Pharisäer

[521] Pharisäer, hebr. = Abgesonderte, Auserwählte, neben den Essäern und Sadducäern eine Hauptsecte der Juden zur Zeit Christi, die gelehrte Kaste des spätern Judenthums. Sie entstand wohl aus den eifrigsten Anhängern des Jehovadienstes nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil, bei denen sich die Strenge in Lehre und Wandel zu einer besondern Doctrin u. Moral entwickelte. Die P. gewannen allmälig außerordentlichen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten u. zählten zu Herodes d. G. Zeit über 6000 Mitglieder, von denen [521] manche Schulen hielten, z.B. Gamaliel, andere als Richter, Anwälte u.s.w. ihre Schriftgelehrsamkeit praktisch anwendeten. Im Gegensatze zu den Sadducäern hielten die P. auf Tradition wohl mehr als auf die Schrift selber, nahmen bei den sittlichen Handlungen eine Mitwirkung Gottes an, glaubten an Unsterblichkeit, Lohn und Strafe im Jenseits sowie an eine Auferstehung des Leibes für die Guten. Wie sehr zur Zeit Christi die Sekte der P. sittlich herabgekommen war, lehrt das N. Test. durch genugsam bekannte Thatsachen u. Aussprüche, z.B. Matth. XXIII., 1–35 u. noch heute ist Pharisäismus mit religiöser Heuchelei gleichbedeutend. Daß übrigens nicht allen P.n die Vorwürfe Christi gelten konnten, daran erinnern die Namen: Nicodemus, Gamaliel, Hillel, Paulus.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 521-522.
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