11. Kapitel. Maimuni (Fortsetzung). 1180-1205.

[298] Folgenreiche Wirkung von Maimunis Religionskodex. Gegnerschaft gegen denselben. Joseph Ibn-Aknin. Maimuni wird Hofarzt. Seine Bedeutung als medizinischer Schriftsteller. Jerusalem wieder von Juden bevölkert. Samuel ben Alis Feindseligkeit gegen Maimuni. Der More Nebuchim und seine Bedeutung. Maimunis Abhandlung über die Auferstehung. Maimunis Einfluß auf die Gemeinden der Provence. Maimuni Leibarzt des Sultans Alfadhel und seine Makrobiotik. Maimunis Lebensweise im Alter. Sein Tod und die Trauerfeierlichkeit um ihn. Sein Grab.


Maimunis Religionskodex des Judentums warf einen mächtigen Gärungsstoff in die jüdische Welt; er wirkte nicht wie ein Buch, sondern wie eine folgenschwangere Tat, aufregend, hinreißend, umgestaltend. Kaum war das Werk veröffentlicht, so wurde es von Kopisten vervielfältigt und verbreitet in Arabien, Palästina, dem Morgenlande einerseits, in Afrika, Spanien, Südfrankreich und Italien anderseits. Zehn Jahre später konnte der Verfasser ohne Ruhmredigkeit sagen, es sei bis ans Ende der bewohnten Erde gedrungen1. Es wurde nicht bloß gelesen, sondern zum Grundbuche der jüdischen Religion erhoben, wie eine neue Bibel oder ein neuer Talmud. Ein Zeitgenosse gibt den Eindruck und die Wirkung wieder, welche Maimunis Werk in Spanien hervorgebracht hat2. »Ehe das Werk nach Spanien gelangte, war die Beschäftigung mit Alfâßis Werk und noch mehr mit dem Talmud für die jüdischen Bewohner so sehr schwierig, daß sie auf den Ausspruch des [298] Rabbiners angewiesen waren; denn sie wußten sich nicht zurechtzufinden, das Ergebnis aus der weitläufigen Diskussion festzustellen. Sobald sie aber Maimunis Kodex in die Hände bekamen, der ihnen wegen der faßlichen Sprache zugänglich war, und die lichtvolle Ordnung in demselben bewunderten, und namentlich als sie die Wahrheit und die tiefe Sittenlehre darin wahrnahmen, gingen ihnen die Augen für die hohe Bedeutung desselben auf. Sie kopierten ihn jeder für sich, ihr Geist vertiefte sich darein; es versammelte sich jung und alt, um sich den Inhalt anzueignen. Es gibt jetzt viel Kundige des Gesetzes, die bei einem Rechtsstreite sich ein selbständiges Urteil zu bilden und die Entscheidung des Richters zu kontrollieren imstande sind.« Und wie in Spanien, so war es überall, selbst im Morgenlande, wo das Talmudstudium eifriger betrieben wurde. Die Verehrung für den großen Meister wuchs mit jedem Tage, namentlich als man allmählich erfuhr, daß sein Privatleben dem Ideale entsprach, das er von einem jüdischen Weisen entworfen hat. Man spendete ihm die überschwenglichsten Lobeserhebungen. »Der Einzige des Zeitalters«, »die Fahne der Rabbiner«, »der Erleuchter der Augen Israels«, waren noch bescheidene Titel. Es gehörte die ganze sittliche Kraft Maimunis dazu, um von dem ihm gespendeten Weihrauch nicht betäubt zu werden. Maimunis Name erklang von Spanien bis Indien und von dem Quellande des Euphrat und Tigris bis Südarabien, und verdunkelte alle zeitgenössischen Berühmtheiten. Die gelehrtesten Männer ordneten sich seinem Urteil unter und erbaten sich von ihm Belehrung in demutsvollen Äußerungen; er galt als höchste Autorität für die jüdische Gesamtheit, die in ihm ihren würdigsten Vertreter verehrte.

An kleinlichen Gegnern, die ihm seine über alle ragende Größe mißgönnten, hat es ihm auch nicht gefehlt, jene winzigen Rabbinerlein, welche, äußerlich mit dem Talmud vertraut, im Besitze aller Weisheit zu sein glaubten und durch Maimunis Werk unangenehm aus ihrem Traume geweckt wurden. In Kahira selbst würdigten einige Stocktalmudisten den Kodex keines Einblickes, damit es nicht hieße, sie hätten etwas daraus gelernt3. Andere meinten, nur das Lehrhaus zu Bagdad sei die wahre Lehrstätte für Talmudkenntnis; wer nicht an dieser Quelle geschöpft, könne nicht als gründlich Eingeweihter angesehen werden; folglich verdienten Maimunis Entscheidungen keine unbedingte Anerkennung4. Solche Kleingeister bildeten sich ein, es hinge nur von ihnen ab, ein gleiches oder noch besseres Werk über sämtliche Gesetze des[299] Judentums zu verfassen5. Das Haupt dieser kleinlichen Gegnerschaft war jener Samuel ben Ali in Bagdad (o. S. 254), der auf seinem reich ausstaffierten Gaonenthrone und stets umgeben von Sklaven mit Geißelruten bewaffnet, keinen neben sich, geschweige denn über sich anerkennen mochte. Maimuni setzte dem geheimen Krieg von dieser Seite gegen ihn und sein Streben die Verachtung eines Weisen entgegen. Er hatte aber auch ehrliche Gegner an solchen, welche fühlten, daß Maimunis Auffassung des talmudischen Judentums nicht Fleisch von ihrem Fleische sei, daher in dem Kodex Ketzerei witterten und Gefährdung der Alltagsreligion darin erblickten. Worin aber die dem Judentum fremden und unangemessenen Elemente lagen, das verstanden nur die Gebildeteren; die Einfältigen dagegen hielten sich an untergeordnete, ganz unwesentliche Punkte und ereiferten sich darüber, als wenn die Grundlehren der Religion in Gefahr wären.

So brach in Alexandrien nach dem Bekanntwerden des maimunischen Werkes ein förmlicher Volksaufstand dagegen aus, weil darin gelehrt wird, daß das Baden vor dem Gebete wegen nächtlicher Zufälle – das die morgenländischen Juden von ihren mohammedanischen Nachbarn angenommen hätten – unwesentlich sei. Gemeindeglieder rotteten sich zusammen und drohten der mohammedanischen Behörde Anzeige davon zu machen, daß diejenigen, welche Maimunis Kodex zur Norm angenommen hatten, Neuerungen in die Religion einführen wollten. Pinehas ben Meschullam, der eingewanderte Provenzale (o. S. 262), welcher im Streite mit einem anderen Mitgliede des Rabbinats, einem Anhänger Maimunis, lebte, hörte die Schreier an und entschied in einem Vortrage, daß das Baden allerdings eine wesentliche religiöse Pflicht sei Darauf benachrichtigte er Maimuni von der gegen dessen Kodex herrschenden mißvergnügten Stimmung und fügte seinerseits einige Ausstellungen hinzu, die geeignet sind, zu vergegenwärtigen, gegen welche hartnäckige Vorurteile der Weise von Fostat zu kämpfen hatte, und mit welcher Besonnenheit und Ruhe er sie widerlegte. Pinehas tadelte zunächst, daß Maimuni den Inhalt der jüdischen Religionsgesetze auseinandergesetzt habe ohne die Namen der sie tragenden Autoritäten dabei zu nennen; dadurch würden die Namen jener heiligen Männer bei dem Volke in Vergessenheit kommen. Er rügte ferner, daß durch den Kodex der Talmud überhaupt beseitigt zu werden in Gefahr sei, indem die Gesetzesbeflissenen, statt sich in die talmudischen Diskussionen zu vertiefen, sich das Studium leichter machen und Mißverständnissen [300] ausgesetzt sein würden. wenn sie nicht die Grundquelle zu Rate zögen. Endlich machte er eine Ausstellung daran, daß Maimuni nicht die Belege aus dem Talmud und den dazu gehörigen Schriften genau angegeben habe, um zu erkennen zu geben auf welchen Gründen die von ihm aufgestellten Gesetze beruhen. – Als Maimuni dieses Schreiben empfing, war er von einer schweren Krankheit befallen und konnte es erst nach seiner Genesung, und zwar gedrängt von Pinehas' zweitem, demutsvolleren Briefe, beantworten. Diese Antwort ist eine Urkunde für Maimunis entschiedene, offene, Strenge mit Milde paarende Gesinnung. »Wisse,« bemerkt er unter anderem, »wisse, daß ich nicht zu denen gehöre, welche Verleumdungen ihr Ohr leihen. Ich weiß auch zu unterscheiden, wie viel das Gerücht, von Mund zu Mund fortgepflanzt, zu übertreiben pflegt. Aber wenn ich selbst mit meinen Ohren vernähme, daß mich jemand schmäht und meine Arbeit geringschätzt, so bliebe ich unempfindlich dabei und würde es verzeihen und vergessen«6.

Maimuni war seit seiner Niederlassung in Ägypten von vielen Unglücksfällen heimgesucht worden, als wollte das Mißgeschick seine Gesinnung und sein Gottvertrauen auf die Probe stellen. Siechtum, Geldverlust, Sterbefälle wechselten miteinander ab. Erst vom Jahre 1185 an kehrte ihm das Glück seine freundliche Seite zu. In diesem Jahre wurde ihm ein Sohn geboren, der seine Freude und sein Stolz war, und erwarb er einen geistvollen Jünger, den er wie einen Sohn liebte und der ihn wie einen Vater verehrte. Maimuni verschwägerte sich in Fostat, wahrscheinlich nach dem Verluste seiner ersten Frau, mit einer angesehenen Persönlichkeit, mit Abulmaali, der Geheimschreiber bei einer von Saladins Frauen, der Mutter des nachmaligen Sultans Alafdhal war, und aus dieser Ehe wurde ihm sein Sohn Abraham geboren. Abulmaali hatte wiederum Maimunis Schwester zur Frau.7 – Maimunis Jünger gehörte zu den Personen, welche ihre Berühmtheit nicht ihren Taten oder Leistungen, sondern ihrer Verbindung mit einem großen Manne zu danken haben. Es war Joseph ben Jehuda Ibn-Aknin8, oder wie sein langatmiger arabischer [301] Name lautete, Abulhaǵaǵ Jussuff Ibn-Jachja Ibn-Shimun Alsabti Almaghrebi (geb. um 1160, st. 1226).

Während des Religionszwanges unter Abdulmumen in der Stadt Ceuta zur Welt gekommen, zu jener Zeit, von der Maimuni sagte: »Jede Freude ist für die Juden Maghrebs getrübt, jeder Fromme muß sich verbergen, und das Licht Israels ist erloschen«9, wurde Ibn-Aknin äußerlich in der mohammedanischen Religion erzogen, erlernte aber trotzdem neben Heilkunde und Mathematik die hebräische Sprache und Poesie, Bibel und Talmud. Er war kein hervorragender Geist, er hatte eigentlich mehr Sinn und Empfänglichkeit für Wissenschaften als schaffendes Talent; seinen brennenden Durst nach Wahrheit vermochte er nicht aus seiner eigenen Geistesquelle zu stillen. In seiner Jugend dichtete Ibn-Aknin hebräische Makamen nach arabischem Muster unter der Person eines Tobija ben Zidkija, die zwar von dem Fachgenossen Charisi sehr gerühmt werden, aber nach den poetischen Überbleibseln davon zu urteilen, keinen hohen Wert hatten. Um dem Bekenntniszwange zu entgehen, verließ er als angehender Mann seine Heimat und begab sich nach Alexandrien. Von hier aus knüpfte er mit Maimuni, von dem damals jeder Mund voll war, eine Verbindung durch ein wissenschaftliches Schreiben und durch Zusendung seiner Makamen an, welche diesem mehr wegen ihres Inhaltes als wegen ihrer Form so sehr gefielen, daß er Ibn-Aknin zu sich nach Fostat einlud. Der Einladung folgend (1185), verweilte er einige Zeit bei ihm und wurde dessen Lieblingsjünger. Ibn-Aknin scheint mit seiner ganzen Persönlichkeit mehr Eindruck gemacht zu haben, als die von ihm ausgegangenen Leistungen vermuten lassen. Er betrieb mit Maimuni zusammen mathematische und astronomische Studien und erlernte von ihm die höhere Auffassung des Judentums, von der er vorher keine Ahnung hatte. Dann begab er sich (um 1186) nach der damals bedeutenden Stadt Halep (Aleppo) praktizierte dort als Arzt und wurde Schwiegersohn des Geheimschreibers Abulala, welcher bei dem Fürsten Emad-Eddin in Diensten stand. Obwohl sein Zusammentreffen mit Maimuni nur von kurzer Dauer war, so verknüpfte doch ein enges Band der Freundschaft Meister und Jünger, das so innig war, daß es auf die beiderseitigen Familienglieder überging. Ibn-Aknins Verehrung für Maimuni grenzte an Anbetung, und die Anhänglichkeit des letzteren an seinen Jünger unterschied sich in nichts von der Liebe zu seinem Sohne, ja er nannte auch jenen geradezu Sohn.

