Vormittagssitzung.

[365] VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird jetzt ohne Unterbrechung bis 1.00 Uhr tagen.

Ich habe etwas bekanntzugeben.

Als der Verteidiger für den Angeklagten Heß zum erstenmal sein Plädoyer hielt, hat der Gerichtshof verfügt, daß er es umarbeiten und dem Gerichtshof zur Prüfung übergeben soll, da er die Anordnung des Gerichtshofs, die angebliche Ungerechtigkeit des Versailler Vertrags nicht zu behandeln, fortgesetzt mißachtet hat.

Das Plädoyer, wie es jetzt von Dr. Seidl neu gefaßt wurde, ist vom Gerichtshof sorgfältig geprüft worden. Es enthält immer noch viele Anspielungen auf die Ungerechtigkeit des Versailler Vertrags, unerhebliches Material, Zitate, die vom Gerichtshof nicht genehmigt sind und andere Dinge, die mit den vor dem Gerichtshof behandelten Fragen nichts zu tun haben. Der Gerichtshof hat deshalb die beanstandeten Stellen gestrichen und den Generalsekretär angewiesen, Dr. Seidl ein mit diesen Streichungen versehenes Exemplar auszuhändigen.

Das ist alles.

Der Gerichtshof verfügt, daß Dr. Seidl mit dem Vertreter des Generalsekretärs in Verbindung tritt. Er kann die Stellen dann sehen, die nach Ansicht des Gerichtshofs zu beanstanden sind.

Dr. Fritz. Ich erteile Ihnen das Wort.


DR. FRITZ: Herr Präsident, meine Herren Richter!

Ich habe gestern nachmittag meine Ausführungen zu dem Vorwurfe, der Angeklagte Fritzsche habe sich eines Verbrechens gegen den Frieden schuldig gemacht, beendet.

Ich fahre nunmehr auf Seite 32 meines Manuskriptes fort:

Die nächste Gruppe von Vorwürfen, die dem Angeklagten gemacht werden, ist gekennzeichnet beispielsweise durch die Begriffe: Hetze gegen Juden, Hetze gegen fremde Völker, Aufreizung zur Ausbeutung besetzter Gebiete, Propaganda für die »Herrenrasse«.

Auf dem Zeugenstand hat Fritzsche eine Erklärung abgegeben, die das Ergebnis darstellt der Kenntnisse, die er nach dem Zusammenbruch und vor allem hier im Gerichtssaal erlangt hat. Sie lautete: Eine Ideologie, in deren Namen ein Mord an fünf Millionen Menschen begangen wurde, darf dieses Ereignis nicht überleben. Inwieweit hat Fritzsche nun für diesen Antisemitismus Propaganda getrieben? Hat er damit diesen Mord voraussehen können, ihn [365] gebilligt oder auch nur in Kauf genommen? Die Anklage ging sehr weit in ihren Behauptungen: Sie unterstellte, daß Streicher als »Hauptjudenhetzer aller Zeiten« Fritzsche kaum hätte übertreffen können in Verleumdungen gegen die Juden. Fritzsche hat sich hiergegen zur Wehr gesetzt. Und meines Erachtens mit Recht. Schon ein Vergleich der Schlagworte aus der Rüstkammer des Antisemitismus, die Sir Griffith-Jones in der Sitzung vom 10. Januar 1946 in stundenlangen Auszügen aus dem »Stürmer« vortrug, mit dem, was die Anklage hier an Äußerungen Fritzsches vorgebracht hat, ergibt das augenfällig. Fritzsche – unterstützt durch das Affidavit Scharping vom 17. Mai 1946 (Dokument Fritzsche 2) – hat darauf hinweisen können, welche Aktivität er gegen dieses Blatt entfesselte. Es muß auch festgestellt werden, daß die Sprache und die Argumente des »Stürmer« in keiner einzigen deutschen Zeitung und in keinem einzigen Rundfunksender auch des nationalsozialistischen Regimes ein Echo gefunden haben.

Vor dem Kriege hat Fritzsche keinerlei antisemitische Propaganda betrieben. Alle von der Anklage vorgelegten Äußerungen stammen aus der Kriegszeit. Sie richten sich aber nicht gegen die Juden als Volk oder als Rasse, sie stehen in jedem Falle nur im Zusammenhang mit der Frage nach der Entstehung des Krieges. Dabei handelt es sich nur um gelegentliche polemische Einschaltungen der Judenfrage in dem propagandistischen Kampf, der neben dem Kampf der Waffen in diesem Kriege geführt worden ist. So erklärt es sich auch, daß die von der Anklage vorgelegten Rundfunkansprachen stets nur beiläufige Bemerkungen enthalten und niemals von den Juden allein sprechen. Jede seiner Rundfunkansprachen kann daraufhin überprüft werden. Es gibt auch keine Rede von ihm, die etwa das sogenannte »Judenproblem« für sich allein behandelt hätte. Ein solches Thema hat er sich nie gestellt. Fritzsche hat immer gleichzeitig auch von »Plutokraten«, »Bolschewisten«, »Demokraten« und in ähnlichen Phrasen gesprochen, mit denen die Propaganda des Dritten Reiches den Kampf führen zu müssen glaubte. Bei seiner Vernehmung als Zeuge hat er im einzelnen zu jeder der hier im Prozeß vorgebrachten Rundfunkansprachen auch insoweit Stellung genommen und den jeweiligen Anlaß seiner nur beiläufigen Bemerkungen über dieses Thema erläutert. Eine Durchsicht seiner sämtlichen Äußerungen am Rundfunk würde ergeben, daß Fritzsche von allen propagandistischen Grundthesen der Naziideologie die antisemitische am wenigsten erwähnt und vertreten hat.

Damit entfallen die Schlußfolgerungen der Anklage. Denn eine Verbindung zwischen solchen seltenen Äußerungen Fritzsches und dem Mordbefehl Hitlers kann nicht bestehen. Ich möchte mich deswegen ausdrücklich dagegen wenden, daß Fritzsche schuldiger sei [366] als diejenigen Leichtgläubigen, die die Schießkommandos ausführten (Sitzung vom 23. Januar 1946). Wir haben im Laufe dieses Prozesses zahlreiche Zeugnisse darüber gehört, mit welchen geheimen und geheimsten Methoden und Mitteln die wirklich Schuldigen den grauenvollen Mord vollzogen haben. So zahlreiche Zeugnisse können nicht als unbeachtlich oder unglaubwürdig abgetan werden. Im Gegensatz zu früheren Annahmen dürfte dieser Prozeß klargestellt haben, daß nur eine kleine Gruppe von Anstiftern und Mitwissern bestanden hat. Es ist nicht das geringste dafür dargetan worden, daß ein Mann wie Fritzsche zu diesem engsten Kreis der Despotie Hitlers gehört habe. Hat die Verhandlung doch sogar ergeben, daß er die Mehrzahl seiner Mitangeklagten erst hier auf der Anklagebank kennengelernt hat.

Gegen Fritzsche so weite Schlußfolgerungen zu ziehen, müßte übrigens dahin führen, daß jeder, der diese Ideologie, der den Antisemitismus als solchen öffentlich auch nur in zurückhaltender Weise vertreten hat, dieselbe, und zwar kriminelle Schuld trage. Der Bereich der moralischen Schuld ist viel größer. Mit ihm haben wir es aber nur insoweit zu tun, als sich die moralische Schuld mit der kriminellen deckt. Und es ist deswegen hier nicht zu erörtern, inwieweit ein bloßer Irrtum – auch ein politischer Irrtum – auch unmoralisch werden kann. Der Vorwurf aber, irgend eine Schuld an diesen Morden mitzutragen, hat Fritzsche besonders tief getroffen.

Demgegenüber könnte eingewendet werden, daß Fritzsche, obwohl er zu seinem Chef Goebbels und zu den anderen Dirigenten der Nachrichtengebung in wenig vertrauten Beziehungen gestanden hat, doch einer derjenigen gewesen ist, denen ausländische Presse- und Rundfunknachrichten zugänglich waren. Vielleicht ist dies der Grund, warum Fritzsche der Vorwurf gemacht wird, Mitwisser von fast allem zu sein, was sich während der Herrschaft Hitlers ereignet hat.

Fritzsche hat sich im Zeugenstand, und zwar auch durch Wiedergabe vieler Einzelheiten, darüber äußern können, daß auch durch diese Möglichkeit in den – vielleicht auch moralisch – entscheidenden Fragen sein guter Glaube nicht erschüttert worden ist. Ebensowenig wie sein Beruf als Journalist, der ihm die Möglichkeit gab, auf eigene Faust auftauchenden Gerüchten nachzugehen, brachte ihn dieser Weg zur Erkenntnis des wirklichen Geschehens.

Die Schranken, die sich vor den Untaten geschlossen hatten, konnten von ihm mit diesen Mitteln allerdings nicht geöffnet werden. Was die Auslandsmeldungen über Greueltaten und sonstige Mißstände anlangt, so haben sowohl Fritzsche als auch von Schirrmeister und besonders Dr. Scharping angegeben, daß die in allen Fällen durchgeführte Überprüfung durch das Referat »Deutscher Schnelldienst« immer wieder amtliche Antworten ergab, die Zweifel [367] an der Unrichtigkeit solcher ausländischer Behauptungen beseitigten. Dieses Referat »Deutscher Schnelldienst« – das eine völlig andere Bedeutung gehabt hat, als von der Anklage behauptet worden ist – war ein gerade von Fritzsche geschaffenes Kontrollorgan, um ausländische Nachrichten durch Rückfrage bei den zuständigen amtlichen deutschen Stellen auf ihren Gehalt an Wahrheit überprüfen zu lassen. Wenn es der Verteidigung gelungen wäre, das Archiv dieses »Schnelldienstes« dem Gerichtshof vorzulegen, so hätte in allen Einzelheiten der dokumentarische Nachweis geführt werden können, in welcher Weise deutsche Behörden derartige Anfragen beantwortet haben.

