Fastnacht, Fasnacht

[177] Fastnacht, Fasnacht, mhd. vasenaht, vasnaht, vasennaht, scheint keineswegs zu fasten, sondern zu fasen, faseln, davon Faselhans, mhd. vasen, ahd. fasôn zu gehören, mit der ursprünglichen Bedeutung von Schwarmfest. Die Form vastnaht mit Anlehnung an fasten ist zuerst in Norddeutschland aufgekommen, neben vastelnaht; in Bayern und Österreich heisst es Fasching, was man ebenfalls von vasnaht abzuleiten pflegt. Weigand. – In den Fastnachtsgebräuchen mischen sich altgermanische Frühlingssitten, christliche Anschauungen, Volksaberglaube und zum Teil von den Römern herstammende italienische Karnevalsfeierlichkeiten. Die Fastnachtfreuden bestanden in Tanz, Schmausereien, Trinkgelagen, Mummereien, Aufzügen, mancherorts im Abhalten eines Narrengerichtes. Die Sucht, sich zu verkleiden, war im Mittelalter sehr gross und machte sich auch zu anderen Zeiten als bloss zur Fastnacht geltend. Eigentliche Aufzüge scheinen aus Italien herübergekommen zu sein, wo im 14. und 15. Jahrhundert der Karneval zu hoher Ausbildung gelangte. In Deutschland war die Hauptsache Schmausen, Trinken und Tanzen. Ratsherren, Beamte, Handwerker wurden in den Städten zu Fastnachtmählern versammelt; die Zünfte hatten an diesem Tage ihren Zunftschmaus, besonders die patrizischen Gesellschaften. In Frankfurt währte bei einer solchen Gesellschaft die Festfeier neun Tage, mit dem zur Erholung nötigen Ausfalle von drei Tagen. Auffallend ist, dass man schon im Mittelalter die Fastnachtsfeier bis in die Fastenzeit fortsetzte. Alle Klassen feierten den Aschermittwoch mit Essen und Trinken; in Konstanz wurde diese Ausdehnung der Feier im Jahr 1450 verboten.

Es giebt eine umfangreiche Fastnachtlitteratur. In erster Reihe gehören dazu die Fastnachtspiele, die im 15. Jahrh. besonders in Nürnberg blühten; Hans Rosenblüt und Hans Folz haben ihrer eine Menge hinterlassen. Auch nach der Reformation blieb Nürnberg der Hauptsitz des veredelten Fastnachtspieles, vertreten durch Hans Sachs und Jakob Ayrer (siehe den Artikel Drama). Fastnachtlieder hat man mehrere aus dem 15. Jahrh., z.B. Uhland, Nr. 242.[177]

Auch Fastnachtpredigten kommen im 15. Jahrh. vor, im 16. Jahrh. meist auf die alte Kirche gemünzt, so die »Kurzweilige Fassnacht-Predigt von Dr. Schwarmen zu Hummelshagen, auf Grillenberg und Tappeneck,« und »Ein kurtzweylig Predige, die uns beschreipbt Dr. Schmossmann, am vier und zweinzigsten Kappenzipffell.«

Sebastian Frank beschreibt im Weltbuch die Fastnacht folgendermassen: »Nachmals (nach Lichtmess) kumpt die Fassnacht, der Römischen Christen Bachanalia. An disem Fest pflegt man vil kurtzweil, spectakel, spil zue halten, mit stechen, turnieren, tanzen, rockenfart, fastnachtspil. Da verkleiden sich die leut, laufen wie narren und unsinnige in der statt, mit mancherlei abenteur und fantasei, was sie erdenken mögen: wer etwas närrisch erdenkt, der ist meister. Da sihet man in seltzamer rüstung, seltzamer mummerei, die frawen in manns kleidern und die mann in weiblicher waat, und ist fürwar schaam, zucht, erbarkeit, frumbkeit an disem christlichen fest teur, und geschicht vil buoberei, doch verrichts gelt alles in der beicht, all bossheit und unzucht ist zimlich an disem fest, ja ein wolstand. Die Herren haben ir Fassnacht an einem sontag, darnach auf den aftermontag (Tag nach dem Montag) die Leigen. In summa, man fachet daran allen muotwill und kurzweil an. Etlich laufend on alle scham aller ding nackend umb, Etlich kriechend auf allen vieren wie die tier, Etlich brüllen narren auss, Etlich seind münch, künig etc. auf diss Fest, das wol lachens wert ist. Etlich gehen auf hohen stelzen und flügeln und langen Schnäbeln, seind storken, etlich bären, etlich wild holzleut, etlich teufel, etlich tragend ein frischen menschenkot auf ein küssin herumb und wören im der fliegen, wolte Gott, sie müessten im auch schneizen und eredenzen. Etlich seind affen, etlich in narrenkleidern verbutzt, und zwar dise gehn in ir rechten mummerei und sind in der warheit das, das sie anzeigen. Wann sie ein andrer ein narren schilt und eseloren zeigt, so wöllen sie zürnen, hawen und stechen, und hie beichten sie willig und öffentlich vor jederman selbs, wer si sind. Die Itali oder Walsen in Italia stellen sich auch, als wöllen sie die Teutschen in diesem Fall überwinden, da seind auch narren wolfeil, doch etwas subtiler denn die Teutschen. Um Ulm hat es einen brauch an der Fastnacht: wer diss tags in ein hauss geht und nit sagt, er gehe mit urlaub auss und ein, den fassen si und binden dem (es sei frawen oder manns bild) die händ als ein übeltäter auf den rücken, klopfen mit einem böcken voran und füerens in der statt herumb. Auf diese kumbt die Fast. Den nächsten tag darnach zur eingang derselben lauft das volk zu kirchen, da strewet der pfaff einem jeden umb einen pfennig ein wenig aschen auf den Kopf. Etlich haben ir eigen gebet und andacht auf die fassnacht, für den frörer oder feler. Auf diesen tag der äscherigen mitwoch leuten sie das Fasten ein mit grosser mummerei, halten panket, und verkleiden sich in sunder munier. Etlich klagen und suochen die fastnacht mit facklen und laternen bei hellem tag, schreien kläglich, wohin die Fassnacht kumen sei. Etlich tragen ein haring an einer stangen und sagen: Nimmer würst! haring! mit viel seltzamer abenteur, fastnachtspil, gsang und reimen, laufend aber etlich gar nackend durch die statt. Etlich henkend einen haufen buoben an sich und singen inen vor, etlich werfen nuss auss, etlich fassen einander, tragen einander auf stangen in bach und treiben der fantasei unzälich vil. Den nächsten Sontag darnach gibt man der Fassnacht urlaub, verbutzt und verhült sich[178] aber, trinken sich voll, spilen und rasslen zuletst. Als dann folget die traurig fast.« Und bei Gelegenheit der Beschreibung des Landes der Franken: »An dem Rhein, Frankenland und etlich andern orten samlen die jungen gesellen alle danzjungfrawen, setzen si in ein pfluog und ziehen iren Spilman, der auf dem pfluog sitzt und pfeift, in das wasser. An andern orten ziehen sie ein feurigen pfluog, mit einem meisterlichen darauf gemachten feur angezündt, biss es zu trummern felt. Halten auch ir vier ein leylach (Leintuch) bei den vier zipfeln und ein ströinen angemachten butzen in hosen und wammes, mit einer larven wie ein todten mann, schwingen sie in auf die höhe und entpfahen in wider in das leylach, das treiben sie durch die ganz statt, und mit vil andern figuren gehen die Römischen Heidnischen Christen in der Fassnacht umb, als unsinnig, mit grosser leichtfertigkeit«. Über Fasnachtnarren handelt. Kap. 110b des Narrenschiffes, siehe dazu Zarnckes Anmerkungen.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 177-179.
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