[302] Erst nach mehr denn zwanzigjährigem Aufenthalte in Ägypten erlangte Maimuni eine bedeutende ärztliche Praxis am Hofe Saladins, während er bis dahin nur geringe Kundschaft hatte. Er wurde zwar keineswegs Saladins Leibarzt, weil dieser wegen seiner fortwährenden Kriege mit den Anhängern Nureddins und den Christen seine Hauptstadt lange Zeit nicht besuchen konnte. Aber die Gunst, welche ihm der edle Wesir des edlen Sultans, der kluge, mächtige und wissensfördernde Alfadhel10, zuwandte, von dem ein Zeitgenosse sagte: »er war ganz Kopf und Herz,« galt ebensoviel, wie die Auszeichnung von seiten des Herrschers. Alfadhel ließ Maimuni in das Verzeichnis der Ärzte aufnehmen, setzte ihm ein Jahrgehalt aus und überhäufte ihn überhaupt mit Gunstbezeugungen. Von seinem Beispiele angeregt, wendeten ihm auch die Großen des Landes, welche in Kahira lebten, ihre Kundschaft zu, so daß Maimunis Zeit so sehr besetzt war, daß er die Studien vernachlässigen mußte. Maimuni verdankte übrigens seine Beförderung mehr seiner medizinischen Gelehrsamkeit, als seiner ärztlichen Geschicklichkeit. Denn er betrieb diese Kunst wie eine gelehrte Wissenschaft, verschrieb kein Rezept, dessen Wirksamkeit er nicht durch Aussprüche medizinischer Autoritäten belegen konnte11. Er behandelte [303] den Wissensstoff der Heilkunde auf gleiche Weise, wie die talmudischen Elemente. Er ordnete und systematisierte alles von älteren Autoritäten überkommene Material, stellte Prinzipien auf, erläuterte Dunkelheiten, ohne sich etwas Neues zu erlauben, oder ein Mittel anzugeben, das nicht früher schon erprobt wäre. Auf diese Weise bearbeitete er die Schriften des medizinischen Orakels im Mittelalter, des Galenus, d.h. er kürzte und ordnete sie, ohne sich die geringste Änderung dabei zu erlauben12. Denselben Charakter tragen auch seine medizinischen Aphorismen, die weiter nichts enthalten, als Auszüge und Gruppierungen älterer Theorien. Nach Art seines religionsgesetzlichen Kodex stellte er auch einen medizinischen Kodex zusammen.

Ungeachtet seiner geringen Selbständigkeit auf medizinischem Gebiete genoß Maimuni dennoch einen ausgebreiteten Ruf als arzneikundiger Schriftsteller. Der berühmte mohammedanische Arzt und Theologe Abdellatif von Bagdad, welcher die Gunst Saladins in einem hohen Grade besaß, gestand, daß sein Wunsch, Kahira zu besuchen, von der Neugierde angeregt war, drei Männer daselbst kennen zu lernen und darunter Musa ben Maimun13. Der Vater des berühmten arabischen Literaturgeschichtsschreibers Ibn-Abi Osaibija rühmte sich, ein Jünger Maimunis in der Heilkunde gewesen zu sein14. Der Dichter und Kadi Alsaid Ibn-Sina Almulk besang Maimunis Größe als Arzt in schwärmerischen Versen:


Galens Kunst heilt nur den Leib,

Abu-Amrans (Maimuni) dagegen Leib und Geist.

Er könnte mit seiner Weisheit die Krankheit der Unwissenheit heilen.

Wendete sich der Mond an seine Kunst,

Er würde ihn zur Vollmondszeit von seinen Flecken befreien,

Ihm seine zeitweiligen Gebrechen ergänzen,

Und ihn zur Zeit der Verbindung von der Schwindsucht heilen.15


Maimunis Ruf war so groß, daß ihn der englische König Richard Löwenherz, die Seele des dritten Kreuzzuges, zu seinem [304] Leibarzt ernennen wollte. Maimuni schlug aber diesen Antrag aus16.

Seine Gönner, der Oberrichter und Wesir Alfadhel sprach ihn auch um dieselbe Zeit von einer schweren Anklage los, die ihm unter einem minder milden mohammedanischen oder auch christlichen Richter die Todesstrafe zugezogen hätte. Derselbe Abulalarab Ibn-Moïscha, welcher Maimunis Retter in Fez war (o. S. 274), war von Maghreb nach Ägypten gekommen, und als er ihn, den er als Mohammedaner figurieren gesehen, jetzt als religiöses Haupt an der Spitze der jüdischen Gemeinde erblickte, trat er als Ankläger gegen ihn auf, daß Maimuni sich eine Zeitlang zum Islam bekannt habe und folglich als Abtrünniger zu bestrafen sei. Alfadhel, vor dessen Tribunal die Anklage erhoben war, urteilte gerecht, daß ein aufgezwungenes Bekenntnis keine Gültigkeit haben und keine Folgen nach sich ziehen könne (um 1187)17. Infolge seiner Gunst bei dem Wesir wurde Maimuni zum Oberhaupte sämtlicher ägyptischen Gemeinden (Reïs18, Nagid) wahrscheinlich an Stelle des verstorbenen Nathanael (Hibat-Allah o. S. 261) ernannt und diese Würde vererbte sich in seiner Familie vom Vater auf Sohn und Enkel bis ins vierzehnte Jahrhundert. Sicherlich hat Maimuni für dieses Amt keinen Gehalt bezogen: denn ihm schien nichts so sehr unwürdig und sündhaft, als sich ein geistliches Amt bezahlen zu lassen oder das Wissen zu einem nährenden Handwerke zu erniedrigen19. Seine hervorragende Stellung benutzte er für seine Glaubensgenossen, um ihnen irgendwo zugefügte Unbill von ihnen abzuwenden. Es ist bereits erwähnt, daß durch seine Veranlassung das schwere Joch der Verfolgung von den Gemeinden Jemens beseitigt wurde (o. S. 284). Als Saladin Jerusalem den Händen der Christen, welche es beinahe ein Jahrhundert befeffen, wieder entrissen hatte (Oktober 1187), gestattete [305] er den Juden, sich in der Stadt ihrer Väter niederzulassen, und von allen Seiten strömten wieder die sehnsüchtigen Söhne zu der trauernden und verlassenen Mutter20. Vermutlich war Maimuni diesem Akte hochherziger Duldung nicht fremd. Er bemühte sich endlich, seinen Bekenntnisgenossen den Vorzug vor den Karäern im Staate geben zu lassen und diese aus ihrer günstigen Stellung bei Hofe nach und nach zu verdrängen, so daß manche von ihnen zum Rabbanitentum zurückkehrten, was Maimuni zu seiner Zeit als hohes Verdienst angerechnet wurde21.

Je höher Maimuni in den Augen seiner Zeitgenossen stieg, je mehr seine außergewöhnliche Persönlichkeit anerkannt wurde, und je lauter sein Ruhm erscholl, desto mehr fühlte sich das dünkelhafte Schulhaupt von Bagdad Samuel ben Ali (o. S. 254) in seinem Ansehen verletzt und von Neid besessen. Samuel nahm daher jede Gelegenheit wahr, Maimunis Verdienst zu verkleinern und ihn verächtlich zu machen. Heimlich flüsterten Samuel ben Ali und seine Freunde untereinander, daß Maimuni durchaus kein strengfrommer Jude und kein aufrichtiger Anhänger des Talmuds sei, und verbreiteten unter der Hand allerlei lügenhafte Verleumdungen über ihn22. Einige Mißgriffe, welche Maimuni in seiner Jugendarbeit des Mischnahkommentars begangen hatte, da er sich bei der Erklärung dunkler Stellen von den Gaonen leiten ließ, benutzten diese Böswilligen, um ihn zu einem im Talmud Unwissenden zu stempeln, dem auf diesem Gebiete keine Stimme gebühre. Ihre Religiosität bestand darin, wie sie Maimuni charakterisierte, sich vor dem Übertreten von Satzungen zu hüten, aber gute Sitten, Demut, rein menschliche Tugenden gehören nach der Ansicht dieses Menschenschlages nicht zur Religion23. Als nun die Saat, welche Maimuni ausgestreut hatte, anfing frühzeitige Früchte zu tragen, benutzten Samuel ben Ali und seine Genossen diese Erscheinungen, um den Urheber in den Augen der Mitwelt herabzusetzen.

