Johannes Damascenus, Mon. Presb, S. (55)

[231] 55S. Johannes Damascenus, Mon. Presb. (6. Mai, al. 24. Oct. 4. Dec.). Dieser hl. Johannes, nach seinen Eltern Mansur, wegen seiner Beredsamkeit im Griech. Chrysorrhoas, d.h. Aurifluus (der von Gold fließende), häufiger aber von seiner Vaterstadt Damascus der Damascener genannt, einer der ausgezeichnetsten Kirchenväter des achten Jahrhunderts, wurde um das J. 676 (nach Andern zwischen 690 und 700) von frommen und reichen christlichen Eltern geboren. Sein Vater stand wegen seiner Rechtschaffenheit bei den Saracenen in so hohem Ansehen, daß der Chalife ihn sogar zum Staatsrath erhob. Diese Stellung, sowie seinen Reichthum benützte er dazu, das Loos der unter saracenischem Joche seufzenden Christen zu erleichtern, Gefangene loszukaufen und fromme Einsiedler zu unterstützen. Diese schönen Werke christlicher Nächstenliebe wurden ihm durch die göttliche Vorsehung dadurch belohnt, daß sie ihm eines Tages auf dem Sklavenmarkte von Damascus einen frommen, in allen Wissenschaften bewanderten[231] Mönch aus Unteritalien zuführte, dem er dann die Erziehung seines Sohnes Johannes anvertrauen konnte. Cosmas, so hieß der Mönch, unterließ nichts, dem in ihn gesetzten Vertrauen zu entsprechen, und bildete seinen Zögling, dem der Himmel auch glückliche Anlagen verliehen, zu einem ebenso geschickten als tugendhaften Manne, so daß dieser, von Saracenen und Christen gleich hochgeehrt, nach des Vaters Tode die erledigte Staatsrathsstelle einnehmen durfte. Um diese Zeit (726) erließ in despotischer Weise der griechische Kaiser Leo der Isaurier ein Decret, welches die Verehrung der Bilder verbot und deren Entfernung aus den Kirchen befahl, welches Decret er sodann im J. 730 noch verschärfte. Johannes schrieb daher Briefe an viele ihm bekannte Gläubige zur Vertheidigung der Bilderverehrung und zur Befestigung der Christen in den Verfolgungen, denen sie um der Verehrung der Bilder willen ausgesetzt waren. Dadurch zog er den Haß des Kaisers auf sich und soll durch Intriguen desselben als vermeintlicher Hochverräther am Chaliphen die rechte Hand verloren haben (im J. 727). Wie sein Biograph, der Patriarch Johannes von Jerusalem, später erzählte, hätte unser Heiliger sich seine abgehauene Hand geben lassen und vor dem Bilde der hl. Jungfrau inständig um ihre Fürbitte bei ihrem göttlichen Sohne gesteht, ihn wieder in den Stand zu setzen, das begonnene Werk der Bildervertheidigung fortzuführen, worauf seine Hand wieder vollständig hergestellt worden wäre. Von nun an zog es ihn mächtig in die Einsamkeit. Er schenkte allen seinen Sklaven die Freiheit, vertheilte sein Vermögen unter die Armen und Kirchen, flüchtete sich zu der Genossenschaft des hl. Sabas bei Jerusalem und führte in einer Laure derselben ein strenges, mit Studien, Bußübungen und schriftstellerischer Thätigkeit abwechselndes Leben. Um das J. 740 erhielt er die Priesterweihe. Die Gnaden dieses hl. Sacramentes zeigten sich bald; er kam sich selbst wie neugeboren vor, eine Fülle höhern Lichts durchströmte ihn, und sein ganzes Wesen wandte sich mit Sehnsucht dem Göttlichen zu. Er war ein vollendeter Streiter, um für die verfolgte Wahrheit auf den Kampfplatz zu treten zu einer Zeit, in welcher Leo's Sohn und Nachfolger, Constantin Kopronymus, mehr noch als der Vater, Bischöfe bedrängte, Mönche und Nonnen grausam verfolgte und peinigte. Es ließ ihn daher nimmer in der Einsamkeit; nicht blos in Schriften, auch mit dem lebendigen Worte wollte er der Irrlehre entgegentreten, der Wahrheit Zeugniß geben und der Kirche zum Frieden verhelfen. Er durchreiste Palästina und Syrien, die verfolgten Gläubigen ermunternd und befestigend, und drang selbst bis nach Constantinopel vor, nicht achtend den Zorn des Kaisers und entschlossen, selbst den Martertod zu erleiden. Aber der Tod ereilte den Wütherich Kopronymus früher als den Heiligen. Dieser kehrte wieder in seine Laure zurück, setzte sein altes Leben des Gebetes und des Forschens fort, starb dort im Frieden um das J. 780 in dem hohen Alter von etwa 104 Jahren und wurde beim Eingange in die Klosterkirche begraben. Nach W.W. (VIII. 519.), wo er besonders nebst dem hl. Cosmas8 als der berühmteste Lyriker der griech. Kirche gerühmt wird, wäre er im J. 754 gestorben; bei Pierer (XV. 221.) ist das J. 760 angenommen. Groß und tief war des Heiligen Wissen, das noch heut zu Tage seine Schriften bezeugen, deren Scharfsinn, Fleiß und Belesenheit in den griechischen Philosophen und Vätern der Kirche jetzt noch Bewunderung erregen. Johannes heißt der »Vater der scholastischen Theologie«, und wir besitzen von ihm die erste systematische Dogmenlehre. Seine Werke, welche bei Butler (VI. 222 ff.) näher bezeichnet werden, sind in einer Gesammtausgabe, griechisch und lateinisch, durch den Dominicaner le Quien zu Paris 1712 mit Anmerkungen und Abhandlungen in zwei Foliobänden erschienen, denen 1748 zu Verona Verbesserungen hinzugesetzt worden sind. Die Boll. sagen übrigens öfter, z.B. Oct. IV. 714. nr. 83., daß Johannes etwas zu leichtgläubig, unkritisch sei (nimium credulus). Am 6. Mai steht der Heilige im Mart. Rom. Abgebildet wird er als Kirchenvater, – zuweilen Körbe tragend, – eine abgehauene Hand haltend. Auch ein Blutsverwandter unseres hl. Johannes ist unter den Heiligen, nämlich sein Bruderssohn S. Stephanus Sabaita (13. Juli). – Die Bollandisten behandeln unsern hl. Johannes am 6. Mai (II. 108), wo sie seine, von dem Patriarchen Johannes von Jerusalem verfaßte Biographie zuerst in lateinischer Uebersetzung geben, dann aber (II. 723) im griech. Original nachtragen, nebst einer Rede auf ihn von Constantinus Logotheta. (II. 731–761.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 231-232.
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