Maria, V. (58)

[183] 58V. Maria, O. S. Hom. (4. Jan.) Diese ehrwürdige Maria war eine leibliche Schwester des Papstes Paul IV., Caraffa. Zu Neapel geboren, suchte sie von Kindesbeinen an Gott täglich mehr zu gefallen. Einer ehrenvollen Heirath wich sie in ihrem zwanzigsten Jahre aus, indem sie sich in die Clausur der Dominicanerinnen zu Neapel Zutritt zu verschaffen wußte, aus welcher man sie, wie sie sagte, nur mehr als Leiche herausbringen würde. Sie begann das Noviziat und übertraf bald durch ihre Tugenden selbst die frömmsten ihrer Mitschwestern. Als man sie zur Oberin machen wollte, erschrack sie in ihrer großen Demuth so sehr, daß sie ihre Mitschwestern auf den Knien bat, ihr lieber einige mühevolle niedere, von andern geflohene Dienste zu übertragen. Dafür erregte ihr setzt der böse Feind den Haß und die Abneigung ihrer Mitschwestern in so hohem Grade, daß sie als der Auswurf des Klosters angesehen wurde. Sie ertrug aber die schwersten Anschuldigungen, so ungegründet sie auch waren, und so leicht es ihr gewesen wäre, ihre Anklägerin der Verleumdung zu überführen, mit vollkommener Resignation, indem sie ihrem gekreuzigten Bräutigam, der ja die äußerste Schmach unschuldig und stillschweigend ertragen hat, ihre Vertheidigung und Ehrenrettung anheimstellte. Sie hoffte nicht umsonst, denn nach einiger Zeit widerrief die Verleumderin und die ehrwürdige Maria wurde nun, wegen ihrer heroischen Geduld, nur noch mehr geachtet. Es war sogar ihre Bestimmung, im J. 1531 ein neues Frauenkloster ihres Ordens, genannt della Sapienza, in Neapel zu begründen, beziehungsweise die dort bisher befindlichen Clarissinnen in den Habit des hl. Dominicus zu kleiden. Sie führte hier die Regel des Heiligen in ihrer ganzen Strenge ein, namentlich was die Clausur und die Armuth betrifft. Ihre Resignation in den göttlichen Willen behielt sie bis an ihr Lebensende bei, so daß sie zuletzt zu sagen pflegte, es sei ihr lieber, wenn ihre Gebete nicht erhört würden, als wenn sie Erhörung fänden, weil im ersten Falle lediglich und ganz allein der göttliche Wille geschehe, sonst aber zugleich auch der ihrige. Sie starb am 4. Januar 1552, in einem Alter von 84 Jahren. Nach hundert sechzehn Jahren fand man ihren Leib noch so unversehrt, als wäre sie eben gestorben. Aus einem ihrer Füße floß eine Feuchtigkeit, welche gegen verschiedene Krankheiten, besonders aber gegen Anfechtungen des bösen Feindes sich wirksam erwies. Ob ihre Canonisation, welche eingeleitet war, zu Ende geführt wurde, wissen wir nicht. (March. I. 289–298).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 183.
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