In Damaskus und Jemen traten Religionslehrer auf, welche aus Maimunis Schriften folgerichtige Schlüsse zogen, die er selbst nicht folgern mochte. Da er die Unsterblichkeit der Seele in dem reingeistigen Zustande einer jenseitigen Welt stark betont und wiederholentlich [306] hervorgehoben, die Auferstehung der Leiber dagegen nur nebenbei hingestellt hatte, so folgerten diese seine Jünger, daß es ihm mit der Auferstehung nicht völliger Ernst sei und lehrten geradezu, mit dem Tode verfalle der Leib der Auflösung und dem Untergange, und nur die Seele schwinge sich zu reinem Geistesleben empor. Allerdings verstieß diese freie Ansicht gegen ausdrückliche Aussprüche im Talmud und erregte darum allgemeines Ärgernis. Maimuni wurde angegangen, sich deutlich über den Glauben an die leibliche Auferstehung auszusprechen. Er tat es und hielt seinen bisherigen Standpunkt fest, Aber auch Samuel ben Ali wurde von Jemen aus aufgefordert, sein Urteil über die Frage des Auferstehungsglaubens abzugeben, und schrieb eine ganze Abhandlung darüber, versah sie mit philosophischen Floskeln, um nicht darin hinter Maimuni zurückzustehen, und machte bei dieser Gelegenheit an dessen Schriften Ausstellungen, deren Wirkung er durch zum Teil gespendetes Lob zu erhöhen glaubte24. Bei einer anderen Veranlassung, als Maimuni auf eine Anfrage von Bagdad aus nach talmudischem Prinzip gestattete, am Sabbat zu Schiff auf tiefen Flüssen und Strömen zu fahren, richtete Samuel ben Ali ein Sendschreiben an ihn, worin er unter Schmeicheleien und Bücklingen ihm vorwarf, einen Irrtum in der Auffassung des Talmuds begangen zu haben, wie kaum ein Anfänger. Er fügte süßlich hinzu, er möge sich nicht darüber grämen, indem Irren so sehr menschlich sei, daß auch die Propheten und die großen Männer des Talmuds demselben nicht entgangen seien. Er verfehlte aber auch nicht, mit Protektormiene hervorzuheben, daß er ihn bei den Gemeinden in Jemen in Schutz genommen habe. Maimuni erwiderte darauf in einem geharnischten Sendschreiben25, worin er seinem hämischen Gegner nachwies, daß gerade dieser sich in der tieferen Auffassung des Talmuds geirrt habe. Er berührte dabei auch die heimlichen Anfeindungen seines großen Werkes in diesem Kreise, indem einige der Meinung seien, es enthalte Irrtümer, andere, es sei überflüssig, und noch andere, es sei schädlich. »Du scheinst mich,« bemerkte Maimuni gegen ihn, »zu denen zu zählen, die gegen jedes Wort des Tadels empfindlich sind. Du irrst dich aber darin. Gott hat mich vor dieser Schwachheit geschützt, und bei ihm beteuere ich dir, daß, wenn mir der geringste Schüler, sei es Freund oder Feind, einen [307] Irrtum nachwiese, ich ihm für die Berichtigung und Belehrung dankbar bin.« Obwohl Samuel ben Ali durch Maimuni derb abgefertigt wurde, fuhr er dennoch fort zu verbreiten26, derselbe habe sich in seiner Entscheidung in betreff des Fahrens auf Flüssen am Sabbat geirrt, daß er nicht talmudfest sei, und daß sein Kodex nicht das Ansehen verdiene, das er genoß. Von einer anderen Seite, von Haleb aus, wirkte ein beschränkter Stocktalmudist, Mar-Sacharia, der sich durch Maimunis Jünger Joseph Ibn-Aknin verdunkelt sah, ebenfalls feindselig gegen Meister und Schüler. Da aber der Weise von Fostat überall warme und hingebende Anhänger hatte, so waren Samuel ben Ali und sein Genosse von Haleb genötigt, vorsichtig aufzutreten. Sie fädelten ein niedriges Intrigenspiel gegen ihn ein, in das sie auch einen der damaligen zwei Exilarchen hineinzogen, das uns aber nur dunkel bekannt ist. Maimuni setzte dieser Intrige eine verachtende Gleichgültigkeit und Ruhe entgegen, was seine Gegner vollends entwaffnete. Da sein eifriger Jünger Ibn-Aknin, der sich mehr als der Betroffene selbst über diese Intrigen ärgerte, die Absicht zu erkennen gab, in Bagdad ein Lehrhaus zu eröffnen, dort den Talmud in maimunischer Weise auszulegen und solchergestalt Samuel ben Ali auf dessen eigenem Gebiete zu schlagen, so warnte ihn Maimuni in einem Sendschreiben (vom Oktober 1189)27 vor einem solchen Schritte mit Gründen, welche seine edle Gesinnung offenbaren. »Ich habe nichts dagegen, daß du in Bagdad ein Lehrhaus eröffnest und dort nach meinem Kodex die Religionsgesetze lehrest: aber ich fürchte, daß du dich fortwährenden Kränkungen von ihrer Seite aussetzest und nicht zum Ziele gelangen wirst. Außerdem, wenn du dich auf den Unterricht verlegst, so wirst du dein Geschäft vernachlässigen, und ich rate dir, nichts von ihnen dafür anzunehmen. Eine Drachme, verdient von der Ausübung des Weber-, Schneider- oder Zimmermannshandwerkes ist angenehmer, als reicher Gewinn durch ein Lehrdiplom vom Exilarchen. Wenn du mit ihnen zu tun hast, wirst du verlieren, und wenn du etwas von ihnen annimmst, wirst du dich erniedrigen. Meine Meinung ist, daß du dich auf das Geschäft und auf die Ausübung der Arzneikunde beschränken und dich dabei mit der Thora nach gründlicher Erforschung beschäftigen mögest. [308] Du sollst aber nur das Werk Alfâßis studieren und es mit unserem Kodex vergleichen. – Wenn du aber deine Zeit auf die Talmudkommentarien und auf die Diskussion über dunkle Stellen verwendest, so wirst du davon nur Zeitverlust und wenig Nutzen haben«28. Stärker konnte er seine entschiedene Abneigung gegen ein besoldetes Lehramt für die Religionswissenschaft und gegen die talmudischen Diskussionen nicht ausdrücken.

Ungeachtet seiner Reibungen mit der Partei des Samuel ben Ali und seiner angestrengten Tätigkeit als Arzt, die ihm kaum Zeit zum Studium ließ29, vollendete er sein religionsphilosophisches Werk Moréh Nebuchim, Dalalat al-Haïrin, um 1190)30, das nicht bloß für das Judentum, sondern auch für die Geschichte der Philosophie im Mittelalter überhaupt von außerordentlicher Bedeutung wurde. Es bildet den Höhepunkt des maimunischen Geistes und die Rechtfertigung seiner innigsten Überzeugungen. Die Fragen, welche der menschliche Geist stets von neuem aufwirft, über das Vorhandensein einer höheren Welt, über die Bestimmung des eigenen Daseins und über die Unvollkommenheit und Übel der irdischen Welt, suchte Maimuni auf eine damals überzeugende Weise zu beantworten. Die Zweifel, welche dem denkenden Juden an der Wahrheit seiner angestammten Religion aufstießen, suchte er auf eine befriedigende Weise zu beschwichtigen. Er, dessen Denken stets auf das Höchste gerichtet war, durfte sich herausnehmen, »der Führer der Irrenden und Schwankenden« sein zu wollen. Die äußere Einkleidung dieses epochemachenden Werkes ist zwar so angelegt, als wenn der Verfasser für seinen Lieblingsjünger einzelne Abhandlungen über wichtige Punkte, welche diesen innerlich beunruhigten und quälten, zum Niederschlagen seiner Zweifel ausgearbeitet hätte. Allein es wurde von dem Bedürfnis diktiert, sich selbst die philosophische Weltanschauung und den Platz, den das Judentum darin einnimmt, klar zu machen und ihr Verhältnis zueinander gründlich auseinanderzusetzen. Die einzelnen Kapitel dieses Werkes, so [309] lose auch ihr Zusammenhang untereinander scheint, bilden daher ein einheitliches Ganze, ein abgerundetes Gedankensystem. Maimuni hatte bei der Abfassung desselben lediglich denkende Leser aus dem jüdischen Kreise im Auge und versetzte sich in deren Geist; daher legte er es nicht, wie seine Art war, systematisch an, sondern entwickelte zuerst alle die Voraussetzungen, auf welchen der Gedankenbau wie auf einem sicheren Grunde aufgeführt werden kann.

Maimuni war einerseits von der Wahrheit der aristotelischen Philosophie, wie sie der mohammedanische Philosoph Ibn-Sina und andere erweitert hatten, fest überzeugt. Anderseits war ihm das Judentum nicht minder unerschütterliche Wahrheit. Beide schienen ihm denselben Ausgangspunkt und ein gemeinsames Ziel zu haben. Die Philosophie erkennt als Spitze aller Wesenheiten einen einheitlichen Gott als Weltbeweger an. Das Judentum lehrt ebenfalls mit scharfer Betonung die Einheit Gottes, und verabscheut nichts gründlicher als Vielgötterei. Die Metaphysik kennt kein höheres Ziel des Menschen, als sich theoretisch zu vervollkommnen, sich zur höchsten Erkenntnis emporzuarbeiten. Auch das Judentum, selbst das talmudische, stellt Erkennen und Wissen, Gotteserkenntnis, an die Spitze seiner Vorschriften. Sind also die Wahrheit, welche der menschliche Geist in seiner Vollkraft aus sich selbst erzeugte, und die Offenbarung, welche die Gottheit am Sinaï dem israelitischen Volke eröffnet hat, einander in Anfang und Ende gleich, so müssen die einzelnen Teile derselben einander entsprechen und sich zueinander wie eine und dieselbe Wahrheit, nur auf verschiedenem Wege gewonnen, verhalten. Das Judentum könne um so weniger mit der Philosophie im Widerspruch stehen, als beide Ausflüsse des göttlichen Geistes seien. Die Wahrheit, welche Gott offenbart hat, müsse auch mit derjenigen übereinstimmen, welche in der menschlichen Vernunft, als einer von der Gottheit stammenden Gabe, liegt, und ebenso müßten alle Wahrheiten, welche das metaphysische Denken zu Tage fördern kann, in der Offenbarung, d.h. in dem Judentum vorhanden sein. Maimuni glaubte daher, daß ursprünglich neben der schriftlichen Gesetzesoffenbarung im Pentateuch auch mündliche Lehren philosophischer Art dem größten Propheten mitgeteilt worden seien, die weiter durch Überlieferung im israelitischen Kreise fortgepflanzt worden und erst infolge der Störungen und Trübungen, welche die israelitische Nation im Laufe der Zeit erfahren hat, untergegangen seien. Spuren dieser alten israelitischen Weisheit fänden sich, nach Maimunis Ansicht, in den hingeworfenen Aussprüchen der Propheten und in den Sentenzen der Agada. Wenn daher der denkende Jude die [310] Wahrheit aus der griechischen Philosophie entlehnt, auf Plato und Aristoteles lauscht, so sind diese ihm nicht ganz fremde Elemente, sondern nur Mittel, sich seines eigenen, verlorenen Schatzes wieder zu erinnern31.

Maimuni kehrte also, um eine jüdische Religionsphilosophie zu begründen, zu Saadias Standpunkt zu rück, daß das Judentum mit der metaphysischen Weltanschauung im Einklang sei und sein müsse; er wies die Weltweisheit nicht wie Jehuda Halevi als eine zudringliche Kupplerin ab, erkannte sie vielmehr als höchste Instanz in göttlichen Dingen an. Nur ist sein System viel reicher, tiefer und gediegener als das Saadias, wie die Fruchtvoller ist als der Keim. Maimuni begnügte sich nicht mit Scheinbeweisen, nicht mit Wahrscheinlichkeiten, nicht mit zumutenden Ideen, sondern rückte den Gedanken näher und prüfte mit gewissenhafter Strenge ihre Beweiskraft und Stichhaltigkeit. So hoch ihm auch Aristoteles, der Vollender der griechischen Philosophie, stand, und so voll Verehrung er auch für jeden seiner Aussprüche war, so beruhigte er sich dennoch nicht bei dem von ihm aufgestellten Gedankenkreise, sondern unterwarf ihn einer sorgfältigen Prüfung. Maimuni kam sogar zu dem Ergebnis32, daß, obwohl alles, was Aristoteles über die Natur der Welt ausgesprochen von der Mondsphäre bis zum Mittelpunkt der Erde, als auf sichere Beweise gegründet, fest und unerschütterlich sei, dennoch seine Ideen über die Natur der höheren Welt mehr Meinung als philosophische Gewißheit seien. Maimuni wich daher bei der Darstellung des Gedankeninhalts der jüdischen Religion wesentlich von Aristoteles' Philosophie ab, und in den Punkten, in welchen er über sie hinausging, war er selbständig und erzeugte eine neue, wenn auch aristotelisch gefärbte Weltanschauung. In seinen zwei älteren Werken hatte er zwar bereits philosophische Lehren entwickelt, in diesem Werke sucht er sie zu begründen und im Zusammenhange darzustellen.

Maimuni ging von dem Punkte aus, daß es mit entschiedener Notwendigkeit ein Wesen geben müsse, welches die Bewegung der Sphären und der niederen Welt leitet, das nicht anders als daseiend und existierend gedacht werden könne. Denn ohne dieses höchste Wesen wäre der Bestand und der Zusammenhang des Weltganzen undenkbar. Dieses höchste Sein, dieses »bewegende Unbewegte«, ist die erste Ursache von allem Vorhandenen, ist selbst unveränderlich und daher unkörperlich und eins. Es ist die reine Wirklichkeit und der in sich beharrende unendliche [311] Geist, dessen Gedanken stets verwirklichen und gestalten und Ordnung, Gesetz und Regeln hervorbringen. Obwohl dem höchsten Wesen oder der Gottheit eine Fülle von Vollkommenheiten innewohnt, so dürfe man ihm doch keinerlei Eigenschaft (Attribut) beilegen, weil eine solche, nach menschlicher Vorstellungsweise gedacht, entweder seine geschlossene Wesenseinheit oder seine Unveränderlichkeit beeinträchtigen würde. Kaum dürfe man von der Gottheit aussagen, daß sie unendlich wirke, weil Wirksamkeit das Streben, etwas Mangelhaftes zu ergänzen, voraus setze, und die Gottheit sei das in sich ruhende Genüge. Indessen so wie man ihr Dasein und Verwirklichungskraft zusprechen müsse, ebenso müsse man in ihr Allwissenheit und freie Willenstätigkeit annehmen: nur dürften diese Vollkommenheiten weder um viele Grade höher als die ähnlichen dem Menschen innewohnenden Geisteskräfte, noch von ihrem Wesen getrennt, sondern durchaus eigentümlich und mit ihr in durchschlagender Einheit gedacht werden.

