Carmina burana

[101] Carmina burana hat Schmeller eine Sammlung lateinischer, deutscher und gemischter lateinisch-deutscher Lieder genannt, die in einer Handschrift beisammen stehen, welche einst im Besitze der oberbairischen Abtei Benediktbeuren (daher der Name) war, und die er in Bd. 16 der Bibliothek des litterarischen Vereines in Stuttgart veröffentlichte. Die lateinischen Lieder sind teils in antiken Versmassen, teils in modern accentuierenden Rhythmen mit Endreimen gebaut. Dem Inhalt nach sind es geistlich-polemische Lieder, Natur-, Trink- und Liebeslieder, Gnomen, geistliche Spiele, manches darunter sehr weltlich, ja frivol, anderes überaus frisch und lebendig. Die frühere Ansicht von der Entstehung dieser Lieder war die, dass sie nach 1200 von fahrenden Klerikern oder Vaganten[101] der deutschen höfischen Lyrik in Strophenbau, Rhythmus und Auffassung nachgebildet seien; in neuerer Zeit ist die Ansicht ausgesprochen worden, dass wir hier Dichtungen vor uns hätten, welche neben der südfranzösischen Lyrik und dem niedern Volkslied eine wirkungsvolle Quelle des höfischen lyrischen Gesanges gewesen seien. Siehe Martin in der Zschr. f.d. Altert. Bd. 20 (8). Eine Auswahl giebt: Gaudeamus! Carmina vagorum Selecta. Lips. 1869. Deutsche Übersetzungen: A. Pernwerth v. Bärnstein, Carmina burana Selecta, Würzburg 1879, u. L. Laistner: Golias. Stuttg. 1879.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 101-102.
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