Niobe

[1739] NIOBE, es, ( Tab. XXX.) des Tantalus und der Dione Tochter. Hygin. Fab. 9. Sie heurathete den Amphion, und zeugete mit ihm viele Kinder. Insgemein nennet man deren vierzehn, nämlich sieben Söhne und sieben Töchter. Jene waren Sipylus, Minytus, Isimenus, Damasichthon, Agenor, Phädimus und Tantalus; diese aber Ethodäa, od. Thera, Kleodoxa, Astyoche, Phthia, Pelopia, Astykratea und: Ogygia. Weil sich nun Niobe solcher vielen Kinder wegen selbst der Latona vorzog, die nur zwey, nämlich den Apollo und die Diana, hatte, so brachte solche es bey denselben dahin, daß jener alle sieben Söhne, da sie auf dem Berge Cithäron jageten, diese aber alle Töchter in ihrer Wohnung zu Theben mit ihren Pfeilen erschossen. Da nun Amphion ebenfalls umgekommen war, so machte sich Niobe von Theben wieder zu ihrem Vater in Phrygien zurück, woselbst sie endlich, auf ihr Bitten, vom Jupiter in einen Stein verwandelt wurde, der aber dennoch Tag und Nacht seine Thränen häufig vergoß. Apollod. l. III. c. 5. §. 6. Diod. Sic. l. IV. c. 76. p. 191. Ovid. Met. l. VI. v. 148. & Hygin. l. c. Andere sagen nur von sechs Söhnen und sechs Töchtern, die also getödtet worden Sie blieben neun Tage unbegraben liegen, weil Jupiter alles Volk zu Steinen gemacht hatte. Die Niobe aber wurde auf dem Berge Sipylos verwandelt. Hom. Il. Ω 603. sqq. Man giebt ihr aber auch wohl nur zween Söhne und drey Töchter. Herodot. ap. Apollod. l. c. Es soll aber doch auch noch von ihren Kindern Amphion und Chloris oder Meliböa und Amykla [1739] leben geblieben seyn. Apollod. l. c. Einige machen sie zu Assaons Tochter, und einer Gemahlinn des Philottus, die sich ihrer Kinder Schönheit halber der Latona vorgezogen, worauf aber ihr Mann auf der Jagd zerrissen worden. Man will auch, daß ihr Vater sich selbst in sie verliebet, und da sie ihm kein Gehör geben wollen, so habe er alle ihre Kinder verbrannt, worauf sie sich einen hohen Felsen hinabgestürzet, er aber sich umgebracht habe. Parthen. Erot. c. 33. Von ihrer Verwandelung wollen einige, daß damit auf ihre steinerne Bildsäule gesehen werde, die sie auf ihrer Kinder Begräbniß setzen lassen, welche sie denn noch selbst da stehen gesehen. Palæph. de Incred. c. 9. Andere sagen, sie habe vor Schmerz und Betrübniß endlich nichts mehr geredet, und sey also gleichsam ein Stein geworden. Cic. Tusc. III. c. 26. Noch andere geben vor, daß in Phrygien ein Felsen gewesen, der von fern die Gestalt einer weinenden Frau gehabt, welchen man für die verwandelte Niobe ausgegeben. Pausan. Att. c. 21. p. 37. Es soll aber die Hinrichtung ihrer Kinder von dem Apollo und der Diana nichts weiter bedeuten, als daß sie an der Pest gestorben, und sich niemand getrauet, solche zu begraben, jedermann aber über diesen Unfall bestürzt gewesen und an dem Betrübnisse der Niobe Theil genommen. Banier Entret. XIX. ou P. II. p. 295. Dess. Erl. der Götterl. III B. 417 S. Daß man sich übrigens weder seiner Kinder, noch anderer Glücksgüter halber erheben solle, wo man sich nicht Gottes Strafe zuziehen wolle, wird ein jeder leicht aus solcher Geschichte abnehmen. Omeis Mythol. in Niobe, p. 176. Sieh Amphion.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1739-1740.
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