Das ganze Weltall, das als ein organisches, im Einklang wirkendes, aus übereinander schwebenden Sphären bestehendes Einzelwesen gedacht werden müsse, ist weiter nichts als verwirklichte Gedanken Gottes, oder vielmehr als die stets zur Wirklichkeit treibenden Ideen Gottes. Er spendet ihm stets Gestaltungen und Formen und pflanzt der Welt Ordnung und Gesetzmäßigkeit ein. Alles ist darin zweckentsprechend angeordnet. Die griechische Philosophie nimmt zwar an, daß das Weltall an Gottes Ewigkeit teil habe, daß es von jeher von Gott verwirklicht worden sei und stets denselben Kreislauf von Gestalten, Werden und Vergehen durchgemacht habe, wie es in der Gegenwart erscheint. Allein sie vermöge weder die Ewigkeit der Welt unwiderleglich zu beweisen, noch alle Schwierigkeiten hinwegzuräumen, welche der Annahme eines Urbestandes des Weltganzen entgegenständen. Viel einleuchtender sei die Lehre des Judentums, daß die Welt einen zeitlichen Anfang habe, und daß die Zeit selbst, die vielmehr erst eine Form der Welt und ihrer Bewegung sei, nicht anfangslos sei, sondern von dem bestimmenden Willen Gottes ins Dasein gerufen worden. Die Annahme, daß Gott nicht bloß Ordner und Erhalter, sondern auch freitätiger Schöpfer der Welt sei, obwohl sie nicht mit voller Gewißheit bewiesen werden könne, empfehle sich dem menschlichen Bewußtsein weit mehr als jene, welche dem Weltall Urewigkeit zuschreibt, demgemäß die Welt eine so notwendige Folge der Gottheit sei, wie der Schatten dem Lichte. Die Lehre des Judentums zwinge der Gottheit keinerlei Notwendigkeit auf, sondern lasse sie in freier Selbstbestimmung die Wesenheiten in einem bestimmten Anfangspunkte ins Dasein rufen.

[312] Das von Gott geschaffene und zusammengehaltene, organisch gestaltete Weltall bestehe aus einer Stufenreihe verschiedenartiger Wesen. Der Gottheit am nächsten ständen reine Geister, die einfach, nicht zusammengesetzt aus Stoff und Form und daher der göttlichen Natur am vollsten teilhaftig seien. Ihre notwendige Existenz ist philosophisch erwiesen, weil sich dadurch manche Erscheinungen im Weltall am besten erklären lassen. Diese reinen Geister, diese »vom Stoff losgelösten Formen« nenne das Judentum, nenne die heilige Schrift Engel. Maimuni ist geneigt, vier solche stofflose Geister und dementsprechend vier Engel oder vielmehr vier Engelgruppen33 anzunehmen, entsprechend der Vierzahl der Elemente in der niederen Wesenreihe. Diese Geister oder Engel seien nicht einander gleichgestellt, sondern untereinander abgestuft und verhielten sich zueinander, wie Ursache zu Wirkung, so daß es einen höchsten und einen niedrigsten Engel gäbe. Unter diesen müsse ein Geist oder Engel vorausgesetzt werden, welcher gedanken- oder ideenerzeugend wirke, der tätige Weltgeist oder die betätigende Vernunft (νοῠς ποιƞτικός Széchel ha-Poél); darunter sei der von der Agada erwähnte »Fürst der Welt« (Sar ha-Olam) zu verstehen. Seine Wirksamkeit sei erst durch die Auffassung der niederen Wesenreihe zu begreifen.

Auf der den reinen Geistern zunächst stehenden Stufe seien nun Wesenheiten, welche zwar aus Stoff und Form zusammengesetzt gedacht werden müßten, deren Stoff aber nicht plump und grob, sondern ätherischer Natur sei. Diese ätherischen Wesenheiten seien der Himmel und die lichte Sternenwelt, welche eine ewig gleiche Bewegung innehalten, daher dem Wechsel von Entstehen und Vergehen nicht unterworfen sind, sondern in steter Klarheit und in ununterbrochener Regelmäßigkeit im Weltraum dahinrollen und im Kreislauf, der regelmäßigsten aller Bewegungen, wiederkehren. Sie gestalten und verändern den tiefer stehenden Wesenskreis. So mannigfaltig und unendlich auch die Sternenwelt erscheint, so läßt sie sich doch in vier Sphären gruppieren, in die Sphäre der Fixsterne, der Irrsterne (Planeten), der Sonne und des Mondes, die ebenfalls als übereinander schwebend vorgestellt werden müßten. Diese Sternensphären seien als mit Leben begabt und geistestätig zu denken. Unter der Mondsphäre befinde sich eine Wesensstufe, die aus gröberem Stoffe gebildet, aber empfänglich sei, Form, Gestaltung und Bewegung anzunehmen, also aus Stoff und Form zusammengesetzt, aber aus einem Stoffe, der die Form nicht stetig festzuhalten [313] vermöge und daher dem ewigen Wechsel, dem Entstehen und Vergehen unterliege. Es ist die Welt der vier Elemente, die ebenfalls in vier Sphären übereinander geformt sind. Innerhalb dieser Sphären bilden sich durch mannigfaltigen Formenwechsel, angeregt durch die Sternenwelt, tote Mineralien, mit Leben angehauchte Pflanzen, sich selbst bewegende Tiere und geistesempfängliche Menschen.

Wie ist aber das Einwirken Gottes auf dieses vielgestaltige, abgestufte Weltall zu denken? Die Veränderungen können nicht unmittelbar von ihm ausgehen. Denn so wie er die Welt geradezu in Bewegung brächte, würde er selbst Veränderung in seinem innersten Wesen erleiden und seine Vollkommenheit und Erhabenheit bestehe eben in seiner ewigen Ruhe und Unveränderlichkeit! Die aristotelisch-maimunische Naturphilosophie gibt folgende Antwort auf diese Frage. Die beseelten Sternenkreise, welche die Ursachen aller Veränderungen hienieden sind, werden keineswegs von Gott in Bewegung gesetzt, sondern bewegen sich als beseelte Wesen ihm zu in Sehnsucht und Liebe, um seiner Vollkommenheit, seines Lichtes und seiner Güte teilhastig zu werden. Durch dieses sehnsuchtsvolle Streben der Himmelskörper zu Gott entsteht ihr regelmäßiger Kreislauf, und dadurch bewirken sie alle Veränderungen in der Welt unter dem Monde, im Wesenkreise des Entstehens und Vergehens durch Annehmen und Verlieren der eigentümlichen Formen und Gebilde. Indessen streben nicht sämtliche Himmelssphären zu Gott, sondern wegen ihrer niedrigeren Stellung lediglich zu den gottähnlichen, reinen Geistern oder Engeln. Dem Verlangen, von seiten der ätherischen Wesen Begeistigung und Vollkommenheit zu empfangen, kämen Gott oder die Lichtwesen spendend und überleitend von ihrer Fülle entgegen. So sei Gott nicht unmittelbar der Weltbeweger, sondern die erste Ursache der Bewegung, er aber bleibe dabei unverändert. Diese Theorie von Gott, dem Weltall und der mannigfaltigen Bewegung der Wesensstufen fand Maimuni in der heiligen Schrift und in vielen Aussprüchen der Agada angedeutet, aber nur angedeutet und nur leise darauf angespielt, weil diese Schriften und diese Lehren, die für jedermann bestimmt seien, das volle Bild der Wahrheit nicht entschleiern mochten, nicht entschleiern durften, um nicht grobe Mißverständnisse zu veranlassen. Die »Geheimnisse der Lehre« (Sitré Thora), die namentlich in dem Kapitel von der Schöpfung (Maasse Bereschit) und in den Ezechielschen Gesichten vom Thronwagen Gottes (Maasse Merkaba) niedergelegt seien, wären nichts anderes gewesen, als eben diese Theorie, und sie seien lediglich Eingeweihten überliefert worden. Für die gedankenlose Menge hätten sich die Propheten und Agadisten [314] (predigende Schriftausleger) der Bilder und Gleichnisse bedient, weil deren blöde Augen den Glanz der vollen Wahrheit nicht ertragen könnten.

Wichtiger als die Auseinandersetzung dieser Weltanschauung ist Maimunis Gedankenentwickelung über die den Menschen näher angehenden Punkte, die er daran anknüpft. Da Gott, die Vollkommenheit und Allgüte, Urheber des Weltalls ist, so kann dieses nicht anders als gut und zweckentsprechend gestaltet sein. »Gott sah, daß alles gut war,« und »aus der Höhe kommt nichts Böses«. Die Übel, welche sich innerhalb der niederen Welt finden, dürfen nicht als Gottes Schöpfungen angesehen werden, sondern lediglich als Abwesenheit des Guten und Vollkommenen, wenn der schwerfällige Stoff nicht imstande ist, des Guten und Göttlichen teilhaftig zu werden. Gott hat keineswegs das Böse geschaffen, sondern dieses entsteht aus der Natur des groben Stoffes, welcher mangelhaft beanlagt sein müsse und als solcher das Gute und den Segen nur mangelhaft annehmen und halten könne. Ohnehin entsprängen die meisten Übel von den Menschen selbst, die sie entweder sich selbst oder einander zufügten. Aber diese Übel sollten eben überwunden werden. In die Seele des Menschen, welcher allen aus grobem Stoffe und höherer Form zusammengesetzten Wesen überlegen sei, habe Gott nämlich die Anlage und den Trieb zur Erkenntnis gesenkt. Folgt sie diesem Triebe, so kommt ihr die eigens dazu geschaffene tätige Vernunft (o. S. 313) entgegen, um ihr die Quelle des göttlichen Geistes zu öffnen, auf daß sie den Zusammenhang der Welt und Gottes Einwirkung auf dieselbe zu erkennen und ein zweckentsprechendes Leben zu führen imstande sei. Der Mensch vermöge sich demnach zur höheren Engelsstufe zu erheben und die Schranken von seiten seines stofflichen Leibes zu überwinden. Durch diesen Aufschwung zum höheren Gedankeninhalt und zur Sittenreinheit, wenn er sich von dem Tierischen nicht meistern lasse, erwerbe sich der Mensch selbst den Geist, er mache sich selbst zu einem überirdischen Wesen, er erringe sich die Unsterblichkeit des Geistes und werde mit dem allwaltenden Weltgeiste geeint. Die Möglichkeit, die höchste Stufe zu erringen, sei dem Menschen mit seiner Willensfreiheit geschenkt, und diese beschränke keineswegs die göttliche Allwissenheit, so wie sie auch nicht von dem göttlichen Wissen um den Erfolg beschränkt werde, da das göttliche Wissen, als nicht auf einem mühsamen Stufengang beruhend, seinem ganzen Wesen nach von der Erkenntnisweise des Menschen verschieden sei.

Und ebenso wie die Unsterblichkeit vermöge sich der Mensch durch seine Seelentätigkeit die besondere göttliche Vorsehung zu erwerben und [315] gewissermaßen zu erringen. Denn Gottes Fürsorge erstrecke sich nur auf das Bleibende und Dauernde, auch in der niederen Welt der vier Elemente auf die Erhaltung der Gattungen, die vermöge ihrer Form und Zweckmäßigkeit geistiger Natur seien. Erhebe sich nun der Mensch zur Geistesstufe, werde er Herr des Stofflichen, so könne ihm das fürsorgliche Auge Gottes nicht fehlen. – Und wie der Mensch sich den höchsten Lohn in der Erringung eines unsterblichen Geistes durch sittliche und denktätige Selbstarbeit erwerben könne, ebenso ziehe er sich die höchste Strafe selbst zu, wenn sein Geisteslicht durch ein sündhaftes Leben erstickt werde und im Stofflichen erlösche.

