Eßäer

[613] Eßäer, Essener, hießen die Mitglieder einer der größern Sekten, in welche das Judenthum zu Christi Zeit zerfallen war. Die Sekte ging wahrscheinlich aus den Vermittelungsversuchen des Judenthums und der alexandrin. Philosophie hervor; ihre Grundanschauung war jüdisch, namentlich hielt sie an einer strengen Sabbathfeier und an der Verehrung des Gesetzgebers fest, aber sie anerkannte nur die Bücher Mosis für göttliche Offenbarung und vertraute hinsichtlich der Auslegung auf besondere göttliche Erleuchtung. Von den beschaulich lebenden Therapeuten unterschieden sich die E. zuerst durch ihre Richtung auf das Praktische und trieben zwar keinen Handel irgend einer Art, aber Ackerbau und Viehzucht. Ihre Gütergemeinschaft, Scheu vor der Ehe, ihre Scheu vor Krieg und dem Schwören, ihre thätige Nächstenliebe und Genügsamkeit, ihr 3jähr. Noviciat, der furchtbare Schwur bei der Aufnahme in den Orden, die 4 Grade der Aufgenommenen u.s.f. mahnen vielfach an andere Sekten der Uebergangszeiten und der Gegenwart. Zu Flavius Josephus Zeit gab es etwa 4000 E.; der letzte, der von ihnen als einer Sekte spricht, ist Plinius. Der Streit über das Verhältniß der E. zum Christenthum ist noch unentschieden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 613.
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