Vorrede.

[3] Nicht ohne Bangigkeit hat der Unterzeichnete mit der Herausgabe der letzten Bogen dieses dritten Bandes des »Heiligen-Lexikons« die schwere Verantwortlichkeit übernommen, den verehrlichen Lesern die Fortsetzung und, so Gott will, den Schluß des Werkes zu liefern. Er ist einem ausdrücklichen, in seinem Testamente wiederholten Wunsche des seligen Herrn Domdecans Dr. Joh. Evang. Stadler nachgekommen.

Was die Behandlung im Einzelnen betrifft, so gedenkt Unterzeichneter auf dem bisher betretenen und erprobten Wege zu bleiben. Das Werk soll weder ausschließlich Heiligen-Legende, noch ausschließlich Heiligen-Geschichte seyn, sondern die Vorzüge beider möglichst in sich aufnehmen. Daher ist selbst die Aufnahme des bloß Sagenhaften geboten, jedoch so, daß auch die Geschichte ihr Gebiet beherrscht und der Leser in den Stand gesetzt wird, sich genau zu orientiren, wo die Geschichte aufhört und die bloße Legende anfängt. Wo beide Stömungen so in einander fließen, daß sie an der Färbung der Oberfläche kaum zu unterscheiden sind, wird es Sache der Kritik seyn, die Ausscheidung wenigstens zu versuchen. Hauptquelle, oder wie Herr Domdecan Dr. Stadler zu scherzen pflegte, »der Papst«, ist hiebei immer das Werk der Bollandisten, jedoch wird schon ein oberflächlicher Blick in das »H.-L.« davon Zeugniß ablegen, daß auch die Leistungen anderer Meister auf hagiologischem Gebiete gehörig gewürdigt und verwerthet werden. Was die bildliche Darstellung und die s.g. Attribute der Heiligen betrifft, so wird es zumeist darauf ankommen, in möglichst detaillirter Schilderung des Lebens und Sterbens, der Wunder und Herrlichkeit der Diener Gottes den Künstlern Motive zu verschaffen, auf daß es nicht den Anschein gewinne, es wolle ihnen zugemuthet werden, das Traditionelle, wozu die Attribute gehören, nicht bloß zu ehren und nach Bedarf zu benutzen, sondern wie eine Schablone zu gebrauchen. Außerdem wird auch der neue Herausgeber sich bemühen, überall so gründlich als möglich zu verfahren, und Wissenschaftlichkeit mit Popularität zu vereinigen.

Es ist freilich keine geringe Sache, die vielen und großen Schwierigkeiten, welche hiebei von allen Seiten auftauchen, möge man nun die Vollständigkeit, welche das Titelblatt beansprucht, oder das Erbauliche, Kritische, Alterthümliche, Liturgische und Symbolische, was Alles besondere Studien verlangt, in Betracht ziehen, zu bemeistern. Aber Gott sei Dank sind viele Vorarbeiten und Hilfsmittel vorhanden, und die anerkennenden Urtheile, welche einzelne katholische Zeitschriften, z.B. das Märkische Kirchenblatt (Jahrg. 1861 Nr. 7) gerade solchen Artikeln des »H.-L.«, welche der Herausgeber der Fortsetzung verfaßt hat, zu Theil werden ließen, sind ihm eine große Ermuthigung, weil sie zu der Hoffnung berechtigen, daß seine ferneren Bemühungen für dieses schöne und zeitgemäße Unternehmen dieselbe wohlmeinende Beurtheilung finden werden, wie die bisherigen.

Hiebei erlaubt sich der neue Herausgeber die schon gestellte Bitte um Geduld und Nachsicht, namentlich aber um gütige Mittheilung von Zusätzen und Verbesserungen zu wiederholen. Dieselben werden nicht nur die dankbarste Aufnahme, sondern auch die gewissenhafteste Berücksichtigung finden. Es muß aber diese Bitte um so dringender gestellt werden je bescheidener die Stellung ist welche der Herausgeber der Fortsetzung einnimmt, obwohl fleißige und getreue Benutzung und Verarbeitung aller über das Leben der Heiligen vorhandenen Quellen sicherlich auch jetzt und für die Zukunft nicht vermißt werden wird.

[3] Was die schnelle Vollendung des dritten Bandes sehr erleichterte, war der Umstand, daß durch die H.H. Mitarbeiter des seligen Herrn Dom decans, unter welchen für diesen Band vorzüglich dem frühern Priesterhaus-Director, Herrn Friedr. Haas, sowie Herrn Prof. Mair in Augsburg und Herrn Stadtpfarrer Zill in Schongau besondere Anerkennung gebührt, das Material gesammelt und geordnet vorlag, wenn gleich die Sichtung und Ueberarbeitung viele Mühe kostete und Vieles zu ergänzen oder neu zu bearbeiten war. Zu den letztern Artikeln gehören z.B. Ludmilla, Lullus, Luitbirga, Lutgardis und einige kürzere.

Statt der Einleitung ist diesem Bande eine durch Herrn Decan und Distrikts-Schul-Inspektor L. Hörmann in Bobingen mit freundlicher Zuvorkommenheit verfaßte kurze Biographie des sel. Herrn Domdecans Dr. J.E. Stadler vorangestellt, welche den Abnehmern des »H.-L.« ohne Zweifel willkommen seyn wird.


Schließlich erklärt auch der Fortsetzer des »H.-L.« pflichtgemäß was folgt:


Nachdem unser heiliger Vater Papst Urban VIII. am 13. März 1625 in der heil. Congregation der Riten und der allgemeinen Inquisition ein Decret herausgegeben und dasselbe am 5. Juli 1634 bestätigt hat, wodurch er verbietet, daß Bücher, welche Thaten, Wunder, Offenbarungen etc. von solchen Menschen, die im Rufe der Heiligkeit oder des Martyrthums verstorben sind, enthalten, ohne Approbation des Ordinarius gedruckt werden etc., und nachdem der nämliche heilige Vater am 5. Juni 1631 dieses so ausgelegt hat, daß nämlich Elogien eines Heiligen oder Seligen etc. nicht absolut und insofern sie sich auf seine Person beziehen, zugelassen werden, wohl aber insofern sie die Sitten und den Ruf betreffen, wenn nur von vorne herein die Verwahrung beigefügt ist, daß darin kein Ausspruch von Seite der römischen Kirche zu suchen sei, sondern die Verantwortlichkeit auf den Schriftsteller falle: so bekenne ich, in Bezug auf dieses Decret, sowie auf seine Bestätigung und Auslegung, mit gebührender Ehrfurcht daß ich Alles das, was ich in diesem Buche auführe, in keinem anderen Sinne nehme oder von irgend Jemanden genommen wissen wolle, als dasjenige genommen zu werden pflegt, was sich nur auf menschliche, nicht aber auf die göttliche Autorität der römisch-katolischen Kirche und des heiligen apostolischen Stuhles gründet, nur mit Ausnahme derjenigen, welche der nämliche heilige Stuhl in den Katalog der Heiligen, Seligen oder Martyrer aufgenommen hat.

Starnberg, am Feste Mariä Heimsuchung 1869.

I.N. Ginal

Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. III3-V5.
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