Der Mensch vermöge aber noch mehr zu erwerben, er sei imstande durch ein ideales Leben die prophetische Anlage in sich auszubilden, wenn er seinen Geist in stetigem Denken und Tun Gott zuwendet. Freilich gehöre besonders zur Erlangung der Prophetie einerseits die Ausbildung und Spannung der Phantasie von seiten des Menschen und von seiten Gottes die Ausgießung seines Geistes. Da nun eine lebhafte, vorwaltende Phantasie die Haupttüchtigkeit für die Prophetie sei, so könne sie sich lediglich in einem traumähnlichen Zustande entfalten, wenn die störende Sinnentätigkeit abgespannt sei, und der Geist frei werde, sich den Einwirkungen von oben ganz zu überlassen. Die Prophezeiung der Propheten sei stets in einer Art Traum erfolgt. Sämtliche Erzählungen, welche die heilige Schrift von dem Tun und dem Erfahren der Propheten während ihres verzückten Zustandes mitteile, dürften aber nicht als wirkliche Tatsachen, sondern nur als innere Seelenvorgänge, als Gesicht und Schau der Phantasie, aufgefaßt werden. Es gebe auch verschiedene Stufen in der Prophetie, je nach der größeren oder geringeren Tüchtigkeit, die dazu erforderlich sei. Dadurch hörten viele Wundererzählungen in der Bibel auf, übernatürlich und auffallend zu erscheinen, sowie auch die hyperbolische Redeweise der Propheten dadurch erklärlich sei. Alles dies liege an dem Vorherrschen der Phantasie und an den traumähnlichen Erscheinungen. Es sei zwar nicht gegen die Möglichkeit, Wunder anzunehmen. Derselbe Schöpfer, der die Naturgesetze geordnet, könne sie auch teilweise wieder aufheben, allein nur zeitweilig, so daß die Ordnung gleich wieder zurückkehre, wie das Nilwasser nur auf kurze Zeit in Blut verwandelt, Moses Hand auf kurze Zeit schneeweiß wurde, das Meer sich lediglich auf einige Stunden für die Israeliten spaltete. Immerhin sei die Zahl der Wunder in der Bibel zu beschränken. Wunder seien überhaupt nicht die Mittel, um die Aussagen der Propheten zu beweisen und zu bestätigen, diese müßten sich vielmehr durch den Inhalt ihrer Prophezeiung [316] und durch das Eintreffen ihrer Verkündigungen betätigen. Wunder tun's nicht.

Der vollkommenste aller Propheten war jener Gottesmann mit strahlendem Antlitze, welcher der Welt eine tiefeingreifende Lehre gebracht hat. Moses Prophetie sei in vier wesentlichen Punkten von der späterer Propheten verschieden gewesen. Er empfing die Offenbarung ohne Vermittelung eines anderen geistigen Wesens, also ohne Einwirkung der tätigen Vernunft oder eines Engels, sondern verkehrte mit der Gottheit »von Angesicht zu Angesicht, von Mund zu Mund«. Nicht im Traum, bei Entäußerung aller Sinnestätigkeit und beim Vorwalten der regen Phantasie, sondern in nüchterner, gewissermaßen alltäglicher Stimmung kam ihm die höhere Weisung zu. Sein Wesen wurde auch dabei nicht erschüttert oder aufgelöst wie das anderer Propheten, wenn der Geist Gottes über sie kam, sondern er konnte sich dabei aufrecht erhalten. Endlich war Mose beständig in der prophetischen Stimmung, während diese über andere Gottesmänner nur nach längerer oder kürzerer Unterbrechung und erst nach vorangegangener Vorbereitung zu kommen pflegte. Diese prophetische Vollkommenheit habe Mose nur deswegen besessen, weil er sich durch Aufschwung seines Geistes von den Banden der Sinnlichkeit, von der Begehrung, selbst von der Phantasie frei gemacht und sich zum Grad eines Engels oder eines reinen Geistes emporgerungen habe. Alle Hüllen, welche das Auge des menschlichen Geistes umschleiern und seinen Blick trüben, habe er zerrissen und sei bis zum Urquell der Wahrheit vorgedrungen. Er habe eine Stufe erreicht, wie noch nie ein Sterblicher; darum habe er auch vermocht, mit dem freien Auge eines reinen Geistes die Gottheit und ihren Willen zu erkennen. Ohne Vermittelung und in durchsichtiger Klarheit sei ihm von dem höchsten Wesen die Wahrheit zugestrahlt worden, ohne Wort und Rede. Das, was er auf solcher Höhe erschaute, habe er seinem Volke als eine Lehre, als eine Offenbarung übermittelt34. Diese der Gottheit unmittelbar entstrahlte Wahrheit sei eben die Thora Indessen nimmt Maimuni, doch nicht ganz folgerichtig, die unter Erschütterung erfolgte Offenbarung am Sinaï als eine in die Sinne fallende, tatsächliche Erscheinung an, hält auch das Übergeben der zwei Tafeln mit den zehn Geboten im buchstäblichen Sinne fest, nur [317] bemüht er sich, diese Vorgänge so weit als möglich der Sinnlichkeit zu entkleiden35.

Diese von Gottentstammte Offenbarungslehre steht einzig da, wie der Mittler, durch den sie den Menschen zugeführt wurde, einzig in seiner Art war. Als eine göttliche Lehre sei sie vollkommen, daher könne es keine nach ihr geben, die ihre Gültigkeit aufhöbe und sie ersetze wie es auch früher keine derartige gegeben. Selbst Abraham berief nur die Menschen zu Erkenntnis eines einzigen, körperlosen Gottes, aber ohne besonderen, göttlichen Beruf und verkündete ihnen auch keineswegs den Inhalt einer umfassenden Lehre. Sämtliche Propheten nach Mose haben auch nichts Neues verkündet, sondern lediglich die Israeliten zur Befolgung der Moselehre nachdrücklich gemahnt und sie wegen Abfalls von derselben zurechtgewiesen. Als göttlich und vollkommen sei daher die Thora unverbrüchlich, und die Nachkommen Israels seien verbunden, sie wie ihren Augapfel zu wahren.

Ebenso wie an ihrem Ursprunge zeige sich die Göttlichkeit der Thora auch an ihrem Inhalte. Sie enthalte nicht bloß Gesetze und Vorschriften, sondern auch Lehrmeinungen (Dogmen) über die für die Men schen wichtigsten Fragen, und diese Zwiefachheit des Inhalts sei eben ein Merkmal, sie teils von anderen Gesetzgebungen und teils von anderen Religionen zu unterscheiden. Noch mehr. Die Gesetze der Thora erzielten sämtlich einen höheren Zweck, so daß an ihnen nichts überflüssig, nichts gleichgültig, nichts willkürlich erscheine. Man könne daher die Aufgabe der von Mose gebrachten Offenbarung dahin zusammenfassen, daß sie die Befriedigung der Seele und das leibliche Wohl ihrer Bekenner befördern wolle, das eine durch Einprägung richtiger Ansichten über Gott und seine Weltregierung, das andere durch Einschärfung der Tugend und Sittlichkeit. Maimuni machte sich anheischig, nachzuweisen, daß die sechshundertunddreizehn Pflichten der Thora oder des Judentums sämtlich darauf hinausliefen, entweder eine richtige Ansicht über die Gottheit und ihr Verhältnis zur Welt aufzustellen, oder einer falschen und gemeinschädlichen Vorstellung zu begegnen, oder eine staatliche Ordnung zu begründen, oder Unrecht und Gewalt fernzuhalten, oder an Tugenden zu gewöhnen oder endlich verkehrte Sitten und Laster auszumerzen36. Freilich dürfe man bei der Annahme höherer Zwecke in den Gesetzen des Judentums nicht zu weit gehen und sie nicht in allen Einzelheiten derselben finden wollen. Denn so [318] wie in der Natur nur der ganze Organismus einen Zweck habe, das Einzelne und die Erscheinung daran aber auch anders hätten sein können, ebenso liege lediglich jedem Gesetz der Offenbarung in seiner Allgemeinheit eine höhere Absicht zugrunde, während das Einzelne daran, die Art der Betätigung, so oder auch anders hätte sein können37.

Maimuni bringt nach seinem Schema sämtliche Pflichten des Judentums in vierzehn Gruppen. Ein großer Teil derselben hat nach seiner Ansicht den Zweck, dem Götzentume, heidnischen Sitten, dem Wahnglauben an Zauberei und magischen Einfluß der Gestirne entgegenzutreten. In dem Kultus und der Lehre der Sabier, – jenes zersprengten Restes der Griechen, welche sich in Mesopotamien niederließen und ein Gebräu von morgenländischem Heidentume und neuplatonischer Afterweisheit zusammengossen – fand Maimuni viele Anhaltspunkte für seine Ansichten von dem Zwecke mancher Gesetze im Judentume. Bemerkenswert ist, daß er den geordneten Tempelkultus des Judentums nur deswegen eingeführt wissen wollte, um das Opferwesen zu beschränken, um es nach und nach als unwesentlich zu beseitigen. Der Kultus sei nur für das israelitische Volk auf der damaligen Kulturstufe angeordnet worden, weil es sich damals nicht von seiner Gewohnheit und von seiner Anschauungsweise, man könne sich der Gottheit nur durch Opfer nähern, hätte abbringen lassen. Das Opferwesen im Judentume sei bloß ein Zugeständnis an die menschliche Schwäche gewesen, und darum hätten die Propheten so wenig Gewicht darauf gelegt38. Die zwei Cherubim auf der Bundeslade bedeuteten zwei Engel, um das Volk von dem Dasein reiner Geister augenscheinlich zu überzeugen, weil dadurch das Dasein Gottes und der Prophetie bewiesen werde39. Die levitischen Reinheitsgesetze seien dazu bestimmt, das Volk vom öfteren Betreten des Heiligtums fernzuhalten, weil durch allzu often Besuch desselben sich die Ehrfurcht vor der Gottheit, welcher der Tempel geweiht ist, vermindere und sich allmählich ganz abstumpfe40. Die Speisegesetze zielten darauf, dem Körper nur gesundheitsgemäße Nahrung zuzuführen oder die Menschen von ekelhaften Speisen fernzuhalten41. Viele Gesetze, namentlich die Keuschheitsgesetze bezweckten, die tierischen Begierden der Menschen zu beschränken und zu regeln, weil diese am meisten dem Geistesaufschwung hinderlich seien, und der grobe Tastsinn [319] eigentlich eine Schwäche für den zu Hohem berufenen Menschen sei. Nächst diesen will eine Gruppe von religiösen Pflichten auch den Wohltätigkeitssinn und das Mitgefühl für Arme und Hilflose einprägen.

Haben solchergestalt sämtliche Vorschriften des Judentumes einen vernünftigen Zweck, so dürfe der geweckte Sinn auch nicht an den unwichtigen und kleinlich scheinenden Erzählungen in der Thora Anstoß nehmen, denn auch sie hätten den Zweck, Lehren und richtige Auffassungsweisen einzuprägen oder Mißverständnissen vorzubeugen42. Auffallend ist es, daß Maimuni, obwohl er nicht bloß das Bibelwort, sondern auch die agadischen Aussprüche vernunftgemäß und philosophisch sich zu deuten bemühte und nur hin und wieder sie mißbilligte, die talmudische Gesetzesauslegung bei der Auseinandersetzung der Zweckgründe für die Gesetze nicht berücksichtigte und ausdrücklich bemerkte, er wolle nur die höheren Bezüge der Thora aufsuchen, die talmudische Auslegung dagegen ziehe er nicht mit hinein43, als wollte er das biblische Judentum vom talmudischen geschieden wissen. Also gerade diejenigen Elemente, denen er in seinem Kodex eine so erstaunliche Sorgfalt bis ins Einzelne zugewendet hat, ließ er in der philosophischen Auffassung des Judentums auf sich beruhen.

