Kriegsverbrechen und Verbrechen

gegen die Humanität.

[332] Rosenberg ist für ein System organisierter Plünderung öffentlichen und privaten Eigentums in allen überfallenen Ländern Europas [332] verantwortlich. Auf Grund der Befehle Hitlers, zur Errichtung der »Hohen Schule«, vom Januar 1940, organisierte und leitete er den Einsatzstab Rosenberg, der zahlreiche Museen und Bibliotheken plünderte, Kunstschätze und Sammlungen beschlagnahmte und Privathäuser ausraubte. Seine eigenen Berichte geben ein Bild von dem Umfang der Beschlagnahme. Bei der »Aktion« (Möbel), die im Dezember 1941 auf Rosenbergs Vorschlag eingeleitet wurde, wurden 69 619 jüdische Wohnungen im Westen, 38000 allein in Paris, geplündert. Man benötigte 26984 Eisenbahnwagen, um die beschlagnahmten Möbel nach Deutschland zu schaffen. Bis zum 14. Juli 1944 hatte der Einsatzstab im Westen mehr als 21903 Kunstgegenstände, darunter berühmte Gemälde und Museumsstücke weggeschafft.

Durch seine Ernennung zum Reichsminister für die besetzten Ostgebiete am 17. Juli 1941 bekam Rosenberg die Oberherrschaft über diese Gebiete. Er hat bei der Formulierung der Germanisierungs-, Ausbeutungs- und Sklavenarbeitspolitik mitgeholfen, sowie der auf Ausrottung der Juden wie der Gegner der Nazi-Herrschaft gerichteten Pläne. Er schuf die Verwaltung, die sie durchführte. Er nahm an der Besprechung vom 16. Juli 1941 teil, bei der Hitler erklärte, daß sie der Aufgabe gegenüberstünden, »den riesigen Kuchen unseren Bedürfnissen entsprechend aufzuteilen, um in der Lage zu sein, erstens, ihn zu beherrschen, zweitens, ihn zu verwalten und drittens, ihn auszubeuten«. Bei dieser Besprechung deutete er Hitler an, daß ein rücksichtsloses Vorgehen in Aussicht genommen sei. Am nächsten Tage erklärte Rosenberg, daß er das Amt annehme.

Rosenberg wußte über die brutale Behandlung und den Terror, denen die Völker des Ostens ausgesetzt waren, Bescheid. Er gab Anweisung, daß die Haager Regeln für die Landkriegsführung in den besetzten Ostgebieten nicht anwendbar seien. Er wußte Bescheid über die Entblößung der Ostgebiete von Rohmaterialien und Nahrungsmitteln, die nach Deutschland gesandt wurden, und beteiligte sich aktiv daran. Er erklärte, daß die Ernährung des deutschen Volkes auf dem ersten Platz auf seiner Liste der an den Osten zu stellenden Anforderungen stehe, und daß das Sowjetvolk darunter leiden werde. Seine Anweisungen sahen die Absonderung der Juden, und zwar als Endziel im Ghetto, vor. Seine Untergebenen begingen Massenmorde an Juden, und seine Zivilverwaltung im Osten war der Ansicht, daß es notwendig sei, den Osten von Juden zu reinigen. Im Dezember 1941 machte er Hitler den Vorschlag, bei einem Fall von Erschießungen von hundert Geiseln ausschließlich Juden dafür zu nehmen. Rosenberg wußte Bescheid über die Verschickung von Arbeitern aus dem Osten, über die Methoden der »Rekrutierung« und die Schrecken der Beförderung, [333] sowie über die Behandlung, die die Ostarbeiter im Reich erfuhren. Er gab den Beamten seiner Zivilverwaltung die Zahlen der Arbeiter an, die ins Reich geschickt werden mußten und die, einerlei auf welche Weise, zu beschaffen wären. Der Befehl vom 14. Juni 1944 für die Heu-Aktion, die Erfassung von 40000 bis 50000 Jugendlichen im Alter von 10-14 Jahren zum Abtransport ins Reich, trägt seine Genehmigungsunterschrift. Gelegentlich wandte sich Rosenberg gegen die von seinen Untergebenen begangenen Ausschreitungen und Grausamkeiten, besonders im Falle Koch, aber diese Ausschreitungen nahmen ihren Fortgang, und er blieb bis zum Ende im Amte.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 332-334.
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