Bruder Rausch

[87] Bruder Rausch heisst ein auf altem Sagengrunde ruhendes Gedicht, das in seiner ältesten, einer niederdeutschen Fassung, dem 15. Jahrhundert angehört, und das ganze 16. Jahrhundert hindurch in hochdeutscher Bearbeitung eines der gelesensten Volksbücher war; der älteste hochdeutsche Druck erschien 1515 zu Strassburg. Der Inhalt ist in Kürze folgender: In einem Kloster führen die jungen Mönche ein liederliches Leben, sodass der Teufel sich vornimmt, sie ganz zu verderben. In Gestalt eines jungen Menschen, Rausch genannt, verdingt er sich bei ihnen als Küchenknecht und muss dem Abt und den übrigen Mönchen aus Gefälligkeit je am Abend ein junges Weib schaffen. Da er sich dabei einmal versäumt und der Koch ihn darum züchtigen will, wirft er diesen in den Kessel, erhält darauf die erledigte Stelle des Meisterkochs und führt sie sieben Jahre zur Zufriedenheit der Mönche, doch bemüht er sich dabei, durch tolle Streiche die Mönche unter sich zu veruneinigen; ein Bauer entdeckt aber bei einer von ihm belauschten Teufelszusammenkunft im Walde, an welcher Bruder Rausch teilnimmt, den Stand des Gesellen, und macht davon dem Abte Mitteilung. Dieser zwingt ihn durch die heilige Messe, das Kloster zu verlassen, worauf Bruder Bausch sich nach England begiebt und in des Königs Tochter fährt. Auch aus dieser vertreibt ihn der herbeigeholte Abt und heisst den Teufel endlich in einen Berg nahe seinem Kloster fahren, wo er bis zum jüngsten Tage bleiben wird. Siehe Bruder Rausch von Oskar Schade im Weimarer Jahrbuch, Bd. V, S. 357–412.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 87.
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