Melpomene

[1572] MELPOMĔNE, es, Gr. Μελπομένη, ης, ( Tab. X.) Jupiters und der Mnemosyne Tochter, eine der neun Musen. Hesiod. Theog. v. 77. Sie hat den Namen von μέλπω, ich singe, weil sie sich durch die Melodie in die Gemüther der Menschen einschmeichelt, Diod. Sic. l. IV. c. 7. p. 150. oder von μολπη, Gesang, weil ein Gedicht den Gesang und die Annehmlichkeit der Stimme erfordert, womit nicht allein das Lob rechtschaffener Leute von andern, sondern selbst auch der Götter von ihres gleichen besungen wurde. Phurnut. de N.D. c. 14. Noch andere leiten den Namen von μελέτη und ποιέω, her, und wollen, daß solche Muse insonderheit das Nachsinnen über eine Sache bemerke. Fulgent. Mythol. l. I. c. 14. Allein, die Grammatik leidet solche Ableitung nicht. Sonst war sie die Vorsteherinn der Tragödien. Auson. Epigr. 138. Es eignen [1572] ihr auch einige die Erfindung der Rhetorik zu. Anonym. Mythol. Musar. c. 5. Dabey soll sie mit dem Achelous die Sirenen gezeuget haben. Apollod. l. I. c. 3. §. 4. Sieh Musæ. Sie wird auf einem alten Gemälde mit einem langen Kleide von Türkisfarbe mit kurzen Aermeln, die ihr nicht bis an den Ellbogen gehen, und einem ebenfalls türkisblauen Oberkleide, womit sie vielmals umwunden ist, vorgestellet. Unter demselben sieht man eine kurze hellrothe Tunica ohne Aermel. Ihr Haupt ist mit einem Schleyer bedecket, der durch eine Binde zusammen gezogen worden, und mit Lorbeern gekrönet. In ders linken Hand hält sie eine tragische Maske und mit der rechten stützet sie sich aufs eine Keule. Auf dem Fußgesimse, worauf sie steht, liest man: ΜΕΛΠΟΜΕΝΗ. ΤΡΑΓΩΔΙΑΝ. Pitture antiche d'Ercol. T. II. tav. 4. Auf einem alten Marmor hat sie Federn auf dem Kopfe und stützet sich ebenfalls auf eine Keule, so wies sie es auch auf einer Münze des Pomponius Musa thut. Spon. Miscell erud. antiq. p. 44, & 46. Nebst der Keule und Maske hat sie auf einer Gemme noch ein Schwert an der Seite. Winkelm. Mon. ant. 45. p. 55. Auf einem andern sieht man sie mit einer Pallas oder einem langen umgeschlagenen Mantel angethan, wie sie sich auf eine Säule stützet und eine tragische Maske oder einen Kopf, den sie in der einen Hand vor sich hält, von welchem Blutstropfen fallen, nachdenkend betrachtet. Mus. Florent. T. I. t. 34. n. 1. So will man auch die Figur auf einem, die nur größtentheils von hinten gesehen wird und bloß am Unterleibe mit einem Gewande bekleidet ist, ihren einen Fuß auf einen Säulenfuß setzet und dabey eine ernsthafte Maske betrachtet, die sie in der einen Hand vor sich hält, worunter noch eine Panspfeife hängt in der andern aber einen Krummstab hat, für eine Melpomene ausgeben. Borion. Collect. antiq. t. 47. p. 34. Jedoch hält man eine gleiche Figur, die, bis auf die Rohrpfeife, auf einem andern Steine eben so vorkömmt, lieber für eine Thalia. Gori ad Mus. Flor. T. I. t. [1573] 34. n. 4. p. 102. Unter den Bildsäulen der Königinn Christina ist sie mit Bluhmen bekränzet und hat in der linken Hand eine Buchrolle, die rechte aber leget sie auf einen Herkuleskopf, der wie eine Maske auf einer neben ihr stehenden Keule liegt. Maffei Raccolta di Stat. t. CXIV. Anderer zu geschweigen. Montf. Ant. expl. T. I. P. I. pl. 56–62.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1572-1574.
Lizenz:
Faksimiles:
1572 | 1573 | 1574