Hiltrudis, S. (1)

[745] 1S. Hiltrudis (Hyltrudis), V. (27. al. 17. Sept.) Vom Altd. = Edeltraut, edle Jungfrau etc. (ϑυγάτηρ = Tochter). – Die hl. Jungfrau Hiltrudis war eine Tochter des Grafen Wibert (Wipert) von Poitou und dessen Gemahlin Ada, welcher vom Könige Pipin für seine geleisteten treuen Dienste Ländereien und Güter im Hennegau erhalten hatte. Mit dessen Genehmigung erbaute Wibert um das J. 764 Kirche und Kloster von Liessies (Abbatia Laetiensis, Lesciensis). Erster Abt wurde Guntardus2, der Bruder der hl. Hiltrudis. Diese, schön von Angesicht, aber noch schöner durch ihren Glaubenseifer und ihren reinen Wandel, wünschte wie ihr Bruder einzig Christo anzugehören und machte deßhalb früh schon das Gelöbniß beständiger Jungfräulichkeit. Sie schlug also die ihr angebotene Hand Hugo's, eines burgundischen Fürsten, aus und entfloh in einen nahen einsamen Wald. Nach Butler (XIII. 330) hätte ihre Schwester Berta den burgundischen Fürsten Hugo geheirathet, sie selbst aber durch den Bischof Theodorich von Cambrai den Schleier erhalten. In der That versichert dieß auch die bei den Bollandisten abgedruckte Lebensbeschreibung aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts; Mabillon aber äußert darüber Zweifel, vorzüglich insofern Bischof Theodorich genannt ist, und die Bollan disten stimmen ihm bei, da der Verfasser lediglich niederschrieb, was ihm die Leute von der hl. Hiltrudis erzählten, andere glaubwürdigere Hilfsquellen aber ihm nicht zu Gebote standen. Glaubwürdiger wäre dieß durch den Bischof Alberich geschehen.47 Das aber ist sicher, daß sie eine Zelle an der Kirche zu Liessies (auch Liesses, Liessy) zu ihrem Aufenthalte wählte, wo sie 17 Jahre als Reclusin Gott diente (Jan. I. 433). Nach dieser Zeit fing sie an zu kränkeln; ihre Kräfte schwanden; aber ihre Andacht und ihre Sehnsucht nach dem Himmel nahm in demselben Grade zu. Ihr Bruder Guntardus leistete ihr die letzten Dienste. Sie entschlief selig im Herrn am 27. Sept., nach Cointius im J. 785, nach Mabillon um das J. 790, nach dem Bollandisten Joh. Perierus aber überhaupt zu Ende des 8. Jahrhunderts. Reliquien der Heiligen befinden sich auch in Douai und Mons. Ihre Erhebung geschah im J. 1004 und wurde eine Zeit lang am 17. Sept., später aber am Sonntag innerhalb der Octav von Christi Himmelfahrt begangen (Sept. V. 466). Zahlreiche Wunder, die auf die Fürbitte der hl. Hiltrudis geschahen, beförderten ihre Verehrung. Sie steht auch im Mart. Rom. am 27. September. Auf Abbildungen trägt sie nach Migne eine Lanze und eine Palme,48 öfters auch ein geöffnetes Buch in den Händen. (VII. 488–506.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 745.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika