Dorothea de Prussia (15)

[806] 15Dorothea de Prussia, (30. Oct.), wird auch im Elenchus der Neo-Bollandisten aufgeführt, wahrscheinlich um eine Untersuchung über ihr Leben und ihre vorgehabte Beatification zu veranlassen. Wir haben von ihr mehr nicht finden können, als was wir im Kirchen-Lexikon von Welte (III. 267) lesen. Hiernach wird sie als Schutzheilige Preußens verehrt, war die Tochter eines Bauern in Preußen, wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts geboren, war in Danzig an einen Handwerker verheirathet, dem sie neun Kinder gebar, bis es ihr in ihrem 44. Lebensjahre gelang, ihrer Neigung zu folgen und ganz der Frömmigkeit zu leben. Nachdem sie mehrere Wallfahrten gemacht, ließ sie sich in einer Zelle des Domes zu Marienwerder in tiefster Zurückgezogenheit nieder, um, wie sie sagte, nicht nach einer der bestehenden Regeln, sondern nach einer ihr von Christus geoffenbarten zu leben. Sie stand im Rufe seltener Begnadigung und großer Wundergabe. Schon im ersten Jahre ihrer Einsamkeit starb sie, wobei ihr Christus auf ihr sehnliches Verlangen das Abendmahl gereicht haben soll. Auch auf ihrem Grabe sollen Wunder geschehen seyn. Die Hochmeister des deutschen Ordens sollen in Verbindung mit der Geistlichkeit der Umgegend den Papst Bonifacius IX. um ihre Canonisation angegangen haben, wozu die Einleitungen auch bereits im Jahre 1404 gemacht worden seien, als es sich herausgestellt habe, bemerkt der Berichterstatter im genannten Lexikon, datz Dorothea die Ueppigkeit jenes Ritterordens bei ihren Lebzeiten stark getadelt und in einer Vision einen verstorbenen Hochmeister desselben in der Hölle erblickt habe; jetzt habe der Orden nicht länger die Canonisation verlangt. Mit Recht setzt derselbe bei, es sei klar, daß die Kirche höhere Gründe hatte, wenn sie den Seligsprechungsproceß fallen ließ, und diese Gründe dürften sicher in der Sonderbarkeit der vom Volke als heilig verehrten gelegen haben, indem sie, wie angegeben, nur nach der von Christus geoffenbarten Regel leben wollte etc. Es mag wohl protestantische Schriftsteller, wie Schröckh etc., geben, welche als baare Münze verbreiten, ihr Tadel gegen den Orden etc. habe diesen veranlaßt, von der Postulation ihrer Seligsprechung abzustehen; aber sie können mit solchem Gerede nur jene blenden, welche nicht weiter über ihren vermeintlichen Grund nachdenken. Wir fragen einfach: Ist es denkbar, daß sich ein Orden um die Beatification einer Person annehme, und sich nicht angelegen seyn lasse, sie zuvor näher kennen zu lernen? Und wenn er sie näher kannte, sollte er nicht gewußt haben, in welches Verhältniß sie sich bei Lebzeiten zu ihm gesetzt habe? u.s.w. Wir möchten gerade daraus, daß sich der genannte Orden ihre Beatification angelegen seyn ließ, schließen, es sei unwahr, daß sie sich im Leben über jene behauptete, aber nicht erwiesene Ueppigkeit ausgesprochen habe.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 1. Augsburg 1858, S. 806.
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