Günther [4]

[181] Günther, Joh. Christian, Dichter, geb. 1695 zu Striegau in Niederschlesien, studierte in Wittenberg u. Leipzig Arzneiwissenschaft, zerfiel durch ein zügelloses Leben mit seinem Vater, mit der Welt u. sich selber, trieb sich einige Zeit in Polen und Schlesien herum, st. aber schon 1723 im Elend. Seine Gedichte erschienen erst seit seinem Todesjahr. Göthes Urtheil, G. sei gewesen »ein Poet im vollen Sinn des Wortes, ein entschiedenes Talent, begabt mit Sinnlichkeit, Einbildungskraft, Gedächtniß, Gabe des Auffassens u. Vergegenwärtigens, fruchtbar im höchsten Grad, rhythmisch bequem, geistreich, witzig und dabei vielfach unterrichtet«. mag gelten, doch erscheint der Nachsatz: »das Rohe u. Wilde gehört seiner Zeit, seiner Lebensweise und besonders seinem Charakter oder, wenn man so sagen will, seiner Charakterlosigkeit an«, viel zu milde, denn G. war bei den edelsten Anlagen entschieden lüderlich u. richtete sich selbst zu Grunde.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 181.
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