Leodegarius, SS. (2)

[761] 2SS. Leodegarius Ep. et Gerinus MM. (2. Oct.) Der hl. Bischof Leodegar von Autun (Augustodunum), auch Leudegar, Leutgar und Ludger, franz. St-Léger (nach Papebroch auch Legir und Ligier) genannt, und sein Bruder, der hl. Gerinus, Statthalter (comes) von Poitou, welcher auch Garinus, Gairinus, Gaerinus, Gairoenus, Guerinus, Warinus und Varinus, frz. St-Guérin, heißt, werden von den Bollandisten am 2. Oct. (J. 355–491) mitsammen behandelt, weil sie in den meisten Martyrologien, auch im Mart. Rom., mit einander aufgeführt werden, und auch ihr Leben in einander eingreift, wenn gleich das Leben des hl. Leodegar viel bedeutender war. [761] Wir wollen also von diesem zuerst sprechen: Der hl. Leodegar ward um das J. 616 aus einer berühmten Familie Frankreichs geboren, was schon daraus hervorgeht, daß Bereswinda, die Tochter der Schwester des hl. Leodegar, den Herzog Ethiko von Elsaß heirathete, durch welchen sie dann die Mutter der hl. Odilia wurde, die somit die Großnichte des hl. Leodegar war83. Der Name seines Vaters ist nicht bekannt; seine Mutter aber hieß Sigrada. Nach Ursin, einem gleichzeitigen Biographen, wurde der hl. Lodegar von seinen Eltern schon in seiner frühesten Jugend an den Hof des Königs Chlotar II. gebracht, nicht lange darnach aber von dem Könige dem Bischofe Dido von Poitiers, seinem mütterlichen Oheime zugeschickt, der ihn dann einem gelehrten und frommen Priester zur Erziehung und Ausbildung in den Wissenschaften übergab. Da er bald die ausgezeichnetsten Fortschritte machte und zumal im kirchlichen und bürgerlichen Rechte vorzügliche Kenntnisse besaß, ward er, 20 Jahre alt, von seinem Oheim zuerst zum Diakon geweiht und etwas später als Archidiakon aufgestellt. Während er an der Stelle seines Oheims die Diöcese von Poitiers mit großer Weisheit leitete, und sich durch seine Beredsamkeit und Gewissenhaftigkeit auszeichnete, starb der Benedictiner-Abt von St. Maixent (S. Maxentii) und sein Oheim übergab ihm nun die Leitung dieses Klosters, dem er 6 Jahre lang vorstand, wobei es aber nicht gewiß ist, ob er auch wirklich dem Orden des hl. Benedictus sich angeschlossen habe, indem zu jener Zeit auch Weltpriester manchmal solche Klöster geleitet haben. Inzwischen starb König Chlodwig II., und da sein Sohn Chlotar III. erst 5 Jahre alt war, berief die hl. Bathildis, seine Mutter, unsern hl. Leodegar mit zwei Bischöfen an den Hof, um sie in der Regierung des Reiches, die ihr anstett ihres Sohnes übertragen worden war, zu unterstützen. Um diese Zeit (zwischen 656 und 661) ward auch der bischöfliche Stuhl von Autun84 erledigt. Zwei Bewerber um diesen Sitz hatten sich eingefunden, und es war ein heftiger Streit zwischen diesen ausgebrochen, der damit endigte, daß der Eine im Kampfe fiel, der Andere aber des Verbrechens wegen in die Verbannung geschickt wurde. Die Königin Bathildis warf nun ihren Blick auf den rechtliebenden und strengen Mann Leodegar, um ihn dieser seit zwei Jahren schon verwaisten Diöcese vorzusetzen. Er stellte sich sogleich, als er in Autun (civitas Aeduorum) angekommen, zwischen die Parteien seines Sprengels und stiftete als kluger Oberhirt Frieden und Eintracht. Reichliche Almosen spendete er den Armen, belehrte unermüdet Klerus und Volk, und bereicherte die Kirchen mit werthvollen Kostbarkeiten. Mit großer Pracht stellte er besonders die Taufkapelle seines Domes und die Grabstätte des hl. Martyrers Symphorianus wieder her. Auch die Mauern der Stadt und alte zerfallene Häuser wurden durch ihn wieder erneuert. Während seines Episkopats hielt er eine Synode zu Autun (wahrscheinlich im J. 670), die vorzüglich die Klosterzucht zum Gegenstande hatte. Nach dem Tode Chlotars III. wurde Childerich II. zum Könige ausgerufen. So lange dieser den Rath des hl. Leodegar befolgte, regierte er das Reich mit Klugheit; als er sichaber dem Laster in die Arme warf und deßwegen von dem Heiligen öffentlich getadelt wurde, gab sich der König allen Ausschweifungen hin und verbannte den unwillkommenen Mentor in das Kloster Luxeuil (Luxovium). Hierselbst ward er eingesperrt bis zum Jahre 673, wo Childerich im Sept. auf einer Jagd ermordet wurde. Einige Große Burgunds befreiten