Dëiphobe

[882] DËIPHŎBE, es, des Glaukus Tochter, eine der Sibyllen, welche sich bey Cumä in einer Höhle aufhielt, und eine Priesterinn des Apollo und der Diana abgab, die den Aeneas in die Hölle führete. Virgil. Aen. VI. v. 36. Einige halten sie für die Sibylle, welche dem Tarquinius ihre Bücher zu verkaufen gebracht. Weil sie aber allzu alt müßte geworden seyn, wenn sie von des Aeneas Zeiten, als welchen sie in die Hölle führete, bis auf des Tarquinius Regierung sollte gelebet haben, so wollen andere für letztere lieber die erythräische Sibylle angeben. Serv. ad eumd. l. c. Sieh Demophile. Ihr unglaublich hohes Alter soll sie, nach ihrer eigenen Erzählung, auf folgende Art erhalten haben. Apollo wurde in ihrer Jugend in sie verliebt, und damit er sie zur Gegenliebe bewegte, so erboth er sich, ihr alles zu bewilligen, was sie wünschen würde. Sie nahm eine Hand voll Sand auf, und verlangete, so viele Jahre zu leben, als sie Körner darinnen hatte. Zum Unglücke aber vergaß sie, zugleich dabey zu wünschen, daß sie auch die Lebhaftigkeit der Jugend dabey behielte. Doch Apollo both ihr solche ebenfalls noch an, wenn sie in sein Begehren willigen wollte. Sie zog aber eine unverletzte Keuschheit der ewigen Jugend vor. Es folgete also ein trauriges und kraftloses Alter auf ihre schönen Zeiten. Sie hatte schon siebenhundert Jahre gelebet, sagete sie, als Aeneas zu ihr kam, und sollte noch dreyhundert Jahre leben, da sie denn wie ein Schatten vergehen, und nur bloß die Stimme noch von ihr bleiben würde. Ovid. Metam. XIV. 132. sqq.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 882.
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