Minos

[1637] MINOS, óis, Gr. Μίνως, ωος, ( Tab. XX.) Jupiters, Homer. Od. Λ. v. 567. oder vielmehr des Asterius, eines Königs in Kreta, Abel Hist. Monarch. l. II. c. 1. §. 24. und der Europa, einer Tochter [1637] des Agenors, Königs in Phönicien, Pausan. Ach. c. 2. p. 399. oder der Asia Sohn. Plato ap. Abel l. c. Gleichwohl macht auch Plato selbst ihn nebst dem Rhadamanthus zu Jupiters Söhnen. Minos p. 567. Opp. Er war der erste dieses Namens, und ist also mit seinem Enkel, dem Minos II, nicht zu vermengen, Marmor. Arundell. & ad id. Marsh. Sæc. X. p. 252. wie doch vielfältig auch von den besten alten Autoren geschieht. Mascamp. Instit. Hist. P. I. l. c. 1. Sect. 6. §. 1. & Thomas Gale ad Apllod. l. III. c. 1. §. 7. Seine Residenz hatte er zu Apollonia, Marmor. laudat. c. welches hernach Cydon genannt wurde. Stephan. ap. Marsham. l. c. Ob er aber ein geborner Kretenser, oder nur fremder Ankömmling in solcher Insel gewesen, darüber wird noch gestritten. Marsh. l. c. p. 253. Indessen war er doch König in selbiger, und vermähtete sich mit des Lykus Tochter, Itone, mit welcher er den Lykastus zeugete. Diod. Sic. l. IV. p. 183. Er soll auch eine Tochter, Akakallis gehabt haben, in welche sich Apollo und Mercurius verliebet. Sieh Acacallis. Sonst versah er seine Unterthanen insonderheit mit guten und heilsamen Gesetzen, welche er selbst vom Jupiter zu empfangen vorgab, indem er alle neun Jahre in eine tiefe Höhle stieg, und sich daselbst eine Zeitlang aufhielt, mittlerweile er denn theils die alten Gesetze wieder verbesserte, theils neue und annoch nöthige dazu that. Plat. Min. p. 568. Opp. Strabo l. XVI. p. 762. Valer. Max. l. I. c. 2. Extern. n. 1. Diese Höhle soll in dem Berge Ida gewesen seyn, Maxim. Tyr. Diss. XXII. p. 224. und es wollen einige, daß er sich ganzer neun Jahre hinter einander darinnen aufgehalten, welches aber aus einer unrichtig verstandenen Stelle hergerühret. Casaub. ad Strab. l. X. p. 476. Als er starb, wurde auf sein Grab geschrieben: Μίνος τοῦ Διὸς τάφος, und wie mit der Zeit das Wort Μίνος verwischet wurde, und nur das τοῦ Διὸς τάφος übrig geblieben, welches so viel als Jupiters Begräbniß heißt, sollen die Kretenser eben daher Gelegenheit genommen [1638] haben, zu dichten, daß Jupiter selbst bey ihnen begraben liege. Schol. Callimach. ad Hymn. in Iovem v. 8. Indessen soll er doch seiner gerechten Regierung halber hernach einer der drey höllischen Richter, und zwar der vornehmste geworden seyn, so, daß, wenn Aeakus und Rhadamanth in ihren Urtheilen nicht einig werden können, der Ausspruch sodann auf ihn angekommen sey. Virgil. Aen. II. v. 432. & ad eum Servius l. c. Man stellet ihn daher mit einem Zepter in der Hand vor, wie er mitten unter den Schatten sitzt, deren Sachen man ihm vorträgt. Hom. Od. Λ. 567. Dabey soll er die Urne in der Hand schütteln, welche ihr Schicksal enthält. Virg. Aen. VI. 432. Einige wollen ihn für einen so gar gerechten Richter und König eben nicht ansehen, weil er zum wenigsten die Britomartis, als sie seinem geilen Willen kein Gnügen thun wollte, so lange verfolgete, bis sie sich endlich ins Meer stürzete. Callimach. Hymn. in Dianam. v. 190. & ad eum Spanhem. l. c. Jedoch ziehen andere dieses in Zweifel, Diod. Sic. l. V. c. 76. p. 236. welches um so viel leichter ist, jeweniger beyder Minos Thaten in allem genau genug zu unterscheiden sind. Sonst hat man ihn mit dem Moses für einerley halten wollen, und deswegen eine witzige Vergleichung unter beyden angestellet. Huet. Demonstr. Evang. Prop. IV. c. 8. §. 9.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1637-1639.
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