Beispielsweise hat es das Reichssicherheitshauptamt mit geschicktester Täuschungsmethode verstanden, seine Antworten glaubhaft zu machen. Die ausländische Propaganda, die doch zweckgerichtet sein mußte, konnte demgegenüber keine größere Überzeugungskraft beanspruchen. Dies um so mehr, als die feindliche Propaganda im Krieg natürlich auch positiv unrichtige Meldungen brachte, wovon Fritzsche sich oft überzeugen konnte.

Fritzsche ist weiter der Vorwurf gemacht worden, die Lehre von der »Herrenrasse« vertreten zu haben. Die einzige Äußerung Fritzsches selbst, die die Anklage hierzu vorbrachte, zeigt deutlich, daß Fritzsche eine solche Idee weder vertrat noch propagierte, sondern im Gegenteil ausdrücklich ablehnte. Eine Überprüfung des von der Anklage gebrachten Zitats läßt daran keinen Zweifel. Darüber hinaus hat die Beweisaufnahme – Zeuge von Schirrmeister und Affidavit Dr. Scharping – ergeben, daß Fritzsche den Gebrauch des Wortes »Herrenrasse« für Presse und Rundfunk überhaupt verbot. Fritzsche selbst hat unter seinem Eid diese Behauptung als unsinnig bezeichnet. Ich kann daher nach gründlicher Überprüfung aller erreichbaren Reden Fritzsches nur feststellen, daß dieser Vorwurf unrichtig ist. An dieser Feststellung ändert sich auch nichts dadurch, daß Voß und Stahel ohne konkrete Angaben ein anderes Urteil abgegeben haben (Dokumente USSR-471, 473). Mit dem Beweiswert dieser Urkunden habe ich mich bereits beschäftigt.

Fritzsche soll auch gegen fremde Völker gehetzt haben. Um diesen schwerwiegenden Vorwurf zu begründen, sind von der Anklagebehörde mehrere Auszüge aus zwei Rundfunkansprachen Fritzsches, und zwar vom 5. und 10. Juli 1941, hervorgehoben worden. Um die Zusammenhänge richtig würdigen zu können, ist hierbei der Zeitpunkt dieser Reden zu beachten. Sie wurden kurze Zeit nach dem Angriff auf die Sowjetunion gehalten. Weitere Äußerungen – etwa aus späterer Zeit – oder ähnliche, die irgendeine Systematik hätten erkennen lassen können, werden ihm nicht zur Last gelegt. Die Ergänzung der von der Anklagebehörde zitierten Stellen durch den vollen Wortlaut der Reden und durch die [368] eingehende zeugenschaftliche Vernehmung Fritzsches hat erkennen lassen, daß Fritzsche damit Völker der Sowjetunion nicht verunglimpft hat. Er hat auch aus dem Anlaß dieser Reden gegen diese keine Hetze betreiben können. Sie wurden gehalten, nachdem kurze Zeit vorher von deutscher Seite, insbesondere von Kriegsberichterstattern, Grausamkeiten in von deutschen Truppen eroberten Städten in Galizien gemeldet worden waren. Es waren Dinge, über die allerorts in Deutschland – aber auch von Auslandskorrespondenten – in Wort, Bild und in filmischen Darstellungen berichtet wurde. Es lag in dieser Hinsicht ein besonders umfangreiches Material vor, und Fritzsche hat sich in diesen Reden auch ausdrücklich darauf bezogen. Die Erregung der deutschen Öffentlichkeit über die Berichte geben die Erklärungen Fritzsches auch wieder, und er wies hin auf die vermeintlich Schuldigen an diesen Greueltaten.

Die Tatsachen als solche wurden auch von russischer Seite bestätigt. Es wurde aber hinzugefügt, daß an diesen Taten nicht die Russen, sondern die Deutschen die Schuld trügen. Es war auf dem Boden unbestreitbarer Tatsachen nur ein Streit um die Verantwortung entbrannt – wie später in dem berühmten Fall Katyn –, wobei beide Parteien die Urheber moralisch verurteilten. Fritzsche hat bei diesen beiden Ansprachen, wie eine Überprüfung des gesamten Inhalts erkennen läßt, nicht ganze Völker als minderwertig oder unmenschlich bezeichnet. Die von ihm gebrauchten Phrasen von »Untermenschentum« bezogen sich nur auf diejenigen Schuldigen, die er in echter Entrüstung als moralisch verabscheuungswürdig angeprangert hat. Er konnte den von deutscher Seite vorgelegten Beweisen glauben, und deswegen spricht nichts dafür, daß er zu dem Zeitpunkt, als er diese Reden hielt, hätte etwa vorausahnen können, was tatsächlich viel später erst im Osten geschah. Es konnte damit also nicht die Absicht verbunden sein, seine Hörer etwa zu gleichen Taten aufzuhetzen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit zwei solchen einmal gesprochenen Worten ist nicht zu konstruieren.

Gleichartig verhält es sich mit jenen Auszügen aus einem Vortrag vom 29. August 1939, die General Rudenko ihm während des Kreuzverhörs vorgehalten hat (Dokument USSR-493). Auch diese Rundfunkansprache beschäftigte sich mit Greueltaten, die kurz vor Ausbruch des Krieges in Bromberg begangen wurden und über die am Tage jenes Vertrags – und das war auch der Anlaß zu ihm – ein amtliches deutsches Weißbuch veröffentlicht worden war. Darin waren die Ergebnisse einer Untersuchung jener Greueltaten zusammengefaßt. Nur die Schuldigen an diesen Taten bezeichnete Fritzsche als minderwertige Menschen. Es ist aber nicht zu rechtfertigen, ein solches Urteil jetzt so zu verallgemeinern, er habe damit das ganze polnische Volk als minderwertig bezeichnet. [369] Fritzsche hielt die Darstellung des amtlichen Weißbuches für richtig. Er konnte keinen Zweifel haben, daß Polen Deutsche getötet hätten. Kein Wort aus dieser Rede läßt aber den Schluß zu, er habe damit die Möglichkeit ins Auge gefaßt oder gar propagiert, daß slawische Völker zu vernichten seien. Wie das deutsche Volk, so konnte auch Fritzsche sich damals so etwas gar nicht vorstellen.

General Rudenko versuchte im Kreuzverhör, meinem Mandanten eine lügnerische Schilderung nachzuweisen. Zu diesem Zwecke wurde ihm ein Auszug – und das ist das von mir angekündigte Beispiel für die Unzulänglichkeit solcher Beweisführung überhaupt – seiner Rundfunkansprache vom 2. Mai 1940 vorgelegt (Dokument USSR-496, Sitzung vom 28. Juni 1946). In ihr schilderte Fritzsche, wie einzelne Städte, Dörfer und Gehöfte in Norwegen, die er kurz vorher selbst besucht hatte, vom Kriege verschont geblieben waren. Die Russische Anklagevertretung wies demgegenüber auf den amtlichen Bericht der Norwegischen Regierung (Dokument 1800-PS) und die darin aufgeführten Kriegsschäden hin. Dadurch entstand der Eindruck, Fritzsche habe in dieser Rede seine Hörer belogen. Der volle Wortlaut dieser Rede zeigt aber, daß die zitierten Sätze von den unzerstörten Häusern in Norwegen unmittelbar neben anderen Sätzen stehen, in denen Fritzsche die Zerstörungen, die in Norwegen infolge der Kämpfe eintraten, selbst schildert. Die Ansprache enthält keine Lüge, wenn Fritzsche darin berichtet, daß in anderen Teilen des von ihm besuchten Landes nicht die geringsten Spuren eines Kampfes gefunden wurden. Seine Schilderung steht also durchaus nicht im Widerspruch zu dem norwegischen Regierungsbericht.

An dieser Stelle möchte ich einige Bemerkungen einfügen über den Fall »Athenia« und die Rolle, die Fritzsche hierbei gespielt hat. Dieser Fall zeigt, in welchem Umfange Fritzsche bemüht gewesen ist, Nachrichten erst dann weiterzugeben, wenn sie ihm als wahr und glaubhaft nachgewiesen waren. Er zeigt aber auch, wie abhängig Fritzsche von der Darstellung amtlicher deutscher Stellen war. Dies stützt seinen guten Glauben; denn die ihm selbstverständlich erscheinende Grundlage seiner Überzeugung, daß amtlichen Verlautbarungen unbedingter Glaube zu schenken sei, konnte damals nicht erschüttert sein.

Es ist in diesem Prozeß von allen Seiten jener Aufsatz des »Völkischen Beobachter« vom 23. Oktober 1939 mit Recht als niederträchtig bezeichnet worden. Nun hat Fritzsche hierzu zwar nicht in ähnlicher, aber ebenfalls in scharfer Form polemisiert. Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß solche Bemerkungen nur dann moralisch zu verurteilen wären, wenn Fritzsche vorher gewußt hätte, daß tatsächlich ein deutsches U-Boot die »Athenia« versenkt hat. Diese Tatsache erfuhr Fritzsche, wie er unter seinem Eid [370] bekundet hat, aber erst hier in Nürnberg im Dezember 1945. Vorher ist gerade ihm, der durch den Verbindungsoffizier zum OKM und anderen amtlichen Stellen innerhalb des Propagandaministeriums den Behauptungen ausländischer Nachrichten nachgegangen war, dieser entscheidende Umstand verheimlicht worden.

