Hauser

[239] Hauser, Kaspar, der bekannte Findling, wurde am Morgen des 26. Mai 1828 in Nürnberg in der ärmlichen Kleidung eines Bauernburschen gefunden, mit einem Briefe und beigelegten Zettel, die beide offenbar nicht von den Personen herrührten, welche dieselben zwar geschrieben, aber nicht unterzeichnet haben wollten. Diesen nach wäre H. der uneheliche Sohn eines Reiters gewesen, von seiner Mutter einem armen Taglöhner vor die Thüre gelegt u. von diesem erzogen und in der Stille nach Nürnberg gebracht worden. H. selbst, der in Nürnberg sorgfältige Aufnahme und Pflege fand, erzählte, daß er sein ganzes Leben in einem finstern unterirdischen Behältnisse bei Wasser u. Brod erwachsen sei, was er immer während des Schlafes erhalten habe; sein Spielzeug seien 2 hölzerne Pferde gewesen. Bevor er nach Nürnberg gebracht worden sei, habe ihn der Mann, welcher ihn genährt, gehen u. seinen Namen schreiben gelehrt. Alle Nachforschungen führten zu keinem Ergebniß, H. selbst, der dem Prof. Daumer zur Erziehung übergeben wurde, entwickelte geringe geistige Fähigkeiten. Den 17. Oct. 1829 wurde er verwundet in dem Keller gefunden und behauptete, er sei von einem geschwärzten Manne angefallen worden; er kam nun unter specielle polizeiliche Aufsicht, wurde von Lord Stanhope adoptirt und in Anspach als Schreiber beschäftigt. Am 14. Dezbr. 1833 kam er Nachmittags mit einer Stichwunde in der linken Seite aus dem Schloßgarten zurück, die ihm nach seiner Aussage ein Unbekannter beibrachte, der ihn zu einer Zusammenkunft bestellt hatte; er st. 17. Dez. 1833. Schon bei H.s Leben hatte Merker in Berlin in einer eigenen Schrift (1830) zu beweisen gesucht, H. sei ein Betrüger, dagegen erklärte sich Prof. Daumer, die Section des Leichnams bewies, daß H. an einem dunkeln Orte und mit Pflanzenkost auferzogen worden sei u. die gerichtsärztliche Untersuchung die Unmöglichkeit des Selbstmords. Der bekannte Criminalist Feuerbach schrieb »K. H., Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben«, Anspach 1832, der König von Bayern aber ordnete eine Untersuchung an und setzte einen Preis für die Entdeckung des Mörders aus. Ueber das Ergebniß hat öffentlich nichts verlautet.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 239.
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