Schriftgießerei

[123] Schriftgießerei, bezeichnet zunächst die Werkstätte, in welcher die Schriften gegossen werden, dann diese Kunst selbst und was sich darauf bezieht; sie wurde fast gleichzeitig mit der Buchdruckerkunst (s. d.) von P. Schöffer erfunden, denn die anfangs gebrauchten Holzbuchstaben zeigten sich unpraktisch, ebenso die aus Blei etc., weßhalb die Verbesserung zu einer aus Blei, Eisen und Antimonium bestehenden Composition führte, welche als Schriftzeug noch jetzt, wiewohl nicht überall in gleicher Mischung, verarbeitet wird. Das Verfahren vor u. bei dem Guß ist folgendes: Jeder Buchstabe wird auf einen stählernen Stempel (Patrize) geschnitten, welchen man in solchem Grade härtet, daß er sich in Kupfer einschlagen läßt, wodurch man die vertiefte Form (Matrize) erhält. Diese wird in das Gießinstrument gesetzt, dessen 2 Theile durch Schrauben fest verbunden werden können und im Innern nur den für den zu gießenden Buchstaben nöthigen Raum lassen. Die Matrize wechselt natürlich mit jedem weitern Buchstaben des Alphabets, dessen zu einem bestimmten Quantum Schrift gehörige Anzahl der Gießzettel angibt. Der Arbeiter steht vor dem Gießofen, in welchem sich die geschmolzene Schriftmasse in einem Schmelztiegel befindet, u. füllt mit dem Gießlöffel den leeren Raum im Instrument. Die nach dem Guß ausgeworfenen Buchstaben werden auf einem Sandstein abgeschliffen, zusammengesetzt und mit dem Bestoßzeug gleichgehobelt, was man das Fertigmachen nennt. Da der Handguß bedeutenden Zeitaufwand erfordert, so erfand zuerst Applegath eine Gießmaschine und nach ihm noch andere. Die neueste Erfindung dieser Art stammt aus Amerika und fand, bedeutend verbessert, große Verbreitung. Durch Umdrehen einer Kurbel wird hier das geschmolzene Metall aus einer in einem Becken stehenden Pumpe in die Form gespritzt, diese alsdann geöffnet, der Buchstabe ausgeworfen, die Form wieder geschlossen und von neuem der Pumpe zugeführt. Mit dieser Maschine lassen sich etwa 2000 Buchstaben in einer Stunde gießen. In manchen Fällen wird der Handguß vorgezogen, obgleich der Maschinenguß wohlfeiler ist. Neuerdings hat man angefangen die Schriften nach dem Guß auf galvanischem Wege mit einer Kupferlage zu überziehen, wodurch ihre Dauerhaftigkeit sich verdoppeln soll.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 123.
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