Notwehr

[397] Notwehr (inculpata tutela) nennt man die Verwundung und. Tötung eines Menschen, welche dadurch entschuldigt wird, daß. man sich in gerechter Gegenwehr oder Verteidigung eines anderen befunden habe. Der Angriff, muß lebensgefährlich gewesen oder wenigstens geschienen haben, damit die Notwehr erlaubt ist; auch darf das Maß der Gegenwehr nicht überschritten und, wo geringere Mittel ausgereicht hätten, nicht zum Äußersten gegriffen: worden sein; ferner darf man nicht zum Angriff übergegangen sein und: etwa den Angreifer auf der Flucht getötet haben. Die Berechtigung zur Notwehr entspringt aus der natürlichen und vernünftigen Freiheit des Menschen. Denn wenn auch in unseren zivilisierten Verhältnissen der Staat den Schutz des einzelnen übernommen hat so tritt doch, wo jener diesen, nicht ausüben kann, das Recht, des einzelnen, sich selbst zu schützen, wieder in Kraft. Wollte man aber verlangen, der Angegriffene, sollte sich nicht, verteidigen, so würde der ehrliche Bürger dem Verbrecher wehrlos anheimgegeben,[397] ja unter das Tier herabgedrückt werden, welches sich doch instinktiv wehrt. Vgl. Wessely, die Befugnisse des Notstandes und der Notwehr. Prag 1862.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 397-398.
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