Lithauen

[8] Lithauen, ehemaliges Großfürstenthum, später Bestandtheil des polnischen Reichs, bestand aus dem eigentlichen L., aus dem lithauischen Rußland und dem Herzogthum Samogitien, enthielt über 5000 QM. mit mehr als 2 Mill. E. Es ist durchgängig flaches, waldiges, oft sumpfiges Land, lohnt jedoch Ackerbau und Viehzucht reichlich. Seit der Theilung Polens gehört es mit Ausnahme des preußisch gewordenen Reg.-Bez. Gumbinnen zu Rußland. Die Lithauer sind ein den Slaven nahe verwandter Stamm, mit schöner, dem Sanscrit näher als das Slavische stehender Sprache; sie sind gutmüthig, tapfer, haben schöne Volkslieder mit meist ernsten und klagenden Melodien, sind in [8] letzter Zeit in mannigfacher Beziehung heruntergekommen. – In ältester Zeit erscheint L. nicht als unabhängiger Staat. sondern den Nachbarvölkern, besonders dem russ. Polozk unterworfen; 1217 wurde es selbständig, vertrieb 1233 die Tataren, behauptete sich glücklich gegen Rußland und den deutschen Orden und nahm das Christenthum nur sehr langsam auf. Der Großfürst Jagello ließ sich 1386 taufen und wurde durch die Vermählung mit Hedwig von Polen auch König von diesem Lande; die eigentliche Vereinigung fand jedoch erst 1413 statt, wo bestimmt wurde, daß der Herrscher beider Nationen von beiden gemeinschaftlich gewählt werden sollte. Seitdem theilte L. das Schicksal Polens.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 8-9.
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