Franciscus Caracciolo, S. (8)

[267] 8S. Franciscus Caracciolo, C. et Ord. Fund. (4. Juni). Dieser hl. Franciscus Caracciolo (sprich: Karüdscholo) wurde am 13. Oct. 1563 zu Santa Maria in den Abruzzen geboren und erhielt in der heil. Taufe den Namen Ascanius. Ferdinand Carácciolo (nicht Carraciolo, wie Einige schreiben) und Isabella Barratucci, seine Eltern, waren von ausgezeichnetem Adel, und nicht minder wegen ihrer Frömmigkeit verehrt. Sie gaben dem Sohne eine vortreffliche Erziehung, und dieser entsprach allen ihren Erwartungen. Besonders zeigte sich an ihm bald eine innige Andacht zu dem göttlichen Erlöser im allerheiligsten Sacramente und zur seligsten Jungfrau. Er fastete zu Ehren der Letztern jeden Samstag. Gegen die Armen trug er von seiner zartesten Kindheit an ein großes Mitleid im Herzen. Die Reinheit seiner Sitten war so groß, daß selbst das geringste Wort gegen die Schamhaftigkeit seinen Unwillen erregte. Als er 22 Jahre alt war, befiel ihn ein so gefährlicher Aussatz, daß an seinem Aufkommen sehr zu zweifeln war; denn er erhielt sogar eine offene Wunde im Magen. In solchen Todesnöthen stellte er ernste Betrachtungen über die Eitelkeit der Welt und über die Glückseligkeit derer an, welche sich Gott ganz widmen. Er beschloß daher, für den Fall seiner Wiedergenesung der Welt völlig zu entsagen und Gott allein, sowie dem Dienste der Mitmenschen zu leben. Diesen Entschluß bekräftigte er mit einem feierlichen Versprechen. Als er sich von seiner Krankheit erholt hatte, eröffnete er den Eltern sein Vorhaben, sich nach Neapel zu begeben und Theologie zu studiren. Diese willigten in des Sohnes Begehren, und nach vollendeten Studienjahren erhielt er die heil. Weihen. Hierauf schloß sich Ascanius an eine fromme Gesellschaft an, welche sich vorzüglich mit der Bekehrung der Gefangenen und mit der Vorbereitung der Verurtheilten zum Tode befaßte. Ebenso gehörte die traurige Lage der Verhafteten und Galeerensclaven in den Keeis ihrer Sorgfalt. – Im Jahr 1588 hatte Johann Augustin Adorno, aus einer vornehmen[267] Familie Genua's, der Welt entsagt und den geistlichen Stand erwählt. Er wollte eine neue Anstalt für Geistliche gründen, welche mit dem thätigen Leben das beschauliche vereinbaren sollten. Er theilte seine Gedanken darüber dem Fabricius Caracciolo, Stiftsherrn von der Kirche St. Maria der Größern zu Neapel, schriftlich mit. Dieser war ein Verwandter unseres Heiligen. Sie beschlossen Beide, einen dritten Theilnehmer zu suchen in der Person eines (von unserem Heiligen verschiedenen) Ascanius Caracciolo. Durch einen Irrthum kam aber dieser Brief unserm Heiligen in die Hände. Er dankte Gott wegen dieses glücklichen Zufalls, und eilte sogleich, sich mit ihnen zu verbinden. Um aber ihr Vorhaben noch einmal vor Gott recht zu überlegen und seinen Segen auf dasselbe herabzuflehen, zogen sich alle drei in die Einsamkeit des Camaldulenserklosters zu Neapel zurück und verharrten dort 40 Tage lang in Gebet und Fasten. Als sie Gottes Zustimmung erhalten zu haben glaubten, begaben sie sich mit dem Entwurfe ihrer Ordensregel nach Rom, um die Genehmigung des kirchlichen Oberhauptes sich zu erbitten. Papst Sixtus V. empfing sie sehr wohlwollend, und nach reiflicher Prüfung wurde ihr Orden am 1. Juni 1588 unter dem Titel der »Regulirten Kleriker mindern Ordens« (Clerici Regulares Minores) bestätigt. Nach ihrer Rückkehr in ihre Stadt bewarben sie sich um ein Haus und eine Kirche. Ihrem unermüdlichen Eifer gelang es endlich, in einer Vorstadt Neapels einen Aufenthaltsort zu erlangen. Nun gänzlich beruhigt legten sie am 9. April 1589 die feierlichen Gelübde ab, bei welcher Gelegenheit Ascanius seinen Namen mit Franciscus vertauschte. Nach kurzer Zeit zählte die Genossenschaft zehn Mitglieder. – Die Glieder dieses Ordens legen die feierlichen Gelübde der Armuth, der Keuschheit und des Gehorsams ab; geloben, nie eine kirchliche Würde oder ein Amt in