μὴ βουλομένους ἀλλοφύλῳ ἐλαίῳ χρῆσϑαι, λαμβάνειν ὡρισμένον τι παρὰ τῶν γυμνασιάρχων εἰς ἐλαίῳ τιμὴν ἀργύριον ἐκέλευσεν. Josephus will damit beweisen, daß Vespasian und Titus das Bürgerrecht der antiochensischen Judäer nicht aufgehoben, daß diese es vielmehr noch zu seiner Zeit besessen hatten: ὡς τὴν πολιτείαν ταύτƞν ἔτι καὶ νῠν διαμένειν. Auch an einer anderen Stelle berichtet Josephus, daß sämtliche syrische Judäer sich enthalten haben, heidnisches Öl zu gebrauchen (jüd. Krieg II, 21, 2), ὡς ἄρα φυλάττοιντο πάντες οἱ κατὰ τὴν Συρίαν Ἰουδαῖοι ἐλαίῳ χρῆσϑαι, μὴ δἰ ὁμοφύλων ἐγκεχειρισμένῳ. In der Parallelstelle vita 13 nennt Josephus solches Öl »griechisches Öl«: Ελλƞνικὸν ἔλαιον. Das Verbot heidnischen Öls gehört also nicht unter die רבד ח"י und fehlt daher in dem oben aufgezählten Katalog.

2. Die Zeit und die nähern Umstände. Wenn wir auch keine deutliche Nachricht über den Ursprung dieser heidenfeindlichen religiösen Absonderungsmaßregeln hätten, so würde eine gesunde Kritik kein Bedenken tragen, sie in die letzten Jahre vor der Tempelzerstörung zu setzen, in welchen zwischen Judäern und Heiden ein vernichtender Rassen- und Religionskrieg geführt wurde, und in den syrischen und deka politanischen Ortschaften und überall, wo die Bevölkerung gemischt war, blutige Kämpfe an der Tagesordnung waren. Die beiden Siege der Zeloten über die römische Besatzung unter Metilius und später über Cestius gaben das Signal zu jenem heidnischen Hep-Hep, welches die Zeloten zu Repressalien herausfordern mußte. Doch sehen wir uns nach positiven Beweisen um:

a) R. Josua, der noch als Jüngling im Tempel fungiert hat, sprach mit frischer Erinnerung an die Zeit vor der Zerstörung sein tiefes Bedauern über jenen Tag aus, an welchem die רבד ח"י eingeführt wurden und meinte, daß man damals das Maß der Gesetze durch Hinzutun abgestrichen hätte. R. Eliëser hingegen nahm sie in Schutz: םויכ לארשיל השק היה םויה ותוא עשוהי 'ר, האס ושדג םויב וב רמוא רזעילא 'ר. לגעה וב ושעש האס וקחמ םויב וב רמוא. (Tos. Sabbat I, 17 u. Jer. Sabbat zur Mischna). Die Anhänger der einander entgegengesetzten Schulen sprechen also von dieser Verordnung wie von etwas Erlebtem. Sie kann also nicht gar zu lange vor der Tempelzerstörung eingeführt worden sein.

b) Im Katalog der verbotenen Lebensmittel ist auch der Käse aufgeführt. Deswegen richtet der jüngere Zeitgenosse R. Ismaël eine Frage an R. Josua, warum denn dieses Verbot erlassen worden sei, worauf der letztere ausweichende Antworten (Mischna Aboda Sara II, 5) gibt: ןיכלהמ ויהשכ עשוהי 'ר תא לאעמשי 'ר לאש רחא רבדל ובישה ... ?םירכנ תניבג ורסא המ ינפמ ךרדב. Im Talmud wird mit Recht die Frage aufgeworfen, warum denn R. Josua eine Ausflucht gebraucht habe; darauf wird dann erklärt: weil dieses Verbot erst vor noch nicht langer Zeit eingeführt worden ist, הרזג איה השדח (das. S. 35a), und man den Grund einer neuen Verordnung nicht bekannt machen soll, um nicht die Kritik herauszufordern. Daraus folgt, daß das Verbot, Käse von Heiden zu gebrauchen, [808] und ebenso das der übrigen, nicht lange vorher, d.h. kurz vor dem Untergang Jerusalems, erlassen wurde.

