Turnkunst

[537] Turnkunst, die Betreibung gymnastischer Uebungen nach bestimmten Grundsätzen, hat als Theil der Erziehung da einen Werth, wo andere körperliche Uebung und Anstrengung mangelt z.B. bei der städtischen Jugend aus den reichen Häusern, bei Gelehrtenschulen etc., vorausgesetzt, daß die Uebungen nicht einer Abrichtung zu Seiltänzer- u. Affenkünsten gleich sehen. Bekanntlich hat Jahn (s. d.) nach 1806 die T. in Berlin weiter ausgebildet, von wo aus sie sich über Preußen und Deutschland verbreitete; die Erwartungen waren übrigens sehr überspannt, denn damit ein kräftiges Geschlecht heranwachse, braucht es mehr als Laufen, Springen, Klettern etc. Nach 1819 wurde das Turnen in Deutschland polit. anrüchig u. die meisten Turnplätze verödeten, während in der Schweiz, in England, Holland, Frankreich das Turnen eingeführt und weiter [537] ausgebildet wurde. Das Jahr 1848 brachte es wieder nach Deutschland zurück und die Demagogie versäumte damals nicht, die jugendlichen Turnvereine zu mißbrauchen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 537-538.
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