ihrem Orden zu suchen, machen jeden Tag zweimal Gewissenserforschung, predigen, hören Beicht und arbeiten überhaupt als Missionäre. Einige von ihnen widmen sich den Spitälern, andere den Gefängnissen. Vier Tage in der Woche enthalten sie sich der Fleischspeisen; auch üben sie noch andere Abtödtungen. Sie haben ferner besondere Orte, welche sie Einsiedeleien nennen, für Jene, die in gänzlicher Zurückgezogenheit sich ausschließlich dem beschaulichen Leben und strengen Bußübungen widmen wollen. Jeder. der sich dieser Lebensweise ergibt, darf ohne Erlaubniß des Obern es thun. Diese Anstalt breitete sich bald in Neapel, Portugal und Spanien aus, freilich nicht ohne Widersprüche und große Schwierigkeiten. Im Jahr 1592 starb Adorno, und Franciscus wurde zum General des Ordens erwählt, was ihm viele Leiden und Bitterkeiten in sein Leben mengte, die er aber mit heroischer Geduld ertrug. Der Heilige verwaltete sein Amt mit großem Segen für die Genossenschaft, in welcher er besonders die ewige Anbetung des allerheiligsten Sacramentes einführte. Jeden Morgen ging er in den Beichtstuhl, wo die Aemen schon wußten, daß sie ihn treffen würden. Für sie sammelte er oft in den Gassen Almosen, schenkte ihnen wöchentlich das durch mehrtägiges Fasten Ersparte, und gab ihnen einmal bei großer Kälte seine sämmtlichen Oberkleider. Besonders gewandt bewies er sich in Bekehrung der Sünder und in der Vorbereitung der Sterbenden zum Tode. Seinen Brüdern gab er das schönste Muster eines heil. Ordenslebens; obgleich General, verschmähte er nicht, die niedrigsten Dienste zu verrichten, reinigte die Zimmer, machte die Betten, wusch das Küchengeschirr etc. Solche Tugenden machten ihn aber auch höherer Geistesgnaden würdig. So verlieh ihm Gott die Gabe der Weissagung und der Wunderthätigkeit. Besorgt um die Ausbreitung seines Ordens begab er sich zweimal, im Jahr 1595 und 1598, nach Spanien. Wegen seines rastlosen Eifers für das Heil der Seelen ward er gewöhnlich nur der »ehrwürdige Vater, Prediger der Liebe Gottes« genannt. Einige Jahre nach seiner zweiten Reise nach Spanien legte er seine Stelle nieder, machte eine Pilgerreise nach Loretto, und zog sich, durch göttliche Offenbarung von seinem nahen Ende benachrichtigt, in das Kloster des hl. Philippus Nerius zu Agnona in den Abruzzen zurück, wo er beim Eintritte in das Haus rief: »Hier ist mein Ruheort.« Kurz darauf ergriff ihn ein hitziges Fieber, das ihn veranlaßte, eine allgemeine Beicht abzulegen und das heil. Abendmahl zu empfangen. Er dictirte für sämmtliche Glieder der Anstalt einen schönen Brief, um ihnen die genaue Beobachtung der Regel zu empfehlen. Er empfing die letzte Oelung mit der rührendsten Andacht und duldete die Schmerzen der Krankheit mitschweigender Geduld. Bis zum letzten Hauche [268] sprach er beständig die heil. Namen Jesus und Maria aus. Sein Vertrauen zu den heil. Wunden des Erlösers, und seine feste Zuversicht, Gottes heiliges Angesicht bald zu schauen, rührte tief die Umstehenden. Am 4. Juni 1608 flog seine heil. Seele zu ihrem Schöpfer heim, nachdem er 44 Jahre treu dem Herrn gedient hatte. Sein Leib wurde nach Neapel in die Kirche Mariä der Größern gebracht, wo auf seine Fürbitte viele Wunder geschahen, von denen mehrere von den Päpsten Benedict XIV. und Clemens XIII. anerkannt wurden, worauf Clemens XIV. ihn unter die Seligen setzte. Andere Wunder wurden von Pius VI. gutgeheißen, der ohne Zweifel seine Heiligkeit erklärt haben würde, wären nicht Kriegsunruhen dazwischen getreten. So blieb dieses seinem Nachfolger Pius VII. vorbehalten, der auch wirklich am 24. Mai 1807 seine Heiligsprechung vollzog. Das Mart. Rom. gedenkt seiner am 4. Juni, auf welchem Tage der Heilige auch im römischen Brevier steht, das sein Fest in der ganzen Kirche sub rit. dupl. feiert. (But. XIX. 540.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 267-269.
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