c) Wir haben oben (S. 807) gesehen, daß die Maßregel, von Heiden keine Gaben für den Tempel anzunehmen, dem das Verbot ןהיתונתמ in den רבד ח"י entspricht, von dem Zelotenführer Eleasar ben Anania ausgegangen ist, also in die Revolutionszeit gehört.

d) Sehen wir endlich auf die nähern Umstände, wie diese Beschlüsse zustande gekommen sind, so wird der zelotische Charakter dieser Synode nicht verkannt werden können. Daß man, d.h. die Schule Hillels, den Tag als einen Unglückstag betrachtet hat, ist bereits zitiert. Jeruschalmi gibt als Grund dafür an, daß die 18 Dinge nie aufgehoben werden dürften, weil sie mit Blut besiegelt worden seien: ןהיתושפנב םהל ודמעש ינפמ (das.). Dieselbe Quelle erzählt, die Schammaïten hätten unten (d.h. vor dem Eingange zum Hause des An regers dieses Beschlusses) gestanden und ein Blutbad unter den Hilleliten angerichtet: ודמע יאמש תיב ידימלת ללה תיב ידימלתב ןיגרוה ויהו הטמלמ ןהל. Babli schildert die Situation noch anschaulicher: Bewaffnete standen vor dem Eingange um alle hinein, niemanden heraus zu lassen. אצויהו סנכי סנכנה ורמא שרדמה תיבב ברח וצענ אצי לא (das. 17a). Diese Version ist übrigens ungenau, sie gibt zu verstehen, als wenn alles das noch zu Hillels und Schammaïs Zeit vorgefallen wäre, und daß das Schwert im Lehrhause gezückt worden wäre – ganz situationswidrig, da doch die ganze Szene in und vor dem Söller des Anania (oder Eleasar) zu denken ist (Toßafot das. 14b unten ist schon daran irre geworden). Jeruschalmi fügt hinzu: Sechs Hilleliten hätten sich hinauf begeben (in den Söller), die übrigen aber seien mit Schwertern und Speeren angefallen worden: ןהילע ודמע ראשהו ולע ןהמ השש ינת םיחמרבו תוברחב. Man hat sich also die Szene so vorzustellen, daß vor dem Eingange der Hauses bewaffnete Trabanten aus der schammaïtischen Schule standen, welche die bereits im Hause versammelten Hilleliten verhinderten, es zu verlassen; die Schammaïten verlangten von ihnen ihre Zustimmung zu dieser Maßregel. Ist eine solche gewalttätige tumultuarische Synode, das Seitenstück zu der σύνοδος λςστρικἠ in Ephesus während des byzantinischen Kirchenstreites, anders denkbar, als unter dem gewaltigen Eindrucke des Aufstandes gegen die Römer und des fanatischen Römerhasses? In friedlichen Zeitläuften hätten schwerlich bei den Diskussionen der beiden Schulen die Schwerter geblitzt. Man muß sich dazu die fieberhafte Aufregung im ganzen Volke bei der Nachricht von dem Gemetzel unter den Judäern in Cäsarea und dann in ganz Palästina und Syrien hinzudenken. Josephus selbst kann nicht umhin, dabei zu betonen, daß das ganze Volk bis zur Wildheit aufgeregt wurde (jüd. Krieg II, 18, 1): πρὸς δὲ τὴν ἐκ τῆς Καιοαρείας πλƞγὴν ὅλον τὸ ἔϑνος ἐξαγριοῠται. Die Schammaïten wandten daher Terrorismus an, um die Maßregel der Absonderung von den Heiden gewaltsam durchzusetzen. Schwerlich läßt sich in dem ganzen Verlaufe der nach-hillelschen Zeit ein anderer Moment herausfinden, in dem solche Vorgänge, wie sie sich aus den Quellen ungezwungen ergeben, möglich gewesen wären. Es sei zum Überfluß noch daran erinnert, daß die Schammaïten zu den fanatischen Zeloten gehört haben, wie oben (Note 24) nachgewiesen ist. Eine junge Quelle setzt diesen Tag der zelotischen Synode – wie man sie ohne Bedenken nennen könnte –, der später als ein Fasttag galt, auf den neunten Adar an: ה"בו ש"ב וקלחנש תינעת ורזג רדאב העשתב. Daß die Fixierung eines Tages für den Streit beider Schulen sich nicht auf deren häufige Diskussionen, sondern nur auf einen bestimmten, für unglücklich gehaltenen[809] Tag beziehen kann, leuchtet ohne weiteres ein. Wenn das Datum zuverlässig ist, so würde der gegenheidnische Beschluß etwa im Februar – März 67 gefaßt worden sein.