Maimunis Gedankenarbeit, das Judentum zur Höhe des Bewußtseins und der Zeitphilosophie zu erheben, war von ausgedehntester Tragweite. Für die Denker seiner Zeit war Maimunis Religionsphilosophie in der Tat eine »Führerin der Irrenden«. Denn da diese, gleich seinem Jünger Ibn-Aknin, dem dieses philosophische Werk gewidmet war, in demselben Gedankenkreise sich bewegten, einerseits aristotelisch dachten, anderseits jüdisch fühlten, aber zwischen ihrem Denken und Fühlen eine tiefe Kluft gewahrten, so konnte ihnen nichts willkommener sein, als die Brücke zu finden, welche von dem einen zum anderen führte. Vieles, was ihnen in Bibel und Talmud anstößig oder doch mindestens nichtssagend erschien, erhielt durch die maimunische, geistvolle Auffassungsweise eine höhere Bedeutung, einen tieferen Sinn und schmiegte sich ihrem Denken an. Für die Nachwelt wirkte das philosophische Werk überhaupt anregend und gedankenerzeugend. Das Judentum erschien den jüdischen Denkern in maimunischer Beleuchtung nicht mehr als etwas Fremdes, der Vergangenheit Angehörendes, Abgestorbenes, als ein bloßes mechanisches Tun, sondern als ihr eigenes, ihrem Bewußtsein entsprechend, gegenwärtig und gedanklich [320] lebend und belebend. Die jüdischen Denker aller Zeiten nach Maimuni haben darum stets an Maimunis »Führer« angeknüpft, haben aus dieser Quelle befruchtende Ideen geschöpft und haben selbst aus ihm gelernt, über seinen Standpunkt hinauszugehen und ihn zu bekämpfen. Und da die Denker am Ende doch stets die Führer, Tonangeber und Bildner bleiben, so kann man mit Recht sagen, daß das Judentum seine Verjüngung den Gedanken Maimunis zu verdanken hat. Er beherrschte so ausschließlich die Männer von Geist, daß sein Werk die vorangegangenen Arbeiten von Saadia bis auf Ibn-Daud eine geraume Zeit völlig verdrängte.

Aber auch über den jüdischen Kreis hinaus wirkte Maimunis philosophisches Werk anregend. Denn obwohl er es lediglich für Juden verfaßt hatte und denen, welche es benutzen wollten, eindringlich, ja, wie man sagte, sogar unter Androhung eines Fluches eingeschärft hatte, es lediglich mit hebräischen Schriftzeichen zu kopieren, damit es nicht in die Hände böswilliger Mohammedaner gerate und Gehässigkeit gegen die Juden hervorrufe44, obwohl er sogar seinen Lieblingsjünger ermahnte, die ihm zugesandten Hefte sorgsam zu bewahren, damit nicht von Mohammedanern und schlechten Juden Mißbrauch damit getrieben werde45, so wurde es doch noch bei Maimunis Leben den Arabern zugänglich gemacht46. Ein Mohammedaner schrieb eine eingehende Erklärung zu den von Maimuni aufgestellten Voraussetzungen, um das Dasein Gottes zu beweisen47. Die Hauptbegründer der christlichscholastischen Philosophie benutzten nicht nur Maimunis religionsphilosophisches Werk, sondern lernten erst daraus, sich in dem Widerstreit zwischen Glauben und Philosophie zurecht zu finden. Kaum darf man es Maimuni zum Vorwurf machen, daß er, in der Zeitphilosophie befangen, fremde, ja unverträgliche Elemente in das Judentum hineintrug, daß er statt des Gottes der Offenbarung, welcher voller Teilnahme auf das Menschengeschlecht, das israelitische Volk und jeden einzelnen blickt ein metaphysisches Wesen gesetzt hat, welches in kalter Erhabenheit und Abgeschlossenheit sich um seine Geschöpfe nicht kümmern darf, wenn sein Dasein nicht in Gedankendunst zerfließen soll. Kaum vermochte er diesem metaphysischen Gotte eine volle Persönlichkeit und nur in [321] eingeschränktem Sinne einen freien Willen beizulegen. Das Judentum, so sehr es ihm auch ans Herz gewachsen war, mußte in seinem System zu kurz kommen, weil er dessen Grundeigentümlichkeit zu erfassen verhindert war. Weil er die Offenbarung der Thora nicht in vollster Bedeutung als Mitteilung der Gottheit an sein Volk nehmen durfte, mußte er den größten Propheten zu einem Halbgott über den menschlichen Kreis hinaus erheben, dann wieder halb und halb im Widerspruch mit seiner Grundtheorie zu dem Notbehelf greifen, das Volk habe am Sinaï »eine zu der Zeit in der Luft geschaffene Stimme« vernommen, und wiederum, es habe nicht sämtliche zehn Gebote mit dem Ohr erfaßt48. Das Ideal eines vollkommenen Menschen und Frommen wie Maimuni es aufstellt, ist nur für sehr wenige, nur für geübte Denker erreichbar, indem solche sich erst dazu durch den langen Stufengang niederer und höherer Erkenntnisse, die nicht jedermanns Sache sind. zu erheben vermögen. Ein bloß sittlicher und religiöser Wandel, wie lauter auch immer, genüge nicht, weil Gott nur im Geiste mit höchster philosophischer Anschauung angebetet werden könne, und demgemäß vermöchten nur sehr wenige die Unsterblichkeit und die jenseitige Seligkeit zu erreichen und der göttlichen Vorsehung gewürdigt zu sein. Denn diese Güter können nicht durch sittliches Leben allein, sondern ganz vorzüglich durch ungetrübte Gotteserkenntnis erworben werden, und diese kann wiederum durch die Physik, Mathematik, Logik und Metaphysik erreicht werden. Es würde also nach der maimunischen Theorie nur sehr wenig Auserwählte geben. Endlich mußte Maimuni auch die Schriftverse, um sie mit den Ergebnissen des philosophischen Bewußtseins in Einklang zu setzen, gewaltsam umdeuten und ihnen einen anderen Sinn beilegen. So geistvoll auch seine philosophische Schrifterklärung ist, und so sehr er sich auch bemüht, verschieden von den ehemaligen, alexandrinischen Allegoristen, den talmudischen Agadisten und selbst von Saadia, die Wortbedeutung durch Parallelstellen exegetisch zu rechtfertigen und sich von willkürlicher Deutung fern zu halten, so entspricht sie doch öfter keineswegs dem schlichten Wortsinn, und die erhaben-kindliche Anschauung der Bibel erhielt durch ihn ein fremdartiges Gewand, das ihre Schönheit unkenntlich machte. Diese Unangemessenheit und Befangenheit des maimunischen Systems, die mehr auf Rechnung seiner Zeit als seines Geistes kommen, haben ihm eben bleibenden Wert benommen und ihm nur eine in einem hohen Grade anregende Bedeutung gelassen.

[322] Die denkenden Zeitgenossen Maimunis und selbst sein Lieblingsjünger Ibn-Aknin fühlten es, daß seine Theorie nicht ganz mit dem Judentum stimme. Diese Wahrnehmung machte sich besonders an dem Glaubenspunkte der Auferstehung bemerkbar. Maimuni hatte ihn zwar mit aufgenommen, allein nur so nebenbei; er fand in seinem Gedankenkreise keinen Anhalt dafür. Von vielen Seiten wurde daher gegen ihn geltend gemacht, daß er für die Unsterblichkeit eingehende Beweise aufgestellt hat, zur Auferstehungslehre dagegen sich aber sehr wortkarg verhielt. Sein Jünger selbst bemerkte, man dürfe an diesem Glaubenssatz nicht mäkeln und deuteln49 Maimuni sah sich daher veranlaßt, eine Verteidigungsschrift in arabischer Sprache zu verfassen, eine Abhandlung über die Auferstehung des Leibes (Maamar Techijat ha-Metim 1191)50. Darin setzte er auseinander, daß er selbst fest daran glaube, daß er diesem Dogma überall das Wort geredet, wo sich Gelegenheit dazu bot, und endlich, daß die Auferstehung zu den Wundern gehöre, deren Möglichkeit mit der Annahme einer zeitlichen Schöpfung gegeben sei. Er beklagte sich darin, daß er mißverstanden worden sei; überhaupt ist diese Schrift in einem gereizten Tone geschrieben, welche von der Ruhe seiner früheren Werke merklich absticht. Er war verdrießlich, daß er sich »vor Toren und Weibern« rechtfertigen mußte.

Unter den gelehrten Mohammedanern machte Maimunis »Führer« viel Aufsehen, wurde aber natürlich teils wegen seiner hingeworfenen Angriffe auf den Islam und auf die damals herrschende platte, aber rechtgläubige Philosophie der Aschariten und teils wegen seiner freien Ansichten hart von ihnen getadelt. Abdellatif, der Vertreter der rechtgläubigen Richtung in der morgenländisch-islamitischen Welt, welcher bei dem Sultan Saladin wohlgelitten und nach Ägypten gekommen war, um Maimuni mit noch zwei berühmten Männern kennen zu lernen (wohl anfangs 1192)51, sprach zwar mit Anerkennung von ihm, fällte aber ein Verdammungsurteil über sein Werk. Abdellatif äußerte sich folgendermaßen über ihn: »Mose, der Sohn Maimunis besuchte mich, und ich lernte in ihm einen Mann von sehr hohem Verdienste kennen, aber ich fand ihn von dem Streben beherrscht, den ersten Rang einzunehmen [323] und mächtigen Personen zu gefallen. Er hat neben medizinischen Werken auch ein philosophisches Buch für die Juden geschrieben, das ich gelesen habe. Ich halte es für ein schlechtes Buch, das geeignet, ist, die Grundlehren der Religionen zu untergraben, gerade durch die Mittel, welche bestimmt scheinen, sie zu befestigen.«

Nirgends fanden Maimunis Ideen einen fruchtbareren Boden und wurden gieriger aufgenommen, als in den jüdischen Gemeinden Südfrankreichs, wo Wohlstand, freistädtische Verfassung und die albigensische Gärung gegen das starre Kirchentum den Forschergeist geweckt, und wo Ibn-Esra, die Tibboniden und Kimchiden Samen einer jüdischen Kultur ausgestreut hatten (o. S. 200f.). Je weniger die geweckten Männer Südfrankreichs imstande waren, aus sich heraus das Judentum mit den Ergebnissen einer wissenschaftlichen Richtung auszugleichen desto mehr vertieften sie sich in die Schriften des Weisen, welcher innige, strenge Religiosität mit freier Forschung auf eine überzeugende Weise zu versöhnen wußte und dessen Werke Besonnenheit, Klarheit, Durchdachtheit und Tiefe offenbarten. Nicht bloß Laien, sondern auch tiefe Talmudkenner, wie Jonathan Kohen von Lunel (o. S. 205), begeisterten sich für Maimuni, lauschten auf jedes seiner Worte und huldigten ihm wie einer außergewöhnlichen Erscheinung. »Seit dem Tode der letzten Talmudisten war nicht ein solcher Mann in Israel.« »Gott erweckte ihn zur Belebung seines Volkes, weil dieses immer mehr erschlaffte.« Das war das Urteil der provenzalisch-jüdischen Denker über ihn52. Der Dichter Charisi schickte Maimuni schwärmerische Verse zu, worin er unter anderem von ihm sang:


»Ein Engel Gottes bist du,

Bist in Gottes Bild geschaffen,

Trägst du auch menschliche Züge.

Von dir sprach Gott einst:

›Will den Menschen in meinem Ebenbild schassen!‹«53


Einige Gemeinden der Provence54 wendeten sich an ihn mit einer Anfrage über den Wert, welcher der Astrologie beizulegen sei, und [324] ob die Gestirne einen Einfluß auf die menschlichen Geschicke ausübten. Maimuni, dem diese Afterwissenschaft, welche nur Schwärmer pflegen, und an die nur unklare Köpfe glauben, in der Seele zuwider war, beantwortete diese Frage (27. Sept. 1194) eingehend mit der ganzen Tiefe seiner Gläubigkeit und seiner wissenschaftlichen Überzeugung. Er bemerkte unter anderem, daß es dreierlei Wahrheiten gebe, solche, von welchen sich der Sinneneindruck Überzeugung verschafft, solche, welche die Wissenschaft durch Gründe feststellt wie die der Mathematik und Astronomie, und endlich solche, welche die Offenbarung und die Prophetie beurkunden. Der Einsichtige müsse nun die auf verschiedenen Wegen gewonnene Überzeugung auseinander halten. Wer aber darüber hinaus etwas für wahr hält, von dem gelte der Schriftvers: »Der Tor glaubt jedes Wort.« Die Astrologie streife an Götzendienst, und der verbreitete Glaube daran zur Zeit des ersten Tempels habe das israelitische Reich zerstört, das Heiligtum eingeäschert und verlängere noch gegenwärtig die Verbannung des jüdischen Stammes. Sie sollten sich von einzelnen agadischen Aussprüchen in Talmud und Midrasch, welche den Gestirnen Macht und Einfluß zuschreiben, nicht irre machen lassen, denn solche seien als vereinzelte Stimmen zu betrachten, deren Urhebern für den Augenblick die Wahrheit entgangen war, oder man müsse diese seltsamen Aussprüche deuten, wozu man ja auch bei auffallenden Bibelversen genötigt sei. Man dürfe überhaupt seinen Verstand nicht hinter sich werfen, »die Augen sind vorn und nicht hinten«.