Für die Anschuldigungen, Fritzsche habe zu rücksichtsloser Ausbeutung der besetzten Gebiete aufgereizt (Sitzung vom 23. Januar 1946), liegt als einzige Unterlage eine Ansprache vom 9. Oktober 1941 vor. Hierin wird eine Stelle aus einer öffentlichen Rede Hitlers wiedergegeben, die dieser einige Tage vorher gehalten hatte. Ich habe mir die größte Mühe gegeben, in diesem Zitat und in den Bemerkungen Fritzsches hierzu in seiner Rundfunkansprache eine Aufforderung zu rücksichtsloser Ausbeutung besetzter Gebiete zu finden. Es ist mir unerklärlich, wieso sich dies aus irgendeinem Satz ergeben soll. Ich kann nur annehmen, daß es sich um ein Mißverständnis handelt und überlasse die Beurteilung hierüber dem Hohen Tribunal.

Fritzsche hat auch sonst in diesem Sinne kein Wort gesprochen, keinen Hinweis gegeben und erst recht nicht eine Aufforderung ausgesprochen. Aus dem Affidavit Dr. Scharping vom 17. Mai 1946 (Dokument Fritzsche 2) ergibt sich darüber hinaus, daß die Anwendung irgendwelcher Zwangsmittel gegenüber anderen Völkern dem Ziel seiner ganzen Arbeit auch innerhalb des Propagandaministeriums zuwidergelaufen wäre, nämlich die freiwillige Mitarbeit der Völker Europas zu gewinnen.

Es ist Fritzsche auch nicht nachgewiesen, daß er überhaupt nähere Kenntnis über die Art hatte, wie tatsächlich ausländische Arbeitskräfte herangezogen wurden. Ich weise darauf hin, daß der Angeklagte Sauckel erklärt hat, er habe Fritzsche ein einziges Mal, und zwar Anfang des Jahres 1945, kurz und nicht dienstlich gesprochen. In seinem Affidavit hat Fritzsche erschöpfend weitere Einzelheiten angegeben, auch darüber, daß er von zuständigen Stellen zur Bekanntgabe an die deutsche Öffentlichkeit umfangreiches Material erhielt, in welchem immer hingewiesen wurde auf die Freiwilligkeit, auf deren Grundlage Menschen zur Arbeit in Deutschland herangezogen würden. Es ist nicht anzunehmen, daß dem Propagandaministerium hierüber andere Mitteilungen gegeben worden sind, wie diejenigen, die Sauckel in seiner Meldung an Hitler gemacht hat (Dokument 407-PS).

Auch sonst ist nichts dafür dargetan worden, Fritzsche habe etwa bereits vollzogenen oder beabsichtigten Völkerrechtsverletzungen, wie dem sogenannten Kommissarbefehl oder der Lynchjustiz gegen abgeschossene feindliche Flieger zugestimmt oder gar in der Propaganda Raum gegeben. Die Russische Anklagevertretung hat, was den Kommissarbefehl anlangt, dem Angeklagten vorgehalten, als [371] Soldat – als Angehöriger der 6. Armee – habe er von diesem Erlaß Kenntnis bekommen. Fritzsche hat das bestätigt. Er konnte aber darauf hinweisen, daß er sich nicht nur passiv verhielt; er hat sogar, wie festgestellt werden muß, bei seinem Oberkommandierenden, dem Zeugen Paulus, hiergegen durch Vorschläge mit Erfolg Stellung genommen. (Siehe auch Sitzung vom 12. Februar 1946.) Der Vorhalt General Rudenkos, er habe trotzdem Hitler weiter gedient, obwohl er mindestens hatte annehmen müssen, dieser sei der Urheber eines solchen völkerrechtswidrigen Befehls, ist nicht geeignet, Fritzsche als Propagandist oder auch nur moralisch als Mensch zu belasten.

Meine hohen Herren Richter! Könnte ein solcher Vorwurf mit strafrechtlicher Relevanz erhoben werden, dann träfe er jeden deutschen Soldaten, der im Osten nach dem Herbst 1942 für sein Vaterland weitergekämpft hat.

Fritzsche hat sich auch dagegen aufgelehnt, daß alliierte Flieger völkerrechtswidrig behandelt werden sollten. Er hat spontan, als er davon erfuhr, jede propagandistische Betätigung auf diesem Gebiet Goebbels gegenüber abgelehnt. Durch seine eingehende Vernehmung über diesen Gegenstand und durch das Affidavit Dr. Scharping (Dokument Fritzsche 3) stehen diese Tatsachen fest.

Nichts Belastendes ist weiterhin zu entnehmen aus dem, was er über die Anwendung neuer Waffen und über die »Werwolf«-Bewegung in seinen Rundfunkansprachen (Dokument USSR-496) gesagt hat, die ihm hierzu von der Russischen Anklagevertretung im Kreuzverhör vorgehalten worden sind. Ich kann mir Näheres hierzu ersparen, weil Fritzsche sich ausführlich äußern konnte. Die ihm vorgehaltene Rede vom 7. April 1945 (Dokument USSR-496) verherrlicht durchaus nicht völkerrechtswidrige Formen der Kriegführung. Es wird vielmehr versucht, unter Hinweis auf die Leiden des deutschen Volkes durch den so wirkungsvollen Luftkrieg der Alliierten eine psychologische Begründung oder Entschuldigung dafür zu finden, daß gegen Ende des Krieges Zivilpersonen aktiv am Kampfe teilgenommen haben.

Nur zu einem Punkte der Beweisaufnahme muß ich mich noch äußern: General Rudenko hat Fritzsche am Schlusse seines Kreuzverhörs ein kurzes Dokument vorgelegt (Dokument USSR-484). Es handelt sich hierbei um den Durchschlag einer kurzen, von Fritzsche unterzeichneten Mitteilung vom 19. Oktober 1944 an Major von Passavant, einen Rundfunkfachmann im Rahmen der Propagandaabteilung des OKW. Die Russische Anklagebehörde will aus dem Inhalte dieser Mitteilung folgern, Fritzsche habe sich für die Vorbereitung und Durchführung irgendeines »biologischen Krieges« eingesetzt. Eine derartige Schlußfolgerung kann aber aus dem Inhalte unmöglich gezogen werden. Es handelt sich um ein nur fünf[372] Zeilen umfassendes Begleitschreiben für die Weitergabe der Zuschrift eines Rundfunkhörers an eine andere Stelle. Die Abteilung Fritzsches erhielt täglich ganze Stöße von Zuschriften unbekannter Rundfunkhörer. Ein subalterner Beamter sah solche täglich zu Hunderten eingehenden Zuschriften durch und leitete sie dorthin, wo sie vielleicht eine sachliche Bearbeitung finden könnten. Nichts anderes geschah mit dem Schreiben des Rundfunkhörers Gustav Otto aus Reichenberg, welches offenbar einen Vorschlag enthielt, den »biologischen Krieg« durchzuführen. Fritzsche hat das von dem subalternen Beamten entworfene Übersendungsschreiben in seiner Eigenschaft als Abteilungsleiter zwar signiert, vom Inhalt der Hörerzuschrift aber natürlich keine Kenntnis genommen. Bei der großen Zahl der täglich eingehenden Hörerzuschriften war es ihm völlig unmöglich, diese zu lesen. Diese Hörerzuschrift hat jedenfalls in der Abteilung Rundfunk keine sachliche Bearbeitung gefunden. Die Abschrift des Übersendungsschreibens ist, wie auf ihr befindliche Bleistiftnotizen erkennen lassen, auch sofort weggelegt worden. Wie soll aus diesem Tatbestand irgend etwas Ungünstiges gegen den Angeklagten Fritzsche hergeleitet werden? Zumal völlig unbekannt ist, was der ebenfalls unbekannte Hörer sich unter einem »biologischen Krieg« überhaupt vorgestellt hat.

Schließlich muß ich noch auf folgendes hinweisen:

General Rudenko hat das Dokument anläßlich des Kreuzverhörs vorgelesen, und zwar von einem russischen Text. Der deutsche Text, der auf diese Weise im deutschen Protokoll (28. Juni 1946, nachmittag, Band XVII) und der englische Text, der auf diese Weise im englischen Protokoll (Band XVII) erscheinen, weichen inhaltlich vom deutschen Urtext erheblich ab. Falls das Tribunal bei der Dürftigkeit dieses Dokuments, dessen Sinn überhaupt nur durch die nichtvorhandenen »Anlagen« geklärt werden könnte, ihm trotzdem eine Beachtung glaubt schenken zu müssen, wäre es erforderlich, zunächst einmal ganz genaue Übersetzungen aus dem deutschen Originaltext anfertigen zu lassen.

Ich darf meine Beweiswürdigung damit schließen. Keines der dem Angeklagten Fritzsche im Kreuzverhör vorgehaltenen Dokumente konnte den Eindruck verändern, den er im direkten Verhör uns vermittelt hat, vor diesem Tribunal aufrichtig und wahrhaftig gesprochen zu haben. Und das in dem eigenen Bestreben, auch von sich aus alles dazu beizutragen, daß eine tatsächliche Grundlage für ein richtiges Urteil gefunden werden möge. Die Aussagen Fritzsches wurden darüber hinaus in allen entscheidenden Punkten durch die von mir überreichten Urkunden und vor allem durch die Bekundung des Zeugen von Schirrmeister gestützt. Dieser, der in der bedeutungsvollsten Zeit von 1938 bis 1943 der tägliche Begleiter Goebbels' [373] war, hat in unmittelbarer und, ich darf wohl sagen, auch anschaulicher Weise über die wahren Verhältnisse im Propagandaministerium berichten können. Das Beweisergebnis – ich darf hier meine einleitenden Worte wiederholen – ist für meinen Mandanten eindeutig gewesen. Denn im Gegensatz zu der von mir am Anfang meines Plädoyers erwähnten Ankündigung Mr. Albrechts hat die Verhandlung gerade nichts beitragen können dafür, daß die Bedeutung Fritzsches größer gewesen sei, als jenes Schema des Propagandaministeriums zeigte.

Schon die Erörterung der bloßen Tatsachen dürfte klargestellt haben, daß Fritzsche insbesondere dafür keine Verantwortung tragen kann, welche wirkliche, erst aus der Distanz zu beurteilende Rolle die große Apparatur der gesamten Propaganda des Dritten Reiches in den Plänen und in den Händen eines kleinen und eingeweihten Kreises gespielt haben mag. Wenn der beschränkte Teil, in dem Fritzsche mitarbeitete, dabei mißbraucht wurde, dann ist Fritzsche selbst mißbraucht worden. Die Annahme, Fritzsche sei der engste Mitarbeiter, gleichsam die rechte Hand Goebbels' gewesen, sogar sein Stellvertreter – eine Annahme, aus der möglicherweise die große Zahl der gegen ihn erhobenen Vorwürfe abgeleitet worden ist –, ist schon aus den erörterten Tatsachen heraus widerlegt. Das Odium, Fritzsche trage eine gleiche oder ähnliche Verantwortung wie dieser, hat sich schon im Beweisverfahren eindeutig als ungerechtfertigt gezeigt. Schon aus den Handlungen und Maßnahmen meines Mandanten in tatsächlicher Hinsicht dürfte sich ergeben haben, daß die Behauptungen der Anklage viel zu weit gegangen sind.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieser Handlungen und Maßnahmen Fritzsches durch Captain Sprecher war nun auffallend, daß – soweit ich sehe, ebenfalls im Unterschied zu den anderen Angeklagten – nur an einer Stelle die ganz allgemeine Schlußfolgerung gezogen worden ist, Fritzsche sei während eines bestimmten Zeitabschnitts »Hauptverschwörer« gewesen, weil er »direkt mit der Manipulation der Presse betraut« gewesen sei (Sitzung vom 23. Januar 1946). Ich brauche an dieser Stelle nicht noch einmal darauf einzugehen, daß die sachlichen Voraussetzungen zu einer solchen Beurteilung nicht vorgelegen haben. Jetzt kommt es mir nur darauf an, hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation durch die Anklagebehörde selbst festzuhalten, daß bei der Erörterung seine Tätigkeit vielmehr nur im Sinne von Teilnahmeformen beurteilt wird. Die Anklagerede hebt nämlich an mehreren Stellen hervor (Vormittagssitzung vom 23. Januar 1946), Fritzsche sei wegen seiner »Beihilfe« vor diesem Gericht zur Rechenschaft gezogen worden – er wird als »Helfershelfer« Goebbels' charakterisiert – er habe »geholfen«, Propagandamittel zu schaffen, er habe »dazu verholfen, eine Atmosphäre des Hasses« zu ermöglichen, er [374] habe »unterstützt« und ähnliches mehr, womit hervorgehoben wird, daß er nicht gerade zu den Planenden gehört haben kann. Andererseits wird von diesem Angeklagten auch davon gesprochen, er habe »aufgereizt«, aufgehetzt, sich also als »Anstifter«, »Anreger« oder »Antreiber« betätigt.

Die erste Frage ist nun: Gehört auch der akzessorische Gehilfe zu den »Teilnehmern« im Sinne von Artikel 6 des Statuts? Diese Frage, scheint mir, ist von Dr. Stahmer noch nicht erörtert worden. Der Fall des Angeklagten Fritzsche bietet hierzu aber Anlaß, weil er von der Anklagebehörde selbst in besonderem Maße nur als Helfershelfer gekennzeichnet worden ist. Es muß deswegen von mir hierauf näher eingegangen werden: Diese vier Begriffe: Anführer, Organisator, Anstifter und Teilnehmer sollen doch schon ihrer äußeren Zusammenstellung nach gleichwertig sein. Die vier möglichen Täter sollen auch alle gleich behandelt werden. Diese vier Begriffe, soweit sie sich voneinander sprachlich unterscheiden, können also nur erläutern, in welchen verschiedenen Formen sich ein Komplott bilden kann. Der eine stiftet an, der andere organisiert, der eine führt die Bande an, der andere nimmt in sonstiger Weise am Komplott teil. Alle vier Begriffe stehen deswegen im gedanklichen Zusammenhang mit dem gemeinsamen Plan. Daß der Plan gemeinsam ist, nur das soll sie verbinden. Nur das macht sie zu wirklichen Komplicen. Gemeinsam etwas planen, gemeinsam etwas ausführen wollen ist der Oberbegriff von diesen vier Unterbegriffen. Nur die Funktionen untereinander können natürlich verschieden sein. Sie können auch von den Verschwörern selbst aufgeteilt werden. Haben die Verschwörer den Plan gemeinsam erfunden, gestaltet oder auch nur durch Verabredung gefördert, dann soll es gleichgültig sein, was jeder von ihnen an diesem Plan ausführt. Es soll deswegen auch grundsätzlich bedeutungslos sein, ob innerhalb dieses Komplotts jemand der Führer ist, der Inspirator oder bloß ein sonstiger Teilnehmer am Plan. Aber am Plan muß doch wohl jeder beteiligt sein. Mindestens seinen Zweck muß er erkannt haben, denn nach den Worten des Statuts muß er daran »teilgenommen« haben – »participating« –, und zwar entweder a) am Entwurf – »formulation« – oder b) an der Ausführung – aber nur eines gemeinsamen Planes – »execution of a common Plan« – oder c) an einer sonstigen Verabredung – »conspiracy« – zur Begehung eines Einzelverbrechens.

Erst dann haftet er für andere, wenn irgendwer bei der Ausführung eines solchen gemeinsamen Planes ein Verbrechen begeht.

Das Wort Teilnehmer – »accomplice« – bezieht sich also auf den Plan. Er ist Teilnehmer am Plan und unterscheidet sich in keiner Weise von dem Führer oder Anstifter. Eine weitergehende [375] Bedeutung im akzessorischen Sinne muß diesem Begriff also fernliegen.

Im Common Law hat der Begriff des Teilnehmers als Oberbegriff auch für den Gehilfen eine ganz andere Bedeutung. Nach der gemeinrechtlichen Auffassung versteht man unter Beihilfe nur eine der Formen der Teilnahme, und zwar die Form, bei der eine fremde Tat nur unterstützt oder gefördert wird, eine Tat, die der Gehilfe gerade nicht als eigene will. Das bedeutet die Abhängigkeit, die Akzessorität der bloßen Unterstützung von der Haupttat. Einen solchen Sinn kann Artikel 6, letzter Absatz, des Statuts nicht haben. Dort soll der Teilnehmer mit dem Mittäter – Accomplice – gleichgestellt werden, während im gemeinen Recht der Gehilfe als untergeordneter Teilnehmer an einer strafbaren Handlung niemals Mittäter sein kann. Die Gehilfen sind im gemeinen Recht nur Accessories. Der Wille der Schöpfer des Statuts kann es auch nicht gewesen sein, den bloßen akzessorischen Gehilfen als Teilnehmer am Plane anzusehen. Denn wer am Plane beteiligt ist, soll für die Handlungen anderer voll einstehen, auch dann, wenn er nur untergeordnet an der Plangestaltung teilgenommen hat. Umgekehrt muß dann aber gefolgert werden: Wer an der Gestaltung oder Erörterung eines gemeinsamen Planes überhaupt nicht beteiligt ist, kann dann auch keine volle Verantwortung dafür tragen, was andere getan haben. Es ist dabei gleichgültig, ob die anderen bei der Ausführung eines Planes oder nur gelegentlich seiner Durchführung Verbrechen begingen. Die Verantwortung des einen für die Taten des anderen kann nur bestehen, wenn sie der Plan verbindet. Deshalb setzt der Begriff der Verschwörung denknotwendig voraus, daß alles, was getan wird, mit einem gemeinschaftlichen Wollen und gemeinschaftlichen Wissen im Hinblick auf den Plan sich vollziehen soll.

Dieser auf den Plan beschränkte Sinn der Teilnahme kommt meines Erachtens auch an anderen Stellen des Statuts zum Ausdruck. Es wird schon im Artikel 1 – nicht nur im Artikel 6, Absatz 1 – davon gesprochen, daß in Ausführung des Viermächte-Abkommens vom 8. August 1945 hier vor diesem Tribunal zunächst die »Hauptkriegsverbrecher«, die »Hauptschuldigen«, die »Hauptverschwörer« – und wie es sonst noch formuliert worden ist – zur Verantwortung gezogen werden sollen. Gehilfen, Helfershelfer, bloß Ausführende und alle sonstigen nur abhängigen akzessorischen Täter, die nicht zur Zentrale gehören – also nicht im Zusammenhang mit der Planverschwörung oder einer engeren Verabredung zur Ausführung eines Einzelverbrechens stehend –, können nicht einer solchen Gruppe zugerechnet werden. Im Sinne der Verschwörung und des damit verbundenen Einstehens des einen für den anderen kann es bloße »Gehilfen« gar nicht geben.