3) Die Person, welche diese Synode angeregt hat. In der Mischna [Sabb. I, 4] heißt der, in dessen Söller die Versammlung stattgefunden hat, Chanania ben Chiskia ben Garon. Unmittelbar darauf wird die Reminiszenz daran angeknüpft, daß derselbe mit seinem Anhange auch Megillat Ta'anit gesammelt und niedergeschrieben habe. Nun hat aber das Scholion zu Megillat Ta'anit: ןב רזעלא 'ר לש ותעיס ?תינעת תליגמ בתכ ימו תינעת תלגמ ובתכ ןורג ןב היקזח ןב היננח (Megillat Ta'anit Ende). Sämtliche ältere Quellen kennen in der Tat nur Eleasar ben Anania als Autorität. So die Mechilta (Parascha Jetro 7) und Jalkut zum Pentateuch 295: אהת תבשה םוי תא רמוא ןורג ןב היקזח ןב היננח ןב רזעלא םשל ונקתמ אהת הפי הנמ ךל הנמתנ םאש תבשב דחאמ ורכוז תבש241; Siphré (Friedm. Nr. 295) und Jalkut Propheten 383: תדמ יכו 'וכו רפל הפיא ... רמוא היננח ןב רזעלא ןייורק הנטק הפיאו הלודג הפיאש אלא ןיוש םירפו םישבכו םילא הפיא; Ebel Rabbati c. 6: היננח ןב) היננחבו רזעלאב השעמ החוקל ולש הרות רפס ול דבאש ןורג ןב (היקזח ןב) (1. היקזחבו הנמ האמב. Folglich muß in der Mischna, wo von der Synode die Rede ist, ebenfalls Eleasar ben Anania gelesen werden. Bei gehäuften Namen ist es nicht auffallend, daß einer derselben ausgefallen ist. Damit an der Identität desjenigen, in dessen Hause die Synode tagte, und des Sammlers von M. T. nicht gezweifelt werden könne, verlegt der Verf. der Halachot-Gedolot auch das Sammeln der M. T. in denselben Söller: ינקז דעו יאנומשח תיב תליגמ ובתכ םה ללה תיב ינקזו יאמש תיב היננח תילעב תינעת תלגמ ובתכ םהו ... תורודל הלע אל ושכע ודמע םהירחא לש ןיד תיב ורקבל ולעשכ ןורג ןב היקזח ןב םוזנגו242 (Hilchot Soferim p. 104, edit. Wien). Wir haben es also bei der wichtigen Tätigkeit, die von diesem Manne ausgegangen ist, mit Eleasar ben Anania b. Chiskia aus dem Geschlechte Garon zu tun. Die Identität dieses in schammaïtischem und zelotischem Sinne wirkenden Eleasar mit jenem Zelotenführer Eleasar, der im Beginne der Revolution eine so energische Tätigkeit entwickelt und den Sieg über die römische Besatzung, die Truppen Agrippas und die Sicarierbanden des Menahem davongetragen, sollte nicht erst bewiesen zu werden brauchen; sie versteht sich nach dem Gange der Untersuchung und den gewonnenen Resultaten ganz von selbst. Doch soll noch an zwei Punkte erinnert werden, welche die Identität noch zweifelloser hinstellen werden:

a) Es ist bereits oben davon gesprochen worden, daß nach Josephus' Nachricht der Zelotenführer Eleasar die Anregung dazu gegeben hat, Gaben und Opfer von Heiden für den Tempel zurückzuweisen, und daß infolgedessen das Opfer für den Kaiser eingestellt wurde. Dieser Eleasar wird als Sohn des Hohenpriesters Anania und als Tempelhauptmann bezeichnet (Jos. jüd. Kr. II, 17, 2): Ἐλεάζαρος υἱὸς Ἀνανία τοῠ ἀρχιερέως. Er war »στρατƞγῶν τότε«. Er hatte als תיבה רה שיא die Tempelpolizei und also eine Macht in Händen. War Anania Tempelhauptmann, so muß er auch von priesterlichem Geschlechte gewesen sein, da Laien nicht zu diesem Amte zugelassen [810] wurden. Er ist also identisch mit dem Eleasar, dem Sohne des Hohenpriesters Ananias, welcher als außerordentlich reich und gebietend geschildert wird (o. S. 724). Wir nehmen also dieselbe zelotische Tendenz bei dem Eleasar ben Anania des Josephus und dem in der talmudischen Literatur wahr.