Später (um 1194-95) wendeten sich die Gelehrten Lunels und an ihrer Spitze Jonathan Kohen mit Anfragen wegen dunkler Stellen im Kodex an ihn und baten ihn zugleich, ihnen den »Führer« zuzusenden, von dessen Rufe sie vernommen hätten; sie seien begierig, sich daraus zu belehren. Dieses Sendschreiben55 ist voller Schwärmerei für Maimuni. Er führe den Namen Mose, weil er sein Volk aus den Fluten der Unwissenheiten gezogen; er habe die Vernunft zur Schwester und den Talmud zum Vater erkoren. Ihre Seele sei in Liebe an Maimunis Schriften geknüpft, in deren Besitze besäßen sie alles. – Dieses überaus schmeichelhafte Sendschreiben konnte Maimuni erst nach mehreren [325] Jahren beantworten. Eine schwere Krankheit hatte ihn nämlich ein ganzes Jahr an das Siechenbett gefesselt, und er fühlte sich davon, sowie von dem zunehmenden Alter und von der angestrengten, ärztlichen Tätigkeit so sehr geschwächt, daß ihm die Hände zitterten, und er sich eines Sekretärs zum Schreiben bedienen mußte. Auch waren nach dem Ableben des großen Saladin Streitigkeiten zwischen dessen ehrgeizigen Söhnen und seinem Bruder Aladil ausgebrochen, welche Unruhen und Bürgerkriege in Ägypten zur Folge hatten.

Von diesen Unruhen konnte Maimuni als eine dem Hofe nahestehende Persönlichkeit nicht unberührt bleiben, und sie ließen lange in ihm keine freundliche Stimmung aufkommen56. Endlich wurde Saladins ältester Sohn nach dem Tode des jüngeren Alaziz Herrscher von Ägypten (reg. November 1198 bis Februar 1200), und Maimuni wurde sein Leibarzt, Da dieser, Alafdhal, früher ausschweifend gelebt hatte, so wurde er von Trübsinn und Todesfurcht befallen und ließ Maimuni auffordern, für ihn ein Kompendium für eine regelmäßige, gesundheitsfördernde Lebensweise (Makrobiotik) zu verfassen57. Unter den Gesundheitsregeln, die Maimuni infolgedessen für denselben zusammenstellte, ließ er auch die Bemerkung einfließen, daß zur Erhaltung eines kräftigen Körpers auch Kräftigung der Seele durch Sittlichkeit und philosophische Betrachtung erforderlich sei, daß übermäßiger Wein- und Liebesgenuß die Lebenskraft aufzehre. Er wagte einem launenhaften Fürsten zu sagen, was damals kein Hofmann sich herausnehmen durfte. Er wollte seinem Berufe als Seelenarzt nicht untreu werden.

Erst als Maimuni zur Ruhe gelangte, beantwortete er die an ihn gerichteten Fragen von Lunel. Wenn er sich in dem Sendschreiben entschuldigte, daß sein Sinn getrübt, seine Geisteskräfte geschwächt und seine Fähigkeiten gelähmt seien, so zeugen seine Antworten gegen ihn, denn sie bekunden vollständige Geistesklarheit und Frische58. – Die große Verehrung der südfranzösischen Gemeinden für die maimunischen Schriften und namentlich für seinen Kodex erweckte ihm auch einen heftigen Gegner in jenem Abraham ben David von Posquières, [326] dessen rücksichtslose Art, die Vertreter einer der seinigen entgegengesetzten Ansicht zu behandeln, Serachja Halevi empfunden hat (o. S. 207). Dieser tiefkundige Talmudist unterwarf Maimunis Mischneh-Thora einer schonungslosen Kritik und behandelte ihn in wegwerfendem Tone. Er wies nach, daß der Verfasser viele talmudische Partien nicht tief genug aufgefaßt, deren Sinn verkannt und dadurch falsche Ergebnisse aufgestellt habe. Er warf ihm vor, daß er durch seine Kodifizierung des Talmuds die talmudischen Autoritäten in Vergessenheit bringen wolle, und endlich, daß er philosophische Ansichten ins Judentum einschmuggle; aber als Neuerer und Ketzer behandelte er Maimuni keineswegs, sondern ließ seiner Ansicht und seinem edlen Streben Gerechtigkeit widerfahren. Abraham ben Davids Ausstellungen (Hassagot) an Maimunis Werk boten den Talmudisten späterer Zeit Gelegenheit, ihren haarspaltenden Scharfsinn zu über und regten die Lust zum Diskutieren mächtig an. – Der reiche, gelehrte und rücksichtslose Rabbiner von Posquières hatte auch seine Verehrer. Als er starb (Freitag 26. Khislew = 27. Nov. 1198), machten Aaroniden, die den Begräbnisplatz nicht betreten durften, sein Grab59, weil für eine solche Größe das Priestertum sich entweihen dürfe.

Die Polemik des Abraham ben David gegen Maimuni hat der Anerkennung des letzteren in den Gemeinden der Provence keinen Eintrag getan; er blieb für sie die unfehlbare Autorität. Der Hauptvertreter der jüdisch-provenzalischen Kultur, Samuel Ibn-Tibbon, schrieb an Maimuni, er ginge damit um, den »Führer« aus dem Arabischen ins Hebräische zu übertragen und deutete zugleich an, er sehne sich, den größten Mann der Judenheit von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Er war damit zum Teil einem innigen Wunsche Maimunis entgegengekommen: denn er hatte sich schon früher mit dem Plane herumgetragen, seine arabisch geschriebenen Werke ins Hebräische zu übersetzen60. Voller Freude antwortete er Ibn-Tibbon und gab ihm Anleitung, wie ein so schwieriges Thema, wobei es mehr auf den Gedanken als auf das Wort ankommt, in der Übersetzung behandelt werden müsse (8. Tischri = 10. Sept. 1199)61. Er riet ihm aber davon ab, seinetwegen die gefahrvolle Seereise von Frankreich nach Ägypten zu machen, weil er ihm kaum eine Stunde werde widmen können. Er teilte ihm bei Gelegenheit seine überbeschäftigte Lebensweise, die ihn nicht zur Ruhe kommen ließe, mit: »Der Sultan (Alafdhal) wohnt [327] in Kahira und ich in Fostat, beide Städte liegen zwei Sabbatwege (ungefähr 1/3 Meile) voneinander entfernt. Mit dem Sultan habe ich einen schweren Stand; täglich muß ich ihn des Morgens besuchen, und wenn er oder eines seiner Kinder oder eine seiner Harembewohnerinnen leidend ist, darf ich Kahira nicht verlassen. Wenn aber auch nichts Besonderes vorfällt, kann ich doch erst nachmittags nach Hause kommen. Wenn ich nun sterbend vor Hunger mein Haus betrete, finde ich die Vorzimmer voll von Menschen, Juden und Mohammedaner, Vornehme und Geringe, Freunde und Feinde, eine bunte Mischung, die meinen ärztlichen Rat erwartet. Kaum bleibt mir Zeit, von meinem Zelter zu steigen, mich zu waschen und etwas zu genießen. So geht es bis in die Nacht hinein, und ich muß dabei vor Schwäche auf dem Ruhebett liegen. Nur am Sabbat bleibt mir Zeit, mich mit der Gemeinde und der Lehre zu beschäftigen. Ich pflege an diesem Tage die Gemeindeangelegenheiten für die laufende Woche anzuordnen und einen Vortrag zu halten. So fließen mir die Tage hin.«

Sei es, daß die Gemeinde von Lunel nichts davon wußte, daß Samuel Ibn-Tibbon mit der Übersetzung des »Führers« sich beschäftigte, oder daß sie ihm nicht die Geschicklichkeit dazu zutraute, genug, sie wendete sich an Maimuni, daß er für sie dieses Werk ins Hebräische übertragen möge. Maimuni entschuldigte sich mit dem Mangel an Zeit und verwies sie auf Ibn-Tibbon (um 1200). Er nahm auch Gelegenheit, die jüdischen Provenzalen zu ermutigen, sich die wissenschaftliche Behandlung des Talmuds angelegen sein zu lassen. »Ihr, Gemeindeglieder von Lunel und der Städte in der Nähe, seid die einzigen, welche die Fahne Moses hochtragen. Ihr oblieget dem Talmudstudium und pfleget auch die Weisheit. Aber im Morgenlande sind die Juden für geistiges Streben tot. In ganz Syrien ist nur Haleb, in welchem sich einige mit der Thora nach der Wahrheit beschäftigen, aber es liegt ihnen auch nicht sehr am Herzen. In Irak gibt es nur zwei oder drei Trauben (Männer von Einsicht); in Jemen und dem übrigen Arabien wissen sie wenig vom Talmud und kennen nur die agadische Auslegung. Erst gegenwärtig haben sie mehrere Exemplare von meinem Kodex angekauft und sie in einige Kreise verteilt. Die Juden Indiens wissen kaum von der Bibel, geschweige denn vom Talmud. Diejenigen, welche unter den Türken und Tataren wohnen, haben nur die Bibel und leben nach ihr allein. In Maghreb wisset ihr, wie es mit den Juden steht (daß sie zum Scheine sich zum Islam bekennen müssen). So bleibt nur ihr allein übrig, eine starke Stütze für die Lehre zu sein. Seid also stark und [328] mutig und steht dafür ein«62. Maimuni ahnte, daß das von der Wissenschaft durchleuchtete Judentum seine Hauptvertretung in der Provence haben werde. Die Gemeinde von Marseille ging den Dichter Charisi an, Maimunis Kommentar zur Mischnah ins Hebräische zu übertragen63. – An diesem großen Manne und an seinen Schriften richteten sich die Provenzalen auf.

Als Maimuni sein letztes Sendschreiben an die Gemeinde von Lunel erließ, fühlte er schon die Abnahme seiner Lebenskräfte. »Ich fühle mich alt nicht an Jahren, sondern wegen Kränklichkeit.« Er verschied auch aus Schwäche im Alter von siebzig Jahren (20. Tebet = 13. Dez. 1204)64, von vielen Gemeinden auf dem ganzen Erdenrund betrauert. In Fostat begingen Juden und Mohammedaner drei Tage öffentliche Trauer um ihn, und in Jerusalem veranstaltete die Gemeinde eine außerordentliche Leichenfeier um ihn. Ein allgemeines Fasten wurde angeordnet, und man las aus der Thora das Kapitel von der Strafandrohung und aus den Propheten die Geschichte von der Gefangennahme der Bundeslade durch die Philister. Maimuni galt ihr als eine Bundeslade. Seine Hülle wurde nach Tiberias geführt. Die Sage erzählt, Beduinen hätten die Führer des Sarges unterwegs angefallen, aber nicht vermocht, den Sarg von der Stelle zu bewegen und hätten sich darauf den Juden angeschlossen, um ihm das Geleite bis zur Grabstätte zu geben. Maimuni hinterließ nur einen einzigen Sohn, Abulmeni Abraham, welcher seinen Charakter, seine Milde, seine innige Frömmigkeit, die Arzneikunde, seine Stellung als Leibarzt, seine Würde als Haupt (Nagid) der ägyptischen Gemeinden, aber nicht seinen Geist erbte. Seine Nachkommen, die sich bis ins fünfzehnte Jahrhundert65 behaupteten, zeichneten sich durch Frömmigkeit und Talmudkunde aus. Auf den Lippen aller seiner Verehrer schwebte das kurze, aber bedeutungsreiche Lob: »Von Mose dem Propheten bis Mose (Maimuni) trat keiner auf, der diesem gliche.« Auf sein Grab setzte ein Unbekannter eine fast vergötternde, kurze Inschrift:


»Hier liegt ein Mensch und doch kein Mensch:

Warst du ein Mensch, so haben Himmelswesen

Deine Mutter beschattet.«66


[329] Später wurden diese Zeilen verwischt und dafür die Worte gesetzt:


»Hier liegt Mose Maimun, der gebannte Ketzer.«67


Diese zwei Inschriften veranschaulichen den ganzen, schroffen Gegensatz, der nach Maimunis Tod zum Ausbruch kam und den jüdischen Stamm in zwei Lager spaltete.