[376] Für den Angeklagten Fritzsche habe ich dargetan, daß er – schon seiner Stellung im Staat und Parteigefüge nach – weder zu der engeren Verschwörergruppe noch zur weiteren Gruppe der Organisationen gehören kann. Auch Captain Sprecher hat selbst darauf hingewiesen (Sitzung vom 23. Januar 1946), daß Fritzsche von der Anklagebehörde nicht als der Typ des Verschwörers dargestellt werde, der die allumfassende Strategie ausgedacht hätte. Sein Gebiet sei sogar außerhalb der Planschließung gewesen. Aber er brauche die grundlegende Strategie selbst gar nicht erfaßt, also den Zweck nicht erkannt zu haben, wenn er das Wort für die Verschwörer führte. Ich glaube, daß die letztere Schlußfolgerung bei richtiger Würdigung des Begriffs »Teilnehmer« im Sinne der Verschwörung einen Denkfehler enthält: Wer sogar außerhalb der Planschließenden gestanden haben soll, gehört eben nicht in die Verschwörergruppe.

Nach diesen rechtlichen Erörterungen, die sogar von der Auffassung der Anklagevertretung gestützt werden, komme ich insoweit zu dem Ergebnis: Der Angeklagte Fritzsche, dem hier nicht nachgewiesen worden ist, an irgendeiner gemeinsamen Planung teilgenommen zu haben, kann deswegen auch an der angeblichen Verschwörung nicht beteiligt sein. Er kann jedenfalls aus Artikel 6, letzter Absatz des Statuts nicht bestraft werden. Nach dem gedanklichen Aufbau des Statuts sollte es für die Erhebung der Anklage in diesem Prozeß gegen eine einzelne Person doch irgendwie eine Grenze geben. Wann ist jemand noch Teilnehmer – Accomplice – und wann ist er es nicht mehr, sondern nur Ausführender oder Gehilfe? Wo ist diese Grenze, durch welche die Verantwortung für eigene Taten von der Verantwortung für dasjenige, was andere getan haben, geschieden werden kann? Denn eine Grenze auch für diese Kollektivverantwortung muß es doch geben. Ich meine, diese Grenze bildet eben der gemeinsame Plan. Wer nicht zu den Planenden gehört, muß auch aus der Verschwörergruppe herausbleiben.

Die Schöpfer des Statuts haben aber auf der anderen Seite die Möglichkeit geschaffen, a) eine Einzelperson als kriminellen Verbrecher festzustellen auch dann, wenn er nicht zur Verschwörergruppe gehört, und b) eine Organisation als solche für verbrecherisch zu erklären.

Wenn der Angeklagte Fritzsche nicht zur Verschwörergruppe gehört und, wie feststeht, niemals Mitglied auch nur einer der hier angeklagten Organisationen war, so könnte er also nur verurteilt werden, wenn er als Einzelperson Verbrechen im Sinne von Artikel 6, Absatz 2 a bis c des Statuts begangen hätte. Dann muß ihm aber wie in jedem normalen Strafverfahren die Anklagebehörde auch den Nachweis eines kriminellen Verbrechens liefern. [377] Gehört er nicht zur Verschwörung, gehört er nicht zu einer Organisation, dann kann sich die Anklagebehörde nicht auf eine angebliche gesetzliche Vermutung stützen, eine Vermutung, die sich aus einer bloßen Mitgliedschaft in einer Organisation ergeben soll. Die Beweislast kann also nicht umgekehrt werden. Die zweite Frage ist nun: Gehörte Fritzsche als akzessorischer Gehilfe oder Anstifter zu den Verbrechern, denen nachgewiesen worden ist, als Einzelpersonen ein Verbrechen gegen den Frieden, eine Verletzung des Kriegsrechts oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben? Daß er als Einzelperson eines dieser Verbrechen eigenhändig begangen habe, wird ihm nicht vorgeworfen. Der Vorwurf richtet sich nur auf seine Gehilfentätigkeit.

Soweit ich sehe, ist die Begriffsbildung der akzessorischen Beihilfe dem englisch-amerikanischen Strafrecht nicht fremd.1 Das Commonlaw wird aber von dem Grundsatz beherrscht, daß der Gehilfe dem Täter gleichartig sei, der Gehilfe also auch – abgesehen von dem Maß seiner individuellen Schuld – grundsätzlich wie der Täter zu bestrafen sei. Das englische Recht soll von jeher dazu geneigt haben, Täter und akzessorische Gehilfen grundsätzlich gleich zu bestrafen.2 Der Hinweis auf das englische Commonlaw erfolgt aber an dieser Stelle nur, um eine Brücke zu der deutschen Rechtsauffassung schlagen zu können. Es genügt deswegen zunächst die Feststellung, daß auch das englisch-amerikanische Recht eine begriffliche Unterscheidung zwischen Tätern und bloß akzessorischen Gehilfen kennt.

Aber hier ergibt sich eine entscheidende Schwierigkeit. Sie ergibt sich daraus, daß die Rechts- oder Unrechtsvorstellungen der Anklage verschieden sind von denjenigen der Angeklagten. Sie müssen deshalb verschieden sein, weil ihr positives Recht nicht übereinstimmt.

Das ist der Grund, warum ich meine Rechtsausführung noch nicht abschließen kann: Begriffliche Unterscheidungen, die zwar beiden Rechtssphären geläufig sind, werden positivrechtlich mit völlig verschiedenen Rechtsfolgen versehen.

Der britische Hauptanklagevertreter hat auf die individuelle Verantwortlichkeit jedes einzelnen der Angeklagten im Sinne von [378] Artikel 6, Absatz 2 a bis c des Statuts hingewiesen (Vormittagssitzung vom 4. Dezember 1945). Dabei hat er es als einen Gemeinplatz des Commonlaw bezeichnet, daß diejenigen, die einem Verbrecher helfen und Vorschub leisten, die einem Verbrecher mit Rat und Tat Beistand leisten, selbst Verbrecher seien. Er hat damit möglicherweise die Auffassung vertreten, daß sie im Sinne der englischen Rechtsentwicklung als Gehilfen an einer fremden Tat genau so wie die Haupttäter bestraft werden mußten; daß die Akzessorietät des Gehilfen also, wenn ich Sir Hartley Shawcross richtig verstanden habe, grundsätzlich auch bei Berücksichtigung des gemeinen Rechts keine Bedeutung habe. In der praktischen Auswirkung könnte das bedeuten, daß die Verschiedenheit der Begriffe »accomplices« und »accessories« hier keine Rolle spielt, höchstens nur für das Maß der individuellen Schuld. Soll derjenige, der eine fremde Tat nur unterstützt, grundsätzlich genau so beurteilt werden wie derjenige, der die Tat als eigene will? Ich kann darauf hinweisen, welche Auswirkungen eine solche Auffassung beispielsweise schon auf das Strafmaß haben könnte.

Hier ist nun zu sagen: Der von Sir Hartley Shawcross wiedergegebene Rechtssatz mag zwar für jeden Angehörigen des englisch-amerikanischen Rechtskreises ein Gemeinplatz sein. Dies gilt aber nicht für einen deutschen Angeklagten. Wie ich aus der Anklagerede von Herrn Dubost entnehme, scheint das auch für das französische gemeine Recht nicht zu gelten. Denn Herr Dubost hat darauf hingewiesen, daß nach rein strafrechtlichen Grundsätzen dann wohl alle Angeklagten in keinem Falle als Haupttäter, sondern nur als »Helfershelfer« betrachtet werden könnten. Und wegen der zu engen Begrenzung gemeinrechtlicher Auffassung sollen nach der Meinung der Französischen Anklagevertretung die hier zur Aburteilung gestellten Taten dem gemeinen Recht mit seiner rationalistischen Statik gerade nicht gewachsen sein. Es müsse darüber hinausführendes Recht zur Anwendung kommen (Vormittagssitzung vom 1. Februar 1946).

Deswegen sollen der Begriff der Verschwörung – die Komplottlehre – und die Möglichkeit, eine Organisation für verbrecherisch zu erklären, die Mittel sein, über das gemeine Recht hinauszuführen. Wie aber, wenn ein Angeklagter weder zur Verschwörung noch zu einer Organisation gehört? Recht überhaupt soll doch zu Anwendung kommen! Dann bleibt doch zur Beurteilung einer individuellen Tat nur das gemeine Recht übrig. Welches Recht – was die allgemeinen Begriffe, wie beispielsweise Schuld, Dolus, Fahrlässigkeit, aber auch die Akzessorietät des Gehilfen anlangt – soll denn sonst angewendet werden? Das Statut kann zwar neues materielles Recht durch Aufstellung neuer Tatbestände geschaffen haben. Mit welchem juristischen Begriffsapparat soll dann aber an diese neuen Tatbestände herangegangen werden? Die Einordnung [379] eines tatsächlichen Sachverhalts kann doch wohl nur mit Hilfe der Analogie strafrechtlicher Begriffe möglich sein. Was die Tatbestände in Artikel 6 b und c des Statuts anlangt, stimmen sie ja auch mit Tatbeständen des gemeinen Rechts im wesentlichen überein. Ein Angeklagter als Einzelperson kann dann – unbeteiligt an der Plangestaltung, unbeteiligt an einer Organisation – doch nur nach den Grundsätzen beurteilt werden, die auch für jedes andere gemeinrechtliche Delikt gelten müssen. Handelt es sich um Begriffe, wie zum Beispiel den akzessorischen Gehilfen, dann kann also nur gemeinrechtlich gegen einen Angeklagten argumentiert werden.

