Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

[627] In seiner Eigenschaft als Unterstaatssekretär im Propagandaministerium und als zweiter Vorsitzender der Reichskulturkammer spielte Funk eine Rolle in dem frühen Nazi-Programm der wirtschaftlichen Entrechtung der Juden. Am 12. November 1938, nach den Novemberpogromen, war er bei einer Besprechung zugegen, die unter dem Vorsitz Görings die Lösung der Judenfrage zu erörtern hatte, und er schlug eine Verordnung vor, welche alle Juden aus dem gesamten Geschäftsleben entfernen sollte, und die am gleichen Tag von Göring als Bevollmächtigten des Vierjahresplanes erlassen wurde. Zwar hat Funk ausgesagt, daß er von den Ausbrüchen des 10. November erschüttert gewesen sei, aber am 15. November hat er eine Ansprache gehalten, in welcher er diese Ausbrüche als eine »gewaltige Explosion des Abscheus des deutschen Volkes über den verbrecherischen jüdischen Anschlag auf das deutsche Volk« beschrieb. Er behauptete, daß die Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben logisch ihrer Ausschaltung aus dem politischen Leben folge.

Im Jahre 1942 traf Funk mit Himmler ein Abkommen, auf Grund dessen die Reichsbank gewisses Gold, Juwelen und Barmittel von der SS erhalten würde, und gab seinen Untergebenen, die die Einzelheiten auszuarbeiten hatten, die Anweisung, keine unnötigen Fragen zu stellen. Als Ergebnis dieses Abkommens lieferte die SS an die Reichsbank die persönliche Habe und Wertgegenstände, die den Opfern, die in Konzentrationslagern umgebracht worden waren, abgenommen waren. Die Reichsbank behielt die Münzen und Banknoten zurück und schickte die Juwelen, Uhren und persönlichen Gegenstände an die städtischen Pfandleihämter in Berlin. Das von Brillen stammende Gold, sowie Goldzähne und Plomben wurden in den Gewölben der Reichsbank aufbewahrt. Funk hat den Einwand gemacht, daß er nicht gewußt habe, daß die Reichsbank Gegenstände dieser Art erhalten habe. Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß er entweder wußte, welche Gegenstände eingingen, oder daß er bewußt seine Augen demgegenüber verschloß.

Als Wirtschaftsminister und Reichsbankpräsident nahm Funk an der wirtschaftlichen Ausbeutung der besetzten Gebiete teil. Er war Präsident der Kontinentalen Öl-Gesellschaft, deren Aufgabe [627] es war, die Ölquellen der besetzten Ostgebiete auszunutzen. Er war für die Beschlagnahme der Goldreserven der Tschechoslowakischen Nationalbank und für die Liquidierung der Jugoslawischen Nationalbank verantwortlich. Sein Stellvertreter sandte am 6. Juni 1942 ein Schreiben an das OKW mit der Bitte, Gelder des französischen Besatzungskostenfonds für Schwarz-Markt-Käufe zur Verfügung zu stellen. Durch seine Anwesenheit bei einer Sitzung am 8. August 1942 ist bewiesen, daß er mit den deutschen Besatzungsmethoden vertraut war; Göring wandte sich damals an eine Anzahl deutscher Besatzungsbeamter, gab ihnen zu verstehen, welche Erzeugnisse von ihren Gebieten benötigt würden und fügte hinzu: »Es ist mir völlig gleichgültig, ob sie mir daraufhin sagen, daß ihre Leute hungern werden«.

Im Herbst 1943 war Funk Mitglied der Zentralen Planung, die über die Gesamtzahl der von der deutschen Industrie benötigten Arbeiter entschied und von Sauckel verlangte, sie zu liefern, meist mittels Deportation aus den besetzten Gebieten. Funk schien sich nicht besonders für diesen Teil des Zwangsarbeiterprogramms zu interessieren und schickte meistens einen Stellvertreter zu diesen Besprechungen, oft den SS-General Ohlendorf, früher Chef des SD innerhalb Deutschlands und Befehlshaber der Einsatzgruppe D. Funk war sich jedoch der Tatsache bewußt, daß die Körperschaft, deren Mitglied er war, die Einfuhr von Sklavenarbeitern verlangte und dieselben verschiedenen ihrer Kontrolle unterstehenden Industrien zuwies.

Als Präsident der Reichsbank war Funk auch mittelbar verantwortlich für die Verwendung von Konzentrationslager-Arbeitskräften. Unter seiner Leitung gewährte die Reichsbank der SS einen Dauerkredit von zwölf Millionen Reichsmark für den Bau von Fabriken, zur Verwendung von Konzentrationslager-Arbeitskräften.

Trotz der Tatsache, daß Funk hohe Posten innehatte, war er doch nie eine beherrschende Figur in den verschiedenen Programmen, an denen er mitwirkte. Dies ist ein Milderungsgrund, den das Gericht in Erwägung zieht.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 22, S. 627-628.
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