3. Kapitel. Die Geheimlehre der Kabbala. (1232-1236.)

[59] Junger Ursprung der Kabbala. Isaak der Blinde und seine Jünger: Asriel, Esra und Jehuda ben Jakar. Die Vorbedingungen zur Entstehung der Kabbala. Ihr Lehrinhalt. Der En-Sof und die zehn Sefirot. Die Seele und ihre überweltliche Kraft. Die Anwendung der Kabbala auf das praktische Judentum. Die Vergeltungslehre und die Seelenwanderung. Die Messiaszeit und die künftige Welt. Jakob ben Scheschet Gerundi. Gerona, Ursitz der Kabbala. Das kabbalistische Buch Bahir. Nachmani, Parteigänger der Geheimlehre. Die deutschen Kabbalisten Eleasar von Worms und sein Jünger Menahem. Letztes Aufflackern der neuhebräischen Poesie. Der satirische Roman, Alcharisi, Joseph ben Sabara und Jehuda ben Sabbataï. Der Fabeldichter Berachja-Crispia. Das Buch Jaschar. Joseph Ezobi. Ibrahim Ibn-Sahal. Verfall der Wissenschaften.


Maimuni wollte dem Judentum einen über allen Zweifel erhabenen, einheitlichen Charakter verleihen, und er brachte ihm die Entzweiung; er wollte ihm durchsichtige Klarheit und allgemein faßliche Einfachheit erringen und veranlaßte nur dessen Trübung und Verwickelung; er wollte Frieden stiften und entzündete Krieg. So wenig vermag auch der weiseste Sterbliche die Folgen seiner Handlungen zu berechnen. Sein System der jüdischen Religion hat die Gemüter entzweit, die Naivgläubigen von den denkenden Juden getrennt und eine Aufregung erzeugt, welche in ihrer Heftigkeit die Grenze der Besonnenheit weit überschritt. In die durch den Streit für und gegen Maimuni entstandene Spaltung keilte sich eine Afterlehre ein, welche sich, obwohl jung, für eine uralte Weisheit, obwohl unjüdisch, für die echte Lehre Israels und, obwohl auf Täuschung beruhend, für die alleinige Wahrheit ausgab. Der Ursprung der Kabbala oder Geheimlehre (Chochma Nistara)1 – die sich so nannte, weil sie als eine uralte geheime Überlieferung gelten wollte – fällt mit dem maimunischen Streite der Zeit nach zusammen, und sie hat sich erst [59] dadurch ins Dasein gerungen. Die Zwietracht ist die Mutter dieser unheimlichen Geburt, und sie hat daher stets trennend und entzweiend gewirkt. Die Kabbala in ihrem ersten systematischen Auftreten ist ein Kind des ersten Viertels des dreizehnten Jahrhunderts. Sie selbst vermag sich kein höheres Alter zu geben. Fragte man die älteren Anhänger dieser Geheimlehre aufs Gewissen: »Von wem habt ihr sie zuerst empfangen?« so antworteten sie unumwunden: »Von dem blinden R. Isaak oder allenfalls von seinem Vater Abraham ben David aus Posquières,« dem Bekämpfer Maimunis. Sie gestanden auch offenherzig ein, daß die kabbalistische Lehre weder im Pentateuch, noch in den Propheten, noch in den Hagiographen, noch im Talmud vorkomme, sondern auf kaum bemerkbaren Andeutungen beruhe2. Von den kabbalistischen Äußerungen dieses Urhebers der Kabbala, Isaaks des Blinden (blühte um 1190 bis 1210), sind indes nur Splitter vorhanden, aus denen sich nur wenig entnehmen läßt. Nur soviel ist gewiß, daß er sich mit dem mystischen »Buche der Schöpfung«, (Sefer Jezira), vielfach beschäftigt, den dunkeln Text ausgelegt und gedeutelt hat. Was ihm sein erblindetes Auge versagte, soll ihm sein innerer Sinn vielfach ersetzt haben. Er nahm die von den jüdischen Denkern so sehr verdammte und verspottete Seelenwanderung als einen Glaubensartikel an. Seine Jünger erzählen von ihm, er habe an den Menschen zu unterscheiden vermocht, ob sie eine neue, frisch aus der himmlischen Geisteswelt entstammte Seele besäßen oder eine alte auf der Wanderung von Leib zu Leib begriffene, die ihre Läuterung noch zu erringen habe. Verdächtig genug ist der Ursprung der Kabbala, wenn dieser blinde, phantastischen Vorstellungen unterworfene Lehrer ihr erster Urheber oder auch nur Vermittler gewesen sein soll. In ein zusammenhängendes System brachten zuerst die Kabbala zwei seiner Jünger Asriel und Esra, beide aus Gerona und beide so sehr gleichgesinnt, daß sie öfter miteinander verwechselt wurden und Schriften wie Lehrsätze bald dem einen, bald dem andern zugeschrieben werden. Dieses Zwillingspaar, vielleicht wirklich Brüderpaar, zählt daher in der Geschichte der Kabbala nur als eine einzige Person; sie ergänzen einander. Auch der Kabbalist Jehuda ben Jakar, Nachmanis Lehrer, ging wohl aus dieser Schule hervor.

Die Lebensumstände dieses Paares sind in Dunkel gehüllt und nur von einem derselben (man weiß wiederum nicht, ob von Esra oder Asriel) verlautet, daß er mindestens als Siebziger nur wenige [60] Jahre nach dem Ausbruch der maimunischen Spaltung gestorben sei (1238). Ehrlich waren beide nicht; denn sie haben ein oder mehrere von ihnen verfaßte Machwerke älteren Autoritäten untergeschoben, um ihrer Afterlehre den Stempel des Altertums aufzudrücken. Asriel hat etwas mehr von sich verlauten lassen. Von seiner Jugend an, erzählt er selbst, sei er von Ort zu Ort gewandert, um nach einer geheimen Weisheit zu forschen, welche über Gott und Schöpfung befriedigende Aufschlüsse gebe. Männer, welche im Besitze derselben durch Überlieferung waren, hätten sie ihn gelehrt, und er sei fest davon überzeugt worden. Darauf habe er selbst in den Gemeinden, die er auf seiner Wanderung berührte, die kabbalistische Lehre entwickelt, sei aber in Spanien (Sevilla?) von den philosophisch Gebildeten ausgelacht worden, weil diese nur das für wahr hielten, was durch streng logische Beweisführung als unumstößlich festgestellt sei, dagegen auf eine überlieferte Geheimlehre, deren Gedanken ihnen ganz neu erschienen, nichts geben mochten. Einer der ersten Mystiker gestand also ein, daß die Kabbala bei ihrem ersten Ausfluge auf Widerstand gestoßen, und daß ihr Lehrinhalt durchaus nicht als alt anerkannt worden sei. Asriel und Esra ließen sich aber von diesem Widerspruch nicht stören, sondern bemühten sich, ihre Lehre zu behaupten und zu verbreiten. In Erklärungen zu Agadastellen, zu den Gebeten und zu dem Hohenliede, das eine Fundgrube für jede Art Mystik bildet, entwickelten sie ihre eigentümliche Theorie. Asriel versuchte es, auch den philosophisch Gebildeten die Überzeugung von der Wahrheit der Kabbala beizubringen und ließ sie die Sprache der Logik reden. Allein wie die Geheimlehre aus ihrem Dunkel in die Sonnenhelle tritt, zeigt sie ihre Nacktheit und Häßlichkeit.

