Paulus, S. (95)

[742] 95S. Paulus junior, (20. Aug.). Dieser heil. Patriarch von Konstantinopel ist der vierte dieses Namens und wird der Jüngere genannt zum Unterschied von Paulus I., der auch als Heiliger verehrt wird. Er war aus Cypern gebürtig, vor seiner Erhebung Lector an der Kirche zu Konstantinopel, und stand im Rufe eines gelehrten und frommen Mannes. Nach dem am 6. Febr. 780 erfolgten Tode des Patriarchen Nicetas, der ein Bilderstürmer gewesen, wurde er am 20. desselben Monats auf den bischöflichen Stuhl von Konstantinopel erhoben. Obwohl im Herzen treu der Lehre der allgemeinen Kirche ergeben, getraute er sich doch nicht gegen die Bilderstürmer einzuschreiten, ja er billigte sogar offen ihr Verfahren. Er fürchtete nämlich die grausame Wuth des Kaisers Leo, des Chazaren (vom Jahre 775 – 780), der die Bilderverehrung bekämpfte und ihre Vertheidiger als Reichsfeinde verfolgte, unnöthiger Weise zu reizen. Von einer Krankheit befallen, zog er sich in ein Kloster zurück und wurde Mönch. Als die Kaiserin Irene dieses erfuhr, begab sie sich zu ihm und fragte ihn, warum er dieses gethan habe; mit Thränen[742] übergossen, gab er zur Antwort: es sei ihm der größte Schmerz, daß er auf dem Hirtenstuhl von Konstantinopel gesessen und die Einheit mit den rechtgläubigen Kirchen des Erdkreises in Hinsicht der Bilderverehrung, die durchaus gut und wohl berechtigt sei, nicht bewahrt habe. – Eine ähnliche Antwort gab er auch den Patriciern und Senatoren der Stadt. Die wenigen Tage, die er noch lebte, brachte er in Reue und Buße zu, und starb als hl. Büßer am 20. Aug. 784. Er gab die nächste Veranlassung zur Zusammenberufung des zweiten allgemeinen Concils von Nicäa im J. 787, welches den Bilderstreit endgiltig entschied. (I. 101. u. IV. 96.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 742-743.
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