Amalberga, S. (2)

[158] 2S. Amalberga (Amalia), V. (10. Juli). Die hl. Jungfrau Amalberga, die von der vorigen wohl zu unterscheiden ist, hat den Gelehrten viel zu schaffen gemacht, weil die Lebensbeschreibung, welche von ihr vorhanden ist, in vielen Punkten, namentlich was die Zeit anbelangt, in der sie gelebt hat, höchst ungenau ist und Vieles enthält, was im Grunde auf die hl. Wittwe Amalberga geht. Das Wesentliche aus ihrem Leben ist Folgendes: Die hl. Jungfrau Amalberga stammte gleichfalls von vornehmem Geschlechte ab (nach Einigen aus dem Geschlechte der fränkischen Fürsten) und wurde auf ihrem väterlichen Landgute zu Rodin in Flandern geboren. Sie war mit seltenen Vorzügen des Geistes und des Leibes begabt, so daß sie frühzeitig ein Gegenstand allgemeiner Hochachtung und Bewunderung war. Karl Martell warb um ihre Hand, und zwar so angelegentlich, daß er sie einmal bei der Hand gefaßt und ihr, als er Gewalt angewendet, den Arm aus dem Achselgelenke gerissen haben soll. Allein sie wies [158] dieß Begehren entschieden zurück und war entschlossen, Jesu Christo allein anzuhängen, worauf sie (nach Einigen auf Anrathen des hl. Bischofs Willibrord) in das Kloster Münster Bilsen (Belisia) trat, welches damals unter der Leitung der hl. Landrada stand. Nachdem sie hier viele Jahre durch das Licht ihrer Gottseligkeit und selbst durch die Gabe der Wunder geleuchtet hatte, ging sie in die ewige Ruhe ein, etwa im J. 772. Ihr Leib wurde zu Tempst oder Temsch (Tamisia, Tenseca), welches eines ihrer Erbgüter war, begraben, später aber nach Gent (Gandavum) auf den Blandinenberg übertragen, wo er durch die Hand der Calvinisten mit andern hl. Leibern zerstreut wurde. Bei den Bollandisten findet sich ein Bild unserer Heiligen, in welchem sie folgendermaßen dargestellt ist: In der einen Hand einen Palmzweig und in der andern ein offenes Buch haltend, steht sie in der Kleidung einer Klosterfrau über einem Manne, der eine Krone auf dem Haupte und ein Scepter in der Hand hat, rechts und links von ihr ist ein Fisch, im Hintergrund ihr zur Linken ein Brunnen und zur Rechten einige Wildgänse. Das offene Buch weiset auf ihre unermüdete Gebetsliebe, der Palmzweig auf den Sieg bezüglich ihrer jungfräulichen Reinigkeit. Das Stehen über einem männlichen Wesen mit den königlichen Insignien hat offenbar Bezug auf ihre Zurückweisung der Ehe mit Karl Martell. Die Fische kommen daher, weil nach der Legende der Sarg mit ihrem hl. Leibe, umgeben von Fischen, auf einem Schiffe ohne Ruder fortgeschwommen; der Brunnen aber im Hintergrunde, weil auf ihr Gebet ein solcher an einem ganz trockenen Orte entstanden seyn soll. Nach Andern hätte die Heilige einmal in einem Siebe Wasser geschöpft, dasselbe an einen trockenen Platz getragen und dadurch eine neue Brunnquelle entstehen gemacht, weßwegen in manchen Darstellungen an dem Brunnen auch noch ein an einem Seile herabhängendes Sieb angebracht ist. Was die Wildgänse betrifft, so soll auf die Fürbitte der hl. Amalberga die Gegend, wo sie wohnte, von dem großen Schaden für immer befreit worden seyn, den diese in Menge einfallenden Thiere öfter auf den dortigen Feldern verursachten. Ihr Name steht am 10. Juli im röm. Martyrol. Durch des Kaisers Joseph I. Gemahlin u. Tochter Amalia wurde dieser Name in Deutschland sehr gebräuchlich.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 1. Augsburg 1858, S. 158-159.
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