So viel ist gewiß, die Kabbala wollte in ihrem Ursprunge einen Gegensatz zu der verflachenden Philosophie der Maimunisten bilden. Daß das Judentum weiter nichts als die aristotelische Philosophie lehren sollte, war denen ein Gräuel, welche in tiefer Frömmigkeit jedes Wort der Bibel und des Talmuds als eine göttliche Wahrheit ansahen. Nun gibt es einen Weg, sich des philosophischen Nachdenkens über Gott und das Judentum ganz zu entschlagen und alles in naiver Gläubigkeit hinzunehmen. Diesen Weg schlugen die deutschen und nordfranzösischen Rabbinen ein; es war die streng tossafistische Richtung. Aber die südfranzösischen und spanischen Frommen, welche gewissermaßen überall philosophische Luft einatmeten, konnten sich bei dieser Buchstäblichkeit nicht beruhigen. Das Judentum schien ihnen, wenn es nicht von tiefen Gedanken durchweht sein sollte, bedeutungslos. [61] Die religiösen Gesetzesbestimmungen, die Ritualien, müßten durchaus einen höheren idealen Sinn haben, welcher nur dem Auge der gedankenlosen Menge verborgen, dem Denker aber erkennbar sei. So viel hatten selbst die Gegenmaimunisten von Maimuni angenommen, daß die Vorschriften des Judentums keineswegs willkürliche Dekrete eines Despoten sein könnten, sondern, als göttliche Anordnungen, auch einen gedanklichen Hintergrund haben müßten. Und wie die scheinbar bedeutungslosen biblischen Bestimmungen und die dunkeln Schriftverse, ebenso müßten die agadischen Sentenzen des Talmuds einen höhern Sinn enthalten; sonst erschienen sie sinnlos. Die Frommen hatten aber noch viel mehr als die Agada zu vertreten und zu rechtfertigen. Das ältere mystische Schrifttum, die Offenbarungen des engelgewordenen Henoch-Metatoron (Bd. V3, S. 194), früher nur einzelnen zugänglich, hatten in dieser Zeit einen großen Leserkreis gefunden. Nicht bloß das »Buch der Schöpfung«, sondern auch jene Ausgeburt einer wüsten Phantasie, welche den Gatt Israels wie einen Fetisch mit Kopf, Händen und Beinen von riesiger Ausdehnung darstellte (Schiur Koma), galten in diesem Kreise schon als heilige Schriften. Maimuni hatte zwar in seiner geläuterten Religiosität mit Entrüstung jede Verantwortlichkeit des Judentums für diese Bastardliteratur zurückgewiesen, sie als Ausfluß einer groben Unwissenheit in religiösen Dingen und einer heidnischen Anschauungsweise gebrandmarkt und dazu bemerkt, sie verdiene verbrannt zu werden3. Allein das war für die Schule Isaaks des Blinden kein Grund, die Schilderung der riesigen Organe Gottes ohne weiteres zu verwerfen. Trägt die Quelle doch den Namen des R'Ismael an der Spitze, und der gefeierte R'Akiba hat sich dafür verbürgt (so ist es dargestellt). Sie galt dieser Schule vielmehr als Bestandteil der Agada, als uralte Offenbarung, als ein wesentliches Glied des Judentums. Was sollte sie aber mit der Maßengröße anfangen? Ihr religiöser Sinn war denn doch zu geläutert, als daß sie den lächerlichen Gedanken annehmen konnten, Gottes Bart z.B. habe eine Länge von 10500 Parasangen (Parsa)4! Anderseits konnten sich die provenzalischen und spanischen Frommen vom Schlage Isaaks, Asriels und Esras nicht mit dem Gedanken befreunden, daß alle diese anstößigen Partien des Judentums rationalistisch gedeutet oder vielmehr gedeutelt werden sollten, wie es die Maimunisten taten. Die Agada und das altmystische [62] Schrifttum, wie überhaupt sämtliche Ritualien des Judentums mußten daher nach ihrer Überzeugung einen sehr tiefen, bedeutungsvollen, geheimen Sinn haben, sie mußten Ideen enthalten, welche Himmel und Erde, die Geister- und Körperwelt umspannen. Die Kabbala ist eine Tochter der Verlegenheit; ihr System war ein Ausweg, um aus der Klemme zwischen dem naiven, plumpen, anthropomorphistischen Buchstabenglauben und der maimunischen Verflachung herauszukommen.

Die Geheimlehre, zuerst vollständig von dem Zwillingspaar Esra und Asriel entwickelt, stellt daher eine, man kann nicht sagen neue, aber jedenfalls eigenartige Religionsphilosophie oder richtiger Theosophie auf, die, von einer Unbegreiflichkeit zur anderen fortschreitend, sich zuletzt in die Nebelregion versteigt, wo alles Denken aufhört und selbst die Phantasie ihre Flügel sinken lassen muß. Sie ging von einem Punkte aus, dem die damaligen Denker unbedingt zustimmten, zog aber daraus kühne Folgerungen, welche ihr Grundprinzip wieder umstießen. Die Einheit verwandelte sich so unter der Hand in eine Vielheit, die Geistigkeit in plumpe Handgreiflichkeit, der geläuterte Glaube in wüsten Aberglauben. Die ursprüngliche Kabbala stellte folgende Lehrsätze auf: Die Gottheit ist erhaben über alles, selbst über Sein und Denken. Man dürfe daher nicht von ihr aussagen, daß sie Sprache oder Tun, und ebensowenig, daß sie Gedanken, Willen und Absicht habe. Alle diese Eigenschaften, die den Menschen zierten, liefen auf Beschränktheit hinaus, und die Gottheit sei nach jeder Seite hin unbeschränkt, weil vollkommen. Nur dieses einzige Attribut, die Unbeschränktheit und die Unbegrenztheit, lasse sich von ihr aussagen. Die Kabbala legte daher Gott den Namen »der Unbeschränkte oder Unendliche« (hebräisch En-Sof)5 bei; das war ihre erste Neuerung. In dieser seiner unfaßbaren Allgemeinheit sei Gott oder der En-Sof unerkennbar verborgen, verhüllt und demnach gewissermaßen nicht seiend. Denn das, was nicht von dem denkenden Geist erkannt und begriffen werden könne, sei für ihn nicht vorhanden. Das allgemeine Sein, das En-Sof, gleiche daher dem Nichts (Ajin)6. Um also sein Dasein zu bekunden, mußte er sich oder wollte er sich offenbar und erkennbar machen; er mußte wirksam sein und schaffen, damit seine Existenz in die Erkenntnis trete.

Aber die niedere Welt in ihrer Gedrücktheit und Hinfälligkeit könne der En-Sof nicht hervorgebracht oder geschaffen haben, denn das Unbegrenzte und Vollkommene könne nicht das Begrenzte und [63] Unvollkommene in direkter Weise hervorbringen. Die Gottheit dürfe also nicht als unmittelbarer Weltschöpfer angesehen werden; man müsse sich vielmehr den Schöpfungsakt auf eine ganz andere Weise vergegenwärtigen. Der En-Sof habe vermöge seiner unendlichen Lichtfülle eine geistige Substanz, eine Kraft, oder wie man es sonst nennen wolle, aus sich ausgestrahlt, die, als direkt von ihm stammend, an seiner Vollkommenheit und Unendlichkeit Teil habe. Anderseits könne diese Ausstrahlung oder Ausströmung dem En-Sof, ihrem Erzeuger, nicht in allen Punkten gleich sein; denn sie sei nicht mehr das Ursprüngliche, sondern ein Abgeleitetes. Die dem En-Sof entströmte Potenz sei daher ihm nicht gleich, sondern nur ähnlich, d.h. sie habe neben der unbeschränkten auch eine beschränkte Seite. Die Kabbala nennt dieses erste Geisteskind des En-Sof die erste Sefira7, wobei sie zugleich an Zahl und an Sphäre gedacht haben mag. Dieser ersten geistigen Potenz entstrahlt wieder eine zweite Kraft, und dieser wieder eine dritte, so daß sich im ganzen zehn geistige Substanzen oder Kräfte oder Mittelwesen oder Organe (in dieser Unbestimmtheit sind sie gehalten) offenbart hätten oder in Wirksamkeit getreten seien. Diese zehn Potenzen nennt die Kabbale die zehn Sefirot.

Die zehn Substanzen bilden unter einander und mit dem En-Sof eine strenge Einheit und stellen nur verschiedene Seiten (oder Gesichter) eines und desselben Wesens dar, wie etwa das Feuer zugleich Flamme und Funken erzeugt, die, obwohl dem Auge verschieden erscheinend, doch ein und dasselbe bedeuten. Die zehn Sefirot, die sich voneinander wie die verschiedenen Farben desselben Lichtes unterscheiden, sind als Ausflüsse der Gottheit an sich unselbständig und demnach beschränkt. Nur insofern der En-Sof ihnen Kraftfülle spendet, können sie unendlich wirken. Diese ihre Wirksamkeit zeigt sich zunächst darin, daß sie die Seelen- und Körperwelt schaffen und zwar in ihrem Ebenbilde. Dann erhalten sie die Welt, mit der sie in einigem Zusammenhange stehen, fortwährend und führen ihr beständig die Gnadenspende göttlichen Lebens zu.

Die Gesamtheit der zehn Sefirot läßt die Kabbala in drei Gruppen zu je drei zerfallen. Die erste höchste Gruppe hat ihre Wirkung zunächst auf die Geisteswelt; es sind: das unerforschlich Hohe oder die Krone (Rum-Mala, Keter), die schaffende Weisheit (Chochma) und der empfangende Geist (Binah). [64] Von der ersten Sefira geht die Gotteskraft aus, von der zweiten die Engelwesen und auch die Offenbarung des Judentums (die Thora), von der dritten die prophetische Anregung. – Die zweite Gruppe hat ihren Einfluß auf die Seelenwelt und die sittliche Weltordnung. Die erste Sefira dieser Gruppe bildet die unendliche göttliche Liebe (Chesed), die zweite die strenge göttliche Gerechtigkeit, die richtende zermalmende Kraft (Geburah, Pachad), und die dritte die Vermittlung beider Gegensätze, die Schönheit (Tiferet). Die dritte Gruppe wirkt auf die sichtbare Welt, auf die Natur. Die erste Sefira dieser Gruppe bildet die Festigkeit (Nezach), die zweite die Pracht (Hod, Form?) und die dritte die Vermittlung beider Gegensätze, den Urgrund (Jesod). Neun Sefirot hätten demgemäß genügt; die Kabbala wollte aber die Zehnzahl festhalten, sie war ihr zu wichtig. Die zehn Gebote, die zehn Aussprüche, vermöge welcher die Agada die Welt erschaffen werden läßt, die Zehnzahl der Sphären, welche Tiefe ließ sich darin finden! Das alte »Buch der Schöpfung« hat schon zehn Sefirot, wenn es auch darunter zunächst Zahlen versteht, und Ibn-Esra hatte mit der Zehnzahl mathematisch-mystische Spielerei getrieben. Die Kabbala durfte sie nicht fahren lassen, konnte aber die zehnte geistige Potenz in der Gruppierung, selbst wenn sie noch so sehr auf strenge Gedankenmäßigkeit verzichten wollte, nicht passend unterbringen und zerfiel von Hause aus in eine Verschiedenheit der Auffassungsweise. Einige zählten den En-Sof mit, so daß es, genau genommen, nur neun Sefirot gäbe. Andere nahmen noch eine zehnte dazu, in welcher die Eigentümlichkeiten aller übrigen konzentriert seien. Sie nannten diese die Herrschaft (Malchut) und wollten damit die Vorsehung oder die versichtbarte Gottheit (Schechinah) bezeichnen, welche unter Israel weile, es auf allen seinen Wanderungen und Verbannungen begleite und es schütze. Straffes Denken ist nicht Sache der Kabbala, sie begnügt sich mit Phantasiebildern und Namen, wenn sie auch noch so begriffsleer sind.

Mit dieser Zehnzahl der Sefirot treibt sie nun eine willkürliche Spielerei. Sie teilt sie in die drei oberen und sieben unteren und unterscheidet noch drei oder vier mittlere (Krone, Schönheit, Grund und Herrschaft), welche sie die mittlere Säule (Ammud Emzaï)8 nennt. Die Überleitung der Gnadenspende von Gott durch die geistigen Potenzen zur sichtbaren Welt denkt sie sich vermittelst Kanäle (Zinorot)9, deren sie zwölf annimmt.

[65] Mittels der Sefirot vermöge Gott sich sichtbar zu machen oder auch sich zu verkörpern. Wenn es nun in der heiligen Schrift heiße, Gott sprach, stieg auf die Erde herab, stieg hinauf, so dürfe das nicht, wie die Buchstabenknechte, wie die Agadisten meinen, von der Gottheit selbst oder von dem hocherhabenen En-Sof, sondern von den Sefirot verstanden werden. Der Opferduft, der vom Altare aufsteige und zum angenehmen Geruch werde, sei nicht von der Gottheit selbst, sondern von den Mittelwesen eingeatmet oder aufgesogen worden. Auf diese Weise glaubte die Kabbala die Schwierigkeiten überwunden zu haben, welche der Begriff der reinen Geistigkeit Gottes und die biblische Darstellungsweise von Gott darbietet. Die Gottheit ist allerdings unkörperlich wie unendlich, tut nichts Körperliches und wird vom Körperlichen nicht berührt. Aber die Sefirot, da sie neben der unendlichen noch eine endliche, gewissermaßen körperliche Seite haben, können auch körperliche Funktionen üben und mit Körperlichem in Verbindung treten.

Die Kabbala geht in ihrer Phantasterei noch weiter. Die sieben niederen Sefirot haben sich in den biblischen Patriarchen und in besonders frommen Männern konzentriert oder verleiblicht. So habe sich die Liebe in Abraham, die Strenge in Isaak, die Schönheit in Jakob, die siebente Sefira in Mose, die achte in Aaron, die neunte in Joseph, die zehnte in David verkörpert. Die Sefirot bilden den Thronwagen Gottes (Merkaba), und davon sage die Agada aus, »die Väter bilden den Cherubthron Gottes.«

Wie ihre Geisteswelt, so ist auch die Schöpfungstheorie der Kabbala phantastisch. Gott oder der En-Sof habe die sichtbare Welt nicht unmittelbar, sondern lediglich vermittelst der Sefirot geschaffen. Alle Dinge, nicht bloß die Gattungen, sondern auch die Einzelwesen in der niederen Welt hätten daher ihre Urbilder (Dugma, Dephus, Typus) in der höhern, so daß nichts hienieden gleichgültig sei, sondern alles eine höhere Bedeutung habe. Das ganze Weltall gleiche einem ast- und blattreichen Riesenbaum, dessen Wurzeln die Geisteswelt der Sefirot bilde; oder es sei eine enggeschlossene Kette, deren letzter Ring an der obern Welt hange, oder ein großes Meer, das aus einer sich ewig ergießenden Quelle sich stets fülle. Namentlich sei die menschliche Seele eine volle Bürgerin der höheren Welt und stehe mit allen Sefirot in unmittelbarer Verbindung. Sie vermöge daher auf dieselben und auf die Gottheit selbst einzuwirken. Vermöge ihres sittlichen und religiösen Verhaltens könne die Seele die Segensspende von seiten der Gottheit durch die Mittelmenschen und die Kanäle fördern[66] oder hindern. Durch ihre guten Handlungen bewirke sie die ununterbrochene Gnadenströmung, durch ihre schlechten die Versiegung derselben.

Namentlich sei das Volk Israel dazu berufen, die Gnadenfülle und also die Erhaltung der Welt zu fördern. Dazu habe es die Offenbarung und das Gesetz mit seinen 613 religiösen Bestimmungen erhalten, um durch jede religiöse Tätigkeit auf die Sefirot einzuwirken und sie gewissermaßen zum Spenden zu nötigen. Die Ritualien hätten daher eine tiefmystische Bedeutung und einen unvergänglichen Wert; sie bildeten die magischen Mittel, das ganze Weltall zu erhalten und ihm Segen zuzuwenden. »Der Fromme bildet den Grund der Welt«10. Namentlich hätten der Tempel und der Opferkultus eine ganz besonders wichtige Bedeutung gehabt, die Verbindung der niederen Welt mit der höheren lebendig zu erhalten. Der irdische Tempel habe dem himmlischen Tempel (den Sefirot) entsprochen. Der Priesterfegen, der mit den erhobenen zehn Fingern ausgesprochen zu werden pflegte, habe die zehn Sefirot angeregt, ihre Segenspendung auf die niedere Welt zu ergießen. Nach dem Untergang des Tempels sei das Gebet an die Stelle der Opfer getreten, es habe daher eine besonders mystische Wichtigkeit. Die vorgeschriebenen Gebete hätten eine unfehlbare Wirkung, wenn der Betende es verstehe, sich bei dieser und jener Veranlassung an die betreffende Sefira zu wenden. Denn nur an diese sei das Gebet zu richten, nicht unmittelbar an die Gottheit. Das Geheimnis des Gebetes (Sod ha-Tefila) nimmt in der Kabbala eine wichtige Stelle ein. Jedes Wort, ja jede Silbe in den Gebetformeln, jede Bewegung beim Gebet, jedes dabei angewendete rituale Symbol deutet die Kabbala beziehungsvoll auf den Bau und einen Vorgang der höheren Welt. Da die andächtige Vertiefung in das Wesen der Sefirot beim Gebete der praktisch anwendbare Teil der Kabbala war, so sorgten die ersten Kabbalisten für einen Kommentar zu den Gebeten. Auch die mystische Erläuterung der Religionsgesetze des Judentums ließen sich die Kabbalisten angelegen sein. Es war der Schwerpunkt ihrer Theorie. Sie konnten damit den Maimunisten entgegentreten. Während diese von philosophischen Gesichtspunkten aus manche Bestimmung des Judentums für bedeutungslos und veraltet erklärten, hoben die Mystiker deren Wichtigkeit und hohe Bedeutung hervor. Sie galten daher als der Erhalter des Judentums.

Die Vergeltungslehre und die Untersuchung über den Zustand der Seele nach dem irdischen Dasein war auch durch Maimuni zu sehr als wichtiger Bestandteil des Judentums betont worden, als daß die [67] Kabbala sie nicht auch in den Kreis ihrer Theorie hätte ziehen sollen. Sie stellte aber eine eigne Ansicht darüber auf, die sie natürlich ebenfalls als uralt ausgab, die aber ihre Jugend und Entlehnung aus einem andern Kreise nicht verbergen kann. Von ihrer Seelenlehre ausgehend, daß die Seelen in der Geisterwelt von jeher vorerschaffen seien, lehrte die Kabbala, daß sämtliche Seelen dazu bestimmt seien, die irdische Laufbahn anzutreten, sich in Körper zu versenken und mit ihnen eine Zeitspanne verbunden zu bleiben. Die Aufgabe der Seele sei nun, in ihrem Erdenleben gewissermaßen eine Probe abzulegen, ob sie sich trotz der Verbindung mit dem Leibe von den irdischen Schlacken werde rein erhalten können. Vermöge sie das, so steige sie geläutert nach dem Tode zum Geisterreich auf und habe Anteil an der Welt der Sefirot. Beflecke sie sich dagegen mit dem Irdischen, so müsse sie noch einmal und wiederholentlich (höchstens aber nur dreimal) in das Leibesleben zurückwandern, bis sie durch wiederholte Prüfungen sich lauter emporschwingen könne. Auf die Seelenwanderung (Ibbur, Gilgul), einen wichtigen Punkt der Kabbala, gründete sie die Vergeltungslehre. Die Leiden, welche auch den Frommen hienieden scheinbar unverschuldet träfen, dienten lediglich dazu, die Seele zu läutern. Seths Seele sei in Mose übergegangen. Man dürfe also Gottes Gerechtigkeit nicht anklagen, wenn es dem Frommen hienieden schlecht, dem Gottlosen gut gehe. Die Kabbala fand eine Bestätigung ihrer Seelenwanderungstheorie in der Vorschrift des Judentums, daß der Bruder eines kinderlos Verstorbenen dessen Witwe heimführen müsse, damit durch diese Schwagerehe die Seele des Verstorbenen wieder geboren werden und ihre Laufbahn vollenden könne. Die Ehe überhaupt galt den Kabbalisten als ein mystisches Institut, weil sie das Eingehen der Seele in die Körperwelt bewirke. Da nun die meisten Seelen sich in ihrem irdischen Dasein ins Sinnliche verlören, ihren himmlischen Ursprung vergäßen und also öfteren Wanderungen durch neue Körper unterworfen seien, so gelangten meistens alte Seelen, d.h. solche, die schon früher auf die Erde hinabgestiegen waren, zur Geburt, und nur selten komme eine neue Seele zur Welt. Durch die Sündhaftigkeit der Menschen, welche zur Folge hat, daß dieselben Seelen immer wieder in Körper eingehen, wird die große Erlösung aufgehalten. Denn die neuen Seelen könnten nicht ins Dasein gelangen, weil die Welt fast durchgehends von alten bevölkert sei. Und die große Gnadenzeit, die geistige Vollendung der Welt, könne nicht eher eintreten, bis sämtliche vorgeschaffenen Seelen irdisch geboren seien. Auch die Seele des Messias, die wie andere in der Geisterwelt [68] der Sefirot in ihrer Vorexistenz verharre, könne nicht eher erscheinen, bis sämtliche Seelen in das Körperleben eingegangen seien. Sie werde die letzte der Seelen sein, und der Messias werde also erst am Ende der Tage erscheinen. Dann aber werde das große Jubiläum (Jobel ha-Gadol) eintreten, wenn sämtliche Seelen gereinigt und geläutert von der Erde zum Himmel zurückgekehrt sein würden. Die Förderung und Beschleunigung dieser Gnadenzeit der großen Erlösung hänge also von den Frommen ab, von ihrer Einsicht und ihrem Verhalten. Welche Wichtigkeit erhielten nun dadurch die Adepten der Kabbala! Nicht bloß für Israel, sondern für die ganze Weltordnung haben sie einzustehen, indem sie durch ihr Tun und Lassen die Geburt der Messiasseele, als letzte aus dem Seelenbehältnis, befördern können.

