Rupertus, S. (2)

[165] 2S. Rupertus, (Ropertus. Robertus). Conf. (15. Mai). Dieser hl. Rupertus, dessen Lebensgeschichte die hl. Hildegardis, Abtissin von Spanheim beschrieben hat, war der Sohn eines heidnischen Vaters, Namen Roboldus (Robolaus) und einer frommen, christl. Mutter, Namens Bertha, die aus dem Geschlechte der Herzoge von Lothringen abstammte, und als Mitgift zahlreiche Besitzungen am Rhein und an der Nahe (vorzüglich in und um Bingen) erhalten hatte. Der Knabe war erst drei Jahre alt, als sein Vater in einem Kriege gegen die Christen seinen Tod fand. Seine Mutter Bertha zog an einen Ort am Flusse Nahe, baute daselbst eine Kirche und entschloß sich, ungeachtet ihr wegen ihrer Vorzüge und Reichthümer viele Verehelichungsanträge gemacht wurden, um Gotteswillen im Wittwenstande zu bleiben. Sie widmete ihre ganze Sorgfalt dem mit großen Gnadengaben gesegneten Knaben, und übergab denselben in einem Alter von sieben Jahren, als er die Wissenschaften zu erlernen wünschte, frommen und erfahrenen Männern zur Erziehung. Zugleich wuchs auch seine Gottesfurcht. Wenn er arme Kinder antraf, führte er sie seiner Mutter vor mit den Worten: »Mutter siehe deine Kinder,« worauf sie jedesmal erwiderte: »Mein Sohn, siehe deine Brüder!« Als er zwölf Jahre alt war, eröffnete sie ihm, daß sie gesonnen sei, eine Kirche zur Ehre Gottes zu erbauen. Der Knabe entgegnete: »Nein doch, Mutter, laßt uns vorher befolgen, was Gott befiehlt; denn der Prophet sagt: Brich dem Hungrigen dein Brod; wenn du einen Nackten findest, kleide ihn.« Gerührt durch diese Worte erbaute die Mutter Häuser für Arme und Gebrechliche. Darauf hörte er eine Stimme, die zu ihm sprach: »Du wirst dir eine Leiter in den Himmel errichten, wo du ein Genosse der Engel sein wirst.« – Fünfzehn Jahre alt, wallfahrtete er nach Rom, wo er sich und seine Mutter der Fürbitte der hhl. Apostel empfahl. Er wird deßhalb häufig als Pilger abgebildet. Nach seiner Heimkehr erbaute er mehrere Kirchen, verließ sein Hab und Gut und schlug seine Wohnung auf einem Berge bei Bingen (Rupertsberg) auf, wohin sich auch seine Mutter zurückzog. Daselbst brachte er seine kurzen Lebenstage in brennender Gottesliebe zu. Als er zwanzig Jahre alt war, wurde er von einem Fieber befallen, an welchem er nach dreißig Tagen starb. Die hl. Hildegardis, welche Offenbarungen über sein Leben erhielt, setzt noch bei, daß er die Einsprechungen des hl. Geistes sorgsam von der ersten bis zur letzten erfüllt habe. Im Mainzer Proprium findet steh sein Fest mit neun Lectionen. Sein Leib wurde unter großem Zulauf des Volkes feierlich in dem Oratorium des Frauenklosters beigesetzt, welches er und seine Mutter an der Nahe hatten erbauen lassen. Seine Mutter Bertha überlebte ihn fast noch 25 Jahre, die sie durch Fasten, Beten und Almosengeben heiligte, bis sie endlich, von körperlicher Schwäche befallen, ihren Geist, der sich schon lange nach dem Himmel ge. sehnt hatte, in die Hände Gottes übergab und bei ihrem hl. Sohne begraben wurde. Das Oratorium, in welchem die beiden Leiber ruhten, wurde von den Barbaren zerstört, später jedoch wieder aufgebaut. Jetzt sind von seiner Kirche und Stammburg auf dem Rupertsberge, welche durch die Schweden zerstört wurde, nur die Fundamente noch übrig. Nach der gewöhnlichen Meinung war er Gaugraf im Nahegau, doch heißt er auch (Weidenbach, Leben des hl. Rupertus) »Herzog von Bingen.« Da er nicht verheirathet war, darf er nicht, [165] wie geschehen, als Ururgroßvater Hugo Capet's angesehen werden. Reliquien von Sohn und Mutter befinden sich zu Bingen, Mainz, Cöln, München, Spanheim und andern Orten. Sein Zeitalter ist das 9. Jahrh. (III. 502–509.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 165-166.
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