Florinus, S. (1)

[234] 1S. Florinus. Presb. C. (16., al. 17. Nov.) Des hl. Florinus Vater war der Geburt nach ein Engländer, und seine Mutter eine Jüdin. Beide kamen nach Rom und nahmen sich zur Ehe. Nach einigem Aufenthalte daselbst traten sie ihre Rückreise nach England an und kamen nach Rhätien, in das Vintschgau oder Winschthal (Vallis venusta), durch welches die Etsch ihren Lauf nimmt. Hier in wilder Einsamkeit gefiel es ihnen so sehr, daß sie zu bleiben beschlossen, sich eine kleine Wohnung bauten und das Land ringsum fruchtbar machten. Sie hießen diesen ihren liebgewordenen Aufenthalts ort nur »Amatia«. Gott gab den frommen Eheleuten einen Sohn, den sie in der heil. Taufe Florinus nannten und in der Furcht des Herrn erzogen. Später übergaben sie ihn einem ehrwürdigen Priester, dem Pfarrer Alexander zu St. Peter in Heremusium, zur höhern Ausbildung in Tugend und Wissenschaft. Dieser übertrug ihm bald die Verwaltung seiner zeitlichen Güter, und Florinus fand dadurch Gelegenheit, dem Drange seines mitleidigen Herzens folgend, reichliches Almosen an Dürftige und Kranke zu spenden, wozu er um so mehr Recht hatte, als Gott der Herr die Guter, welche seiner Verwaltung anvertraut waren, wunderbar segnete und vermehrte. Fast alle Vorräthe an Nahrungsmitteln der Umgegend befanden sich damals im nahen festen Schlosse Canitia, wohin man sie zum Schutze vor den umherstreifenden Alemannen gebracht hatte. Florinus mußte demnach oft den Weg nach dem Schlosse machen. Die Thorwärter bemerkten seine Freigebigkeit an die Armen und nahmen sich vor, ihn bei seinem Herrn als Verschwender anzuzeigen. Eines Tages kam der heil. Jüngling mit einer Flasche zum Schlosse, um Wein zu holen; auf dem Rückwege bat ihn ein armes Weib um etwas Wein für ihren kranken Mann. Florinus schenkte ihr die ganze Flasche und ging abermals dem Schlosse zu, um neuen Wein zu holen. Der Pförtner hatte seine Handlung gesehen, wies ihn mit trotzigen Worten von dannen und eilte dem Pfarrhause zu, um dort den Diener Florinus der Untreue anzuklagen. Dieser aber ging indeß im lebendigen Vertrauen auf Gottes Hilfe zu einem nahen Brunnen, füllte seine Flasche mit Wasser und kam zur rechten Zeit zu Hause an. Während der Mahlzeit befahl der fromme Priester seinem Diener Florinus, den Wein einzuschenken, [234] wobei er, durch den Pförtner schon unterrichtet, meinte, es müsse nur Wasser in der Flasche seyn. Florinus gehorchte, bat aber nach Herkommen zuvor seinen priesterlichen Herrn um den Segen über das Getränke. Und siehe, es floß der köstlichste Wein aus dem Gefäße! Der Priester erkannte die Hand des Herrn und fiel seinem heil. Diener demüthig zu Füßen. Florinus wurde dann nach einiger Zeit zum Priester geweiht und Nachfolger seines ehemaligen Herrn im heil. Amte. Nach einer segensvollen Wirksamkeit starb er auch zu Heremusiunt und wurde daselbst begraben. Seine Ruhestätte kant später den Rhätiern in Vergessenheit, wurde aber auch dem Pfarrherrn Saturninus von Heremusium in nächtlichen Gesichten wieder gezeigt, mit dem Auftrage, die Gebeine des Heiligen in die Kirche zu übertragen. Die Uebertragung fand wirklich statt und wurde durch Wunderzeichen verherrlicht. Besonders wurden Kranke aller Art wunderbar geheilt, die sich mit einem Tröpschen jenes Weines gläubig besprengten, womit der Leichnam des Heiligen vor seiner Beisetzung in der Kirche gewaschen wurde. Der Heilige mag gelebt haben um das J. 856. Nach dem Proprium von Chur ist der hl. Florinus zweiter Diöcesanpatron, und wird sein Fest am 17. Nov. als Fest erster Classe mit einer Octav gefeiert. In der Domkirche von Regensburg wird sein Fest sub ritu semid. am 16. Nov. begangen, und im Proprium beider Diöcesen wird unter den Wuntern, welche nach seinem Tode auf seine Fürbitte geschahen, noch angegeben, daß ein gewisser Baron von Vatz (de Vazio), der sonst ein sehr leichtfertiges Leben geführt, durch den Anblick der auf die Fürbitte des Heiligen geschehenen Heilung einer besessenen Person sich ganz bekehrt habe, so daß er sein früheres Leben bereute und das Kloster Churwalden in Graubündten am Flusse Rabas, südlich von Cour, stiftete, wodurch der hl. Florinus nur noch mehr bekannt und verehrt wurde. Im J. 930 vergabte Kaiser Heinrich I. an die Ruhestätte des hl. Florin Kirche und Kirchensatz etc. des Fleckens Sindes im Engadin. (Mur.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 234-235.
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