Fußnoten

1 Sendschreiben an die Marseiller Gemeinde, Briefsammlung 5 b, an Samuel ben Ali das. 38 b, an Joseph ben Aknin das. 15 a und im vollständigen Sendschreiben (in Birchat Abraham ed. Goldberg, Lyck 1860) in der unpaginierten Einl. Blatt 3 a unten.


2 Sendschreiben des Scheschet Benveniste an die Weisen Lunels, handschriftlich im Besitze des Herrn Carmoly, dessen Gefälligkeit ich eine Kopie desselben verdanke. Monatsschr. 1876, 511.


3 Brief an Joseph ben Aknin das.


4 Das.


5 Brief an Joseph ben Aknin das.


6 Sendschreiben an Pinehas, Briefsammlung 17 b ff.


7 Munk, Notice sur Josef ben Jehuda p.; über Abr. Maimunis Geburtsjahr deï Rossi, Meor Enajim c. 25 Ende.


8 Vgl. über ihn die vortreffliche Monographie Munks: Notice sur Joseph ben Jehuda, die Nachlese dazu in Ersch und Grubers Realenzyklopädie B. 32 sub voce, und Neubauer, Frankel-Graetz Monatsschrift 1870 S. 348f., welcher bewiesen hat, daß es zwei Schriftstel ler mit Namen J. Ibn-Aknin gegeben hat.


9 Sendschreiben Maimunis an Ibn-Aknin Briefsammlung p. 10 b.


10 Der Zeitgenosse Alkifti gibt ausdrücklich an, daß Alfadhel M. befördert hat (in Tarich Alchukamah bei Casiri, Bibliotheca arabico-hispana I 293 Text 294): Alfadhel – tanta eum (Maimonidem) complexus est benevolentia, ut annuum illi congiarium constituerit. Dasselbe sagt M. selbst in seinem Schreiben an Ibn-Aknin (bei Munk 24, 29): Je te fais savoir que j'ai acquis, dans la médecine, une grande réputation auprès des grands tels que le Khadi alkodhah, les émirs, la maison d'Alfadhel et d'autres des grands de la ville. Ungenau ist demnach die Angabe des Ibn-Abi Osaibija, daß sich Saladin M. als Arztes bedient hat: Le Sultan Melik Alnaser Salaheddin en faisait grand cas et se servait de lui pour médecin (bei de Sacy, Abdellatif p. 490). – Aus dem Zitat aus Maimunis Schreiben an Ibn-Aknin ergibt sich, daß M. vor dieser Zeit noch keinen Ruf als Arzt hatte. Dieses Schreiben trägt zwar das Datum Marcheschwan 1503 Sel. = Oktober 1191; allein es ist korrumpiert, wie schon Munk angegeben. Man kann es spätestens 1501 = 1189 ansetzen, da damals der Moreh noch nicht vollendet war, und erst in dem Traktat de resurrectione, verf. 1502 = 1190, als vollendet zitiert wird. Maimunis Beförderung fiel demnach erst zwischen 1186, das Jahr, in welchem ihn Ibn-Aknin verließ, und 1189, das Jahr, in welchem das genannte Schreiben mutmaßlich erlassen war.


11 Maimunis medizinischen Standpunkt hat er selbst in dem Schreiben an Ibn-Aknin (bei Munk a.a.O. S. 31) charakterisiert; nach Munks Übersetzung: Car tu sais combien cet art est long et difficile pour celui qui a de la réligion et de l'exactitude, et qui ne veut rien dire qu'il ne puisse appuyer d'un argument et sans savoir où cela a été dit et de quelle manière on peut le démontrer. Zwischen Alkiftis übertriebenem Tadel: nunquam tamen in curandis aegrorum morbis ob nullam artis medicae excercitationem (התכראשמ הלק.) ac experientiam sibi soli credidit Maimonides (bei Casiri a.a.O.) und dem übertriebenen Lobe Ibn-Abi Osaibijas: Ce savant tenait le premier rang parmi les médecins de son temps, pour la théorie et la pratique de son art (bei de Sacy a.a.O.) liegt Maimunis medizinische Leistung in der Mitte; er war mehr Theoretiker, als Praktiker.


12 Alkifti und Ibn-Abi Osaibija a.a.O. und Abdellatif a.a.O.


13 Bei de Sacy a.a.O. p. 465.


14 Bei Munk a.a.O. p. 30.

15 Das. p. 29.


16 Alkifti berichtet: et Francorum regis Ascaloniae ipsum (M.) maxime optantis medicus electus est, quod tamen munus et honorem omnino recusavit. Dieser ןאלקסעב גנרפלא ךלמ kann nur Richard Löwenherz bedeuten, welcher Askalon wieder aufbauen ließ und zum Stützpunkte für die kriegerischen Unternehmungen gegen Jerusalem machte (Weil, Kalifen III, 423ff.).


17 Alkifti a.a.O. berichtet, die Anklage sei erhoben worden, sub vitae finem Maimonidis (הנאמז רחא יפ); Dshebi (bei Munk, Archives israélites 1851 p. 329) setzt sie in das bezeichnete Jahr. Jedenfalls ist diese Anklage zu unterscheiden von jener, welche M. selbst im Sendschreiben an Jephet o. S. 276, Anmerk. 1 erwähnt.


18 Den Titel Reïs legen ihm sämtliche arabische Schriftsteller bei, die von ihm sprechen.


19 Vgl. Abotkommentar zu IV 7 und Hilchot Talmud Thora III.


20 Charisi, Tachkemoni Pforte 29.


21 Nachmanis größeres Sendschreiben an die französischen Rabbinen.


22 Briefsammlung p. 16 a, weniger gut wiedergegeben in Goldbergs Einl. zu Birkhat Abraham Bl. 4a; Sendschreiben an Joseph Ibn-G'abar in Edelmanns Chemda Genusa p. 6 und in Eliëser Tunensis' Taam Sekenim p. 76.


23 Sendschreiben an Joseph Ibn-Aknin bei Goldberg a.a.O. Bl. 4 b.


24 Tractatus de resurrectione Anf.


25 Die vier betreffenden Sendschreiben in der Briefsammlung S. 36-40. Sie fallen sämtlich vor Abfassung des Tractatus de resurrectione, wie aus dem Schreiben an Joseph Ibn-G'abar hervorgeht, also vor 1190, aber nach den in jenem Traktate erwähnten Vorfällen vom Jahre 1188.


26 Folgt aus dem Sendschreiben an Ibn-G'abar a.a.O.


27 Vgl. o. S. 303 Anm. 1. Das von Goldberg vollständig edierte Sendschreiben an Ibn-Aknin ist vor Abfassung des Tractatus de resurrectione geschrieben; das Sendschreiben an Ibn-G'abar dagegen nach Abfassung desselben. Folglich ist Goldbergs Annahme falsch, daß in dem ersteren auf die Korrespondenz mit Ibn-G'abar angespielt werde.


28 Sendschreiben an Ibn-Aknin bei Munk und Goldberg.


29 Das.

30 Folgt daraus, daß der Moreh. als er das Sendschreiben an Ibn-Aknin erließ, 1189 noch nicht vollendet war, dagegen beruft er sich schon darauf im Tractatus de resurrectione von 1191. Durch Scheyers Übersetzung des dritten Teils des Moreh (Franks. a.M. 1838) und durch dessen psychologisches System des Maimonides (das. 1845), sowie durch Munks Übersetzung (Guide des égarés. 3 Bde. Paris 1856-1866), beide nach dem arabischen Original und mit sachlichen und sprachlichen Noten, ist das Verständnis desselben bedeutend erleichtert worden.


31 Morch I. 71. II. 11.


32 Das. II. 22.


33 Das. II. 10.


34 In Moreh II. 35 beruft sich Maimuni über Moses Vollkommenheit auf sein Mischneh-Thora und auf seinen Mischnakommentar. Nur im letzteren Werke (zu Synhedrin Abschn. Chelek zum siebenten Glaubensartikel) deutet er den Hauptgedanken an.


35 Moreh II. 66. III. 33.


36 Das. II. 40. III. 27, 28, 31.


37 Moreh III. 26.


38 Das. III. 32 und an anderen Stellen.

39 Das. III. 45.


40 Das. III. 47.


41 Das. III. 48.


42 Moreh III. 50.


43 Das. III. 41.


44 Abdellatif bei de Sacy p. 460.


45 Brief an Ibn-Aknin bei Munk, Notice p. 23 und bei Goldberg a.a.O.


46 Folgt aus Abdellatifs Angabe. Munk fand in einer Handschrift aus dem dreizehnten Jahrhundert ein Exemplar des Moreh mit arabischen Charakteren (das. p. 27).


47 Bei Munk a.a.O.


48 Moreh II. 33.


49 Bei Munk, Notice p. 23 und bei Goldberg a.a.O.


50 Der Tractatus de resurrectione wurde von Samuel Ibn-Tibbon ins Hebräische übertragen. Diese Übersetzung ist vielfach abgedruckt.


51 Bei de Sacy p. 466. Abdellatif war bei Saladin nach der Einnahme von Jean d'Acre in Jerusalem, also im August 1191, und von da reiste er nach Kahira (das.). Sein Urteil über den Moreh braucht nicht diesem Jahre anzugehören, sondern der Zeit, als er sein Werk über Ägypten schrieb.


52 Sendschreiben des Aaron ben Meschullam Taam Zekenim p. 76.


53 Orient. Litbl. 1843 col. 140.


54 Das Schreiben an die Marseiller Gemeinde (Briefsamml. Nr. 3) hat in den Handschriften das Datum 11. Tischri 1506 Sel. Dieselben geben zwar auch an, es sei an die Gemeinden von Lunel und Montpellier gerichtet gewesen. Diese Angabe ist jedoch falsch, indem Ms. späteres Schreiben an Jonathan und die Luneler (Gutachtensamml. Nr. 41) so gehalten ist, als wenn er das erste Mal an sie schriebe. Übrigens bezieht sich die Überschrift in den Mss.: תרגאה לבית 'ר ברה םשארבו רילשיפנומב תפרצ ץרא ימכח – ינפל תאזה הפקשנה תאז ימ :ןתנוהי keineswegs auf das Responsum über die Astrologie, sondern gehört einem spätern Schreiben Maims. in betreff des Moreh an (abgedruckt in Ozar Nechmad II 3f. aus einem Ms. der Breslauer Seminarbibliothek), welches gerade den Eingang 'וכו תאז ימ hat. Möglich, daß es auch an die Gemeinde von Montpellier gerichtet war.


55 Gutachtensammlung Nr. 17-40.


56 In Gutachtens. Nr. 41 spricht M. über seine Krankheit und auch von תומוהמה בור, worunter sicherlich die Bürgerkriege zwischen Alafdhal, Alaziz und Aladil zu verstehen sind (1194-1195).


57 Ibn-Abi-Osaibija bei de Sacy, Abdellatif p. 490. M's. Makrobiotik ist in hebr. Sprache abgedruckt in Kerem Chemed III. Auf, in deutscher Übersetzung von Winternitz, Wien 1843.


58 Gutachtensammlung Nr. 18-41.


59 Vgl. Note 1. IV.


60 Sendschreiben an Ibn-G'abar.


61 Gutachtensammlung Nr. 143. Briefsammlung S. 13ff.


62 Findet sich in Ozar Nechmad II 3f.


63 Einleitung zu Charisis Übersetzung.


64 Vgl. Note 1 IV.


65 Vgl. Carmoly Annalen 1839 Nr. 7. S. 55.


66 In Eliëser Tunensis, Dibre Chachamim p. 86.


67 Ibn-Jachja, Schalschelet ed. Amst. p. 33 b unten.



Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1896], Band 6, S. 331.
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