jetzt den Heiligen aus seiner Haft, und er beeilte sich zu dem neu aufgestellten Fürsten Theodorich zu gelangen, von welchem er wieder in seine Kirche eingesetzt wurde. Aber bald stellten sich neue Verfolgungen für den Heiligen ein. Ein angeblicher Sohn Chlotars III., Chlodwig genannt, wurde von dem ehemaligen Majordomus Ebroin als Herrscher aufgestellt und fand zahlreichen Anhang. Ebroin hatte schon lange dem hl. Bischof Leodegar Feindschaft und Vernichtung geschworen, und ließ nun Autun belagern, weil der Bischof seinem rechtmäßigen Fürsten nicht untreu werden wollte und den von Ebroin Unterschobenen auf keine Weise anerkannte. Der Heilige nahm Abschied von seiner Gemeinde und übergab sich seinem Feinden als Opfer für seine Kirche und die Stadt. Dieselben stachen ihm [762] die Augen aus, und unter Befehl des Herzogs Waimer (Waimirus) von der Champagne ward er in diese Provinz abgeführt. Ebroin schickte aber sogleich den Befehl nach, man möge den hl. Leodegar in ein Gehölz führen und dort aushungern. Waimer aber erbarmte sich seiner, brachte ihn in sein eigenes Haus und gab ihm die aus der Kirche zu Autun als Lösegeld für die Stadt erhaltene Summe zurück, die aber der Bischof zur Vertheilung unter die Armen dieser Stadt zurückschickte. Hierauf ward der hl. Leodegar in ein Kloster abgeführt, nach einiger Zeit aber auf Anstiften Ebroin's, der auch den Waimer auf grausame Weise aus dem Leben geschafft hatte, wieder aus dem Kloster heraus gerissen und über rauhe Felsen geschleift. Dann schnitt man ihm die Lippen und einen Theil der Zunge ab und übergab ihn den Händen des Grafen Wanning zum Bewachen, der ihn sehr liebgewann und um das J. 676 in das von ihm gestiftete Kloster Fecamp (Fiscamnum) im Ländchen Caux brachte. Hier lebte er zwei Jahre; es heilten seine Wunden und er erhielt die Sprache wieder, was als ein Wunder betrachtet wurde. Er brachte täglich das hl. Meßopfer dar, belehrte die Nonnen in göttlichen Dingen, und betete ohne Unterigß. – Merkwürdig war seine Feindesliebe. Als er in diesem Kloster erfuhr, daß mehrern seiner Feinde großes Unglück begegnet sei, bemitleidete er sie und bedauerte von Herzen, daß jene von ihnen, die getödtet worden waren, vermuthlich unbußfertig gestorben seien. – Indessen ließ Ebroin nicht nach, den hl. Bischof zu verfolgen. Die Ermordung Childerichs mußte ihm immer als Vorwand dienen, um die ihm mißliebigen Personen in's Verderben zu stürzen. Dieses Königsmorders oder vielmehr der Mitwissenschaft an selbem hatte der gottlose Verläumder den hl. Bischof und dessen leiblichen Bruder Gerinus, an einen Pfahl binden und steinigen, während er den hl. Leodegar noch für größere Qualen aufbewahren wollte. Er hatte durch seine Verläumdungen es dahingebracht, daß Leodegar von einigen bestochenen Bischöfen seiner Würde entsetzt wurde. Hierauf übergab er ihn den Händen des Palastaufsehers Chrodebert zur Hinrichtung. Dieser wurde aber durch die Worte und das Benehmen des hl. Mannes so gerührt, daß er ihn nicht sterben sehen wollte, sondern ihn 4 seiner Dienstleute übergab, die ihn in einen Wald führten und auf einem wenig begangenen Platze enthaupteten. Dieß geschah im J. 678. – Der Wald, in welchem der hl. Leodegar enthauptet worden, heißt heut zu Tage »Forst des hl. Leodegar«, und liegt im Bisthume Arras an der Gränze der Diöcese Cambrai. Sein Leichnam wurde zu Sarcin auf Verwenden der Gemahlin des Grafen Chrodobert zur Erde bestattet. Der Bischof von Poitiers, ein Verwandter des Heiligen, dem in einem Wettstreit dreier Bischöfe die heiligen Ueberreste durch das Loos zugefallen waren, ließ sie in das Kloster zum hl. Maxentius übertragen. Gott verherrlichte seinen Diener durch mehrere Wunder, und an verschiedenen Orten wurden zu seiner Ehre Kirchen erbaut. Besonders ist seine Verehrung in Frankreich und in den Niederlanden sehr verbreitet. Das Fest seiner Translation steht in einigen Martyrologien am 16. März. Die Namen der hhl. Leodegar und Gerinus stehen aber im Mart. Rom. am 2. Oct., an welchem Tage auch die Bollandisten sie haben und ausführlich behandeln. (J. 355–491).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 761-763.
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