Das deutsche Rechtsbewußtsein hat sich nun gerade bei der Lehre von den Teilnahmeformen, also auch bei der Frage, wie ist ein Gehilfe rein begrifflich in die verschiedenen Möglichkeiten einer Teilnahme einzuordnen, den schwierigsten rechtlichen Problemen gegenüber gesehen. Gerade daraus erhebt sich die entscheidende Frage: Kann das Statut so weit gegangen sein – ich wiederhole, es handelt sich um gemeinrechtliche Vorstellungen – womöglich zu verbieten, eingewurzelte Rechtsvorstellungen der hier Angeklagten zu berücksichtigen bei der Beurteilung des akzessorischen Gehilfen? Konnte es darüber hinaus bei diesem Problem die völlig anders geartete Rechtsgestaltung sogar des positiven Rechts gänzlich außer acht lassen?

Mit Rücksicht auf die völlige Verschiedenheit des positiven Rechts, gerade bei der Frage der akzessorischen Beihilfe, wird es mir deswegen erlaubt sein, einige rechtsdogmatische Bemerkungen über deutsche Rechtsvorstellungen zu machen. Man wird gerechter-und billigerweise einem deutschen Angeklagten – wenigstens was den Begriff des akzessorischen Gehilfen betrifft – nur das zur Last legen können, was innerhalb der Rechtsüberzeugung seines Volkes liegt, was auch moralisch seinem Wissensbereich entspricht. Das ist das Entscheidende!

Auf Grund der positiven Rechtsvorschrift in Paragraph 49 des Reichsstrafgesetzbuches wird der Gehilfe vom Täter nicht nur begrifflich scharf geschieden, sondern er ist auch grundsätzlich und zwingend geringer zu bestrafen als der Eigentäter. Daher haben Rechtslehre und Rechtsprechung eine scharfe Trennung durchgeführt zwischen der Eigentäterschaft und der bloßen Förderung oder Unterstützung einer fremden Tat durch den Gehilfen. Die Trennung geschieht nicht nur nach äußeren Merkmalen, also nach subjektiven Faktoren, sondern auch hinsichtlich der inneren Vorgange, also nach subjektiven Faktoren. In der jahrzehntelangen deutschen Rechtsprechung, besonders der des Reichsgerichts, kommt dies in der Weise zum Ausdruck, daß bei der Beihilfe zu einer fremden Tat der Gehilfe den Animus socii habe, der Eigentäter aber den Animus auctoris. Nach deutschem Recht ist die [380] Beihilfe äußerlich betrachtet, also nach objektiven Faktoren, nur eine Förderung, Unterstützung der Handlung des Haupttäters; der Gehilfe muß durch seine Unterstützung einen Erfolg mit herbeigeführt haben.3 Hat er diesen Erfolg nicht mit herbeigeführt, dann ist er auch nicht Gehilfe. Dann ist seine Handlung straflos.

Was die innere Tatseite anlangt, den Dolus, so muß beim Gehilfen – Animus socii – sein Wille dahin gehen, daß mit seinem Wissen eine fremde Tat unterstützt wird. Das deutsche Recht unterscheidet also bei Beurteilung dessen, was im Innern eines Täters vor sich geht, auch scharf den Willen von dem Wissen.4

Und diese Unterscheidung ist ferner entscheidend dafür, ob jemand überhaupt eine Beihilfe geleistet hat.

Was Fritzsche schon nach seinem Aufgabenkreis von Plänen oder von der Ausführung derselben im einzelnen überhaupt wissen konnte, habe ich früher ausgeführt. Nur wenn man ihm als akzessorischen Gehilfen hierzu ein bestimmtes Wissen und Wollen nachgewiesen hätte, könnte er verurteilt werden. Zu prüfen wäre ferner, ob sich beim Angeklagten Fritzsche dasjenige, was er bei einer angeblichen Förderung gewußt und gewollt hat, deckt mit dem, was irgendeiner als Haupttäter eines Verbrechens dann wirklich getan hat. Nur dann, wenn das Wissen, das Wollen beider übereinstimmt, liegt Beihilfe überhaupt vor. Dabei ist zu betonen, daß ein unbestimmtes Wissen, ein ganz allgemeines Wollen nicht genügt, um eine akzessorische Gehilfenschaft zu begründen. Der Gehilfe muß sich den Tatbestand konkret vorstellen, den ein anderer nach seinem Willen verwirklichen soll.5

[381] Die Anklage wirft Fritzsche in verschiedenen Punkten aber auch akzessorische Anstiftung zu bestimmten Verbrechen vor. Die dritte Frage also ist: Ist Fritzsche Anstifter zu irgendeinem Einzel-Verbrechen gewesen?

Ich habe schon zu Beginn dieser rechtlichen Ausführungen auf die Einzelheiten der Anklagerede Captain Sprechers hingewiesen (Sitzung vom 23. Januar 1946). Es ist mir zweifelhaft, ob dort überhaupt der Begriff der Anstiftung im rechtlich-dogmatischen Sinne des Commonlaw gemeint wird. Es wird nämlich im wesentlichen insoweit der Begriff »incitement« verwendet, was dem deutschen Rechtsbegriff der bloßen Aufforderung entspricht. Dieser Vorwurf der Anstiftung kann nur insoweit erhoben werden, als es sich um die individuelle Verantwortlichkeit Fritzsches für ein in Artikel 6, Absatz 2 a bis c genanntes Einzelverbrechen handeln soll. Die Annahme, Fritzsche sei womöglich »Anstifter« zu einem gemeinsamen Plane innerhalb der Verschwörergruppe gewesen, kann nach dem, was ich früher ausgeführt habe, auf keinen Fall begründet werden.

Anstiftung als akzessorische Teilnahmeform im gemeinrechtlichen Sinn setzt aber voraus – anders wie bei der Beihilfe, bei der ein verbrecherischer Wille nur gestützt oder erhalten werden soll –, daß ein solcher Wille beim Täter überhaupt erst erzeugt wird. Die psychische Einwirkung besteht nicht wie bei der Beihilfe darin, den bereits zur Tat Entschlossenen in seinem Entschluß zu festigen oder zu bestärken, sondern darin, den Willen zur Tat erst hervorzubringen.6 Die Mittel hierzu können die verschiedensten sein, der Täter muß aber wirklich erst umgestimmt werden.7

Insofern stimmen Beihilfe und Anstiftung als akzessorische Teilnahmeformen aber wieder überein, als auch bei der Anstiftung ein bewußter und auch vom Anstifter gewollter ursächlicher Zusammenhang zwischen seiner Anstiftung und dem Entschluß des Täters bestehen muß. Ebenso wie bei der Beihilfe gilt der Grundsatz der Äquivalenz. Die Ausführung einer Tat muß der Vorstellung und dem Willen des Anstifters entsprechen. Der Anstifter ist deswegen auch nur insoweit verantwortlich, als sein Vorsatz reicht. Ein etwaiger Excessus mandati kann ihm nicht angerechnet werden. Daraus ergibt sich die Akzessorietät nicht nur der Beihilfe, sondern auch der Anstiftung.

[382] Die Beweisaufnahme hat nun zum Fall Fritzsche nicht das geringste dafür erbracht, daß er durch seine Nachrichtenübermittlung irgendein individuelles Verbrechen als Anstifter verursacht habe. Nichts ist dafür dargetan, daß er eine Einzelperson zu Mord, Grausamkeiten, Deportation, Töten von Geiseln, Niedermetzelung von Juden oder andere im Statut erwähnte Verbrechen angestiftet habe oder irgendwen durch öffentliche Reden konkret habe dazu bestimmen können. Keine einzige Stelle aus seinen beinahe tausend Rundfunkreden konnte ihm vorgelegt werden, aus der ein solcher Schluß auf individuelle Verantwortlichkeit hätte gezogen werden können. Mit öffentlichen Reden konnte das ja auch überhaupt nicht geschehen. Die Verbrechen, die begangen worden sind, wurden von Menschen ausgeführt, denen die Propaganda Fritzsches völlig gleichgültig war. Sie erhielten ihre Impulse oder Weisungen aus ganz anderen Quellen. Diese Taten sollten doch gerade geheimgehalten werden. Die öffentlichen Nachrichtenmittel sollten damit möglichst nicht befaßt werden. Die Täter haben sich, wie dieser Prozeß besonders eindrucksvoll ergeben hat, die größte Mühe gegeben, beispielsweise die Vernichtung der Juden nur einem ganz kleinen Kreise bekannt werden zu lassen. Was bei jeder anderen Staatsverfassung als selbstverständlich gilt, daß nämlich die Vorgänge im Lande durch die Presse behandelt werden sollen, galt in der Diktatur gerade nicht. Das Volk sollte nicht gefragt werden, ob es solche Vorgänge billige. Die hier im Prozeß festgestellten Verbrechen durften keine Publizität bekommen. Kann man annehmen, daß unter solchen Umständen die Presse und der Rundfunk geeignete Mittel waren, um zur Begehung von Verbrechen anzustiften? Ist es nicht viel wahrscheinlicher, daß derartige Vorgänge gerade der Presse und dem Rundfunk gegenüber besonders geheimgehalten worden sind?

Für keinen Einzelfall – mögen die Reden Fritzsches im ganzen auch tendenziös gewesen sein – kann doch davon ausgegangen werden, daß er Entschlüsse zur Begehung strafbarer Handlungen beim einzelnen Individuum ausgerechnet durch öffentliche Ansprachen hätte hervorrufen können.

Vielleicht gehen die rechtlichen Hinweise der Anklage auch gar nicht so weit. Die Anklage will Fritzsche vorwerfen, daß er dazu beigetragen habe, eine »Atmosphäre des Hasses« zu erzeugen (Sitzung vom 23. Januar 1946). Auf der Basis solcher Propaganda sei es überhaupt erst möglich gewesen, daß in Deutschland grauenhafte Verbrechen begangen worden seien. Das ist aber ein Vorwurf, der rechtlich irrelevant ist. Rechtliche Bedeutung könnte dieser Vorwurf nur haben, wenn der Angeklagte Fritzsche innerhalb der sogenannten Verschwörergruppe gestanden hätte, wenn er Anstifter eines gemeinsamen Planes gewesen wäre. Ich glaube nachgewiesen [383] zu haben, daß eine solche Ansicht unmöglich ist. Hätte er tatsächlich eine »Atmosphäre des Hasses« erzeugt, dann hätte er damit – außerhalb der Verschwörergruppe – rechtlich gesehen, niemanden zur Begehung bestimmter Verbrechen anstiften können. Ja, nach positivrechtlicher Bestimmung des deutschen Strafrechts würden durch den Rundfunk verbreitete Aufforderungen den Tatbestand einer Anstiftung im strafrechtlichen Sinne sogar ausschließen. Nach jahrzehntelanger deutscher Rechtsprechung wäre eine Anstiftung rechtlich unmöglich, weil die Einflußnahme sich gar nicht auf einen bestimmten Täter hätte beziehen können. Außerdem kennt das deutsche Gesetz nur Anstiftung zu einer konkreten Tat, dagegen nicht eine solche zur Begehung strafbarer Handlungen ganz im allgemeinen.8 Grundsätzlich ist daher irgendeine an einen individuell ganz unbestimmten Personenkreis gerichtete Aufforderung keine akzessorische Anstiftung, fällt vielmehr überhaupt aus dem Rahmen rechtlicher Relevanz. Die Rundfunkansprachen Fritzsches konnten aber zwangsläufig nur an einen völlig unbeschränkten Personenkreis gerichtet sein. Konnte er darüber hinaus, zumal er ernsthaft bestrebt war, eine »wahrheitsgemäße Grundlage« der Propaganda für die deutsche Presse und den Rundfunk zu finden, überhaupt einen Vorsatz haben, zu strafbaren Handlungen anzustiften? Mein Mandant hat wohl eindrucksvoll und eindeutig zugegeben, die von ihm zu vermittelnden Nachrichten mit einer der offiziellen deutschen Politik entsprechenden Tendenz wiedergegeben zu haben. Er hat also nicht etwa den Umstand ausgenutzt, daß das Völkerrecht ihm gar keine Bindung auferlegte, und die Beweisaufnahme hat seinen guten Glauben auch nicht widerlegt. Der gute Glaube ist aber – und zwar sowohl bei der akzessorischen Anstiftung als auch bei der akzessorischen Beihilfe – rechtlich gesehen dem mangelnden Willen und der mangelnden Wissentlichkeit gleichzustellen.

Damit ist dargetan:

  • 1. daß der Angeklagte Fritzsche nicht zur planenden Verschwörergruppe gehört hat;

  • 2. daß er niemals Mitglied einer Gruppe oder einer Organisation gewesen ist, die hier für verbrecherisch erklärt werden sollen;

  • 3. daß er aus tatsächlichen und aus Rechtsgründen keine individuelle Schuld an einem Kriegsverbrechen oder an einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit trägt, weder als Mittäter noch – im [384] Rechtssinne – als Anstifter und noch nicht einmal, ebenfalls im Rechtssinne, als Gehilfe.

Damit habe ich die Beweisfrage und auch die rechtlichen Schlußfolgerungen wohl ausreichend erörtert. Eins muß aber noch erwähnt werden: Auch der Fall Fritzsche hat eine menschliche Seite.

Abgesehen von dem Für und Wider rechtlicher Möglichkeiten darf die naheliegende Frage nicht unbeantwortet bleiben: Kann Fritzsche unmittelbar als Mensch zugemutet werden, Mitwisser, ja Miturheber aller dieser im Gerichtssaal festgestellten Scheußlichkeiten gewesen zu sein? Im Sinne der Anklage ist ein doloses Werkzeug (Anklageschrift, Punkt 1, IV, A) der Verschwörer – von denen Goebbels vielleicht einer war – nur derjenige, der Kenntnis ihrer Ziele und Zwecke hatte.

Die Maßnahmen und Äußerungen Fritzsches flossen aber nicht aus einem verbrecherischen Willen. Fritzsche hat bei seiner Vernehmung darauf hingewiesen, daß er sich vor diesem Hohen Tribunal nicht auf die Gehorsamspflicht berufe. Aber er hat hinzugefügt, daß ihm für seine Person auch niemals etwas Verbrecherisches zugemutet worden ist. Und er hat weiter erklärt: Niemand hätte sich zwingen lassen brauchen, einen Befehl auszuführen, den er als verbrecherisch erkennen mußte. Sicher hat Fritzsche eigene Überzeugung geopfert, manche Kompromisse geschlossen. Das tat er aber nicht, wo er Unrecht, Gewalttat und Unmenschlichkeit glaubte entdecken zu können. Was er an ausländischen Meldungen hierüber erhielt, prüfte er mit der Sorgfalt; die zu seinen Pflichten als Journalist gehörte. Was er an Meldungen aus dem Inland bekam, dem ging er nach, selbst unter Gefahren, die damit für seine eigene Person verbunden waren. Gefahren, die jeden umlauerten, der etwa eindringen wollte in das, was das absolute Geheimnis verschließen sollte. Er ließ sich hierbei nicht mit lahmen und mit verschleiernden Erklärungen abspeisen. Er hat hier viele Einzelheiten berichtet. Ich erwähne nur seine Besuche bei Glücks, Heydrich und seine Nachforschungen in der Ukraine.

Was er an verbrecherischen Plänen erfuhr – wie den »Kommissarbefehl« und die Absicht, wegen der Luftangriffe auf Dresden eine unmenschliche Vergeltung zu üben –, bekämpfte er entschlossen, im letzteren Falle sogar unter Hinzuziehung eines ausländischen Gesandten. Und er hatte auch Erfolg, wie diese beiden besonders auffälligen Beispiele zeigen. Er tat dies der Stimme seines Gewissens folgend. Er stellte nicht das Für und Wider erst zu langen Diskussion. Im Falle des Kommissarbefehls hatte er nur als Soldat von ihm gehört – niemals hatte er ihn zu lesen bekommen. Er wußte auch nichts davon, daß er jemals tatsächlich ausgeführt worden wäre und trat sofort dagegen auf. Als Goebbels ihm den Befehl erteilt hatte, einen Massenmord an alliierten Fliegern [385] anzukündigen, kam es ihm nicht darauf an, den Zorn und die Wut seines Ministers herauszufordern. Dr. Scharping hat das bis ins einzelne geschildert (Dokument Fritzsche 3). Als er von Grausamkeiten im Konzentrationslager in Oranienburg hörte, schlug er sogar Lärm. Die Schuldigen wurden damals bestraft. Die von mir überreichten Affidavits von Dr. Scharping (Dokument Fritzsche 2) und andere beweisen seine bedingungslose Bereitschaft, politisch und rassisch Verfolgten zu helfen, wenn sie sich an ihn wandten. Bezeichnend für seine Toleranz ist, daß und wie er das Weitererscheinen der »Frankfurter Zeitung« ermöglichte (Dokument Fritzsche 5). Die Beweise hierzu, die mit meinem Dokumentenbuch 2 sonst noch vorgelegt wurden, sind nicht unerheblich und können gerade im Fall Fritzsche nicht einfach damit abgetan werden, daß er mit der anderen Hand »kalten Blutes« (Anklagerede vom 23. Januar 1946) Menschen dem Tode preisgegeben hätte.

Seine Menschenwürde wollte er also nicht opfern; auch nicht den scheinbaren Forderungen eines vermeintlichen Idealismus' oder eines geleisteten Eides zuliebe.

Wenn die Anklage versucht hat, das Bild zu beschatten, so muß ich demgegenüber auf die helleren Seiten verweisen, und zwar auf die, die ihn als Repräsentanten der Propaganda angeben.

War er ein Lügner – etwa sogar ein notorischer Lügner? Daß Goebbels es war, steht nach den Ergebnissen dieses Prozesses fest. Und da fälschlich angenommen wurde, Fritzsche sei seine rechte Hand gewesen, lag es allerdings nahe, diese Eigenschaft auf Fritzsche zu übertragen. Die Annahme dürfte klar widerlegt sein. Es ist meine Überzeugung, hätte sich Goebbels durch seine Flucht in den Tod nicht der Verantwortung entzogen, würden wir Fritzsche nicht hier als Repräsentanten des Propagandaministeriums auf der Anklagebank sehen. Die weitere Annahme, alle Mitarbeiter von Goebbels müßten sich ebenfalls bewußt der Lüge bedient haben, ist ungerechtfertigt. Gerechtfertigt wäre dies nur, wenn man hier festgestellt hätte, daß Fritzsche die Zusammenhänge hätte erfassen können, die wirklichen und sehr tiefliegenden. Aber erst dieser Prozeß machte dies möglich. Fritzsche blieb im Irrtum verstrickt wie Millionen andere Deutsche. Die Mißstände waren überall mit Händen zu greifen. Auch Fritzsche übersah sie nicht. Er hat es auch abgelehnt, hier vor dem Gericht etwa als Opponent des Nazi-Systems sich bezeichnen zu lassen. Er hat aber für sich in Anspruch genommen, Mißstände, soweit sie von ihm erkannt werden konnten, bekämpft zu haben. Das erfordert eine moralisch bessere Einstufung.