b) Auch der Name Chiskija kommt im Zusammenhange mit Eleasar vor. Josephus nennt den Bruder des angesehenen, von hohenpriesterlichem Geschlechte stammenden Anania: Ezekias (jüd. Krieg II, 17, 9). Daraus läßt sich mit einiger Sicherheit folgern, daß ein Ahn des Anania den Namen Ezekias oder Chiskia geführt haben wird. Ferner galt der Hohepriester Anania, wie bemerkt, als sehr reich; auch Eleasar ben Chananja im Talmud muß sehr reich gewesen sein, da er im Besitz einer Pentateuchrolle im Werte von 100 Minen (12 906 Mark) war (oben S. 810). Wir können also auch dem Zelotenführer den Namen Ἐλεάζαρος τοῠ Ἀνανία τοῠ Ἐζεκία geben und die Identität desselben mit dem Schammaïten zu hoher Wahrscheinlichkeit erheben. Er gehörte wohl einer Partei an, die derjenigen seines Vaters entgegengesetzt war. Er war durch und durch Zelot, gab den ersten Impuls zum Aufstande, da er das Opfer für den Kaiser einstellen ließ, war Führer im ersten Kampfe in Jerusalem und blieb Sieger (Note 29). Dazu stimmt, daß er den Impuls zu der heidenfeindlichen Absonderungsmaßregel und zur Sammlung des Siegeskalenders Megillat Ta'anit gegeben hat.

Gewiß war der Zweck der Aufzeichnung des Siegeskalenders, dem lebenden Geschlechte vor die Seele zu führen und einzuprägen, daß Gott seinem Volke auch in der nachexilischen Zeit beigestanden und ihm Siege über seine äußern und innern Feinde, über Griechen und Römer, wie über Hellenisten und Sadducäer verliehen hat. Die Gedenktage, die auf die Römer Bezug haben (o. S. 573 f.), waren mit aufgenommen, auf die Befreiung von der Steuer an den Kaiser und die Vertreibung der Legionen aus Judäa und Jerusalem infolge von Cestius' Abzug. Der Siegeskalender ist also nach Oktober 66 zusammengestellt worden. Er war ein Werk des Zelotismus. Die andere Quelle sagt zwar, daß die Ältesten »des Hauses« Hillel im Verein mit den Ältesten »des Hauses« Schammaï M. T. aufgezeichnet hätten; aber der Impuls dazu ging gewiß von dem Anhange des Eleasar b. Anania aus, wie die ältere Quelle tradiert, d.h. von den schammaïtischen Zeloten; die Erinnerung an die Siege sollte zum Riesenkampfe ermutigen und begeistern. Die Hilleliten waren nur damit einverstanden; es war für sie kein Grund vorhanden, dagegen Opposition zu machen.

Bezeugt ist ferner, daß in derselben Zeit von den Ältesten beider Schulen in Verbindung mit Anania, d.h. Eleasar b. Anania, die Hasmonäerrolle geschrieben worden sei (o. S. 810): יאנומשח תיב תליגמ ובתכ םה. Gewiß ist damit das erste Makkabäerbuch gemeint, das hebräisch stilisiert war und das Hieronymus noch hebräisch gesehen hat. Es soll die bisher noch unenträtselte Aufschrift gehabt haben: Σαρβὴϑ Σαρβανέ ἔλ Var. Σαρβαναϊέλ (nach Origines in Eusebius' Kirchengeschichte VI, 25). Was soll aber ובתכ, »sie haben geschrieben«, bedeuten? Geschrieben war das Buch ja gewiß schon früher, entweder in der letzten Zeit Hyrkans I., dessen Taten zum Schluß darin summarisch erwähnt werden, oder – was wahrscheinlicher ist – zur Zeit der Kämpfe des sadducäischen Königs Alexander Jannaï gegen die Pharisäer. Das Verbum כתכ kann demnach hier nur bedeuten »für kanonisch erklären«, wie es auch im Talmud (Baba Batra 14b) gebraucht wird: רשע םינשו לאקזחי ובתכ הלודגה תסנכ רתסא תליגמו, wo es doch gewiß nicht »verfassen« [811] bedeuten kann, sondern nur »kanonisieren«. Es will also sagen, die Altesten in Verbindung mit Eleasar b. Anania, haben das erste Makkabäerbuch für die Lektüre empfohlen, wenn nicht gar es würdig befunden, es an dem Tempelweihefest (הכונח) synagogal vorzulesen wie das Buch Esther am Purimfeste. Der Zweck der Kanonisierung desselben ist ersichtlich. Es sollte dem Volke in Erinnerung bringen, wie die Makkabäer, anfangs eine geringe Schar, über die mächtigen Syrer gesiegt haben, und sollte es ermutigen, den Kampf gegen die Römer nicht zu scheuen. Es war ebenfalls ein patriotisch-zelotisches Werk. In einer Partie dieses Buches kommen einige Wendungen vor, die geradezu zelotisch klingen. In der Anrede, die der sterbende Matthatia an seine Söhne hält, ermutigt er sie mit den Worten: »Und nun eifert für das Gesetz (ζƞλώοατε τῷ νόμῳ).« »Pinehas, Euer Vater, erhielt in seinem Eifer das Bündnis ewiger Priesterschaft (ἐν τῷ ζƞλῶσαι ζῆλον)« (2, 50. 54). Klingt das nicht wie die Schlagworte aus den Reihen der Zeloten? Schwerlich hat sie der sterbende Matthatia gehalten, auch sind sie gewiß nicht stenographisch treu wiedergegeben worden. Sie sind gewiß ebenso fingiert und dem Helden in den Mund gelegt, wie die Reden in der klassischen Geschichtserzählung. Einer der Zeloten mag diese Rede zelotisch gefärbt haben. Doch gleichviel, wie es sich damit verhalten möge: es ist als sicher anzunehmen, daß der Anhang des Eleasar b. Anania, der den Siegeskalender angelegt hat, auch Wert darauf legte, die Hasmonäerrolle oder das erste Makkabäerbuch in die Öffentlichkeit einzuführen, wenn nicht gar zur Klasse der Hagiographen zu erheben.

Dadurch ist es auch erklärlich, wie die Gesetzeslehrer damals darauf gekommen sind, sich mit dem Buche Ezechiel zu beschäftigen. Die Tradition lautet (Sabbat 13b): Anania (d.h. Eleasar b. Anania) sei es zu verdanken, daß das Buch Ezechiel nicht beseitigt worden sei, indem er die Widersprüche in demselben gegen die Gesetze im Pentateuch gelöst habe: 'ר רמא ומש היקזח ןב היננחו בוטל שיאה ותוא רוכז םרב בר רמא הדוהי המ .הרות ירבד ןירתוס וירבד ויהש לאקזחי זנגנ אוה אלמלאש שרדו הילעב בשיו ןמש יברג תואמ שלש ול ולעה ?השע. Auch anderweitig wird erzählt, daß er den Widerspruch bezüglich des Maßes für Mehlopfer ausgeglichen habe (o. S. 810). Bemerken wir hier, daß während an dieser Stelle Anania b. Hiskija genannt ist als derjenige, der die Ausgleichung gegeben, in der authentischen Relation im Siphre der Name Eleasar b. Anania lautet. Entschieden ist also an der Stelle im Talmud und in der Mischna der Name Eleasar ausgefallen. Es ist daher gewiß, daß derjenige, der die Aufzeichnung von Megillat Ta'anit veranlaßt hat, auch durch Ausdeutung dafür gesorgt hat, daß der Prophet Ezechiel nicht zu den Apokryphen gezählt wurde. Bemerken wir nur noch, daß die Relation, dieser Interpret des Buches Ezechiel habe 300 Maß Öl für Nachtwachen gebraucht, um die Ausgleichung zu finden, höchst übertrieben ist. Denn selbst, wenn er noch andere Widersprüche zwischen Ezechiel und den pentateuchischen Gesetzen gemerkt und ausgeglichen haben sollte, hätte er unmöglich so viel Öl für die Nacht verbrauchen müssen. Endlich sei noch angemerkt, daß es sich damals keineswegs um die Aufnahme des Buches Ezechiel in den Kanon, sondern nur um die Belassung desselben zum öffentlichen (synagogalen) Gebrauche gehandelt haben kann. Einige Gesetzeslehrer müssen vorgeschlagen haben, es dem Gebrauche zu entziehen (lediglich זנגהל, ἀποκρύπτειν), weil seine Opferbestimmungen mit denen im Pentateuch im Widerspruch ständen, aber jedenfalls zugleich gewünscht haben, das Buch vor Profanierung zu schützen, was auch geschehen wäre, wenn Eleasar b. Anania es nicht gedeutet hätte. Das ist der richtige Sinn des »זנגנ אוה אלמלא«; [812] ohne Eleasars Intervention wäre das Buch für apokryph erklärt worden. Darin ist zugleich involviert, daß dem betreffenden Buche eine gewisse Heiligkeit innewohnte, daß es also nicht profaniert werden durfte, daß es aber nicht für ratsam galt, öffentlich daraus vorzulesen (Vergl. Gittin 45 b: רפס זנגי ןימ דיב אצמנ ,זנגי יוג ובתכש ... הרות).