Die Kabbala konnte sich rühmen, viel tiefer als die Religionsphilosophie Maimunis das Geheimnis des Judentums (Sod Torah) erschlossen, seinen Zusammenhang mit der höhern Welt und der zukünftigen Gestaltung der Dinge nachgewiesen zu haben. Welch weiten Spielraum hatte sie nun gar für Deutungen! Sie ließ an Verdrehungen der heiligen Schrift die alexandrinischen Allegoristen, die Agadisten, die Kirchenväter und die jüdischen und christlichen Religionsphilosophen weit, weit hinter sich zurück. Asriel liebäugelte wenigstens mit der Philosophie und gab sich Mühe, die Kabbala den Denkern annehmbar zu machen. Ein anderer Kabbalist dieser Zeit aber, Jakob ben Scheschet Gerundi aus Gerona (schrieb um 1243 oder 1246), stellte geradezu seine Geheimlehre der Aufklärung der Philosophen entgegen. Er verschmähte jede Unterhandlung mit ihnen. Er warf ihnen vor, daß »sie mit ihren Ansichten die Wahrheit zu Boden würfen. Sie behaupteten, die Religionsgesetze hätten lediglich einen irdischen Zweck, wollten nur das leibliche Wohl fördern, das Staatsrecht begründen, Personen und Eigentum vor Schaden bewahren. Sie leugneten die jenseitige Belohnung und Bestrafung. Sie meinten sogar, das Gebet habe nur einen innern Wert, die Gedanken und Gefühle zu läutern, und brauche gar nicht mit den Lippen gesprochen zu werden.« Jakob Gerundi hat nicht genug Schmähungen für diese philosophischen »Ketzer und Gesetzesverächter« und übertreibt seine Anschuldigungen gegen die Maimunisten. Um das Volk vor ihren Lehren zu warnen, setzte er seine kabbalistische Theorie in gereimter Prosa auseinander in einer Schrift11, welche indes nur seine Geistesarmut bekundet. – Gerona, die Vaterstadt Esras, Asriels, des Jakob ben Scheschet,[69] Nachmanis und vielleicht auch des Jehuda ben Jakar, war das erste warme Nest für die Kabbala, ehe sie recht flügge wurde.

Diese so stolz auftretende geheime Weisheit beruhte auf nichts anderem als auf Täuschung, im besten Falle auf Selbsttäuschung ihrer Urheber. Ihre Theorie ist nicht alt, wofür sie sich ausgab, sondern sehr jung, oder wenn alt, so doch nicht aus dem jüdischen Altertum, sondern aus der Zeit der Abenddämmerung der griechischen Philosophie. Die Kabbala ist ein Zerrbild, welches die jüdischen und die philosophischen Ideen in gleicher Weise verunstaltet. Die Annahme von idealen Potenzen, von geistigen Mittelwesen zwischen der lichterfüllten Gottheit und der getrübten Welt, von der Vorexistenz der Seele, der Seelenwanderung, der magischen Einwirkung des menschlichen Tuns auf die höhere Welt, das alles gehört der alexandrinisch-neuplatonischen Weltanschauung an. Auf welchem Wege sind die ersten Kabbalisten, sei es Isaak der Blinde oder Asriel und seine Genossen, zu der, wenn auch nur oberflächlichen Kenntnis der neuplatonischen Elemente gekommen? Die Verbindung war gewiß keine direkte und brauchte es nicht zu sein. Vieles von der neuplatonischen Theorie war in Frankreich gerade in dieser Zeit bekannt. Ein christlicher Religionsphilosoph, David de Dinanto in Paris hat ähnliche Prinzipien wie die Kabbala aufgestellt; daß Gott sich selbst gestalte und sich in drei verschiedenen Sphären offenbare, in der Welt des Geistes, der Seele und des Stoffes12. Der christliche Philosoph, dessen Schriften als ketzerisch verdammt und verbrannt wurden, brauchte drei Prinzipien, um damit die christliche Dreifaltigkeit zu rechtfertigen; die Kabbala dagegen ließ sich von anderen Voraussetzungen leiten und nahm zehn Potenzen an. Ibn-G'ebirols von neuplatonischen Ideen geschwängertes System hat wohl auch einen Beitrag zur Kabbala geliefert. Die Lehre von der Seelenwanderung war allerdings in der gaonäischen Zeit von einigen jüdischen Kreisen aufgenommen worden, und insofern könnte man diesen Bestandteil der Kabbala alt nennen; aber sie ist zugleich so sehr unjüdisch, daß sie der Gaon Saadia mit Entrüstung verworfen hat13.

Asriel bemühte sich zwar nachzuweisen, daß die Idee vom En-Sof und den Sefirot in Bibel und Talmud begründet sei, allein er hat für Verständige nur das Gegenteil bewiesen. Als wenn die Kabbala kein gutes Gewissen gehabt hätte, daß sie ihre Theorien für uralt ausgab, während sich in dem talmudischen Schrifttum keine Spur davon aufweisen [70] läßt, setzte sie eine kabbalistische Schrift in alter Form und agadischem Gewande in die Welt, welche kabbalistische Ideen von talmudischen Autoritäten, R. Nechunja ben Ha-Kana und Andern auseinandersetzen läßt. Diese untergeschobene Schrift nannten die Kabbalisten Bahir (Glanz, oder nach dem ersten Namen: Midrasch des Nechunja ben Hakana). Wer der Verfasser derselben war, läßt sich nicht bestimmt ermitteln. Vielleicht das kabbalistische Brüderpaar Asriel und Esra. So schlau ist dieser Wechselbalg eingeschmuggelt worden, daß selbst besonnene Rabbiner ihn als einen echten, uralten Sproß des Judentums verehrten und seinen Lügenworten Glauben schenkten. Vergebens hat ein hochgeachteter Mann, Meïr ben Simon aus Narbonne, diese Fälschung entlarvt14, vergebens mit Zustimmung des durch Frömmigkeit und talmudisches Wissen ausgezeichneten Rabbiners Meschullam ben Mose aus Beziers15 die Gemeinden gewarnt, sich von diesem Lügenwerke, wie von der Schriftenflut des gerundensischen Brüderpaares täuschen zu lassen, sie vielmehr, da sie Ketzerei enthielten, zu vernichten. Die kabbalistische Lügenschrift hat sich behauptet und hat späteren kabbalistischen Taschenspielern als Zeugnis für ihre Lehren gedient. Die Mystik konnte sich nur durch Untergeschobenes (apokryphes Schrifttum) behaupten. Denn da sie ihren Lehrinhalt nicht durch einleuchtende Gründe beweisen kann, so muß sie sich auf Autoritäten berufen, und wenn sie solche nicht vorfindet, so erfindet sie sie. Die Propaganda, welche Asriel und wohl auch Esra für die Kabbala auf ihren Wanderungen machten, wurde durch die Einschmuggelung der mystischen Schrift Bahir bedeutend unterstützt. Die Kabbalisten gaben an, die Heimat dieses ersten kabbalistisch-apokryphen Buches sei Palästina gewesen; von da sei es vor alter Zeit den Frommen Deutschlands zu Händen gekommen, und von ihnen sei es zu den rabbinischen Autoritäten der Provence gelangt16. Sein Lehrinhalt sei in einer langen Kette von Gaon zu Gaon überliefert worden; und diese Fabel fand Glauben. Obwohl kein einziger gaonäischer oder rabbinischer Schriftsteller vor dem dreizehnten Jahrhundert das Dasein dieser mystischen Schrift auch nur andeutet, so erkannte sie doch selbst Nachmani als eine uralte, durch talmudische Autoritäten gewährleistete Grundschrift der Geheimlehre an. Auf Grund derselben vertiefte auch er sich in die Kabbala.

[71] Die Bemühungen Asriels und Esras für die Geheimlehre hätten vielleicht geringen Erfolg gehabt, wenn sich nicht Nachmani unter ihre Fahne gestellt hätte. Auf den ersten Blick ist es zwar schwer zu begreifen, wie dieser klare, haarscharfe Denker, welcher auf dem talmudischen Gebiete über jede Dunkelheit Licht zu verbreiten vermochte, der in Ibn-Esras und Maimunis religionsphilosophischen Gedanken das Unjüdische oder dem Judentum Widersprechende mit scharfem Blick erkannte, wie auch er den Verirrungen der Kabbala folgen und ihr Anhänger werden konnte. Allein bei tieferem Eingehen auf seine Denkart schwindet das Rätselhafte dieser Erscheinung. Nachmani gehörte zu den zahlreichen denkenden Menschen, welche das einzelne richtig zu beurteilen, aber ein großes Ganzes nicht zu umfassen vermögen. Maimunis philosophische Auffassungsweise stieß wegen ihrer Nüchternheit seinen Geist ab, die Kabbala dagegen sagte ihm gerade zu, weil sein Wunder- und Autoritätsglaube in ihr Nahrung fand.

Da er als frommer Rabbiner und tiefer Talmudkundiger die Wahrheit der Kabbala anerkannt hatte, so war ihr Ansehen gesichert. Wo Nachmani unbedingt glaubte, scheuten sich Minderbegabte zu zweifeln. Der Dichter Meschullam En-Vidas Dafiera (o. S. 47), der Gegner der Maimunisten, stellte daher ihn, sowie Esra und Asriel, als Gewährsmänner für die Wahrheit der Geheimlehre auf17.


»Uns ist Nachmans Sohn eine feste Burg –

Esra und Asriel haben uns ohne Täuschung belehrt,

Sie sind meine Priester, sie erleuchten meinen Altar,

Sie sind meine Sterne, die nicht verdunkeln. –

Sie wissen Gottes »Maßausdehnung« zu rechtfertigen,

Nur halten sie aus Furcht vor den Ketzern mit ihren Worten zurück.«


So wurde Nachmani eine Hauptstütze der Kabbala, und mehr noch dadurch, daß er in hingeworfenen Bemerkungen von ihr sprach und mehr davon verhüllte als aufdeckte. Sein Lehrer in der Kabbala soll Asriel oder Esra gewesen sein; indessen kann er sie schon in der Jugend18 von seinem Lehrer im Talmud, Jakob ben Jakar (o. S. 60), der sich ebenfalls damit beschäftigte, empfangen haben. Hatte sie doch in Gerona, Nachmanis Heimat, ihr erstes Zelt.

Später erzählte man sich, um die siegreiche Kraft der Kabbala zu beweisen, daß Nachmani anfangs entschiedene Abneigung gegen sie gehabt habe, troß der Mühe, die sich ein ergrauter Kabbalist, gegeben habe, ihn zu bekehren. Eines Tages sei nun dieser Kabbalist [72] in einem Schandhause ertappt und zum Tode verurteilt worden. Vor seiner Hinrichtung, an einem Sabbat, habe er Nachmani zu sich rufen lassen, der nur widerwillig zu ihm gekommen sei und ihm Vorwürfe wegen seines unwürdigen Betragens gemacht habe. Der Kabbalist habe seine Unschuld beteuert und Nachmani versichert, er werde noch an demselben Tage nach der Hinrichtung zu ihm kommen und das Sabbatmahl mit ihm verzehren. Diese Versicherung habe sich bewährt, indem der Kabbalist durch Geheimmittel bewirkt habe, daß ein Esel an seiner Statt hingerichtet worden, und er sei plötzlich in Nachmanis Zimmer getreten. Von diesem Augenblicke an habe sich Nachmani zur Kabbala bekannt und habe sich in sie einweihen lassen19.

Die Geheimlehre der geronensischen Schule, wie sie Asriel, sein Zwillingsgenosse, Jakob ben Scheschet und Nachmani lehrten, hatte doch wenigstens einen Anflug von gedanklicher Unterlage und eine gewisse Berechtigung gegenüber der auf Kosten des Judentums bis zum Übermaß getriebenen Verflachung einiger Maimunisten. Sie konnte daher in mystisch gestimmten Gemütern Anklang finden, und die Zweifel derer, welche in der Klemme zwischen Philosophie und grobem Buchstabenglauben ängstlich geworden waren, verstummen machen. Anders geartet war die Geheimlehre in dem deutsch-jüdischen Kreise, dessen Hauptvertreter Eleasar ben Jehuda aus Worms war (mi-Garmisa, auch Rokeach nach seinem Hauptwerk genannt, geb. um 1160, st. um 1230)20. Obwohl dieser Wormser Mystiker (Schüler des überfrommen Jehuda Chasid aus Regensburg) sich von der Vorstellung der Körperlichkeit Gottes in agadischer und mystischer Weise frei gemacht, vielmehr in Übereinstimmung mit Saadia und anderen jüdischen Denkgläubigen die Geistigkeit Gottes scharf betonte und der Auseinandersetzung dieses Gedankens gegenüber den Anthropomorphisten eine eigene Schrift widmete21, so war er dennoch nicht mit sich im reinen, was er mit den vermenschlichenden Agadas und der [73] Lehre von dem Riesenmaße der göttlichen Glieder anfangen solle. Er stellte sich die Gottheit wie einen König in der himmlischen Hofhaltung vor, umgeben von Engelscharen. Seine mystische Methode besteht darin, die Buchstaben der Gottesnamen und der Schriftverse zu versetzen, sie in Zahlzeichen zu übertragen oder sie als Abkürzungen bedeutungsvoller Wörter zu behandeln (Ziruf, Gematria22 Notaricon). Auch der praktischen Kabbala, durch gewisse Gottes- oder Engelnamen, auf ein Papier geschrieben, Wunder zu tun, wovon die provenzalisch-spanische Geheimlehre nichts wußte, scheint Eleasar von Worms zugetan gewesen zu sein (Kabbala Maassijot). Dagegen kannte die deutsche Mystik noch nicht das Sefirot-System, nicht einmal den Ausdruck En-Sof. – Eleasar von Worms hatte vielen Einfluß auf seine Zeitgenossen und die Nachwelt, weniger durch seine talmudische Gelehrsamkeit und seine Gedankentiefe, als vielmehr durch seine herzliche Sprache. Er behandelte selbst die talmudischen Partien nicht trocken, sondern mit gemütlicher Eindringlichkeit. Er und allenfalls sein Lehrer Jehuda der Fromme aus Regensburg galten für die deutschen Juden als »Väter der Kabbala«, wie Isaak der Blinde und sein Vater für die provenzalischen und spanischen. Als diese zwei verschiedenen Geheimlehren, die auf Buchstaben und Zahlen begründete und die von den Sefirot ausgehende, miteinander verschmolzen und vermischt wurden, richteten sie eine noch heillosere Verwirrung in den Köpfen an und töteten den gesunden Sinn. Jünger des Eleasar von Worms, darunter ein gewisser Menahem der Deutsche23, haben wohl diese Verbindung zustande gebracht.

[74] So entstanden in kaum vier Jahrzehnten nach Maimunis Tod drei Parteien, und das war der Anfang der rückläufigen zur Verkümmerung führenden Bewegung.

Es trat eine Sonderung ein zwischen den philosophisch Gebildeten24, den Stocktalmudisten25 und den Kabbalisten26. Die ersteren, welche Maimuni zu ihrem Führer nahmen, legten sich das Judentum rationalistisch zurecht, blieben entweder bei seinen Annahmen stehen oder zogen kühne Folgerungen aus seinen Vordersätzen, die ihm entgangen waren, oder die er unberührt lassen wollte, und brachen halb und halb mit dem Talmud. Die strengen Talmudisten befaßten sich ausschließlich mit halachischen Kontroversen und wollten von philosophischen Erröterungen gar nichts wissen; sie waren jeder Wissenschaft und allem Forschen auf religiösem Boden abhold und legten sich die Agadas in nackter Buchstäblichkeit zurecht; auch der Kabbala gingen sie aus dem Wege. Endlich waren die Kabbalisten ebenso sehr gegen die talmudistischen Buchstäbler wie gegen die maimunistischen Rationalisten eingenommen. Doch verhielten sie sich, weil ihre Zahl anfangs klein war, und ihnen die dem Judentum widerstreitenden Folgerungen aus ihrem System noch nicht zum Bewußsein gekommen waren, freundlich zu den Stocktalmudisten. Hatten doch beide gemeinsame Feinde zu bekämpfen. Die Kabbalisten richteten daher anfangs ihre Spitzen lediglich gegen die Maimunisten. Ehe aber das Jahrhundert abgelaufen war, waren auch die Kabbalisten und die Stockfrommen miteinander entzweit, und beide Parteien begannen einander so heftig anzufeinden, wie ihre gemeinsamen Gegner, die Philosophen.

Die Folgen, welche einerseits aus der vom Papsttum ausgegangenen Entehrung der Juden und anderseits aus der Spaltung im [75] Innern entsprangen, machten sich bald fühlbar und brachten unerfreuliche Erscheinungen zutage. Die Harmlosigkeik, der frohe Sinn, die Freudigkeit des Schaffens, welche, verbunden mit geistiger Rührigkeit so schöne Blüten getrieben hatten, waren auf lange, lange Zeit dahin. Ein trüber Ernst stellte sich dafür auch bei den spanischen und provenzalischen Juden ein und hielt jeden Aufschwung der Seele wie mit Bleigewichten nieder. Die lustigen Sänger verschwanden mit einem Male, als wenn der eisige Hauch der trüben Gegenwart ihr warmes Blut plötzlich zum Gefrieren gebracht hätte. Wie sollte der Jude mit dem Schandlappen auf der Brust fröhliche Weisen singen! Die neuhebräische Poesie, welche seit drei Jahrhunderten so holde Dichtungen zutage gefördert hatte, starb ab, oder trieb nur noch welke Blätter. Die Satiren und Epigramme, welche die Maimunisten und Antimaimunisten einander zuschleuderten, waren die letzten Erzeugnisse der neuhebräisch-spanischen Muse. Aber auch diese lachen und kichern nicht mehr, sondern räsonieren und diskutieren. Sie gleichen nicht, wie die Epigramme aus der Blütezeit, kosenden jungen Mädchen, sondern zänkischen, alten Weibern. Sie zeigen ein gefaltetes, vergrämtes, pedantisches Gesicht. Die letzten Dichter fühlten selbst, daß die Schwungkraft der neuhebräischen Poesie erschöpft war und verzehrten sich nur noch in Erinnerungen an die goldene Zeit.

Die letzten Vertreter der neuhebräischen Dichtung, welche aus der maimunischen Epoche in die gegenwärtige hinüberreichten, waren nächst Jehuda Alcharisi, dem unermüdlichen, leichtfertigen Übersetzer27, dem warmen Parteigänger für Maimuni, Joseph ben Sabara und Jehuda ben Sabbataï. Alle drei schufen, wie auf gemeinsame Verabredung, die satirische Romanform, in welcher Verwandlungen den Rahmen und eine überströmende Rhetorik den Inhalt bilden. In ihren Dichtungen liegt mehr gesuchter Witz als anmutende Kunst. Wie Alcharisi in seinem Roman Tachkemoni unter den Vermummungen des Keniten Heber und [76] in den Wechselgesprächen mit dem Dichter (unter dem Namen Heman, dem Esrahiten) vielerlei, Scherzhaftes und Ernstes, in gereimter Prosa abwechselnd mit Versen, vorbringt und kleine Episoden einflicht, ganz ebenso verfuhr der Dichter Joseph ben Sabara (wahrscheinlich Arzt in Barcelona) in seinem Roman »die Ergötzlichkeiten« (Schaaschuim)28. Die Rolle der Vermummungen und Verwandlungen spielt in demselben ein Dämon Namens Enan, der mit dem Dichter Wechselgespräche führt; beide schütten ein Füllhorn von kleinen Novellen, Fabeln und Sprüchen aus der talmudischen und arabischen Literatur in gereimter Prosa und in Versen aus. Ibn-Sabara war nicht bloß Zeit- und Kunstgenosse, sondern auch Leidensgenosse des Alcharisi. Wie dieser, führte auch er ein Abenteurerleben, kam aber auf seinen Reisen nicht so weit und wurde von einem reichen Gönner, Scheschet Benveniste in Barcelona, der selbst Dichter und Anhänger Maimunis war und dem er seinen Roman widmete, unterstützt. – Der dritte Dichter dieser Gattung, Jehuda ben Isaak ben Sabbataï, eben falls aus Barcelona, wird zwar von Alcharisi selbst unter die besten Kunstgenossen gezählt29; aber seine Leistungen bestätigen das Urteil keineswegs. Sein »Dialog zwischen der Weisheit und dem Reichtum«30, ein Kompliment für Todros Abulafia Halevi (o. S. 31) ist sehr arm an poetischen Wendungen. Nicht viel besser ist sein satirischer Roman »der Weiberfeind«31; er hat keineswegs den umfassenden Plan der zeitgenössischen Dichter dieser Gattung und steht überhaupt gegen sie zurück. Die Erfindung zeugt nicht von großer Begabung. Der Held des Romans, Serach, wird von seinem Vater auf dem Totenbette beschworen, das schöne Geschlecht, das voller Tücke sei, ganz und gar zu meiden. Eine Zeitlang befolgt er diese Ermahnung getreulich und prahlt noch dazu mit seinem Weiberhasse. Eine kluge Frau zettelt aber eine Verschwörung gegen ihn an. Auf ihre Veranlassung verlocken ihn holde Jungfrauen durch reizende Verse, denen er nicht [77] widerstehen kann. Serach verliebt sich in eine derselben, sein Ingrimm verwandelt sich in Sehnsucht, sein Spott in girrendes Flehen. Er findet Gehör; aber statt einer Schönheit, die ihm als Ehefrau zugeführt werden sollte, erblickt er einen Ausbund von Häßlichkeit. Die schelmischen Weiber weiden sich in Schadenfreude an seiner Demütigung und Strafe. Die Satire des »Weiberfeindes.« ist zu grell und plump, die Farben sind zu dick aufgetragen. So schnell entartete der gute Geschmack, daß ein unfruchtbarer Dichter, Chajim ben Samchun, an diesem satirischen Roman einen literarischen Diebstahl beging, Verse daraus entlehnte, sie für seine eigenen ausgab und Glück damit machte32.

Der Verfall der neuhebräischen Poesie trat rasch ein. Nach dem Heimgang dieser Dichter wurde sie immer verwaister, und es verging ein Jahrhundert, bis wieder ein würdiger Nachfolger erstand. Da die poetische Zeugungskraft erschöpft war, so verlegten sich diejenigen, welche die Sprache zu behandeln und Reime leidlich zusammenzufügen verstanden, auf Nachahmung früherer Erzeugnisse. Abraham ben Chasdaï, der Parteigänger Maimunis aus Barcelona, überarbeitete eine moralische Unterredung zwischen einem weltlich Gesinnten und einem Büßer (die Geschichte von Barlaam und Josaphat, ursprünglich griechisch) aus einer arabischen Übersetzung in hebräische Fassung unter dem Titel »der Prinz und der Nasiräer« (Ben ha-Melech W' ha-Nazir)33.

Ein armer Bücherabschreiber, Berachja ben Natronaï Nakdan, in der Landessprache Crispia genannt (blühte um 1230-1245)34 aus Südfrankreich, suchte wieder die bei den alten Hebräern beliebte Fabeldichtung hervor. Er war aber nicht imstande, [78] eigene dramatische Tiergespräche zu erfinden, sondern bearbeitete meistens die Erzeugnisse älterer Fabeldichter, des indischen Bidpaï, des griechischen Äsop, des arabischen Lokman und auch solche Fabeln, die im Talmud vorkommen, in neuhebräischer Form. Unter seinen hundert und sieben Fuchsfabeln (Mischlé Schualim) sind nur einige aus eigener Erfindung gedichtet. Berachja wollte damit seinen Zeitgenossen, »welche der Wahrheit den Rücken kehrten und der Lüge den goldenen Zepter reichten«, einen Spiegel vorhalten. Pflanzen und Tiere sollten die Verkehrtheit und Verderbtheit der Menschen veranschaulichen. Der Wert der Berachjanischen Fabeln sowie des Moralbuches »der Prinz und der Derwisch« von Abraham ben Chasdaï besteht einzig in der glücklichen Nachahmung des biblischen Stils und in der geschickten Anwendung von Bibelversen auf einen ihnen fremden Gedankengang. Dadurch hat ihre Sprache für den Kundigen etwas ungemein Witziges, Anziehendes und Pikantes. Berachja-Crispia wußte [79] damit besonders Maß zu halten, mehr als seine unmittelbaren Vorgänger der charisischen Zeit. Er ließ sich nämlich nicht zu übersprudelndem Wortschwall hinreißen und hütete sich vor dem Zuviel, dem viele seiner Kunstgenossen erlagen, weil ihnen wie ihm der ganze Sprach-und Satzstoff der Bibel stets gegenwärtig war. Der südfranzösisch-hebräische Fabeldichter verstand auch etwas von Philosophie und überarbeitete Saadias Religionssystem zu einem Auszuge.

