Jahn [2]

[463] Jahn, Friedr. Ludwig, bekannt als der Turnvater und als ein aufrichtiger, wenn auch in Folge seiner protestant. Weltanschauung sehr einseitiger Patriot, geb. 1778 in der Priegnitz, studierte Theologie, wurde Hauslehrer, mit E. M. Arndt befreundet und nahm solchen Antheil an den damaligen traurigen Geschicken Deutschlands, daß die Schlacht bei Jena 1806 ihm in Einer Nacht graue Haare gebracht haben soll. In Berlin, wo J. sich seit 1809 aufhielt, reiste in ihm der Gedanke, durch Leibesübungen eine starke Jugend heranzuziehen und diese für Deutschlands Befreiung vorzubereiten. Fichtes Reden an die deutsche Nation begeisterten J. zu seinem »Deutschen Volksthum«, Lübeck 1810, 2. Aufl. 1817, französ. Paris 1825; 1811 errichtete J. eine Turnanstalt auf der Hasenhaide zu Berlin und schon 1813 ergriffen Tausende von Turnern die Waffen gegen die Franzosen. J. selbst trat in das Lützowʼsche Freicorps ein und war 1815 mit beim Einzug in Paris. Im Jahr 1817 hielt er körnige Vorlesungen über deutsches Volksthum zu Berlin, galt als ein Hauptvertreter der teutomanischen Bestrebungen der Burschenschaft (s. d.) und ärntete 1819 nach Schließung der Turnplätze Hast und Untersuchung, die bis 1825 hinausgeschleppt wurden. Trotz des freisprechenden Erkenntnisses hörten die Verfolgungen nicht auf und erst der jetzige König von Preußen gab dem alternden Manne sein freies Aufenthaltsrecht zurück. J. ließ sich zu Freiburg an der Unstrut nieder, mußte 1844 durch Sammlungen vor der Gefahr beschützt werden, daß man sein Haus versteigerte, u. saß 1848 im Frankfurter Parlament, wo er durch sein Aeußeres u. sein ganzes Gebahren kund that. daß er ganz und gar ein Burschenschafter veralteten Schlages geblieben sei. Er st. 1852 zu Freiburg a. d. U.; außer dem Volksthum schrieb er: »Die deutsche Turnkunst«. Berlin 1816; »Merke zum deutschen Volksthum«, Hildburghausen. 1833.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 463.
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