Rhea

[2139] RHEA, æ, Gr. Ῥεία, ας, ( Tab. II. & IX.)

1 §. Namen. Diesen soll sie vons ῥέω, ich fließe, haben, weil sie einel Ursache des Flusses des Regens, Phurnut. de N.D. c. 6. oder des Flusses und der Bewegung aller Dinge, Heraclid. Allegor. Homer. p. 465. oder auch des Flusses der besamenden Natur[2139] seyn soll. Epiphan. ap. Voss. Theol. gent. l. II. c. 54. Andere leiten ihn lieber durch Versetzung von ἔρα, Erde, her, dergleichen Rhea bedeuten soll. Voss. l. c. Dieses soll denn wiederum von idem Ebräischen arez, die Erde, herkommen, also daß solches Rhea eigentlich ein ebräisches Wort dem Ursprunge nach sey. Id. ib. c. 58. Sonst wurde sie auch Ops, Cybele, Magna Mater Deum, u.s.f. genannt, welche Namen an ihren Orten nachzusehen sind.

2 §. Aeltern. Ihre Aeltern waren, nach gemeinster Meynung, Cölus und Terra; Hesiod. Theog. v. 135. und sie also eine Schwester des Oceans, Cöus, Hyperions, Krius, Japetus, der Tethys, Themis, Mnemosyne, Phöbe, Dione und Thia. Apollod. l. I. c. 1. §. 3. Jedoch machen sie auch einige, ich weiß nicht zu was für eines Protogenus Tochter. Orph. Hymn. XIII. v. 1.

3 §. Wesen und Thaten. Sie war die Göttinn des Himmels, von dessen Herrschaft sie die Eurynome, wie ihr Mann, Saturn, den Ophion verstieß, nachdem sie dieselbe in einem ordentlichen Kampfe überwunden hatte. Tzetz. ad Lycophr. v. 1192. Sie erfand das Bauen der Städte und die Errichtung der Thürme zu deren Beschützung. Vir. gil. Aen. X. v. 253. Indessen wurde sie doch hernachmals, nebst dem Saturn, wieder aus dem Himmel vertrieben, wiewohl sich eben nicht findet, daß sie mit demselben auch nach Italien gekommen sey.

4 §. Gemahl und Kinder. Ihr Mann war Saturn. Weil aber diesem war prophezeyet worden, daß ihn eines seiner Kinder von dem Throne stoßen würde, so pflegete er sie insgesammt zu verschlingen, so bald sie geboren waren. Dieses schmerzete die Rhea ungemein, und sie suchete dieser Grausamkeit, sonderlich da sie mit dem Jupiter schwanger gieng, vorzubeugen. Apollod. l. I. c. 1. §. 3. Sieh Iupiter. Sie hatte aber außer demselben auch den Pluto, Neptun, die Vesta, Ceres und Juno mit ihm gezeuget. Hesiod Theog. v. 453. Man will auch, daß sie ihre Liebeshändel mit dem Attis gehabt [2140] haben soll. Lucian. Dial. Deor. 4. Man vermenget sie aber dadurch mit der Cybele, von der sie doch in der That unterschieden zu seyn scheint.

5 §. Bildung und Verehrung. Diese kamen mit der Cybele ihren überein, daher sie unter deren Namen nachzusehen sind.

6 §. Eigentliche Historie. Sie scheint allerdings eine alte Königinn und Gemahlinn des Saturns gewesen zu seyn, und steht übrigens ihre Historie aus dem mit abzunehmen, was dießfalls von dem Saturn gesaget worden.

7 §. Anderweitige Deutung. Einige machen aus ihr ein vermengtes Wesen, nämlich den Mond und die Erde; Voss. Theol. gent. l. II. c. 27. andere den Fall des Regens; Phurnut. de N.D. c. 6. die dritten die Zeugungskraft der Erde; Nat. Com. l. IX. c. 5. die vierten die Erde selbst. Demetr. Byz. ap. eumd. l. c. Ein mehreres sieh unter Cybele.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 2139-2141.
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