Bei der Gelegenheit, als es den Gesetzeslehrern opportun erschien, die Hasmonäerrolle öffentlich zu benutzen, muß also wohl die Kanonfrage wieder zur Sprache gekommen sein, und es ist möglich, daß damals auch über die Kanonizität des Hohenliedes und Kohelets wieder verhandelt worden ist (o. S. 719 f.). Jedenfalls benutzte einer oder der andere, welcher einen Widerspruch zwischen den Opferbestimmungen im Buch Ezechiel und denen im Pentateuch gefunden hatte und nicht überwinden konnte, die Gelegenheit, um vorzuschlagen, jenes dem öffentlichen Gebrauche zu entziehen. Da trat Eleasar b. Anania als Retter dafür auf, löste den Widerspruch per fas et nefas, und die Synode beruhigte sich damit: Ezechiel blieb kanonisch.

So ist der Zusammenhang der Relationen über Eleasar b. Anania erklärlich. Als Zelot hat er mit seinem Anhang die 18 »Dinge« von Heiden verboten, hat den Siegeskalender schriftlich fixiert, hat das hebräische Makkabäerbuch für die synagogale Benutzung eingeführt und bei dieser neuen Aufrollung der Kanonfrage die synagogale Weiterbenutzung des Propheten Ezechiel durchgesetzt.

Joseph Derenburg hat in seinem Buche essai sur l'histoire et la géogr. de la Palestine (p. 272) meine Ansicht, daß der Urheber der Maßregel gegen die Heiden Eleasar b. Anania gewesen, und daß sie zur Zeit der Revolution eingeführt worden sei, adoptiert. Nur gibt er die Identität des Eleasar ben Anania im Talmud mit dem Zelotenführer bei Josephus nicht zu. Seine Einwendungen gegen meine Kombination sind jedoch keineswegs erschütternd. Dagegen bestreitet I. H. Weiß in seiner Schrift (zur Geschichte der jüdischen Tradition I, S. 187, Note) die ganze Kombination. Aber seine Einwendungen sind eher krittelnd als kritisch. Es kommt vor allem darauf an, ob die L.-A. היקזח ןב היננח ןב רזעלא oder היקזח ןב היננח die richtige ist. Die Erstere ist bestätigt durch drei Quellen und die letztere ebenfalls durch drei. Da es nun leichter erklärlich ist, daß der Name רזעלא in den letzteren ausgefallen ist, aber es unbegreiflich wäre, wie die ersteren dazu gekommen seien, ihn hinzuzufügen, so ist die L.-A. רזעלא kritisch gesichert. Hat Eleasar b. Anania zur Sammlung der Gedenktage beigetragen, so hat er zur Zeit der Revolution gelebt, da darin auch die Siege über die Römer verzeichnet sind. War er Miturheber derselben zur Zeit der Revolution, so muß die Maßregel gegen die Heiden in derselben Zeit durch eine Synode sanktioniert worden sein. In diesem historischen Gewebe hängt Masche an Masche, und keine kann davon gelöst werden.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1906, Band 3.2, S. 805-813.
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