Alchemie

[14] Alchemie, mhd. alchmîe, alchamîe, aus mittellat. alchimîa, alchemîa, welches aus griech. die chêmeía = Saft, Flüssigkeit, von chéein giessen, durch Vermittlung der Araber und daher mit dem arabischen Artikel al. Man versteht darunter die vom 4. bis in den Beginn des 16. Jahrh. gehenden Bestrebungen, mit Hilfe chemischer Prozesse unedle Metalle in edle, Gold oder Silber, zu verwandeln. Wahrscheinlich haben diese Bestrebungen in Ägypten begonnen; und man nannte später einen Ägypter Hermes Trismegistos oder Mercurius den Begründer der Alchemie. Schriften aber, welche die Metallveredlung zu ihrem hauptsächlichen Gegenstand haben, findet man zuerst in griechischer Sprache im 5. Jahrh. vom 8. Jahrh. an beschäftigt diese Kunst die Araber, und erst von ihnen kam sie zu den Europäern. Zweck ist stets, die Mittel zu finden, wodurch unedle Metalle in edle verwandelt werden, auf chemischem Wege ein Präparat, den Stein der Weisen, darzustellen, welches in seiner höchsten Vollkommenheit Quecksilber und jedes geschmolzene unedle Metall in Gold verwandelt, in einem niederen Zustande der Vollkommenheit dieselben nur in Silber umändert, und endlich, noch als Arzneimittel gebraucht, alle Krankheiten heilt, den Körper verjüngt und das Leben verlängert. Nach der ersten alchemistischen Theorie der Araber sind alle Metalle zusammengesetzt und zwar finden sich in allen zwei Bestandteile, von deren Mengeverhältnis und verschiedenem Grade der Reinheit die Natur des Metalls abhängt; sie heissen Schwefel und Quecksilber, womit aber nicht der gewöhnliche Schwefel und das gewöhnliche Quecksilber gemeint sind, obgleich sie darin in grosser Menge enthalten sein sollen. Unter ihrem Mercurius scheinen die Alchemisten den Begriff des Unzersetzbaren und zugleich die Eigenschaft des Metallglanzes und der Dehnbarkeit, der Metallizität, unter Sulfur den Begriff der Zersetzbarkeit, der Veränderlichkeit verstanden zu haben. Über die Natur eines Stoffes giebt das Feuer am besten Auskunft. Je nach dem Grade der Fixierung des Schwefels und des Quecksilbers ist[14] die Schmelzbarkeit der Metalle verschieden, die Farbe hängt vom Schwefel ab. Der bedeutendste Chemiker der Araber ist Geber im 8. Jahrh.; andere sind Rhazes, Avicenna, Avenzcoar, Albukases; christliche Alchemisten Albertus Magnus, Roger Baco, Arnoldus Villanovanus, Raymundus Lullus, alle im 13. Jahrh. Es sind meist Mönche, die ihre Experimente in den Klöstern machten, denen zwar im Anfang des 14. Jahrh. die Betreibung der Alchemie durch eine päpstliche Bulle verboten wurde. Im 15. Jahrh. tritt als dritter Bestandteil zu Quecksilber und Schwefel das Salz, welches wieder nicht mit dem gemeinen Salz identisch ist. Die Goldmacherei hat zwar noch mehrere Jahrhunderte lang Anhänger gefunden; in der wissenschaftlichen Naturlehre wurde sie aber schon seit Paracelsus (1493–1541) abgelöst durch die Chemie in der Richtung als Jatrochemie, zufolge welcher sie sich in den Dienst der Heilkunde stellt. Aus ihr ist dann mit der Zeit die moderne Wissenschaft der Chemie erwachsen. Kopp, Geschichte der Chemie, Bd. 1 und ebders., die Entwicklung der Chemie der neueren Zeit, 5–32, und ebders., Beiträge zur Geschichte der Chemie. Braunschweig 1869.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 14-15.
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