Aus Mangel an Erfindungsgabe ahmte ein unbekannter zeitgenössischer Dichter die biblische Erzählung nach und schmückte den Inhalt mit Sagen und Zusätzen aus. Der höchst wahrscheinlich spanische Verfasser des Buches Jaschar goß die Geschichte von Adam bis zur Richterzeit in eine Art chronologisch gehaltenes Epos um und flocht in die Fugen der Geschichte vielfach heldenmäßige Züge aus der Agada, dem Koran und anderen Schriften (namentlich aus der sogenannten erdichteten Chronik des Mose) ein. Seine Schrift, das Buch Jaschar (auch Toldot Adam)35 hat weiter keinen Wert als die glückliche Nachahmung des biblischen Geschichtsstils. – Soll man auch Joseph Ezobi unter die Dichter dieser Zeit aufnehmen? Man erweist seinen Versen schon zu viel Ehre, wenn man sie auch nur ein Gedicht nennt, und man müßte sie mit Stillschweigen übergehen, wo von neuhebräischer Poesie die Rede ist, wenn sie nicht infolge zahlreicher Abschriften, Vervielfältigung durch den Druck und lateinischer und französischer Übersetzung die Aufmerksamkeit der Literaturhistoriker auf sich gezogen und eine Art Berühmtheit erlangt hätten. Joseph Ezobi (oder Esobi) ben Chanan aus Orange oder Vaison (bei Avignon, blühte um 1230-1250)36, der von seiner [80] Heimat nach Perpignan ausgewandert war, richtete an seinen Sohn Samuel ein Hochzeitsgedicht, »die silberne Schale« (Kaarat Kesef), als Angebinde, worin er ihm Ermahnungen und Lebensregeln einschärfte. Unter anderem empfahl er ihm »sich von der griechischen Weisheit fernzuhalten, die dem Weinstock Sodoms gleiche und nur Unheil in den Gemütern stifte«. Er möge sich allenfalls mit hebräischer Grammatik und Bibelkunde befassen, aber seine Hauptbeschäftigung sei der Talmud. Dieses allein charakterisiert den Mann und seine Geistesrichtung. Joseph Ezobis Verse bekunden zwar Sprachgewandtheit, aber keineswegs Gewähltheit im Ausdruck und noch weniger Anmut. Er gehört zu den gewandten Reimern, welche seit dieser Zeit namentlich in der Provence zu Dutzenden auftauchen.

Nur noch ein einziger wahrhafter Dichter trat in dieser Zeit auf, aber seine Lieder galten nicht dem Judentum und ertönten auch nicht in der Nationalsprache. Abu-Ischak Ibrahim Ibn - Sahal, der Israelite (al-Israeli), in Sevilla (geb. um 1211, st. um 1250), wird von mohammedanischen Literaturhistorikern als einer der lieblichsten Sänger in ihrer Zunge gepriesen, dessen Gedichte sie mit Verehrung sammelten. Ibn-Sahal sang meistens Liebeslieder. Als ein mohammedanischer Kunstkenner einst gefragt wurde, woher es denn käme, daß Ibn-Sahal in so schmelzender, rührender Weise zu singen verstände, erwiderte er, er vereinige zwei Arten von Demut in seinem Herzen, die Demut eines Liebenden und die Demut eines Juden. Seine Lieder waren so sehr geschätzt, daß Araber für ein Exemplar derselben zehn Goldstücke zahlten, während eine Koranrolle um den zehnten Teil feil war. Dazu soll der Philosoph Averroes (oder einer seiner Jünger) die Bemerkung gemacht haben, ein Staat müsse untergehen, in dem das heilige Buch um so wohlfeilen Preis, leichtsinnige Lieder dagegen so teuer verkauft würden

Die späteren Araber stritten hin und her, ob Ibn-Sahal bis an sein Lebensende Jude geblieben oder zum Islam übergetreten sei. Indessen ist beides richtig. Denn in Sevilla herrschten damals noch die Almohaden, welche keinen Juden (und auch keinen Christen) duldeten. Diejenigen, welche nicht den Wanderstab ergreifen wollten, nahmen zum Schein den Islam an, leierten dessen Bekenntnis ab, besuchten die Moscheen, blieben aber nichtsdestoweniger in ihrem Herzen dem Judentum treu, beobachteten in unbewachten Lagen dessen Religionsvorschriften und verkehrten mit ihren Stammesgenossen. Ibn-Sahal war also höchst wahrscheinlich ein Mohammedaner unter Mohammedanern, aber im jüdischen Kreise ein Jude. Dabei [81] war er, wie ausdrücklich bezeugt wird, Vorsteher der jüdischen Gemeinde von Sevilla. Einige fromme Glaubensgenossen sollen ihm harte Vorwürfe gemacht haben, daß er sich so weit vergäße, Liebeslieder zu dichten. Darauf soll er in schönen Versen den Tadel zurückgewiesen haben. Über seinen Tod herrschen widersprechende Nachrichten. Einige erzählen, er sei von seinen Glaubensgenossen wegen seiner leichtsinnigen Dichtung vergiftet worden; andere dagegen, er sei auf einer Seereise durch Schiffbruch umgekommen, und als die Nachricht von seinem Tode in den Fluten eingelaufen sei, habe ein anderer jüdischer Dichter dabei die Bemerkung gemacht: »Die Perle ist zu ihrer Muschel zurückgekehrt«37.

Mehr noch als die Dichtkunst sanken die übrigen Wissensfächer in der nachmaimunischen Zeit. Wie konnte eine gesunde Exegese blühen, wo Philosophen und Kabbalisten um die Wette es darauf anlegten, den Sinn der heiligen Schriften zu deuteln, oder geradezu zu verdrehen, um ihrer Theorie eine scheinbare biblische Stütze zu geben? Mit ihr verkümmerte auch die hebräische Grammatik. Sie floh vor der philosophischen und kabbalistischen Künstelei. Die glänzenden Leistungen der Vorzeit gerieten in Vergessenheit. David Kimchi war der letzte Exeget und Grammatiker für eine geraume Zeit. Nachmani beschäftigte sich wohl mit der Schrifterklärung, zog auch öfter die Grammatik zu Rate und zeigte richtiges Sprachgefühl, allein beides nicht als Selbstzweck, sondern im Dienste einer vorgefaßten Meinung, namentlich um gegnerische Ansichten zu widerlegen. So entblätterte sich nach und nach der schöne Kranz von jüdischen Wissenschaften, den die jüdisch-spanischen Denker und Forscher gewunden hatten.


Fußnoten

1 הרתסנ המכח, abbreviertes Notarikon ן"ח, zuerst von Nachmani gebraucht. Vgl. über Entstehung der Kabbala Note 3.


2 So äußert sich ein Kabbalist des vierzehnten Jahrhunderts, der Verfasser des תוהלא תכרעמ; vgl. Note 3.


3 Maimunis Responsum in Nite Naamanim p. 17; vgl. Frankel, Monatsschrift, Jahrgang 1859, S. 67 ff.


4 Schiur-Koma im Buch Rasiel ed. Amsterd. 1701, p. 37 b.


5 ףוס ןיא. Schon die Wortbildung verrät die Jugend.


6 ןיא.


7 Singular הריפס, Plural תוריפס.


8 יעצמא דומע.


9 תורוניצ.


10 םלוע דוסי קידצ.


11 Vgl. über Jakob ben Scheschet Note 3.


12 Vgl. Ritter, Geschichte der christlichen Philosophie III, S. 628 ff.


13 Saadia, Emunot VI, 7.


14 Vgl. Renan (Neubauer) Les Rabbins français, p. 561.


15 Das. p. 515, 733.


16 Isaak Kohen aus Segovia (Ende des 13. Säculums) in Schem-Tob, Emunot, p. 94 a unten, 19 b.


17 Dibre Chachamim, p. 77, vgl. Note 1.


18 Vgl. Note 2.


19 Gedalja Ibn-Jachja in Schalschelet ha-Kabbala.


20 Sein Geburts- und Todesjahr ist nicht bekannt. Zacuto gibt nur im allgemeinen an, er sei ungefähr gleichzeitig mit Esra, 1238, gestorben (in der Filipowsskischen Edition des Jochasin fehlt sogar diese Angabe). Aus dem Umstande, daß Eleasar von W. 1197 bereits mehrere Kinder, und darunter eine erwachsene Tochter und auch Schüler hatte (Bd. VI3, S. 231), folgt, daß er damals mindestens ein Dreißiger war. 1223 war er Mitglied der Mainzer Synode (o. S. 22). Nachmani scheint ihn in seinem größeren Sendschreiben von 1232 als Verstorbenen zu zitieren.


21 הנומאהו דוחיה דוס ירעש ediert nach einem Manuskript von Jellinek in Sterns Koch be Jizchak, Heft 27, S. 7 ff. Auch in der Einleitung zu Rokeach polemisiert Eleasar von W. gegen den groben agadischen Anthropomorphismus. Über seine Schriften vgl. Jellinek, »Auswahl kabbalistischer Schriften« S. 28 f. Indessen ist die Autorschaft mancher ihm vindizierten mystischen Schriften noch nicht gesichert. Zunz schreibt ihm die mystische Schrift לודגה לאיזר רפס zu (Gottesdienstliche Vorträge, S. 169 f., Note). Allein das ist schon deswegen nicht richtig, weil E. v. W. selbst in seinem Hauptwerke Rokeach angibt, jeder Autor müsse seinen Namen am Anfang seines Buches durch Akrostichen oder sonst ein Mittel verewigen, das sogenannte große Buch Rasiel deutet aber nicht entfernt seinen Namen an. Es gehört aller Wahrscheinlichkeit nach dem Schwärmer Abraham Abulafia an, der sich bekanntlich auch Rasiel nannte.


22 Das Wort אירטמג, das im Talmud und bei den Kabbalisten so häufig vorkommt, ist wohl eine Metathesis des griechischen Wortes γράμμα, γραμματεία oder γραμματεῖα im Sinne von Zahlzeichen, Zahl.


23 Mit Recht berichtigte Jellinek die früher irrtümlich festgehaltene Annahme über den Ursprung dieser von ihm edierten (früher zweimal gedruckten) Schrift רתכ בוט םש dahin (Auswahl kabbalistischer Mystik, Heft 1, Hebr. Beilage, p. 29 ff.), daß dieselbe nicht Abraham ben Alexander (Achselrad?) aus Cöln angehört, sondern einem Menahem, Jünger des Eleasar Rokeach (Frankel, Monatsschr., Jahrg. 1853, p. 78 und Einl. zu Nachmanis Derascha, S. VIII, Note). Denn in einer Note zu dem Buche רמאש ךורב (die entweder dem Verfasser Simson ben Elieser oder Lipmann [Jom-Tob] aus Mühlhausen angehört) wird םחנמ 'ר אזימרגמ רזעלא וניבר לש ודימלת als Verfasser desselben angegeben (p. 9 b). Von demselben existieren auch תוריפס ישע שוריפ und תוצמ ימעט (de Rossi Codd. No. 1108, 4; in der Oppenheimeriana 1704 Q und in den Michaelschen Nr. 615, 3). Dieser Menahem, Jünger des Eleasar von Worms, ist also der erste Deutsche, der die Sefirot mit der Zahlenkabbala kombiniert hat. Von der Beschäftigung der deutschen Mystiker mit Wundertuerei berichtet Nachmani in seiner Derascha (ed. Jellinek, p. 28) und Abraham Abulafia in תוביתנ 'ז bei Jellinek, Philosophie und Kabbala, p. 22.


24 תעדה לוקש ישנא genannt.


25 םידומלת.


26 םילביקמ.


27 Er übersetzte aus dem Arabischen ins Hebräische einen Teil des maimunischen Mischnah-Kommentars nebst Einleitung, den Moré, die Apophthegmen der Philosophen, einen angeblichen aristotelischen Brief über Moral, einen Dialog angeblich zwischen Galenus und seinem Schüler über die Seele, eine medizinische Abhandlung Galens gegen die schnelle Beerdigung, die maimunische Diätetik in Reimen, die medizinisch-gynäkologische Schrift des Scheschet Benveniste und eine hebräische Bearbeitung der Makamen Hariris. Selbstständige Arbeiten sind neben Tachkemoni ein Teǵnis (oder קנע), eine Einleitung zur hebräischen Grammatik, ein Kommentar zu Hiob und ein Buch der Lose, wahrscheinlich astrologisch. Vgl. darüber Dukes in Ginse Oxford p. 62.


28 Das Buch habe ich nicht gelesen, sondern nur nach der Beschreibung in Ersch und Gruber Enzyklop. II, T. 31, S. 39 ff. charakterisiert.


29 In Tachkemoni 46: ןב הדוהי 'ר אפורה (הנולצרבב) םשו תוצילמה ןיעמ קחצי bezieht sich zweifellos auf diesen Dichter.


30 רשעהו המכחה תמחלמ geschrieben 1214, zuerst ediert Konstantinopel 1543.


31 םישנה אנוש הדוהי תחנמ zuerst ediert Konstantinopel sine anno, zuletzt abgedruckt in Taam Sekenim, p. 1 ff. Der Roman ist einem Hochgestellten gewidmet רצויה םהרבא, ohne Zweifel Abraham Alfachar (רצויה, arabisch רחפלא oder רצפלא) vgl. Bd. IV3, S. 189.


32 Minchat Jehuda in Taam Sekenim, p. 12.


33 ריזנהו ךלמה ןב, gedruckt zuerst Konstantinopel 1518; unter dem Titel: Prinz und Derwisch ins Deutsche übertragen von W. A. Meisel, Pest 1860.


34 Über diesen Fabeldichter ist viel Tinte verspritzt worden, um sein Zeitalter zu fixieren. Um den Leser nicht zu ermüden und ihn nicht in dem wüsten Gewirre von Notizen und Zitaten ratlos zu machen, will ich hier nur das Wahrscheinliche zusammenstellen. Der Dichter nennt sich im Vorworte: ןדקנה יאנורטנ ןב היכרב und in der letzten Fabel (Nr. 107) איפשרק ירבד אנ ועמש ןדקנה, auch gegen Ende: והיפשרק לש והשעמ בתוכה הזו. Nun hat Dukes (vielleicht auch andere vor ihm) in einem Manuskript folgenden Epilog gefunden: יהיו יששה ףלא טרפל ינשה ןינמ תנש ינברוח בא שדוחל ינימשה םויב רפסה תא ןדקנה והיבשרק ינא יתוליחה ישימחה שדוחה אוה הלחתו ץק רמגל ינשה רדאל ינשב ינשה שדוחה םויבו ינומימ ינאיבה (Ozar Nechmad II., p. 102). Es folgt also daraus, daß Crispia Nakdan, d.h. Berachja ben Natronaï, 1242 gelebt hat. Für diese Zeitepoche spricht auch das gewichtige Zeugnis, daß sein Enkel Elia 1333 einen Pentateuch-Kodex kopiert hat (bei Wolf I, p. 166). Daß es zwei dieses Namens: Crispia Nakdan gegeben haben soll, ist nicht wahrscheinlich. Für einen Crispia ben Isaak Nakdan (Zunz zur Geschichte, S. 86) liegen keine kritisch gesicherten Zeugnisse vor. Das Zitat in Baruchs המורתה 'ס (Nr. 201) stört dieses Datum nicht, selbst die Identität beider zugegeben, da es offenbar ein Glossem ist. Aber keineswegs ist der Dichter-Kopist und Philosoph Crispia Nakdan mit dem Rabbinen םירדמ איבשרק (aus Drome) in Lurjas Gelehrten-Katalog (Bd. VI, S. 396, Nr. 16) als identisch anzusehen. Und nun noch ein Beweis der Wahrscheinlichkeit. Der Fabeldichter hat Phrasen von Gebirol aus dessen םינינפה רחבמ nach der Tibbonschen Übersetzung benutzt. Er gehört also mit allen seinen Voraussetzungen dem dreizehnten Jahrhundert an. Die Bibliographen haben sich aber eine unnütze Schwierigkeit aufgetürmt, die jetzt leicht zu beseitigen ist. Der Hymnus דוחיה ריש ist nach der Berachjanischen Bearbeitung des Saadianischen Emunot angelegt und soll Samuel und seinen Sohn Jehuda Chasid aus Regensburg zu Verfassern haben, von denen der letzte 1217 starb Also, so folgerte man, hat Berachja im 12. Jahrhundert gelebt. Dieser Umstand hat einige Bibliographen bewogen, Berachja Nakdan in dasselbe Jahrhundert zu setzen. Allein Mose Taku tradiert, daß nicht Samuel und Jehuda, die Mystiker, sondern ein gewisser Bezalel und Samuel Verfasser jenes Hymnus waren (Ozar Nechmad III., p. 61). Hiermit ist die Schwierigkeit gehoben, vgl. darüber und über die angeblich von Berachja Nakdan stammende Übersetzung von Saadias תועדו תונומא und eine Schrift ףרצמ angeblich von demselben, Bloch in Frankel-Graetz Monatsschrift, Jahrg. 1870, S. 402 und 451 ff. Von demselben Berachja existiert ein handschriftliches Buch unter dem Titel ידכנו ידוד über physikalische Fragen, wahrscheinlich aus einer lateinischen Schrift. Bloch, das. S. 402 ff. Das םילעוש ילשמ ist zuerst erschienen Padua 1557. Der Jesuit Melchior Hanel hat sie 1661 ins Lateinische übersetzt. Vgl. darüber die Bibliographen, besonders Carmoly, la France Israélite p. 21 ff.


35 Über das רשיה רפס vgl. Zunz gottesdienstliche Vorträge, S. 158. Es gehört, nach seiner Annahme, dem dreizehnten Jahrhundert an und weist auf Spanien. Eine kritische Untersuchung über die darin benutzten Quellen wäre wünschenswert. Es scheint, daß er den Pentateuch-Kommentar des Samuel ben Meïr (Raschbam) vor sich gehabt und vielfach für seinen Zweck benutzt hat.


36 Sein Zeitalter läßt sich nur annähernd bestimmen. Er war nämlich Lehrer des Dichters Abraham Bedaresi (Zunz zur Geschichte, S. 465), und da dieser eine Elegie auf die Verbrennung des Talmuds 1241-1244 gedichtet hat (derselbe), so ist die Zeit seines Meisters in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts bestimmt. Vgl. über ihn noch Carmoly, la France Israélite p. 79 ff. Die Stadt בוזא, nach der er benannt ist, wird von Carmoly für Vaison, von andern für Orange gehalten. Die erste Edition des ףסכ תרעק, Konstantinopel 1523. Die Handschriften enthalten noch einige Gedichte des Verfassers, die sämtlich auf das Hauptlied bezug haben. Lateinische Übersetzungen davon sind von dem Humanisten Reuchlin, dem ersten hebräischen Grammatiker für Christen, und von dem französischen Hebraisten Jean Mercier und eine französische von Carmoly angefertigt worden.


37 Die Nachricht über Ibn-Sahal gibt Almakkari aus älteren Quellen in Gayongos' history of the Mahometan dynasties in Spain. I, p. 158 ff. und Leo Afrikanus aus arabischen Quellen in descriptio Africae, auch in Fabricius bibliotheca, T. XIII. Vgl. darüber Lebrecht im Magazin für Literatur des Auslandes, Jahrg. 1841, Nr. 36, auch Literatur-Bl. des Orient., Jahrg. 1841, Kol. 246 f. Die Nachricht, daß Ibn-Sahal Moslem geworden sei findet Lebrecht unwahrscheinlich, sie ist aber glaubwürdig, wenn sie dahin beschränkt wird, daß er unter der Intoleranz der Almohaden Schein-Mohammedaner war.



Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1897], Band 7, S. 83.
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