Auch war er kein Eiferer, kein Fanatiker, der, besessen nur von einer Idee oder von der Anbetung der Macht und des Erfolges, keiner kritischen Stimme zugänglich gewesen wäre. Natürlich war es Sünde – sogar die schwere Sünde wider den Geist –, dem [386] System weiter gedient zu haben. Entscheidend ist aber, ob er mehr erkennen konnte als bloße Mißstände. Die Lüge war jedoch bereits in das Fundament eingebaut. Lügnerisch mußte deshalb auch sein, was sich hierauf aufbaute. Nicht bloß das Ministerium der tausend Türen, wie es einmal genannt wurde, war vergiftet. Die Ursachen dafür, daß in Deutschland alles durch die Lüge vergiftet war, mögen diejenigen eher erkannt haben, die in einer reineren Luft lebten.

Fritzsche hat sich zwar der Phraseologie nicht enthalten. Er hat sie aber vielleicht mit mehr Geschmack angewendet wie viele andere. Er hat hier erklären können – und das ist keine bloße Phrase –, daß er bei seinen fachlichen Arbeiten stets sauber und ehrlich in allen Einzelheiten gehandelt hat. Auch Dr. Scharping hat dies in seinem Affidavit hervorgehoben. Ist dies kein Anhaltspunkt dafür, daß er eben nicht erkannt hat, daß das gesamte Fundament, auf dem sich seine Arbeit aufbaute, hohl und lügnerisch war? Wäre er ein berufsmäßiger Lügner gewesen, dann hätte ihm an einer ehrlichen und sauberen Arbeit, an einer Überprüfung von ausländischen Nachrichten und an alledem, was ihn bewog, eine wahrheitsgemäße Grundlage für Presse und Rundfunk zu suchen, gar nichts gelegen.

Die Anklage hat seinen Aufstieg im Propagandaministerium hervorgehoben. Wollte sie damit erklären, daß er das Lügen besonders gut verstand? In Wirklichkeit hat seine Laufbahn – so bescheiden sie gegenüber den anderen Dienern Hitlers gewesen war – einen ganz anderen Grund, der auch hier eindeutig festgestellt worden ist. Er avancierte nur deswegen, weil er als Journalist, weil er als Fachmann etwas konnte; nicht weil er das Lügen besonders verstand, sondern weil er das Wort besser beherrschte als viele andere.

Wie durch die Affidavits von Dr. Scharping und Frau Krüger (Dokument Fritzsche 8) bewiesen ist, hat Fritzsche eine bescheidene Lebensführung gehabt. Er hat während seiner Tätigkeit im Propagandaministerium keine Reichtümer gesammelt, er besaß keine luxuriöse Wohnung und hat sich schließlich auch nichts schenken lassen. Etwas Gegenteiliges ist übrigens von der Anklagebehörde niemals behauptet worden. Es erscheint nach alledem nicht verwunderlich, wenn diejenigen, die nicht bloß seine Stimme im Rundfunk hörten, sondern ihn auch persönlich kannten, seine menschlichen Eigenschaften besonders hervorgehoben haben. Dr. Scharping erklärt in seinem Affidavit: »Es galt als Auszeichnung, bei ihm arbeiten zu dürfen.« Entspricht es menschlicher Erfahrung, daß ein lügnerischer Mensch solches Ansehen hätte erringen können? Ich glaube, menschliches Ansehen kann nur ein sauberer Charakter erringen. Diejenigen, die mit einem Menschen täglich zusammen [387] sind, erkennen, ob er ein Lügner ist oder nicht. Und wenn ihn nicht sein Wort verrät, dann verraten ihn die Augen.

Es mag viele Möglichkeiten geben, den Widerspruch zu klären, daß jemand, der in der Propaganda des Dritten Reiches mitgearbeitet hat, trotzdem sauber und wahrheitsliebend ist. Die am nächsten liegende Erklärung kann wohl aus dem eigenen Hinweis Fritzsches entnommen werden, die ich hiermit wiederhole:

»Er fühle sich« – was vielleicht nicht für die Geschichte, wohl aber für die Urteilsfindung bedeutungsvoll ist – »von Hitler ebenfalls betrogen.«

Fritzsche hat vor diesem Tribunal nicht nur sich, sondern auch das deutsche Volk verteidigt. Inwieweit er selbst dem deutschen Volke gegenüber verantwortlich ist dafür, daß er es immer wieder und bis zuletzt zum kriegerischen Durchhalten aufgefordert hat, ist hier nicht zu entscheiden.

Mag Fritzsche nicht wie andere eher erkannt haben, daß er einer schlechten Sache diente, oder mag er sich von der Staatsführung nur deswegen nicht abgewendet haben, weil er mit dem deutschen Volke zusammen den Kelch bis zur Neige teilen wollte – schuldig im Sinne der hier vor diesem Hohen Tribunal gegen ihn erhobenen Anklage ist er nicht.

Ich bitte um seine Freisprechung.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird sich bis 2.00 Uhr vertagen.


[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]


1 Zeitliche Unterscheidung: »accessories before the fact«, »principials«, »accessories after the fact«. Die »principials« werden auch verschiedentlich sachlich, dem Grade nach in solche »of first degree« und solche »of second degree« unterschieden; die letzteren werden auch aufgeteilt in solche, die bei der Ausführung selbst durch Rat (abetting) oder bei der Tat Hilfe (aiding) geleistet haben.


2 Zu erwähnen wäre aber, daß beispielsweise ein englisches Gesetz (Akt von 1861) eine Unterscheidung der »accessories« und »abettors« vornimmt und darüber hinaus weiter, wenn auch nur fakultativ, die Gleichbestrafung bei verschiedenen Delikten fallen gelassen hat: so daß bei »felonies« nur gleich bestraft werden kann: »may be punished«, bei »misdemeanors« allerdings gleich bestraft werden muß: »shall be liable to be punished«.


3 Reichsgericht 56, 168: Es muß »objektiv eine Bedingung für die Tat eines anderen mitgesetzt worden sein«.


4 Wenn ich mich nicht täusche, entspricht das etwa der Unterscheidung zwischen dem Willensakt (vicious will) und dem Erkenntnisvermögen (some blameworth condition of mind) der englischen Rechtsauffassung.


5 Diese Rechtsgrundsätze sind auf dem Boden des Paragraph 49 des Reichsstrafgesetzbuches in vielen Entscheidungen des Reichsgerichts entwickelt worden; die Wiedergabe wenigstens einer solchen Entscheidung erscheint geeignet, die deutsche Rechtsauffassung klarzustellen. Schon in seiner Entscheidung vom 7. Oktober 1890 (RG. 21, 95) hat das Reichsgericht diese Frage wie folgt formuliert:

»Denn da das Wesen der strafbaren Beihilfe in der wissentlichen Hilfeleistung zur Begehung der Straftat des Täters besteht, so setzt sie nicht bloß voraus, daß der Gehilfe von allen wesentlichen Begriffsmerkmalen der zu begehenden Haupttat Kenntnis gehabt haben muß, sondern auch, daß sein Wille, sein Vorsatz darauf gerichtet gewesen ist, die Ausführung dieser bestimmten konkreten Tat des Täters durch seine Hilfeleistung zu unterstützen und zu fördern. Es muß sich insoweit die wirklich begangene oder versuchte Tat mit der vom Gehilfen wissentlich unterstützten in allen wesentlichen Merkmalen decken. Fehlt es an dieser Übereinstimmung, wird insbesondere die Hilfeleistung vom Täter zur Ausführung einer anderen oder wegen besonderer, dem Gehilfen unbekannt gebliebenen Tatumstände erschwerten Tat benutzt, so kann dies dem Gehilfen... nicht zugerechnet werden.... Seine strafrechtliche Verantwortung reicht eben nur so weit, als sein auf Hilfeleistung gerichteter Vorsatz geht und zur Verwirklichung gelangt.«

Vergl. hierzu auch die Entscheidungen in RG. 15, 316; RG. 37, 323; RG. 56, 350.


6 Vergleiche: »accessory before the fact« mit den zwei Möglichkeiten, des den Entschluß erst erzeugenden »instigators«, oder des vor der Ausführung intellektuell hilfeleistenden »abettors«.


7 Aus einer Entscheidung des Reichsgerichts in RG. 36, 404:

»Der Begriff der Anstiftung setzt voraus, daß der Anzustiftende nicht schon selbst zur Begehung einer strafbaren Handlung entschlossen ist, sei es durch eigene Überzeugung, sei es durch Einflußnahme anderer.«

Vergleiche hierzu auch RG. 26, 362.


8 Vergl. Entscheidung des Reichsgerichts in RG. 34, 328:

»Um strafbare Anstiftung annehmen zu können, genügt nicht die Bestimmung eines anderen zu einer verbrecherischen Gesinnung oder Willensrichtung überhaupt, daher ist regelmäßig nicht die Aufforderung eines anderen zu Straftaten im allgemeinen, sei es auch einer bestimmten Art, eine Anstiftung, wenn nicht trotz der Allgemeinheit der Aufforderung die Verübung der demnächst begangenen konkreten Straftat erweislich im Willen des Auffordernden gelegen hat.«

Vergl. ferner RG. 26, 362.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 19.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Lohenstein, Daniel Casper von

Agrippina. Trauerspiel

Agrippina. Trauerspiel

Im Kampf um die Macht in Rom ist jedes Mittel recht: Intrige, Betrug und Inzest. Schließlich läßt Nero seine Mutter Agrippina erschlagen und ihren zuckenden Körper mit Messern durchbohren. Neben Epicharis ist Agrippina das zweite Nero-Drama Daniel Casper von Lohensteins.

142 Seiten, 7.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon