Rochus, S. (3)

[113] 3S. Rochus (Rocchus) Conf. (16. al. 18. Aug., 18. Juni). Dieser hl. Bekenner zu Montpellier (Mons Pessulanus in Gallia Narbonnensi) in Languedoc findet sich an diesem Tage im Mart Rom. Er ist ungeachtet der Dunkelheiten, in welche sein Leben gehüllt ist, als einer der berühmtesten Heiligen, besonders in Frankreich, Italien Belgien und Deutschland anzusehen. Seine Legende, welche etwa 170 Jahre nach seinem Ableben verfaßt worden ist, besagt im Wesentlichen Folgendes. Er wurde um die Mitte oder das Ende des 13. Jahrh zu Montpellier von vornehmen und frommen, aber schon betagten Eheleuten Johannes und Liberia, auf Anrufung der hl. Mutter Gottes geboren. Das Kind trug bei der Geburt ein rothes Kreuz auf dem Leibe, welches mit den Jahren immer größer und schöner wurde, was den Eltern als Vorzeichen seiner zukünftigen Heiligkeit erschien. Der Knabe bestätigte frühzeitig diese Hoffnung, indem er schon mit 5 Jahren ein Leben voll Entsagung und Abtödtung führte. Er zählte noch nicht 20 Jahre, als Gott seine Eltern zu sich nahm. Nachdem er hierauf den größten Theil seines Vermögens den Armen geschenkt hatte, machte er eine Wallfahrt nach Rom und zwar zu einer Zeit, wo die Pest in Italien große Verheerungen anrichtete. Im Spital zu Aquapendente ließ er sich als Krankenwärter aufnehmen, um seine Nächstenliebe an den Pestkranken auszuüben. Viele derselben heilte er durch bloße Bezeichnung mit dem hl. Kreuze. Auch zu Rom beschäftigte er sich mit der Pflege der Kranken, wurde aber zuletzt selbst von [113] der Pest befallen und floh, da er einen Drang zu heftigem Schluchzen und Schreien hatte, um den Mitmenschen nicht lästig zu sein, aus der Stadt in den nahen Wald, wo er sich in einer einsamen Hütte niederlegte. Alsbald entsprang an dem Orte eine frische Wasserquelle, aus welcher er trank, um seinen Durst zu stillen. Auf einem Landhause unweit der Hütte des Heiligen wohnte ein Edelmann von Piacenza, Namens Gotthard; dieser bemerkte zu seiner Verwunderung, daß sein Jagdhund öfter ein Stück Brod vom Tische nahm und fortlief. Man sah ihm nach, und siehe, sein Weg ging in den Wald, wo er das Brod dem hungernden Rochus vor die Füße legte. Jetzt nahm sich der Edelmann des Verlassenen an und ließ ihn nicht non sich, bis er vollkommen gesund war. Durch den belehrenden Umgang mit dem Heiligen ward Gotthard selbst so umgeändert, daß er sich entschloß, ein einsiedlerisches Leben zu führen, was er auch in derselben Gegend ins Werk setzte. Nachdem der heil. Rochus noch geraume Zeit in Piacenza und zu Cesena mit Pflege und Heilung der Pestkranken zugebracht und in der alten Hütte mit dem neuen Einsiedler, um diesen in seinem begonnenen Wandel zu befestigen, verweilt hatte, begab er sich auf die Reise in seine Heimat. In Montpellier angekommen, wurde er von Niemand mehr erkannt; ja man hielt ihn, da zu jener Zeit Frankreich sich im Kriege befand, für einen Spion und legte ihn ins Gefängniß, in welchem er, ohne sich zu erkennen zu geben, 5 Jahre zubrachte und sich durch Beten, Fasten und Wachen auf die Ewigkeit vorbereitete. Als er die Nähe des Todes fühlte, erbat er sich einen Priester. Als dieser in das ganz finstere Gefängniß trat, wurde dasselbe plötzlich durch himmlischen Glanz erleuchtet, weßhalb er sogleich an den Befehlshaber der Stadt hierüber Bericht abstattete. Als der Vorfall in Montpellier bekannt wurde, lief das Volk schaarenweise herbei, um den Heiligen zu sehen; dieser aber wurde bei Eröffnung des Gefängnisses bereits todt gefunden. Er zählte 32 Jahre. Erst jetzt erkannte man ihn wieder an dem rothen Kreuze auf der Brust, mit welchem er auf die Welt gekommen war. An einer Wand des Gefängnisses fand man einen, Zettel angeheftet, auf welchem die Worte standen: »Wer von der Pest ergriffen ist und zu Rochus Zuflucht nimmt, wird in dieser Krankheit Hilfe finden.« Auch in dem zu seiner Anrufung bestimmten Kirchengebete ist hierauf Bezug genommen. So stand er wegen seiner Nächstenliebe bei Gott in Ehren, während die Welt ihn mißkannte. Auf Befehl des Statthalters wurde er am 16. Aug. 1327 feierlich in der Hauptkirche beigesetzt. Einige Schriftsteller setzen aber seinen Tod erst gegen das Ende des 14. Jahrh., und seine Reise nach Italien in das Jahr 1348, was mit den Erzählungen der Geschichtschreiber von den Pestverheerungen in diesem Lande besser übereinzustimmen scheint. Es steht fest, daß durch seine Fürbitte die Best in mehreren Städten aufgehört hat, wie z. B. in Constanz im Jahre 1414 zur Zeit des allgemeinen Concils, und in Brixen im J. 1477. – Viele seiner Reliquien wurden i. J. 1485 nach Venedig gebracht, wo sich eine Kirche seines Namens befindet; doch ist mit eben so viel Grund der Besitz von Reliquien des hl. Rochus von der Stadt Arles beansprucht, wohin deren Uebertragung im J. 1372 vorgenommen worden sein soll. Von letzterer Stadt stammen die meisten Reliquien des hl. Rochus, die man an verschiedenen Orten verehrt. Die Gemahlin Ludwigs XV., Maria Leczinsky, erbat sich für die von ihr in der St. Ludwigskirche zu Versailles zu Ehren des hl. Rochus erbaute Kapelle, durch einen Brief vom 11. October 1764 von dem Erzbisch von Arles ebenfalls Reliquien des Heiligen. – In Antwerpen, wo sich ein Theil seiner Wirbelsäule befindet, wurde i. Jahre 1658 eine Bruderschaft unter Anrufung des heil. Rochus errichtet, welche Papst Alexander VII. mit vielen Privilegien beschenkte. Sein Pilgerstab ist noch vorhanden (zu Bordeaux) und wurden i. J. 1809 Theile desselben zu Montpellier in das Fußgestell einer silbernen Statue des Heiligen eingeschlossen. Dazu kamen i. J. 1838 acht kleine Stücke seiner Gebeine, welche sich in der Pfarrkirche seines Namens daselbst befinden. Eine neue größere Reliquie wurde derselben Kirche i. J. 1856 durch den Patriarchen von Venedig überlassen. Er wird (s. o. die Legende) als Jüngling abgebildet mit dem Pilgerstabe in der Hand, einen Hund, der Brod im Maul trägt, an seiner Seite. Auf einem [114] Bilde von Rubens steht neben ihm ein Engel mit einem Zettel in der Hand, auf welchem geschrieben steht: Eris in peste patronus (Du wirst Patron gegen die Pest sein). Eine Pestbeule (Wunde) im linken Fuße, meistens am Knie, ist sein gewöhnliches Kennzeichen. Auch gibt es Bilder, die ihn als Fürbitter für die Pestkranken darstellen. Nicht selten findet man neben ihm den hl. Sebastian. Die Orden der Camaldulenser, Vallumbrosaner und Franciscaner ehren den Heiligen in ihren Martyrologien als Ordensangehörigen. Die Dominicaner feiern sein Andenken am 18. August. Sein und des hl. Sebastianus Patronat gegen die Pest ist fast allgemein. Er wird insbesondere angerufen non frommen Aerzten und Chirurgen und von Fuß- und Knieleidenden. Im Bisthum Mainz, Speyer u. a. wird sein Fest als duplex majus begangen. Die Boll. heben (Iunius III. 550) besonders die Feier zu Frascati hervor, wo sich in der damaligen Kathedralkirche während der Pest des J. 1656 plötzlich die Wand des nördlichen Kirchenschiffes abschälte und ein altes Bild der hhl. Rochus und Sebastianus in Vorschein kam. Man fing jetzt an, hier diese Heiligen besonders zu ehren, brannte Lampen vor ihren Bildnissen und nahm sie in die Zahl der Stadt patrone auf. Sogleich ließ die Pest derart nach, daß Niemand mehr an derselben starb. Besonders heilsam erwies sich das Oel, welches aus den Lampen vor den Bildnissen der Heiligen genommen wurde. Der Jahrestag dieser wunderbaren Gnadenerweisung ist der 18. Juni. Im J. 1855 fing man an, zu Montpellier eine neue prächtige Kirche zu seiner Ehre zu erbauen. (III. 380–415.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 113-115.
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